Urteil des OLG Düsseldorf vom 24.03.2003

OLG Düsseldorf: ausschluss der haftung, garantievertrag, grobe fahrlässigkeit, versicherte sache, schuldbeitritt, versicherungsnehmer, käufer, reparaturkosten, form, rückzahlung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-1 U 149/02
Datum:
24.03.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-1 U 149/02
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 05.07.2002 verkündete Urteil
des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg
teilweise abge-ändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch
3.838,69 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszins, der Beklagte zu 1. seit dem 07.03.2001 und die Beklagte zu
2. seit dem 08.03.2001, zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen von den Kosten erster Instanz
von den Gerichtskosten und ihren eigenen außergerichtlichen Kosten
die Klägerin 26 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch den Rest und
von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. die Kläge-rin 41
% und dieser den Rest und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten
zu 2. diese selbst und die Kosten des Berufungsverfahrens die
Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
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Die Klägerin kaufte von dem erstbeklagten Autohändler einen gebrauchten Rover
Trophy mit einer "Garantie-Versicherung" des zweitbeklagten Garantieanbieters. Nach
einer Strecke von ca. 1.300 km kam es während einer Fahrt des Ehemanns der Klägerin
zu einem Überhitzungsschaden am Motor. Über die Ursache des Schadens und seine
Vermeidbarkeit herrscht zwischen den Parteien Streit.
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Das Fahrzeug wurde nach dem "Kolbenfresser" zum Betrieb des Beklagten zu 1.
abgeschleppt. Dort begann man mit den Instandsetzungsarbeiten, bevor der
Sachverständige der Beklagten zu 2. zur Schadensbesichtigung eintraf. Er stellte fest,
dass der Motorschaden auf Kühlmittelverlust zurückzuführen sei. Worauf dieser beruhe,
sei wegen der Teilinstandsetzung des Motors nicht mehr zu klären. Der
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Reparaturversuch wurde abgebrochen. Auf Empfehlung der Werkstatt wurde ein
Austauschmotor eingebaut. Der Beklagte zu 1. stellte der Klägerin dafür 12.813,05 DM
in Rechnung. Ohne ausdrücklichen Vorbehalt wurde dieser Betrag von der Klägerin in
der Erwartung gezahlt, einen Teil der Rechnungssumme von der Beklagten zu 2.
erstattet zu erhalten. Diese lehnte jedoch jegliche Kostenübernahme ab. Zur
Begründung berief sie sich auf eine Ausschlussklausel in ihren Garantiebedingungen,
wonach sie bei einem Überhitzungsschaden leistungsfrei sei. Ferner erhob sie den
Vorwurf, das Fahrzeug sei trotz klar erkennbarer Überhitzung eine längere Strecke
weitergefahren worden.
Das Landgericht hat die - unterschiedlich hohen - Zahlungsbegehren nach
Beweisaufnahme abgewiesen. Es sei davon auszugehen, dass der Ehemann der
Klägerin die Zerstörung des Motors dadurch herbeigeführt habe, dass er den Wagen
"trotz merklicher Überhitzung" weitergefahren habe.
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Mit ihrer Berufung nimmt die Klägerin auch den Beklagten zu 1. nur noch in Höhe des
Entschädigungsbetrages nach den Garantiebedingungen in Anspruch.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
6
I.
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Die zulässige Berufung ist begründet. Zu Recht begehrt die Klägerin aufgrund des
zwischen den Parteien bestehenden Garantievertrages von beiden Beklagten anteiligen
Ersatz des für die Fahrzeugreparatur erforderlichen Betrages.
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II.
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Die Beklagte zu 2. ist aufgrund des Garantievertrages für die durch die Reparatur
entstandenen Kosten in vertraglich vereinbarter Höhe einstandspflichtig. Es handelt sich
um einen Schaden, der von der Garantie umfasst ist, ein Ausschlusstatbestand, der die
Haftung entfallen lassen würde, liegt nicht vor.
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1.a. Die Beklagte zu 2. ist aus dem Garantievertrag verpflichtet. Sie ist nämlich dem
zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. geschlossenen Garantievertrag
beigetreten (§ 1 Nr. 3 Allgemeine Bedingungen für die Garantie, im weiteren:
"Garantiebedingungen"). Damit ist sie neben dem Beklagten zu 1. einstandspflichtig.
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b. Der an dem Fahrzeug der Klägerin eingetretene Motorschaden ist von der Garantie
erfasst. Dies folgt aus § 4 Nr. 1 Garantiebedingungen. Danach ist "Leistungspflicht (...)
gegeben, wenn eines der garantiegeschützten und in § 3 abschließend aufgeführten
Baugruppenteile innerhalb der Garantiezeit seine Funktionsfähigkeit unmittelbar und
nicht infolge eines Fehlers nicht garantiegeschützter Bauteile verliert, und dadurch eine
Reparatur erforderlich wird (Schaden)."
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Vorliegend sind durch die Überhitzung des Motors garantiegeschützte Baugruppenteile
in Mitleidenschaft gezogen worden; dies allein reicht zur Begründung der
Einstandspflicht der Beklagten zu 2. jedoch nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass das
garantiegeschützte Baugruppenteil seine Funktionsfähigkeit "unmittelbar" und nicht
infolge eines Fehlers an einem nicht garantiegeschützten Bauteil verloren hat. Der
Garantiegeber hat insoweit nämlich ein zentrales Interesse daran, nicht für Schäden
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Garantiegeber hat insoweit nämlich ein zentrales Interesse daran, nicht für Schäden
infolge eines Defektes nicht geschützter Teile einzustehen, da diese nach dem im
Garantievertrag zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien in den Risikobereich
des Garantienehmers fallen sollen. Ist der Garantienehmer für die Funktionsfähigkeit
und Wartung dieser Teile verantwortlich, so trifft ihn das Risiko, wenn infolge eines
Defektes auch solche Fahrzeugteile in Mitleidenschaft gezogen werden, die
grundsätzlich von der Garantie umfasst sind. Ob es sich bei der Frage der
Unmittelbarkeit um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt und insoweit der
Garantienehmer die Darlegungs- und Beweislast trägt, was dem Senat zweifelhaft
erscheint, kann im Streitfall offen bleiben.
Nach den Darlegungen des durch die Beklagte zu 2. eingeschalteten Gutachters T. war
Grund für den Schadenseintritt die Überhitzung des Motors infolge Kühlwassermangels.
Als mögliche Ursache führt er einen Riss im Motorblock bzw. Zylinderkopf an, hält
letztlich aber eine Klärung wegen der zwischenzeitlich durchgeführten Reparatur des
Fahrzeugs - im Zeitpunkt seiner Besichtigung waren der Zylinder bereits neu ausgehont
und Zylinderkopfdichtung und Wasserpumpe erneuert - für nicht mehr möglich. Auch der
gerichtlich bestellte Sachverständige B. kommt zu dem Ergebnis, der Schaden sei durch
Überhitzung infolge von Kühlwasserproblemen eingetreten, nennt als in Betracht
kommende Ursache neben einem Kühlwassermangel aber auch einen Defekt der
Kühlmittelpumpe oder einen zusitzenden Kühler bei ausreichender Kühlmittelmenge. Zu
einem Kühlwasserverlust könne es durch Schäden im Kühlerbereich, an den
Zylinderkopfdichtungen, durch Risse im Motorblock oder im Zylinderkopf kommen. Für
Schäden in den genannten Bereichen kämen wiederum unterschiedliche Ursachen in
Betracht. Die Klägerin ihrerseits hat im Rahmen des Berufungsverfahrens darüber
hinaus einen Defekt an dem Kühlerthermostat als Grund behauptet
("Thermostatklemme"). Der Kühlwasserverlust sei nicht vor, sondern erst nach dem
"Kolbenfresser" eingetreten.
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Bei den genannten Ursachen handelt es sich überwiegend um Defekte an solchen
Teilen, die von dem Garantieschutz erfasst sind.
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Was letztlich die ursprüngliche Schadensursache gewesen ist, lässt sich indessen nicht
zuverlässig klären, weil der Motor teilweise repariert worden war, bevor der
Sachverständige T. den Schaden untersuchte. Gleichwohl ist von einem Garantiefall
auszugehen. Durch Beweismittelverlust ist der Nachweis der Schadensursache
unmöglich geworden. Das ist zunächst von dem Beklagten zu 1. zu vertreten, da die
Reparaturarbeiten in seinem Einwirkungsbereich und durch seine Leute durchgeführt
wurden. Angesichts der im Raume stehenden Einstandspflicht beider Beklagten
aufgrund des Garantievertrages war der Beklagte zu 1. nämlich unabhängig von der
Frage der Erforderlichkeit weiterer, sichernder Maßnahmen jedenfalls verpflichtet, die
ausgetauschten Teile aufzubewahren.
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Dieses beweisvereitelnde Verhalten muss sich die Beklagte zu 2. zurechnen lassen.
Das folgt nicht bereits aus der Tatsache, dass die Beklagte zu 2. aufgrund
Schuldbeitritts ebenfalls aus dem Garantievertrag verpflichtet ist, denn nach dem
Entstehen der Schuld kann diese bei den Schuldnern eine unterschiedliche
Entwicklung nehmen. Die Beklagte zu 2. muss sich jedoch das Verhalten des Beklagten
zu 1. aufgrund der besonderen Gestaltung des Garantievertrages entgegenhalten
lassen. Nach § 8 Nr.1, § 7a Nr. 2 d) der Garantiebedingungen war die Klägerin nämlich
auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2. verpflichtet, den Beklagten zu 1. mit der
Reparatur zu beauftragen, eine Verletzung dieser Obliegenheit führt nach § 7 a Nr. 3 der
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Garantiebedingungen zur Leistungsfreiheit auch der Beklagten zu 2.. Musste die
Klägerin im Verhältnis zur Beklagten zu 2. den Beklagten zu 1. mit der Instandsetzung
beauftragen, dann ist der Beklagten zu 2. jedenfalls ein die Schadensfeststellung
betreffendes Verhalten im Rahmen der Reparatur durch den Beklagten zu 1.
zuzurechnen.
2. Die Einstandspflicht der Beklagten zu 2. ist nicht entfallen, da ein
Ausschlusstatbestand nicht vorliegt; es ist weder ein der Klägerin zurechenbares
schuldhaftes Verhalten des Ehemannes der Klägerin gegeben (§ 4 Nr. 3 b)
Garantiebedingungen), noch ist die Haftung wegen Vorliegens eines
"Überhitzungsschadens" ausgeschlossen (§ 4 Nr. 3 g) Garantiebedingungen).
Beweisbelastet für das Vorliegen der den Haftungsausschluss rechtfertigenden
Tatbestandsvoraussetzungen sind die Beklagten (vgl. BGH NJW 1996, 2504 zur
Beweislastverteilung bei schuldhaftem Verhalten).
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a. Ein Ausschluss der Haftung gemäß § 4 Nr. 3 b) Garantiebedingungen wegen
Verschuldens des Garantienehmers kommt nicht in Betracht. Zum einen ist der Klägerin
das Verhalten ihres Ehemannes nicht zuzurechnen, zum anderen ist aber auch kein
Verschulden zu erkennen, erst recht keine grobe Fahrlässigkeit, wie die Beklagte zu 2.
meint.
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Nach dem Wortlaut der Regelung sind allein Verhaltensverstöße des Garantienehmers
von Bedeutung; hiervon erfasst werden im Geltungsbereich des § 61 VVG auch
Handlungen seines Repräsentanten. Repräsentant ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu
dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen
Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Die bloße
Überlassung der Obhut über die versicherte Sache reicht hierfür nicht aus. Repräsentant
kann nur sein, wer befugt ist, selbstständig in einem gewissen, nicht ganz
unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln. Dabei kann es für
die Repräsentantenstellung eines Dritten sprechen, wenn er es unabhängig von einer
etwaigen Übergabe der versicherten Sache aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen
Verhältnisses übernommen hat, die Verwaltung des Versicherungsvertrages
eigenverantwortlich auszuüben (vgl. BGH NJW 1993, 1862). In der Übergabe eines
Fahrzeugs an einen berechtigten Fahrer liegt indessen regelmäßig ebenso wenig eine
Übertragung der Verwaltung wie in dem - möglicherweise auch überwiegenden -
Gebrauch des Fahrzeugs durch den Ehegatten, solange er nicht unter Ausschluss des
versicherungsnehmenden Ehegatten der allein Nutzende ist (vgl. OLG Hamm VersR
1988, 204, 241; VersR 1990, 261, 262, OLG Oldenburg, VersR 1996, 746; vgl.
Prölss/Martin-Prölss, VVG, 26. Aufl. 1998, § 6 Rdz. 76, 72).
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Vorliegend ist nichts dafür ersichtlich, dass das Fahrzeug allein von dem Ehemann der
Klägerin gefahren worden wäre. Wenngleich angesichts der regelmäßigen Fahrten zu
seiner Arbeitsstelle viel dafür spricht, dass er der maßgeblich Nutzende war, und ihm
auch die regelmäßige Wartung oblegen haben dürfte, so reicht das gleichwohl für die
Annahme einer Repräsentantenstellung nicht aus, denn dies allein rechtfertigt noch
nicht den Schluss auf ein eigenverantwortliches Tätigwerden für den
Versicherungsnehmer und an seiner Stelle.
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Im Ergebnis kann die Frage der Repräsentantenstellung dahinstehen, denn den
Ehemann trifft entgegen der Ansicht des Landgerichts kein Verschuldensvorwurf. Es
kann nicht festgestellt werden, dass er die Temperaturanzeige nicht ausreichend
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beachtet, eine Überhitzung des Motors nicht rechtzeitig bemerkt oder hierauf nicht
unverzüglich reagiert hätte. Der Sachverständige B. hat nämlich dargelegt, er könne den
Zeitraum, währenddessen die Überhitzung durch die Temperaturanzeige erkennbar
gewesen sei, nicht genau beschreiben, letztlich komme nur eine wenige Kilometer
umfassende Entfernung in Betracht, während derer die Überhitzung durch einen Blick
auf die Anzeige sicher habe festgestellt werden können. Ist die Zeitspanne zur
Feststellung einer Überhitzung allerdings derart kurz und hat der Ehemann während
dieser Zeit die Überhitzung nicht bemerkt, so gereicht ihm das nicht zum Verschulden.
Denn es würde eine Überspannung der Sorgfaltspflichten bedeuten, von einem
Fahrzeugführer zu verlangen, während der Fahrt in Abständen von wenigen Minuten die
Motortemperatur zu kontrollieren. Eine derartige Verpflichtung kommt allenfalls dann in
Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Defekt bestehen; dafür ist hier aber
nichts vorgetragen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Ehemann nicht unverzüglich
bei Bemerken des Schadens das Fahrzeug auf den Randstreifen gefahren und
angehalten hätte, die Beweisaufnahme hat vielmehr das Gegenteil ergeben.
b. Die Einstandspflicht der Beklagten zu 2. ist auch nicht gemäß § 4 Nr. 3 g)
Garantiebedingungen ausgeschlossen. Nach dieser Klausel wird - ohne Rücksicht auf
mitwirkende Ursachen - keine Leistung für Schäden erbracht, "die durch Verwendung
ungeeigneter oder vom Fahrzeughersteller nicht zugelassener Schmier- und
Betriebsstoffe, Ölmangel oder Überhitzung entstehen".
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Nach Meinung der Beklagten sollen hiervon alle Schäden, die durch Überhitzung
entstanden sind, erfasst sein unabhängig davon, ob sie an garantiegeschützten Teilen
eingetreten sind, hierin ihre Ursache haben oder von dem Käufer zu vertreten sind. Eine
derartige Auslegung, die den Wortlaut der Klausel für sich hat, ist indessen mit dem Sinn
und Zweck des Garantievertrages nicht zu vereinbaren, stellt sich vielmehr als eine den
Garantienehmer unangemessen benachteiligende Regelung dar und verstößt damit
gegen § 9 AGBG; dieser ist auch nach Inkrafttreten der § 305 ff. BGB n.F. gemäß Art.
229 § 5 EGBGB anwendbar. Bei der Klausel in § 4 Nr. 3 g der Garantiebedingungen
handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des AGBG, die der
Inhaltskontrolle zugänglich ist (BGH BB 1991, 2252).
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Nach dem von den Parteien übereinstimmend zugrundegelegten Zweck des
Garantievertrages soll die Funktionsfähigkeit bestimmter Baugruppen bzw.
Baugruppenteile für einen festgelegten Zeitraum sichergestellt werden. Da sich die
Sache jedoch im Herrschaftsbereich des Garantienehmers befindet und damit der
Einflussmöglichkeit des Garantiegebers entzogen ist, entspricht es dem legitimen
Interesse des Garantiegebers, die Einstandspflicht für Schäden aufgrund bestimmter, im
Garantievertrag im einzelnen aufgezählter Risiken auszuschließen. Hierbei handelt es
sich um solche Risiken, die entweder im Verantwortungsbereich des Garantienehmers
im Sinne eines Verschuldens liegen, zumindest aber - ohne Rücksicht auf ein
schuldhaftes Verhalten - seinem Einwirkungsbereich im Sinne eines bestimmten
Umgangs mit der versicherten Sache unterfallen (vgl. BGH NJW 1996, 2504 ff.) und
damit für den Garantiegeber weder beherrschbar noch überschaubar sind.
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Anders verhält es sich demgegenüber bei dem hier streitgegenständlichen Leis-
tungsausschluss. Dieser knüpft nämlich nicht an ein bestimmtes Verhalten des
Garantienehmers bzw. eines Dritten oder einen bestimmten Umgang mit der
versicherten Sache an, sondern schließt die Einstandspflicht allein aufgrund des
Schadensbildes aus, obschon dieses Schadensbild durchaus nicht als typisch für einen
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dem Risikobereich des Garantienehmers zugewiesenen Gefahrenbereich bezeichnet
werden kann. Der Ausschluss der Einstandspflicht für Überhitzungsschäden
unabhängig von seiner Ursache bedeutet damit zugleich einen Leistungsausschluss
auch für solche Überhitzungsschäden, die infolge eines Defektes von Teilen entstanden
sind, die nach der vertraglichen Vereinbarung gerade von der Garantie erfasst sein
sollen. Wird aber auch hierfür die Haftung ausgeschlossen, so ist hierdurch der
Kernbereich der Garantiezusage tangiert. Denn insbesondere Fehler im Kühlsystem,
welches nach § 3 Nr. 1 ausdrücklich geschützt ist, aber auch Mängel im ebenfalls
garantiegeschützten Motorenbereich - der Sachverständige hat als eine mögliche
Ursache einen Riss im Motorblock oder der Zylinderkopfdichtung genannt - wirken sich
häufig in Form von Überhitzungen aus. Die generelle Herausnahme von
Überhitzungsschäden aus der Einstandspflicht auch in diesen Fällen würde die
Garantie in weiten Teilen nahezu leer laufen lassen. Der zumeist schwerwiegendste
Motorschaden wäre somit von der Garantie nicht erfasst. Damit werden wesentliche
Rechte des Garantienehmers, die sich aus dem Garantievertrag ergeben, in
gravierender und ihn unangemessen benachteiligender Weise eingeschränkt. Dabei
verkennt der Senat nicht, dass auf Seiten des Garantiegebers durchaus berechtigte
Interessen an dem Ausschluss der Haftung für ein bestimmtes Schadensbild bestehen
können, dies hier insbesondere deshalb, weil gerade bei Überhitzungsschäden in
tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten bestehen können, die Ursächlichkeit des
Verhaltens des Garantienehmers für den Überhitzungsschaden - z.B.
Kühlwassermangel infolge unzureichender Befüllung - nachzuweisen, wobei
hinzukommt, dass eine bevorstehende Überhitzung des Motors zumeist aufgrund der
Temperaturanzeige bemerkbar ist, der Haftungsausschluss den Garantienehmer
deshalb regelmäßig zu einer erhöhten Sorgfalt im Umgang mit der Temperaturanzeige
anhalten wird. Gleichwohl ändert dies nichts daran, dass durch den Ausschluss von
Überhitzungsschäden infolge eines Defekts garantiegeschützter Teile der Kernbereich
der Garantiezusage in mit § 9 AGBG nicht mehr zu vereinbarender Weise zu Lasten des
Garantienehmers eingeschränkt wird.
Eine derartige Haftungsbeschränkung kann auch nicht als branchenüblich bezeichnet
werden. Wenngleich sich ein Ausschluß für Überhitzungsschäden in ähnlicher Form
auch bei anderen Versicherern findet (z.B. M.-B. A. G.; Pro-Car-Garantie), so ist er in den
Garantiebedingungen zahlreicher Garantiegeber nicht enthalten (vgl. z.B.
Gebrauchtwagengarantiebedingungen des Zentralverbandes Deutsches
Kraftfahrzeuggewerbe e.V., BAnZ v. 28.12.2001, Nr. 241/2001 S. 25 445; A.-
Gebrauchtwagen-Garantie; R.-Reparaturkostenversicherung).
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Erfasst die Ausschlussklausel somit jedenfalls nicht solche Überhitzungsschäden, die
aufgrund eines Defektes eines garantiegeschützten Teils eintreten, so kann hier
dahinstehen, ob eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel möglich ist, oder ob
dies die Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses für Überhitzungsschäden insgesamt
nach § 5 AGBG zur Folge hat, wofür der Umstand spricht, dass hier auch noch eine
andere Auslegung der Klausel in Betracht kommt; durch die Nennung im
Zusammenhang mit der Verwendung ungeeigneter Schmier- oder Betriebsstoffe kommt
nämlich auch eine Beschränkung auf von dem Garantienehmer verschuldete
Überhitzungsschäden in Betracht, dann allerdings hätte dieser Teil der Klausel keinen
maßgeblichen eigenen Regelungsgehalt, denn der Haftungsausschluß ergibt sich in
derartigen Fällen zumeist schon aus den übrigen Ausschlußtatbeständen.
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Da die Ursache für den Kühlwasserverlust letztlich nicht geklärt werden konnte, kommt
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auch ein Defekt an einem garantiegeschützten Teil der Baugruppen "Motor" und
"Kühlsystem" in Betracht. Die Beklagten haben damit den Nachweis des
Schadenseintrittes infolge eines Mangels eines nicht garantiegeschützten Teils nicht
erbracht. Die Nichterweislichkeit der Ursache des Schadens bzw. Zweifel hieran wirken
sich unter den hier gegebenen Umständen zu Lasten der Beklagten aus.
3. Liegt ein Garantiefall vor, so hat die Beklagte zu 2. aufgrund § 8 Nr. 1
Garantiebedingungen Ersatz der erforderlichen und tatsächlich angefallenen Lohn- und
Materialkosten der Reparatur unter Berücksichtigung des in Nr. 3 vereinbarten Abzuges
und Selbstbehaltes zu leisten. Den danach zu zahlenden Betrag hat die Klägerin
zutreffend mit 3.838,69 Euro ermittelt, die Berechnung wird in der Berufungsinstanz von
der Beklagten nicht angegriffen.
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III.
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Auch der Beklagte zu 1. ist aus dem Garantievertrag in Verbindung mit § 812 BGB
einstandspflichtig, da auch er Vertragspartner des Garantievertrages geworden ist und
nicht nur nachrangig nach der Beklagten zu 2. haftet.
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1. Der Beklagte zu 1. ist aufgrund des Garantievertrages einstandspflichtig. Entgegen
seiner Auffassung ist der Vertrag nämlich auch und sogar primär mit ihm zustanden
gekommen. Dies ergibt sich aus den Garantieunterlagen, die ihn nicht nur als
Automobilhändler und Verkäufer bezeichnen, sondern insbesondere auch als
Garantiegeber. Hinzu kommt, dass der Garantievertrag gemäß § 1
Garantiebedingungen ausdrücklich zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1.
geschlossen und die Einbeziehung der Beklagten zu 2. erst durch einen zweiten Akt,
nämlich ihren Schuldbeitritt, vollzogen wurde. Soweit der Beklagte zu 1. darüber hinaus
in dem Formular als "Versicherungsnehmer Garantie-Versicherung" bezeichnet wird,
geht es hierbei allein um das zwischen den Beklagten bestehende Rechtsverhältnis und
ihre Ausgleichspflicht untereinander im Schadensfalle, nicht aber um die
Rechtsbeziehungen zu der Klägerin. Allerdings hat diese einen Bestellschein
unterzeichnet, in dem es ausdrücklich und unübersehbar heißt: "ohne Garantie".
Entscheidend ist jedoch die tatsächliche Vertragsgestaltung. Hiernach hat der Beklagte
zu 1. das Fahrzeug "mit Garantie" verkauft.
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2. Die Klägerin kann neben der Beklagten zu 2. und zusammen mit ihr auch den
Beklagten zu 1. in Anspruch nehmen. Sie muss sich nicht vorrangig auf ihre Ansprüche
gegen die Beklagte zu 2. verweisen lassen.
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Zu der Inanspruchnahme des Verkäufers aus der Garantie heißt es in § 1 Nr. 3
Garantiebedingungen, "im Hinblick auf den Schuldbeitritt verpflichtet sich der Käufer
(Garantienehmer), stets vorrangig die German Assistance Versicherung AG in Anspruch
zu nehmen". Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Klägerin im Rahmen eines
Rechtsstreits nur an die Beklagte zu 2. halten könnte. Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob
sich die Regelung nur auf die vorgerichtliche oder aber auch auf die gerichtliche
Geltendmachung der Ansprüche bezieht, denn der Wortlaut lässt dies offen.
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Bereits aus dem Schuldbeitritt folgt indessen, dass die Beklagten gleichstufig und
unmittelbar haften; zwar ist gemäß § 8 Nr. 1 Garantiebedingungen die Art der
Ersatzleistung im Schadensfall für den Beklagten zu 1. auf Naturalrestitution und für die
Beklagte zu 2. auf Ersatz der erforderlichen und tatsächlich angefallenen Lohn- und
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Materialkosten konkretisiert, hieraus folgt jedoch jedenfalls in der vorliegenden
Fallgestaltung keine Nachrangigkeit der Inanspruchnahme des Beklagten zu 1.. Denn
aus dieser Regelung in Verbindung mit § 7a Nr. 2 d) Garantiebedingungen ergibt sich,
dass sich der Käufer gerade nicht nachrangig, sondern vielmehr zunächst und vorrangig
an den Verkäufer zum Zwecke der Durchführung der Reparatur wenden muss, denn
anders kann der Anspruch gegen den Verkäufer auf Naturalrestitution nicht erfüllt
werden. Hat der Verkäufer den garantiepflichtigen Schaden behoben, so kann er
lediglich Zahlung in Höhe des dem Garantienehmer obliegenden Selbstbehaltes
verlangen, nicht aber, soweit er selbst aufgrund des Garantievertrages einstandspflichtig
ist.
Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1. ergibt sich aus der Regelung des § 8 Nr.
1 Garantiebedingungen demgegenüber nicht, dass der Garantienehmer zunächst die
Reparaturrechnung bezahlen müsste und erst sodann Rückgriff bei der Beklagten zu 2.
nehmen könnte. Denn in § 7 a Nr. 2 d) Garantiebedingungen ist hinsichtlich der
Schadensabwicklung gegenüber der Beklagten zu 2. festgehalten, die
Reparaturrechnung sei innerhalb eines Monats bei der Beklagten zu 2. einzureichen,
"soweit der Schaden nicht über den Verkäufer (Garantiegeber) im Wege der
Naturalrestitution abgewickelt werden kann." Danach ist jedenfalls im Falle der
Naturalrestitution durch den Verkäufer gerade nicht eine Vorverauslagung der vollen
Reparaturkosten durch den Garantienehmer vorgesehen, der Ausgleich hat nach
erfolgter Reparatur vielmehr im Innenverhältnis zwischen dem Verkäufer und der
Versicherung zu erfolgen. Dies bedeutet indessen nicht, dass die Klägerin - nachdem
die Naturalrestitution erfolgt ist - sich wegen der Rückzahlung des
Reparaturkostenbetrages nur an den Beklagten zu 1. halten könnte. Denn in § 8 Nr. 1 ist
die Einstandspflicht der Beklagten zu 2. für die Reparaturkosten unabhängig und
selbständig neben der Möglichkeit der Naturalrestitution durch den Verkäufer geregelt.
Ist der Garantienehmer jedenfalls im Falle geschuldeter Naturalrestitution nicht zur
Vorauszahlung verpflichtet, so werden seine Ansprüche aus dem Garantievertrag
gegenüber dem Verkäufer nicht dadurch im Verhältnis zu jenen gegen die Beklagte zu
2. nachrangig, dass sie sich infolge nicht geschuldeter Vorverauslagung der
Reparaturkosten in einen Rückzahlungsanspruch umgewandelt haben.
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3. Besteht gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Reparatur und kann damit eine
Vorverauslagung der hierdurch entstandenen Kosten nicht verlangt werden, so hat der
Verkäufer keinen Anspruch auf Zahlung der Reparaturrechnung. Dem kann der
Beklagte zu 1. nicht entgegenhalten, zwischen ihm und der Klägerin sei ein Werkvertrag
zustande gekommen, aufgrund dessen er Zahlung des vollen Rechnungsbetrages
verlangen könne. Der Beklagte zu 1. hat schon keinen schriftlichen Reparaturauftrag
vorlegen können. In seiner Rechnung vom 29.9.2000 ist zwar eine Auftragsnummer
notiert. Es fehlt aber der Auftragsschein. Wenngleich ein Vorbehalt bei der Zahlung nicht
ausdrücklich erfolgte, so ergibt er sich doch aus der für den Beklagten zu 1. erkennbaren
Interessenlage der Klägerin, nur insoweit zahlen zu wollen, als es sich nicht um einen
garantiepflichtigen Schaden handelte. Das Vorliegen eines Garantiefalles stand aber im
Zeitpunkt der Rechnungserstellung am 29.09.2000, der Barzahlung in Höhe von 10.000
DM, die ausweislich der handschriftlichen Notiz auf der Rechnung am gleichen Tag
erfolgte, und der Überweisung am darauffolgenden Montag noch nicht fest, denn das
Gutachten des Sachverständigen T. datiert auf den 16.10.2000, kann der Klägerin im
Zeitpunkt der Abholung des Fahrzeugs somit noch nicht vorgelegen haben. Als die
Klägerin bzw. ihr Ehemann am 25.9.2000 dem Vorschlag eines Mitarbeiters des
Beklagten zu 1., den schadhaften Motor durch ein A.-Teil zu ersetzten, zustimmte,
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sprach mehr für als gegen die Annahme eines Garantiefalls.
Stand die Zahlung unter dem stillschweigenden Vorbehalt des Nichtvorliegens eines
Garantiefalles, so kann - wird später die Einstandspflicht des Beklagten zu 1. festgestellt
- die Klägerin Rückzahlung des überzahlten Betrages gemäß § 812 BGB verlangen. Vor
diesem Hintergrund handelte es sich auch nicht um eine Zahlung auf eine Nichtschuld
im Sinne von § 814 BGB; denn die Frage des Bestehens der Schuld war zwischen den
Parteien offen und sollte nicht durch die Zahlung dem Streit entzogen werden.
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Damit kann die Klägerin von dem Beklagten zu 1. in gleicher Weise Zahlung verlangen
wie von der Beklagten zu 2..
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Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten zu 1. vom 25.02.2003 gab keine
Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, da er relevanten
neuen Sachvortrag nicht enthält.
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IV.
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Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 91, 92 ZPO, jene über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.838,69 Euro
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Dr. E.t K. S.
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