Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.11.2009

OLG Düsseldorf (kläger, beteiligung, höhe, aufklärung, anlage, zug, prospekt, bank, im bewusstsein, nennwert)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-9 U 30/09
Datum:
30.11.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-9 U 30/09
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 8. Januar 2009 verkündete
Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld teilweise abgeändert.
1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übertragung der vom
Klä-ger am 15.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der F... & E... GmbH
& Co. KG im Nennwert von 25.000,00 EUR an den Kläger 26.250,00
EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 28.07.2008 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger Zug
um Zug gegen Übertragung der vom Kläger am 15.09.2003
gezeichneten Be-teiligung an der F... & E... GmbH & Co. KG im
Nennwert von 25.000,00 EUR von allen steuerlichen und
wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar
aus der vorgenannten Beteiligung resultieren.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der
Übertragung der vom Kläger am 15.09.2003 gezeichneten Beteiligung
an der F... & E... GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000,00 EUR im
Verzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die durch die Anrufung des Landgerichts Düsseldorf
ent-standenen Mehrkosten. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt
die Be-klagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch
Sicherheits-leistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betra-ges abwenden, wenn nicht der Kläger vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
2
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen angeblich fehlerhafter
Anlageberatung und aus uneigentlicher Prospekthaftung.
3
Nach mehreren Gesprächen mit Herrn F..., einem Kundenberater der Beklagten,
beteiligte sich der Kläger durch Zeichnungsschein vom 15.09.2003 mit einer Einlage
von 25.000,00 EUR zuzüglich 1.250,00 EUR Agio an der F... & E... GmbH & Co. KG (im
Folgenden: Fondsgesellschaft), einem geschlossenen Medienfonds. Die
Fondsgesellschaft stellte neben einer im Prospekt näher beschriebenen "garantierten"
Sicherheit durch eine Schuldübernahme der D... B... AG für die vom Lizenznehmer zu
leistenden Schlusszahlungen hohe Steuervorteile in Aussicht. Nach dem Ergebnis
staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wurden die für die Filmproduktion vorgesehenen
Mittel allerdings abweichend vom Prospektinhalt nur zu etwa 20 % zweckentsprechend
investiert, während der Restbetrag vom Produktionsdienstleister an den Lizenznehmer
weitergeleitet wurde, der damit die Schuldübernahme unterlegte. Diese Geldmittel
wurden deshalb von der Finanzverwaltung nicht als "Produktionskosten" anerkannt, so
dass der angestrebte Steuerspareffekt nach derzeitigem Sachstand nicht erreicht wird.
Vertrieben wurden die Fondsanteile zunächst durch die V... B... f... B... AG, daneben
aber u. a. auch durch die von dieser beauftragte Beklagte, die dafür eine interne
Provision in Höhe von 8,25 % der jeweiligen Zeichnungssumme erhielt. An der
Erstellung des Prospekts war die Beklagte nicht beteiligt.
4
Der Kläger hat behauptet, der Kundenberater F... habe ihm die F... & E... GmbH & Co.
KG als sogenannten "Garantiefonds" vorgestellt, der die volle Rückzahlung des
nominalen Anlagebetrages gewährleiste sowie eine ansprechende Rendite und hohe
Steuervorteile biete. Der Fondsprospekt habe zwar bei einem Beratungsgespräch
vorgelegen, sei ihm aber erst einige Zeit nach Zeichnung der Beteiligung auf sein
Verlangen zur Verfügung gestellt worden. Der Prospekt sei zudem in mehrfacher
Hinsicht fehlerhaft. Die Beklagte habe ihn nicht hinreichend auf seine Plausibilität
überprüft. Der Kläger hat außerdem die Auffassung vertreten, die Beklagte hätte ihn
über die Höhe der an sie gezahlten Innenprovision aufklären müssen.
5
Der Kläger hat beantragt,
6
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 26.250,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4
7
Prozent vom 15.09.2003 bis zum 27.07.2008 und in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 28.07.2008 zu zahlen,
8
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen steuerlichen und
wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von
ihm am 15.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der F... & E... GmbH & Co. KG im
Nennwert von 25.000,00 EUR resultieren,
9
10
3. die Verurteilung zu 1. und 2. jeweils Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots
des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von ihm am
15.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der F... & E... GmbH & Co. KG im
Nennwert von 25.000,00 EUR sowie Abtretung aller Rechte aus dieser
Beteiligung an die Beklagte auszusprechen,
11
12
hilfsweise,
13
die Verurteilung zu 1. und 2. jeweils Zug um Zug gegen Übertragung der von ihm
am 15.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der F... & E... GmbH & Co. KG im
Nennwert von 25.000,00 EUR an die Beklagte auszusprechen,
14
4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf
Übertragung der von ihm am 15.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der F... &
E... GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000,00 EUR sowie der Annahme der
Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet,
15
16
hilfsweise,
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festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der von
ihm am 15.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der F... & E... GmbH & Co. KG
im Nennwert von 25.000,00 EUR in Verzug befindet.
18
Die Beklagte hat beantragt,
19
die Klage abzuweisen.
20
Sie hat behauptet, sie habe die Fondsstruktur, den Prospekt, das Steuergutachten, die
Finanzamtsbescheide und die Prospektprüfungsberichte sorgfältig geprüft und sei
aufgrund der ihr zugänglichen Informationen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Fonds
zur Anlagevermittlung an ihre Kunden geeignet gewesen sei. Dabei habe sie sich auch
auf das Steuergutachten einer namhaften Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und auf einen
Vorbescheid des Finanzamtes M... stützen können, wonach von der steuerlichen
Anerkennung der Fondskonzeption durch die Finanzbehörden auszugehen gewesen
sei. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft habe in ihrem Gutachten zudem - unstreitig -
bestätigt, dass der Vertriebsprospekt die Chancen und Risiken einer Beteiligung
vollständig, richtig und klar darstelle und ein sorgfältiges Studium den Anleger in die
Lage versetze, sich ein zutreffendes Bild von der Kapitalanlage zu machen. Diesen
Prospekt habe der Kläger bereits im ersten Vertriebsgespräch erhalten und dies auf dem
Zeichnungsschein auch bestätigt. Mit prospektwidrigen Zahlungsflüssen habe sie nicht
rechnen müssen. Gegenüber dem Kläger sei sie nur als Vermittlerin der Anlage
aufgetreten. Aber selbst wenn man von einer Anlageberatung ausgehe, habe sie ihre
Pflichten nicht verletzt. Insbesondere seien die Angaben im Emissionsprospekt über die
Provisionszahlungen an die Vertriebspartner nach der Rechtslage im Jahre 2003
ausreichend gewesen. Zu einer weiteren Aufklärung sei sie nicht verpflichtet gewesen.
Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch gegen
den Kläger erklärt, der sich daraus ergebe, dass dieser - gegebenenfalls
wahrheitswidrig - die Aushändigung des Fondsprospekts schriftlich bestätigt habe.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, zwischen den Parteien sei
zwar ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, die Beklagte habe ihre hieraus
folgenden Pflichten jedoch nicht verletzt. Sie habe die Plausibilität des
Emissionsprospekts ausreichend geprüft und dem Kläger diesen Prospekt rechtzeitig
ausgehändigt. Von dessen Inhalt abweichende unzutreffende Angaben des
Kundenberaters habe der Kläger nicht bewiesen. Die Beklagte sei auch nicht
verpflichtet gewesen, dem Kläger ihre Provision offenzulegen. Insoweit seien die
Angaben im Prospekt ausreichend. Jedenfalls seien aber weder ein Verschulden der
Beklagten noch die Kausalität der unterbliebenen Aufklärung über die Provision für die
Anlageentscheidung des Klägers feststellbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
22
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er wiederholt und
vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, die Beklagte habe vorhandene
Prospektfehler, insbesondere die absehbare Zweckentfremdung für die
Produktionskosten vorgesehener Anlegergelder zur Finanzierung der
Schuldübernahme, schon bei einer einfachen Plausibilitätsprüfung erkennen müssen.
Soweit das Landgericht zu einem abweichenden Ergebnis gelangt sei, habe es das
Verfahren im Hinblick auf ein vor dem Oberlandesgericht München anhängiges
Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) aussetzen
müssen. Zudem habe die Beklagte ihn fehlerhaft beraten und den Prospekt zu spät
übergeben. Insoweit habe das Landgericht ihn als Partei zu seiner Behauptung einer
individuellen Falschberatung vernehmen müssen. Im Übrigen vertritt der Kläger unter
Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weiterhin die
Auffassung, die Beklagte habe ihn über die vereinbarten Rückvergütungen und deren
Höhe aufklären müssen, und macht geltend, dass er die Beteiligung in diesem Fall nicht
gezeichnet hätte. Insoweit gelte auch die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens.
23
Der Kläger beantragt,
24
das am 08.01.2009 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld
abzuändern,
25
und wiederholt im Übrigen seine erstinstanzlichen Anträge mit der Maßgabe, dass zu
den Ziffern 3. und 4. jeweils nur die Hilfsanträge gestellt werden.
26
Die Beklagte beantragt,
27
die Berufung zurückzuweisen.
28
Sie wiederholt ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen und verbleibt dabei, den -
sachlich fehlerfreien - Prospekt ordnungsgemäß auf seine Plausibilität überprüft und
dem Kläger bereits beim ersten Beratungsgespräch übergeben zu haben. Im Übrigen
wäre sogar eine Aushändigung anlässlich der Zeichnung der Beteiligung ausreichend
gewesen. Die spätere prospektwidrige Mittelverwendung habe sie weder erkennen
noch voraussehen können. Ihr Kundenberater habe in den Gesprächen mit dem Kläger
auch keine vom Prospekt abweichenden Angaben gemacht. Eine Parteivernehmung
des Klägers zu diesem Punkt sei unzulässig. Da das Recht der V... B... f... B... AG, Dritte
in den Vertrieb einzuschalten und die Vergütung mit ihnen zu teilen, bei sorgfältiger
Lektüre aus dem Prospekt ersichtlich gewesen sei, sei sie - die Beklagte - zudem nicht
verpflichtet gewesen, weiter über ihre Vertriebsprovision und daraus etwa resultierende
Interessenkonflikte aufzuklären. Jedenfalls habe sie im Jahre 2003 eine solche
Verpflichtung nicht erkennen können und sich deshalb gegebenenfalls in einem
unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden. Keinesfalls dürfe einer entgegenstehenden
neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Rückwirkung beigemessen werden.
Im Übrigen bestreitet die Beklagte die Ursächlichkeit einer etwaigen Pflichtverletzung für
die Anlageentscheidung des Klägers sowie die Verzugsvoraussetzungen und tritt seiner
Schadensberechnung sowie den weiteren Berufungsanträgen im Einzelnen entgegen.
29
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze
der Parteien nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften beider Rechtszüge Bezug
genommen.
30
II.
31
Die zulässige Berufung des Klägers ist mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung
begründet. Dabei kann offenbleiben, ob die Beklagte den Verkaufsprospekt ausreichend
geprüft und dem Kläger rechtzeitig übergeben hat und ob sie den Kläger in den
Beratungsgesprächen ordnungsgemäß über die mit der Fondsbeteiligung verbundenen
wirtschaftlichen, insbesondere steuerlichen Risiken aufgeklärt hat (§§ 280 Abs. 1, 241
Abs. 2 BGB). Jedenfalls ist sie ihm zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet, weil
sie ihm nicht offenbart hat, in welcher Höhe sie im Innenverhältnis bei Zeichnung der
Anlage eine Vertriebsprovision verdiente.
32
1. Zwischen dem Kläger und der Beklagten ist nach den zutreffenden Feststellungen
des Landgerichts ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden. Ein solcher Vertrag
kommt stillschweigend durch die Aufnahme eines Beratungsgesprächs zustande, und
zwar unabhängig davon, von wem die Initiative ausgegangen ist (vgl. BGH NJW 1993,
2433). Vorliegend sind mehrere Beratungsgespräche zwischen dem Kundenberater F...
33
und dem Kläger geführt worden. Ihre erstinstanzlich vertretene Auffassung, dass es sich
gleichwohl nur um eine Anlagevermittlung gehandelt habe, hat die Beklagte im
Berufungsverfahren zu Recht nicht mehr konkret aufgegriffen.
2. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus diesem Anlageberatungsvertrag verletzt, indem
sie unstreitig nicht dafür Sorge getragen hat, dass der Kläger über die Tatsache und die
Höhe der ihr im Falle der Zeichnung des Fonds zufließenden Innenprovision aufgeklärt
wurde.
34
Der Anlageberater ist verpflichtet, den Kunden anleger- und objektgerecht zu beraten
und dabei richtig und vollständig über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen
Umstände aufzuklären (vgl. BGH NJW 1993, 2433; BGH NJW 2006, 2041; jeweils
m.w.N.). Zu diesen Pflichten gehört auch die Aufklärung über Rückvergütungen. Wenn
eine Bank ihren Kunden berät und Anlageempfehlungen abgibt, sind die
Kundeninteressen durch von der Bank vereinnahmte Rückvergütungen gefährdet. Es
besteht dann die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im
Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt,
sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen
zu erhalten. Eine Bank, die eine Geldanlage empfiehlt, muss den Kunden deshalb
darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie vom Emittenten Rückvergütungen aus
Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten erhält, um ihm einen insofern
bestehenden Interessenkonflikt offenzulegen. Erst durch diese Aufklärung wird der
Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu
beurteilen, ob die Bank ihm eine bestimmte Anlage nur deswegen empfiehlt, weil sie
selbst daran verdient (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2006, NJW 2007, 1876, 1878 f.).
35
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die Bank dem Kunden die Beteiligung an
einem Medienfonds empfiehlt. Zwar betrifft das vorgenannte Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 19.12.2006 Anteile an einem Aktienfonds und damit
Wertpapiere im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 WpHG. Der Bundesgerichtshof hat jedoch
in einem Beschluss vom 20.01.2009 ausdrücklich festgestellt, dass es für den
aufklärungspflichtigen Interessenkonflikt keinen Unterschied macht, ob ein Berater
Aktien- oder Medienfonds vertreibt. In § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG sei nur der auch
zivilrechtlich allgemein anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen
Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert
worden. Eine Beschränkung der Grundsätze des Urteils vom 19.12.2006 auf den
Anwendungsbereich des WpHG komme deshalb nicht in Betracht (vgl. BGH NJW 2009,
1416, 1417).
36
Dem steht auch die Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, der für
den Bereich der Anlagevermittlung eine Aufklärungspflicht über Innenprovisionen erst
bei Überschreitung einer Schwelle von 15 % angenommen hat (vgl. BGHZ 158, 110,
121; BGH ZIP 2005, 1599, 1602; BGH ZIP 2007, 871, 872), nicht entgegen. Der
Anlagevermittler ist im Interesse des Kapitalsuchenden mit dem Vertrieb einer
bestimmten Anlage befasst. Der Anlageinteressent tritt ihm in der Regel in dem
Bewusstsein gegenüber, dass der werbende und anpreisende Charakter seiner
Aussagen im Vordergrund steht. Demgemäß ist der Anlagevermittler im Rahmen eines
mit ihm geschlossenen Auskunftsvertrages zwar zu richtiger und vollständiger Auskunft
über diejenigen tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für den Anlageentschluss des
Interessenten von besonderer Bedeutung sind (vgl. BGH NJW-RR 1993, 1114 f.). Hierzu
gehören auch die kritische Schwelle von 15 % übersteigende Innenprovisionen, weil
37
diese erheblichen nachteiligen Einfluss auf die Werthaltigkeit und die Rentabilität der
Anlage haben (vgl. BGHZ 158, 110, 118, 121; BGH ZIP 2005, 1599, 1602). Aufgrund
seiner vertriebsorientierten Stellung wird dem Anlagevermittler jedoch nicht dasselbe
weitreichende persönliche Vertrauen entgegengebracht wie dem Anlageberater, von
dem nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere auch deren
fachkundige Bewertung und Beurteilung erwartet wird (vgl. BGH NJW-RR 1993, 1114).
Die hierfür erforderliche Unabhängigkeit wird indes durch die von Innenprovisionen
ausgehenden Anreize gefährdet, so dass auch unterhalb der Schwelle von 15 % eine
Offenlegung des Interessenkonflikts geboten erscheint.
Vor diesem Hintergrund ist auch unerheblich, dass der Kläger keine Vergütung für die
Beratung zu zahlen hatte und es deshalb nahelag, dass die Beklagte an den
Vertriebskosten partizipierte. Denn jedenfalls die Größenordnung der Rückvergütung
war aufklärungspflichtig. Ohne deren Kenntnis konnte der Kläger das Interesse der
Beklagten an der empfohlenen Beteiligung und die damit verbundene Gefährdung
seiner Interessen nicht richtig einschätzen (vgl. BGH NJW 2007, 1876, 1879). Es reicht
deshalb auch nicht aus, dass im Emissionsprospekt Vertriebsprovisionen in einer
Größenordnung von 13,9 % (einschließlich Agio) angegeben und das Recht der V... B...
f... B... AG (Eigenkapitalvermittlerin) offengelegt wurden, Dritte mit dem Vertrieb zu
betrauen (S. 69 des Emissionsprospekts). Dies legte zwar Provisionszahlungen an die
Beklagte nahe. Allerdings wurde daraus nicht deutlich, welchen Anteil die Beklagte von
der Gesamtvertriebsvergütung erhielt. Ob der Prospekt dem Kläger rechtzeitig
ausgehändigt wurde, bedarf deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt keiner weiteren
Klärung.
38
3. Die Beklagte hat die danach gebotene Aufklärung des Klägers über die Höhe ihrer
Vertriebsprovision unstreitig unterlassen. Dies begründet bereits bei Fahrlässigkeit die
Haftung aus §§ 280 Abs. 1, 276 Abs. 1 Satz 1 BGB. Den ihr obliegenden Beweis, dass
sie die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB; vgl. BGH NJW
2009, 2298, 2299), hat die Beklagte nicht geführt.
39
Die Beklagte kann sich nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Soweit
sie geltend macht, nach dem hier maßgeblichen Stand der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs im Jahre 2003 habe es keine Pflicht zur ungefragten Offenlegung
von Innenprovisionen unterhalb einer Schwelle von 15 % gegeben und ein solches
Gebot sei auch nicht voraussehbar gewesen, verkennt sie, dass die Verpflichtung eines
Beraters, Interessenkonflikte zu vermeiden, nicht das Ergebnis einer Rechtsänderung
oder einer grundlegenden Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist,
sondern einem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz entspricht. So ist schon seit den
80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts anerkannt, dass ein Steuerberater
pflichtwidrig handelt, wenn er sich von einem Dritten eine Provision dafür gewähren
lässt, dass er seinen Mandanten zu einer Vermögensanlage veranlasst, und er diese
Zuwendung dem Mandanten nicht offenbart (vgl. BGH NJW 1985, 2523, 2524; BGH
NJW-RR 1987, 1381, 1382; BGH NJW-RR 1991, 145, 146). In der Literatur wurde die
Frage von Bonifikationen und sonstigen Vergütungen jeder Art bereits für den gesamten
Bereich von Wertpapierdienstleistungen kontrovers diskutiert (vgl. etwa
Assmann/Schneider/Koller, WpHG, 2. Aufl. 1999, § 31 Rdnrn. 72 ff.; s. auch Nr. 2.2 Abs.
2 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel zur
Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG, BAnz. Nr. 98/1997 vom 03.06.1997, S. 6586,
die bei "Kick-back-Vereinbarungen" eine Aufklärung des Kunden "über die
kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Rückzahlung dieser Beträge" fordert). Ob
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schon dies den Verschuldensvorwurf gegenüber der Beklagten für die hier vorliegende
Fallgestaltung rechtfertigt, bedarf indes keiner Entscheidung, denn der
Bundesgerichtshof hat jedenfalls in einem Urteil vom 19.12.2000 klargestellt, dass eine
Bank die dem Vermögensverwalter ihres Kunden gewährten Rückvergütungen wegen
des daraus resultierenden Interessenkonflikts offenlegen muss (vgl. BGH NJW 2001,
962, 963). Zumindest aufgrund dieser Entscheidung musste die Beklagte im Jahre 2003
damit rechnen, dass sie auch zur Offenbarung ihrer Provisionen bei geschlossenen
Fondsbeteiligungen verpflichtet war. Bei der im Bankverkehr gebotenen Sorgfalt hätte
sie die mit dem Vertrieb befassten Anlageberater deshalb entsprechend instruieren oder
auf andere Weise für eine Unterrichtung der Anleger sorgen müssen (ebenso OLG
Karlsruhe OLGR 2009, 364, 367; bereits für das Jahr 1995 auch OLG Stuttgart BeckRS
2009, 28035, unter II. 2. d)).
Die bereits erwähnte Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur
Offenbarungspflicht ab einer Provisionshöhe von 15 % rechtfertigt keine abweichende
Würdigung. Abgesehen davon, dass die insoweit grundlegende Entscheidung (BGHZ
158, 110, 121) erst am 12.02.2004 ergangen ist und damit im hier maßgeblichen Jahr
2003 noch kein Vertrauen der Beklagten auf die Entbehrlichkeit einer Aufklärung
begründen konnte, betrifft diese Rechtsprechung - wie bereits ausgeführt - nur die
Pflichten des Anlagevermittlers und stellt demgemäß auf die Werthaltigkeit und
Rentabilität der Anlage ab. Für den Bereich gesteigerter Vertrauensverhältnisse wie
etwa im Rahmen von Anlageberatungs- und Vermögens-verwaltungsverträgen knüpfte
die Rechtsprechung dagegen bereits zuvor an den zentralen Gesichtspunkt des
Interessenkonflikts an, der durch jede umsatzabhängige Innenprovision oder
Rückvergütung ungeachtet ihrer Höhe begründet wird. Die Beklagte hätte deshalb
zumindest ernsthaft in Betracht ziehen und ihr Verhalten darauf ausrichten müssen,
dass die Rechtsprechung zur uneingeschränkten Aufklärungspflicht über
Innenprovisionen für den Anlageberater auch über den Geltungsbereich des WpHG
hinaus, insbesondere auch bei den hier maßgeblichen geschlossenen Fonds
angewandt würde.
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Der abweichenden Auffassung der Oberlandesgerichte Dresden und Oldenburg, die ein
Verschulden der Bank, die ihren Kunden beim Vertrieb geschlossener Medienfonds
nicht über vereinnahmte Innenprovisionen aufgeklärt hat, für Vertriebszeiträume vor
Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.10.2006 (BGH NJW
2007, 1876 ff.) verneinen (vgl. OLG Dresden WM 2009, 1689, 1691 f.; OLG Oldenburg
BB 2009, 2390, 2391 f.), vermag der Senat danach nicht zu folgen. Beide Gerichte
stellen wesentlich darauf ab, dass zum jeweiligen Beratungszeitpunkt noch kein
vergleichbar gelagerter Fall höchstrichterlich entschieden gewesen sei, und verweisen
in diesem Zusammenhang u. a. auf die vermeintlich entgegenstehende Rechtsprechung
des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs. Diese betrifft nach Gegenstand
(Anlagevermittlung) und rechtlicher Anknüpfung (Werthaltigkeit und Rentabilität der
Anlage) indes gerade andere Sachverhalte, während der hier entscheidende
Anknüpfungspunkt der Offenlegung von Interessenkonflikten - wie aufgezeigt - bereits in
der früheren Rechtsprechung zu Beratungs- und Vermögensverwaltungsverträgen
angelegt war und nicht an bestimmte Anlageformen oder deren Zuordnung zum
Geltungsbereich des WpHG gebunden ist. Demgemäß hat der Bundesgerichtshof schon
in seinem Urteil vom 19.12.2006 (NJW 2007, 1876, 1878 f.) ausdrücklich an seine
Entscheidung vom 19.12.2000 zur Aufklärungspflicht der Bank über Vergütungen an
den Vermögensverwalter (NJW 2001, 962, 963) angeknüpft und diese Rechtsprechung
ausdrücklich auch zur Grundlage seines Beschlusses vom 20.01.2009 betreffend die
42
Aufklärungspflicht bei Medienfonds gemacht (NJW 2009, 1416, 1417). Angesichts
dieser Zusammenhänge ist der Einwand der unzulässigen Rückwirkung einer -
angeblichen - Rechtsprechungsänderung verfehlt.
In einem weiteren Urteil vom 12.05.2009 hat der Bundesgerichtshof für eine im Februar
2000 erfolgte Beratung ausgeführt, die dortige Beklagte sei dafür darlegungs- und
beweispflichtig, dass sie "trotz Kenntnis der Auskunfts- und Heraus-gabepflichten des
Geschäftsbesorgers nach §§ 675, 666, 667 BGB bzw. des Kommissionärs nach §§ 383,
384 Abs. 2 HGB und der dazu veröffentlichten Rechtsprechung sowie der darauf Bezug
nehmenden BAWe-Richtlinie vom 26.05.1997… eine Aufklärungspflicht über
Rückvergütungen nicht erkannt und auch nicht für möglich gehalten hat und sie es
deshalb auch nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit unterlassen hat, ihre
Anlageberater zur Aufklärung der Kunden zu verpflichten" (BGH NJW 2009, 2298, 2299
f.). Auch dies weist deutlich darauf hin, dass der Stand der Rechtsprechung im Jahre
2003 einem Verschulden der Beklagten nicht entgegensteht. Dass es im letztgenannten
Urteil wiederum um Anlagen in Aktien und Aktienfonds ging, rechtfertigt angesichts der
Begründung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 20.01.2009 (NJW 2009,
1416, 1417) keine unterschiedliche Behandlung.
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Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht mit dem Hinweis auf den in
Amtshaftungssachen entwickelten Grundsatz entlasten, dass ein Verschulden des
Beamten in der Regel zu verneinen ist, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen
besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat
("Kollegialgerichtsrichtlinie", vgl. BGHZ 150, 172, 184). Dieser Grundsatz kann auf den
hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht übertragen werden. Während der hoheitlich
handelnde Beamte die Dienstpflicht hat, die in Frage stehenden gesetzlichen
Bestimmungen, auch wenn sie ihm unklar erscheinen oder sich eine Anwendungspraxis
noch nicht herausgebildet hat, auf den ihm vorliegenden Fall anzuwenden, geht es hier
um eine freie unternehmerische Betätigung der Beklagten, für die sie selbst
Verantwortung zu übernehmen hat. Dies schließt die Pflicht ein, sich selbst darüber klar
zu werden, welche Aufklärungspflichten ihr bei der Anlageberatung obliegen (vgl. BGH
BeckRS 2009, 08039, Rdnr. 4). Anders als ein Instanzgericht, das streitige Rechtsfragen
entscheiden und sein Urteil gegebenenfalls einer Überprüfung im Rechtsmittelzug
unterwerfen muss, hatte die Beklagte auch die Möglichkeit, bei verbleibender
Ungewissheit den sicheren Weg einer Aufklärung zu wählen. Wenn sie dies nicht getan
und sich auf eine - aus damaliger Sicht zumindest ernstlich angreifbare -
Rechtsauffassung festgelegt hat, geschah das auf eigenes Risiko und schließt
angesichts der dargelegten, schon damals vorhandenen Ansätze in der
Rechtsprechung jedenfalls den Vorwurf der Fahrlässigkeit nicht aus. Auf einen darüber
hinaus etwa in Betracht zu ziehenden Vorsatz (vgl. dazu BGH NJW 2009, 2298, 2299)
kommt es vorliegend nicht an.
44
4. Die Pflichtverletzung der Beklagten war für die Beteiligung des Klägers an der
Fondsgesellschaft ursächlich.
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Der Kläger hat vorgetragen, er hätte bei pflichtgemäßer Offenbarung des bestehenden
Interessenkonflikts die empfohlene Fondsbeteiligung nicht gezeichnet. Hierfür spricht
bereits die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Diese gilt grundsätzlich für alle
Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über
Rückvergütungen. Als Aufklärungspflichtige muss folglich die Beklagte darlegen und
beweisen, dass der Kläger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben
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und den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGH NJW 2009, 2298,
2300).
Tragfähige Anhaltspunkte für einen solchen Rückschluss hat die Beklagte nicht
vorgetragen. Allein die Umstände, dass der Kläger bereits zuvor Beteiligungen an
geschlossenen Fonds erworben hatte, er an einer weiteren steueroptimierten Anlage
interessiert war und die anfallenden Vertriebsvergütungen marktüblich gewesen sein
mögen, reichen insoweit nicht aus, zumal nicht feststeht, dass er bei seinen früheren
Anlagen über etwaige Rückvergütungen an den jeweiligen Berater informiert war. Im
Gegenteil wirft die Tatsache, dass der Kläger jedenfalls noch keine Erfahrung mit
Medienfonds hatte und ihm die vorliegende Anlage nach seinen Angaben bei der
Anhörung vor dem Landgericht auch "nichts sagte", die Frage auf, ob er der Empfehlung
der Beklagten in Kenntnis ihres Eigeninteresses nicht geringeres Gewicht beigemessen
und sich deshalb für eine andere Kapitalanlage entschieden hätte. Der Umstand, dass
der Kläger nicht von sich aus nach Provisionen der Beklagten und deren Höhe fragte,
lässt ohnehin keine Rückschlüsse auf sein Verhalten im Falle ordnungsgemäßer
Aufklärung zu.
47
5. Durch den Erwerb der Fondsbeteiligung ist dem Kläger auch ein Schaden
entstanden. Wer durch ein haftungsbegründendes Verschulden zu einer Kapitalanlage
veranlasst wird, die er ohne dieses Verhalten nicht erworben hätte, ist in der Regel
bereits durch den Erwerb geschädigt, ohne dass es auf die objektive Werthaltigkeit der
Anlage ankommt (vgl. BGH NJW 2005, 1579, 1580 m.w.N.).
48
Der Kläger kann danach zunächst seine Einlage (25.000 EUR) nebst Agio (1.250 EUR)
in Höhe von insgesamt 26.250 EUR ersetzt verlangen (Berufungsantrag zu 1.).
Steuervorteile sind hierauf nicht anzurechnen, weil die Rückabwicklung der Beteiligung
im Rahmen des Schadensersatzes zu einer Nachversteuerung führt und die Beklagte
nicht dargelegt hat, dass dem Kläger danach außergewöhnlich hohe Steuervorteile
verbleiben (vgl. BGH NJW 2008, 350, 351; BGH NJW 2008, 2773, 2775).
49
Darüber hinaus ist die Beklagte verpflichtet, den Kläger von allen steuerlichen und
wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus seiner
Beteiligung an der Fondsgesellschaft resultieren (Berufungsantrag zu 2.). Das
Feststellungsinteresse ergibt sich bereits aus der Möglichkeit, dass im Rahmen der
Nachversteuerung Säumniszuschläge anfallen werden. Inwieweit diese durch Erträge
aus der Anlage von Steuerersparnissen ausgeglichen werden, ist eine Frage der
abschließenden Schadensberechnung; das Feststellungsinteresse wird durch diese
Überlegung nicht ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der
Antrag auch nicht auf Ersatz des positiven Interesses gerichtet. Der Kläger begehrt
lediglich einen Ausgleich für die Nachteile, die ihm durch seine Beteiligung an dem
Medienfonds entstehen.
50
Zahlung und Freistellung haben Zug um Zug gegen Übertragung der vom Kläger
gezeichneten Beteiligung an der Fondsgesellschaft zu erfolgen. Welche einzelnen
Schritte die Übertragung erfordert, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner
Entscheidung. Die Verpflichtung des Klägers erstreckt sich nach dem Urteilsausspruch
auf alle Handlungen, die zur Erreichung des bezeichneten Ergebnisses notwendig sind.
51
Schließlich greift auch der von der Beklagten erhobene Einwand eines
anspruchsmindernden Mitverschuldens des Klägers nicht durch. Er knüpft an den
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weiteren Vorwurf einer prospektwidrigen Beratung des Klägers durch die Beklagte an
und beruht auf deren Behauptung, der Kläger hätte etwaige Beratungsfehler bei
sorgfältiger Lektüre des Emissionsprospekts bemerken müssen. Eine solche
Pflichtverletzung ist aber ebenso wenig Grundlage der vorliegenden Verurteilung der
Beklagten wie die Behauptung des Klägers, den Prospekt erst nach Zeichnung der
Beteiligung erhalten zu haben. Damit besteht auch für die erstinstanzliche
Hilfsaufrechnung, auf die die Beklagte im Berufungsverfahren nicht mehr
zurückgekommen ist, schon im Ansatz kein Raum.
6. Antragsgemäß ist weiter festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der
Übertragung der vom Kläger gezeichneten Beteiligung im Verzug befindet
(Berufungsantrag zu 4.). Die Beklagte hat eine "Rückabwicklung der Beteiligung" im
Rechtsstreit durchgängig abgelehnt. Gemäß § 295 Satz 1 BGB genügte deshalb ein
wörtliches Angebot des Klägers zur Begründung des Annahmeverzuges. Dieses
Angebot hat er mit seinen auf eine Zug-um-Zug-Verurteilung der Beklagten gerichteten
Anträgen abgegeben (vgl. BGH NJW 1997, 581).
53
7. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Einen
Verzugseintritt vor Rechtshängigkeit hat der Kläger nicht dargetan.
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Ein weiter gehender Zinsanspruch steht dem Kläger auch unter dem Gesichtspunkt des
entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) nicht zu. Dass der Kläger sein Kapital
festverzinslich angelegt hätte, wenn er es nicht in die streitgegenständliche Beteiligung
investiert hätte, kann nicht hinreichend sicher festgestellt werden. Zwar ist nach der
Lebenserfahrung grundsätzlich davon auszugehen, dass Eigenkapital in einer solchen
Höhe nicht ungenutzt verwahrt, sondern anderweitig angelegt worden wäre (vgl. BGH
WM 1974, 128, 129; BGH NJW 1992, 1223, 1224). Der Kläger hatte jedoch bereits zuvor
geschlossene Fonds gezeichnet. Nach seinen eigenen Angaben bei seiner Anhörung
vor dem Landgericht hat er auch die streitgegenständliche Anlage "in erster Linie" aus
steuerlichen Gründen gewählt. Bei dieser Sachlage kann nicht ohne Weiteres
angenommen werden, dass er sich alternativ für eine Anlage zu marktüblichen
Zinssätzen entschieden hätte. Vielmehr liegt es nahe, dass der Kläger ein anderes
steueroptimiertes Anlagemodell gezeichnet hätte. Dieses Marktsegment ist jedoch
typischerweise auch mit Verlustrisiken verbunden, so dass keine ausreichende
Grundlage für eine Schadensschätzung (§ 287 ZPO) besteht.
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8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 281 Abs. 3 Satz
2 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709
Satz 2 ZPO.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt (§ 543 Abs. 2
ZPO). Die Fragen der Verpflichtung einer Bank zur Aufklärung über Innenprovisionen
und des Verschuldens bei Verletzung dieser Aufklärungspflicht sind inzwischen durch
den Bundesgerichtshof grundsätzlich geklärt. Nach den Ausführungen des
Bundesgerichtshofs zum Verschulden im Urteil vom 12.05.2009 (NJW 2009, 2298, 2299
f.) gebieten auch die abweichenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte Dresden
(WM 2009, 1689, 1691 ff.) und Oldenburg (BB 2009, 2390, 2391 f.) im vorliegenden Fall
nicht mehr die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO), da der Senat der Rechtsprechung des
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Bundesgerichtshofs folgt.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 28.750 EUR festgesetzt.
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M... Dr. W... D...
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