Urteil des OLG Düsseldorf vom 19.01.2007
OLG Düsseldorf: treu und glauben, nachteilige veränderung, eigenleistung, aufwand, haus, beschwerdeinstanz, ausführung, eigentum, einverständnis, gestaltung
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 Wx 186/06
Datum:
19.01.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-3 Wx 186/06
Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 25 T 127/06
Tenor:
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1. trägt die Gerichtskosten der weiteren Beschwerde.
Wert: 3.000,- €
I.
1
Die Beteiligten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft K. Die Teilungserklärung
bestimmt in § 3 Nr. 5: "Veränderungen am gemeinschaftlichen Eigentum, insbesondere
auch der äußeren Gestaltung und des Außenanstrichs dürfen nur im Einverständnis
aller Miteigentümer vorgenommen werden."
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Im Vorgarten der Anlage befindet sich eine Rasenfläche. Zwischen dieser Rasenfläche
und der Hauswand verläuft unmittelbar am Haus entlang ein Weg. Die Rasenfläche liegt
insgesamt ca. 20 – 25 cm höher als die Oberkante des Weges. Sie bildet zum Weg hin
eine leicht abfallende Böschung und war ursprünglich mit kleinen Holzpalisaden zur
Wegfläche hin abgegrenzt. Diese Palisaden waren morsch geworden, teilweise
umgefallen und zum Teil auch nicht mehr vorhanden. Die Wegfläche selbst war
ungepflegt und von Unkraut übersät.
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In einer außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung vom 29.07.2005, an der
lediglich der Antragsteller bzw. sein Bevollmächtigter teilnahm, wurde unter TOP 17 der
Beschluss gefasst, eine Fachfirma mit der Abstützung zu beauftragen, wobei
Betonfertigelemente zu verwenden seien. Dieser Beschluss ist rechtskräftig wegen
formeller Mängel für unwirksam erklärt worden.
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Im August 2005 befreiten die Beteiligten zu 2. und 3. in Eigenleistung den zwischen der
Rasenfläche und der Hauswand verlaufenden Weg vom Unkraut und streuten ihn neu
mit Kies ab. Außerdem entfernten sie die morschen Palisaden, stachen die schräg
abfallende Rasenfläche ab und stellten als Abgrenzung zum Weg über die gesamte
Länge Betonpflanztröge auf.
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Der Beteiligte zu 1. nimmt die Beteiligten zu 2. und 3. auf Beseitigung in Anspruch.
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Nach der mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts fand am 10.11.2005 eine weitere
außerordentliche Eigentümerversammlung statt, in der der Beschlussvorschlag zu
TOP 17 – eine Fachfirma solle die Ausführung der Eigenleistung begutachten –
mehrheitlich (durch die Beteiligten zu 2. und 3.) abgelehnt wurde.
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Der Beteiligte zu 1. hat in der mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts erklärt, optisch
sei gegen die Lösung, wie sie die Beteiligten zu 2. und 3. verwirklicht hätten, nichts
einzuwenden. Er war und ist jedoch der Ansicht, die Abstützung hätte durch ein
Fachunternehmen durchgeführt werden müssen, die von den Beteiligten zu 2. und 3.
durchgeführten Arbeiten würden nicht gewährleisten, dass tatsächlich ein Abrutschen
des Vorgartenbereiches oder ein Unterspülen der Pflanzsteine verhindert werde und
auch bei Regenfällen nichts mehr gegen die Hauswand fließen könne.
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Mit Schriftsatz vom 23.11.2005 hat der Beteiligte zu 1 seinen ursprünglichen Antrag
dahin geändert, dass die Antragsgegner verpflichtet werden sollen,
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eine Fachfirma zu beauftragen, die die abschließend erstellte Abstützung durch
Betonfertigelemente ... entfernt.
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Die Beteiligten zu 2. und 3. haben Abweisung des Antrags beantragt. Sie haben sich auf
Notgeschäftsführung berufen und vorgetragen, es liege keine bauliche Veränderung,
sondern nur eine Instandsetzung vor.
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Das Amtsgericht hat den Antrag des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. Es hat eine
bauliche Veränderung bejaht, aber die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zu dieser
Maßnahme für entbehrlich gehalten, weil ihm kein Nachteil entstehe.
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Der Beteiligte zu 1. hat sofortige Beschwerde eingelegt, mit dem Antrag,
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die Beteiligten zu 2. und 3. zu verpflichten, eine Fachfirma zu beauftragen, die die
erstellte Abstützung durch Betonfertigelemente ... entfernt.
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Das Landgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beteiligte
zu 1. sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
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II.
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Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene
Entscheidung beruht nicht auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 27 FGG.
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Das Landgericht hat die beanstandete Maßnahme als nicht zustimmungspflichtige
bauliche Veränderung angesehen. Es liege ausweislich der zu den Akten gereichten
Lichtbilder weder eine nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindrucks vor,
noch ein Nachteil in Form einer erhöhten Reparaturanfälligkeit bzw.
Feuchtigkeitseinwirkung auf das Haus. Bereits im August 2005 sei die Veränderung von
dem Beteiligten zu 3. vorgenommen worden. Bis zum jetzigen Tag hätten sich somit,
wäre die Ausführung – wie von dem Beteiligten zu 1. befürchtet – derart unfachgerecht
erfolgt, Auswirkungen auf die Hauswand etc. zeigen müssen. Derartiges habe der
Beteiligte zu 1. jedoch auch in der Beschwerdeinstanz nicht vorgetragen. Auch die von
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ihm in der Beschwerdeinstanz eingereichten Lichtbilder belegten keine eingetretenen
Schäden bzw. einen Schadenseintritt fördernde Umstände. Im übrigen könnten die
Betonpflanztröge von jedem einigermaßen versierten Hobbyhandwerker bzw.
Hobbygärtner verwandt werden.
Diese Ausführungen sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.
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Zwar haben die Beteiligten zu 2. und 3. eine Veränderung am gemeinschaftlichen
Eigentum vorgenommen, die nicht als bloße Instandsetzung anzusehen ist. Sie haben
einen Teil des gemeinschaftseigenen Vorgartens gegenständlich umgestaltet, indem sie
die Holzpalisaden durch Betonpflanztröge ersetzt haben. Nach § 22 Abs. 1 WEG ist
dazu grundsätzlich das Einverständnis aller Wohnungseigentümer notwendig, es sei
denn die Rechte des nicht zustimmenden Wohnungseigentümers werden nicht über das
in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt. Nach § 3 Nr. 5 der
Teilungserklärung sind derartige Veränderungen am Gemeinschaftseigentum hier ohne
Zustimmung aller Wohnungseigentümer sogar einschränkungslos untersagt; § 22 WEG
ist zulässiger Weise (vgl. Palandt/Bassenge § 22 Rdnr. 23 ff) abbedungen.
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Die danach grundsätzlich erforderliche Zustimmung des Beteiligten zu 1. liegt nicht vor.
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Dennoch kann er die Beseitigung der Betonfertigelemente nicht verlangen. Dem
Anspruch aus § 1004 BGB steht der allgemeine Rechtsgedanke des § 275 Abs. 2 BGB
entgegen. Danach kann der Schuldner die Leistung verweigern, soweit sie einen
Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der
Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem
Leistungsinteresse des Gläubigers steht.
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Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Beteiligten zu 2. und 3. haben einen
Zustand geschaffen, der jedenfalls optisch dem entspricht, was auch der Beteiligte zu 1.
erreichen will; das zeigt seine Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem
Amtsgericht. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass der Beteiligte zu 1. meint, die
Abstützung der Rasenfläche müsse durch eine Fachfirma vorgenommen werden, weil
ansonsten mit einem Abrutschen des Vorgartenbereich zu rechnen wäre oder mit einer
Unterspülung der Pflanzsteine oder mit ähnlichen Gefahren. Tatsächlich bestehen aber
für diese Befürchtung bislang keinerlei Anhaltspunkte, wie das Landgericht
rechtsfehlerfrei ausgeführt hat.
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Vor diesem Hintergrund erscheint der Aufwand, der mit der Beseitigung der Pflanztröge
verbunden wäre, grob unverhältnismäßig.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 WEG.
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