Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.2009
OLG Düsseldorf: einwilligung, ankauf, urkunde, abrechnung, honorarforderung, aushändigung, vergütung, verschwiegenheit, einverständnis, gestatten
Oberlandesgericht Düsseldorf, II-10 WF 2/09
Datum:
05.03.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
II-10 WF 2/09
Leitsätze:
BRAO § 49b Abs. 4
BGB 409, 410
Auch bei der Geltendmachung des durch den beigeordneten
Rechtsanwalt abgetre-tenen Vergütungsanspruchs gegenüber der
Staatskasse sind die Voraussetzungen der §§ 409, 410 BGB zu
beachten. Die Staatskasse ist dem neuen Gläubiger gegen-über zur
Leistung nur verpflichtet gegen Aushändigung einer von dem bisherigen
Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde oder wenn der
bisherige Gläu-biger ihr die Abtretung schriftlich angezeigt hat.
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 12.01.2009 gegen den
Beschluss des Amtsgerichts Neuss – Familiengericht – vom 23.12.2008
wird zurückge-wiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden
nicht er-stattet.
I.
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Die Beschwerde der Antragstellerin vom 12.01.2009 (Bl. 81f PKH-Heft) gegen den
Beschluss des Amtsgerichts Neuss – Familiengericht – vom 23.12.2008 (Bl. 75f) ist
gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht
hat das Amtsgericht auf die Erinnerung der Landeskasse (Bl. 54ff) die Festsetzung
gemäß Beschluss vom 17.09.2008 (Bl. 52) zu Gunsten der Antragstellerin aufgehoben.
Der Antrag der Antragstellerin auf Festsetzung der Vergütung des beigeordneten
Rechtsanwalts B. H. aus P. gegen die Landeskasse vom 02.06.2008 (Bl. 16ff) erweist
sich als unbegründet.
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1.
3
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 21.08.2008, II- 10 WF 18/08, ausgeführt, dass
die Regelung des § 49b Abs. 4 BRAO auch Vergütungsforderungen des beigeordneten
Rechtsanwalts gegen die Staatskasse umfasst, ein Abtretungsverbot für derartige
Vergütungsforderungen nicht ersichtlich ist und der Abtretungsgläubiger im Falle
wirksamer Abtretung berechtigt ist, die Festsetzung der Vergütung gemäß §§ 55f RVG
gegenüber der Staatskasse zu betreiben.
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Zu Recht hat der Bezirksrevisor hier allerdings die Frage aufgeworfen, ob eine dem
§ 49b Abs. 4 Satz 2 BRAO entsprechende Einwilligung des Mandanten vorliegt. Der
Mandant hat sich hier unter dem 14.03.2007 zunächst nur mit einer Abtretung an die C.
F. GmbH einverstanden erklärt (Bl. 17R) und erst nach erfolgter Abtretung, namentlich
unter dem 13.10.2008, mit einer Abtretung an die Antragstellerin (Bl. 68). Damit stellt
sich die Frage, ob die Einwilligung des Mandanten sich notwendigerweise auf eine
Abtretung an den vermeintlich neuen Gläubiger beziehen muss oder ob insoweit – wie
die Antragstellerin meint – eine Einwilligung in die Datenweitergabe an diesen genügt.
Gegebenenfalls wäre dann zu klären, ob eine Einwilligung auch nachträglich erfolgen
kann, oder ob – wie der Bezirksrevisor meint – die Einwilligung gemäß der Definition in
§ 183 BGB nur als vorherige Zustimmung erteilt werden kann.
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Ob generell eine Einwilligung in die Datenweitergabe zum Zwecke der
Geltendmachung der anwaltlichen Honorarforderung den Erfordernissen des § 49b Abs.
4 Satz 2 BRAO genügt, mag dahinstehen. Unter den besonderen Umständen des
vorliegenden Falles kann jedenfalls eine Festsetzung zugunsten der Antragstellerin
nicht mit dem Argument versagt werden, es fehle an der nötigen Einwilligung gemäß §
49b Abs. 4 Satz 2 BRAO. Aus der "Zustimmung des Mandanten" vom 14.03.2007 geht
hervor, dass der Mandant über die Übertragung der Abrechnung auf die Antragstellerin
belehrt wurde, die sich seinerzeit zur Refinanzierung der C. F. GmbH bediente. Die
"Zustimmung" umfasste demnach in erster Linie die Weitergabe der zum Zwecke der
Abrechnung und Geltendmachung der Honorarforderung erforderlichen Informationen
einschließlich persönlicher Daten an die Antragstellerin, die diese nötigen Informationen
wiederum an die C. F. GmbH übermitteln sollte, an die die Honorarforderungen
abgetreten werden sollten (Bl. 17R). Mit dieser "Zustimmung" wird dem Sinn und Zweck
des gesetzlichen Einwilligungserfordernisses hinreichend Rechnung getragen.
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Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21.08.2008, II-10WF 18/08 ausgeführt
hat, dient dieses nicht dazu, den jeweiligen Schuldner der Vergütungsforderung vor
einem neuen Gläubiger zu schützen, sondern dazu, die anwaltliche
Verschwiegenheitspflicht abzusichern, die dem Anwalt gegenüber seinem Mandanten
obliegt. In der Gesetzesbegründung heißt es unter anderem: Der Schutzzweck der
Regelung, die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht abzusichern, erfordere nur die
ausdrückliche und schriftliche Einwilligung des Mandanten, um dem Rechtsanwalt die
Forderungsabtretung oder die Übertragung ihrer Einziehung zu gestatten. Weil der
Mandant den Rechtsanwalt von der Pflicht zur Verschwiegenheit entbinden könne, sei
es konsequent, dem Mandanten die Entscheidung zu überlassen, ob der Anwalt die
Vergütungsforderung auch an Nichtanwälte abtreten dürfe (BT-Drucks. 18/3855 S. 82).
Demnach kann es vorliegend nicht entscheidend darauf ankommen, dass sich das
Einverständnis des Mandanten lediglich auf die "Abrechnung und Geltendmachung"
durch die Antragstellerin und Abtretung an die zur Refinanzierung herangezogenen C.
F. GmbH bezog und nicht auf eine Abtretung der Forderung an die Antragstellerin.
Wesentlich ist vielmehr, dass der Mandant sich mit der Datenweitergabe an die
Antragstellerin zur umfassenden Geltendmachung der Forderung einverstanden erklärt
7
hat.
2.
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Dem Festsetzungsantrag der Antragstellerin braucht die Staatskasse allerdings
deswegen nicht zu entsprechen, weil die den Schuldner schützenden Voraussetzungen
der §§ 409, 410 BGB nicht vorliegen.
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Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 21.08.2008, II- 10 WF 18/08 vorsorglich
darauf hingewiesen, dass grundsätzlich auch bei der Geltendmachung des durch den
beigeordneten Rechtsanwalt abgetretenen Vergütungsanspruchs gegenüber der
Staatskasse die Voraussetzungen der §§ 409, 410 BGB zu beachten sind. Der
Schuldner ist dem neuen Gläubiger gegenüber zur Leistung nur gegen Aushändigung
einer von dem bisherigen Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde
verpflichtet (§ 410 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder wenn der bisherige Gläubiger dem
Schuldner die Abtretung schriftlich angezeigt hat (§§ 410 Abs. 2, 409 Abs. 1 Satz 1
BGB). Hier ist der Staatskasse weder eine Urkunde des Anwalts über die Abtretung
vorgelegt worden, noch hat der Anwalt der Staatskasse gegenüber die Abtretung
schriftlich angezeigt.
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Die Antragstellerin als vermeintlich neue Gläubigerin hat mit ihrem Festsetzungsantrag
vom 02.06.2008 (Bl. 16ff) die "Rechnungseinreichung" des Anwalts vorgelegt. In diesem
an die Antragstellerin adressierten Schreiben heißt es unter anderem: " hiermit reichen
wird die nachfolgend bezeichnete, als Anlage zu diesem Schreiben beigefügte
Honorarrechnung zum Ankauf ein." Ein solches Angebot zum Ankauf einer
Honorarforderung bedarf nach der mit dem Festsetzungsantrag übermittelten
"Zustimmung des Mandanten" vom 14.03.2007 (Bl. 17R) einer Entscheidung der neuen
Gläubigerin über den Ankauf nach vorausgegangener Bonitätsprüfung. Damit ist die
"Rechnungseinreichung" ein bloßes Angebot zum Ankauf und keine vom Anwalt
ausgestellte Abtretungsurkunde. Eine sonstige vom alten Gläubiger über die Abtretung
ausgestellte Urkunde liegt dem Gericht nicht vor.
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Die mehrfach erfolgte Mitteilung der Antragstellerin gegenüber dem Gericht, dass die
Forderung durch den Anwalt an sie abgetreten worden sei und sie das Angebot der
Abtretung angenommen habe (Bl. 14, 21, 23) beinhaltet eine Abtretungsanzeige der
vermeintlich neuen Gläubigerin. Diese vermag die für eine Zahlung erforderliche
Abtretungsanzeige des alten Gläubigers, des Anwalts, nicht zu ersetzen. Der Anwalt hat
eine Abtretung gegenüber dem Gericht ausweislich der Akten bislang nicht angezeigt.
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III.
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Der Kostenausspruch folgt aus § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.
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