Urteil des OLG Düsseldorf vom 06.08.2004

OLG Düsseldorf (kläger, wasser, planung, rechnung, 1995, auskunft, verjährung, grundstück, gutachten, arglistige täuschung)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-22 U 135/03
Datum:
06.08.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-22 U 135/03
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 25. September 2003
verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts
Mönchengladbach wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
1
A.
2
Der Kläger begehrt von dem Beklagten, der Architekt ist, Schadensersatz, da sein Haus
nicht mit einer Absicherung gegen drückendes Wasser versehen wurde.
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Im Jahre 1993 beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Planung und Durchführung
eines Einfamilienhausbaues auf dem Grundstück Z. in G. Die Auftragserteilung erfolgte
mündlich. Der Kläger persönlich erhielt vor Baubeginn unter dem 17.6.1993 ein
Schreiben der R. AG, das u.a. folgende Hinweise enthält:
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"Da Ihr Grundstück außerdem in einem Gebiet liegt, in dem der natürliche
Grundwasserspiegel nahe der Tagesoberfläche ansteht, sind die Normen der DIN
18195 "Bauwerksabdichtungen", und hier insbesondere die Blätter 4 bis 6
"Abdichtungen gegen Bodenfeuchtigkeit, "Abdichtungen gegen drückendes
Wasser" und
"
auch wenn während der Bauzeit der Grundwasserspiegel unterhalb der
Baugrubensohle liegt. Der Grundwasserstand kann durch künstliche oder
natürliche Einflüsse verändert sein und ein zukünftiger Wiederanstieg ist bei den
Abdichtungsmaßnahmen zu berücksichtigen."
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der R. AG (Bl. 50 f. d. GA)
Bezug genommen wird.
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Am 1.7.1993 leitete der Beklagte dem Kläger eine Rechnung über eine
Bodenuntersuchung zu (Bl. 21 d.A.). Diese bezieht sich auf ein von einer Firma L.
erstelltes Bohrdiagramm (Bl. 96 f d.A.). Ein Bodengutachten holte der Beklagte nicht ein.
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Im November 1994 zog der Kläger in das unter Mitwirkung des Beklagten errichtete
Haus ein. Unter dem 6.5.1995 erstellte der Beklagte seine Rechnung, auf die wegen der
Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 59 d.A.). Diese Rechnung glich der Kläger im
Juni 1995 aus.
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Nachdem im Jahre 2000 in der naheliegenden Gemeinde K. Grundwasserschäden
eingetreten waren, wandte sich der Kläger an das Staatliche Umweltamt K. und erbat
eine Auskunft zu den Grundwasserständen für sein Grundstück. Dieses teilte ihm unter
dem 4.9.2000 mit, der höchste gemessene Grundwasserstand betrage 44,50 m ü. N. (Bl.
26 d. GA). In dem Schreiben wird darauf hingewiesen, dass die Ermittlung über eine
Interpolation der Angaben der nächstgelegenen Messstellen erfolgt sei und von den
tatsächlichen Verhältnissen abweichen könne. Eine später von dem Beklagten
eingeholte und im Berufungsverfahren vorgelegte Auskunft mit Datum vom 9.9.2002 gibt
als Grundwasserhöchststand den Wert von 44,30 m ü. NN an (Bl. 367 d. GA).
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Das Grundstück des Klägers liegt am Kanaldeckel auf einer Höhe von 45,09 m über NN,
die Kellersohle liegt auf 43 m über NN. Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom
25.10.2000 an den Beklagten, dass unter diesen Umständen eine Sicherung gegen
drückendes Wasser erforderlich gewesen sei. Der Beklagte antwortete am 22.11.2000,
nach einem Bodengutachten seien die damaligen Grundwasserstände und der in
Zukunft zu erwartende Höchststand berücksichtigt gewesen. Nach mehrmaliger
Anforderung dieses Bodengutachtens durch den Kläger übersandte der Beklagte am
20.2.2001 ein aus dem Jahre 1989 datierendes Bohrdiagramm für ein anderes
Grundstück in A. (Bl. 36 d.A.). Unter dem 19.4.2001 ließ der Beklagte durch seine
Haftpflichtversicherung mitteilen, etwaige Ansprüche seien verjährt. Die Klage ist am
5.10.2001 beim Landgericht Mönchengladbach eingegangen.
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Bei dem Grundstück des Klägers ist es bisher nicht zu Grundwasserschäden oder
Wassereinbrüchen gekommen.
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Der Beklagte prüfte am 23.12.1994 die Rechnung einer Firma B. GmbH, die
Nachbesserungsarbeiten an dem klägerischen Grundstück zum Gegenstand hat. Die
Firma führte Nachbesserungsarbeiten am Gewerk des Rohbauunternehmers aus, der
insolvent geworden war. Der Beklagte veranlasste und überwachte die Arbeiten. Mit
Schreiben vom 8.3.1995 nahm er zu Mängeln im Bereich Heizung / Schornstein
Stellung.
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Der Kläger hat behauptet, er habe das Schreiben der R. AG vom 17.6.1993 dem
Beklagten vorgelegt und auf der Einholung eines Bodengutachtens bestanden. Im
übrigen hätte der Beklagte aus früheren Bauvorhaben die Grundwasserverhältnisse und
auch das Schreiben der Firma R. kennen müssen. Er hat behauptet, angesichts der
Lage seines Grundstückes hätte sein Bauvorhaben mit einer Sicherung gegen
drückendes Wasser geplant werden müssen. Eine Nachbesserung sei nun nicht mehr
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möglich, weshalb bei einer Veräußerung ein Minderwert von ca. 150.000, DM zu
erwarten sei. Bei der Errichtung einer weißen Wanne von vorneherein wären dagegen
allenfalls Mehrkosten von 5.000, DM angefallen. Er hat behauptet, der Beklagte sei mit
sämtlichen Leistungsphasen, auch der Leistungsphase 9, betraut gewesen. Er ist der
Ansicht gewesen, deshalb beginne die Verjährung der Ansprüche gegen ihn erst mit
Ablauf der Gewährleistungsfristen für die Handwerker, also frühestens im Jahre 1999.
Im übrigen hat er die Auffassung vertreten, der Beklagte habe arglistig gehandelt.
Der Kläger hat beantragt,
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festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm den Schaden zu ersetzen,
der dadurch eingetreten ist und noch eintreten wird, dass der Beklagte das
Bauvorhaben des Klägers auf dem Grundstück Z. 5, G., ohne Schutz gegen
drückendes Wasser geplant und gebaut hat.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat bestritten, dass das Objekt des Klägers grundwassergefährdet sei. Maßnahmen
zu einer entsprechenden Abwehr, wie der Errichtung des Objekts in "weißer Wanne"
habe es deshalb nicht bedurft. Im übrigen genüge das eingeholte Bohrdiagramm der
Firma L über die Bodenprobe zur Ermittlung der Grundwassergefährdung.
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Er hat die Einrede der Verjährung erhoben.
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Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 21.2.2002 (Bl. 107
ff. d. GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten des
Sachverständigen Dr. B. vom 30.07.2002 (Bl. 115 ff d.A.) und 09.01.2003 (Bl. 207 ff d.A.)
Bezug genommen. Das Landgericht hat den Sachverständigen in der Sitzung vom
24.7.2003 mündlich angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll
vom 24.7.2003 (Bl. 251 ff d. A.)Bezug genommen.
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Das Landgericht hat der Feststellungsklage mit Urteil vom 25.9.2003 (Bl. 258 d. GA),
hinsichtlich des Tatbestandes berichtigt durch Beschluss vom 6.11.2003 (Bl. 267 ff. d.
GA), stattgegeben. Wegen der näheren Sachdarstellung wird auf das Urteil nebst
Berichtigungsbeschluss Bezug genommen.
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Das Landgericht hat ausgeführt, die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Ein
Rechtschutzbedürfnis für diese Klage bestehe, da eine zuverlässige Bezifferung des
Schadens erst nach Durchführung der Mangelbeseitigung bzw. Veräußerung des
Hauses zu einem geringeren Wert als dem verkehrsüblichen möglich sei.
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Die Klage sei auch begründet. Der Kläger habe Anspruch auf die begehrte Feststellung,
da ihm dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB zustehe. Die
Planung des Beklagten sei mangelhaft gewesen, da sie die Errichtung des klägerischen
Hauses ohne Sicherung gegen drückendes Wasser vorgesehen habe. Entsprechend
dieser Planung sei das Gebäude errichtet worden, so dass die mangelhafte Planung
sich im Bauwerk ausgewirkt habe.
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Eine Sicherung gegen drückendes Wasser wäre nach dem Gutachten des
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Sachverständigen Dr. B. erforderlich gewesen. Dieser habe in seinem Gutachten vom
30.7.2002 ausgeführt, aufgrund der Bescheinigung des staatlichen Umweltamtes K. sei
der höchste je gemessene Grundwasserstand 44,5 m über NN. Die Parteien hätten sich
im Ortstermin darauf geeinigt, von diesem Wert auszugehen, um die Kosten eines
zusätzlichen hydrologischen Gutachtens einzusparen. Die Oberkante des
Kellerfußbodens liege dagegen angesichts der Zeichnungen des Beklagten auf 43,19 m
über NN. Damit liege die Oberkante des Kellerfußbodens 1,31 m unter dem
Höchstgrundwasserstand, so dass eine Sicherung gegen drückendes Wasser
erforderlich gewesen sei.
Sachverständigen keine Einwände mehr erhoben. Insbesondere habe der Beklagte sein
Einverständnis mit der Verwertung der Auskunft des staatlichen Umweltamtes K. erklärt.
Er habe zwar angekündigt, sich durch Einholung einer eigenen Auskunft nochmals zu
vergewissern, ob dieser Grundwasserspiegel auch 1993 schon gemessen worden sein,
eine anderslautende Auskunft habe er jedoch nicht eingereicht. Nachdem er den Punkt
selbst als gegenstandslos bezeichnet habe, sei er mit entsprechenden Einwänden
ausgeschlossen.
Das Unterlassen der Planung einer Absicherung gegen drückendes Wasser sei ein
kardinaler Planungsfehler. Die Bodenprobe ersetze ein Bodengutachten in keiner
Weise. Der Beklagte habe nicht einmal die allgemein erhältliche Auskunft des
staatlichen Umweltamtes berücksichtigt, so dass die vorgenommene Planung der
gebotenen Planung in keiner Weise genügt habe.
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Hierdurch sei dem Kläger ein Schaden entstanden, der auch nicht augrund einer
Vorteilsausgleichung entfalle. Die Kosten für die nachträgliche Errichtung einer weißen
Wanne seien weit höher als die, die entstanden wären, wenn sie von vorneherein
geplant worden wäre. Grob kalkuliert sei der Schaden unter Berücksichtigung der
Minderwerte für den Flächenverlust sowie der Ersparnisse beim Bau des Objektes mit
einem Betrag von 94.700 € zu bemessen.
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Einer Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung bedürfe es nicht, da der Beklagte mit
Schreiben vom 24.7.2001 und mit der Klageerwiderung seine Einstandspflicht für
Mängel abgelehnt habe.
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Die Ansprüche des Klägers seien nicht verjährt. Die Verjährungsregel des § 638 BGB
greife nicht ein, da dem Beklagten arglistiges Verhalten zur Last falle. Der Anspruch des
Klägers verjähre daher nach § 195 BGB a.F. in 30 Jahren. Für Arglist genüge es, wenn
ein Architekt ihm bekannte Mängel verschweige, obwohl ihm bewusst sei, dass diese
auf die Abnahmeentscheidung Einfluss haben. Das Landgericht hat unter Bezugnahme
auf eine Entscheidung des 5. Zivilsenats des OLG Düsseldorfs (OLG Düsseldorf, OLG
Report 2001, 528) die Ansicht vertreten, die Herbeiführung der Abnahme, hier des
Einzugs des Klägers, in Kenntnis der unzureichenden Feuchtigkeitssicherung stelle
eine arglistige Täuschung dar. Als Architekt habe er wissen müssen, dass die
einschlägige DINNorm die Ermittlung des höchsten je gemessenen
Grundwasserspiegels vorsehe. Dennoch habe der Beklagte diesen nicht ermittelt und
nicht nur die gebotene Einholung eines Bodengutachtens, sondern sogar die Einholung
einer Auskunft hierüber unterlassen. Er habe den Grundwasserstand in keiner Weise
geprüft und dies auch gewusst. Hierüber hätte er den Kläger aufklären müssen. Im
übrigen habe der Beklagte dem Kläger sogar eine Rechnung über eine Bodenprobe
zugesandt. Dies habe der Kläger als Laie nur dergestalt verstehen können, dass eine für
die Planung hinreichende Prüfung der Boden und damit auch Grundwasserverhältnisse
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vorgenommen worden sei. Damit habe der Beklagte vorgespiegelt, diese Prüfung
vorgenommen zu haben.
Gegen dieses dem Beklagten am 30.9.2003 zugestellte Urteil hat er mit einem beim
Oberlandesgericht Düsseldorf am 17.10.2003 eingegangenen Schriftsatz Berufung
eingelegt. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 1.1.2004 und
nochmaliger Verlängerung bis zum 1.2.2004 hat er die Berufung mit einem am Montag,
den 2.2.2004 eingegangenen Schriftsatz begründet.
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Der Beklagte vertritt die Ansicht, die 5-jährige Verjährungsfrist des § 638 BGB a.F. sei
zum Zeitpunkt der Verjährung abgelaufen gewesen. Seine Architektenleistung sei mit
der Bezahlung der Rechnung im Juni 1995 abgenommen gewesen; es habe sich
hierbei um seine Schlussrechnung gehandelt. Er behauptet weiter, die Leistungsphase
9 des § 15 HOAI sei nicht beauftragt gewesen. Ein arglistiges Verhalten liege nicht vor,
so dass die Verjährungsfrist des § 195 BGB nicht zum Tragen komme. Dabei sei
insbesondere auch zu berücksichtigen, dass das Haus nunmehr seit bald 10 Jahren
trocken sei und es keinen Anhaltspunkt dafür gebe, dass sich dies ändern könne.
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DIN-Normen, die die Ermittlung des höchsten je gemessenen Grundwasserspiegels
vorsehen würden, seien nicht vorhanden. Das Landgericht habe auch unzutreffend
angenommen, der Beklagte habe den Grundwasserstand nicht geprüft. Aus dem
vorgelegten Bohrdiagramm ergebe sich, dass die Fa. L. GmbH am 12.5.93 festgestellt
habe, dass der Grundwasserstand 4,25 m unter der Geländeoberkante liege. Dieser
Grundwasserstand sei unverändert vorhanden; eine Veränderung sei nicht zu erwarten.
Der Beklagte sei im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass eine Abdichtung
gegen drückendes Wasser nicht erforderlich sei. Weder das Landgericht noch der
Sachverständige hätten sich allein auf die Auskunft des S. K. stützen dürfen, da diese
nicht ausreichend auf die tatsächlichen Verhältnisse abstelle. Dies zeige sich auch
daran, dass bei Richtigkeit der Bescheinigung unter Berücksichtigung des anwaltlichen
Schreibens vom 11.6.2001 und der Feststellungen des Sachverständigen im Jahre
1996 eine Kellerüberflutung hätte vorliegen müssen.
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Auch soweit eine Abdichtung gegen drückendes Wasser erforderlich sein sollte, liege
Arglist nicht vor. Das Landgericht habe verkannt, dass er nicht gewusst habe, dass
seine Maßnahmen zur sicheren Feststellung des Grundwasserstandes unzureichend
seien. Er habe keinen Täuschungswillen gehabt.
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Eine Täuschung liege insbesondere auch nicht in der Übersendung der Rechnung der
Fa. L. Diese sei unmittelbar an den Kläger gerichtet und von ihm – dem Beklagten -
lediglich unverändert weitergegeben worden.
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Dem Kläger sei weiter kein Schaden entstanden. Einschließlich des Zinseszinseffektes
habe er – bezogen auf einen Zeitraum von 10 Jahren – bereits eine Ersparnis von
39.239,56 € gehabt. Es sei nicht anzunehmen, dass bei einer etwaigen Veräußerung
der Kläger noch einen finanziellen Verlust hinnehmen müsste. Zudem sei für eine
zeitweilige Abführung drückenden Wassers eine Drainage ausreichend.
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Der Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
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Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung als zutreffend. Das Landgericht habe zur
Recht die Einrede der Verjährung nicht durchgreifen lassen. Dabei sei auch zu
berücksichtigen, dass der Beklagte die Objektbetreuung wahrgenommen habe und
deshalb ein Ende der Verjährungsfrist frühestens im Jahre 2004 gegeben sei. Zu Recht
sei das Landgericht von einer Arglist des Beklagten ausgegangen. Dieser habe eine
Kardinalpflicht verletzt, seine Planung genüge nicht den Anforderungen, die hier eine
Abdichtung gegen drückendes Wasser nötig machten. Der Beklagte hätte den höchsten
Grundwasserstand seiner Planung zugrunde legen müssen. Mit Schriftsatz vom
14.7.2004 legt er eine – undatierte - Honoraraufstellung vor und behauptet hierzu, es
handele sich dabei um die in der Rechnung vom 6.5.1995 angesprochene Aufstellung.
Er ist der Ansicht, damit sei eine Vereinbarung auch der Leistungsphase 9 belegt.
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Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf die Berufungsbegründung
vom 2.2.2004 (Bl. 340 ff. d. GA), den Schriftsatz des Beklagten vom 8.7.2004 (Bl. 425 ff.
d. GA) sowie auf die Berufungserwiderung vom 1.4.2004 (Bl. 401 ff. d. GA)und den
Schriftsatz des Klägers vom 14.7.2004 (Bl. 433 ff. d. GA) Bezug genommen.
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B.
41
I. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt
worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
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Der Beklagte schuldet dem Grunde nach dem Kläger aus § 635 BGB a.F.
Schadensersatz wegen eines Planungsfehlers. Er war verpflichtet, in seine Planung
eine Abdichtung des Gebäudes gegen drückendes Wasser aufzunehmen (1). Sich
hieraus ergebende Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt (2).
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1. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Planung des Beklagten
fehlerhaft ist.
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a) Seine Planung hätte eine Abdichtung gegen drückendes Wasser vorsehen müssen,
da ausweislich der Auskünfte des Staatlichen Umweltamtes K. vom 4.9.2000 und vom
9.9.2002 Grundwasserstände erreicht werden können, die über der Kellersohle liegen.
Ein Architekt ist auch ohne entsprechende Anhaltspunkte oder Hinweise verpflichtet,
sich nach den Grundwasserständen zu erkundigen. Eine solche Berücksichtigung der
Grundwasserverhältnisse bei Gebäudeplanungen gehört nach der ständigen
Rechtsprechung des Senats insbesondere in Gebieten mit relativ hohem
Grundwasserstand zu den zentralen Aufgaben eines planenden Architekten. Er hat sich
Klarheit über die Grundwasserverhältnisse zu verschaffen und seine Planung des
Bauvorhabens, sofern nicht Besonderheiten vorliegen, nach dem höchsten bekannten
Grundwasserstand, auch wenn dieser seit Jahren nicht mehr erreicht worden ist,
auszurichten (verg. die Urteile des Senats NJW-RR 1992, 153, NJW-RR 1996, 1300,
NJW-RR 2003, 379). Der Beklagte hat gegen diese Planungsgrundsätze verstoßen. Er
hat es unterlassen, Auskünfte über die Grundwasserstände des Baugrundstückes
einzuholen, obwohl er hierzu als ortsansässiger Architekt im Hinblick auf die allgemeine
Grundwassergefährdung des Gebietes besondere Veranlassung hatte. Die
vorgenommene Bohruntersuchung genügt diesen Anforderungen erkennbar nicht. Sie
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dient zum einen in erster Linie der Baugrunduntersuchung, zum anderen kann durch sie
nur eine Momentaufnahme des aktuellen Grundwasserstands erreicht werden. Sie ist
ungeeignet, Aussagen über den höchsten Grundwasserstand für einen längeren
Zeitraum zu ermöglichen (vergl. auch das Gutachten Dr. B. vom 30.7.2002, Bl. 115, 130
d. GA).
Dass dem Beklagten ein Planungsfehler anzulasten ist und die Kellersohle nicht in
tauglicher Weise gegen drückendes Grundwasser abgedichtet ist, steht angesichts der
Ausführungen in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 30.7.2002 (Bl. 115,
118 d. GA) fest. Der Sachverständige hat für sein Gutachten die Auskunft des
Staatlichen Amtes für Wasser- und Abfallwirtschaft (STAWA) vom 5.9.00, nach der der
höchste Grundwasserstand ca. 44,50 m ü.NN beträgt, zugrunde gelegt.
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Den Einwendungen des Beklagten gegen die Zugrundelegung dieses maximalen
Grundwasserstandes kann nicht gefolgt werden. Zum einen ist das Landgericht zu
Recht davon ausgegangen, dass die Parteien sich darauf verständigt haben, diese
Auskunft der Begutachtung zugrunde zu legen. Dies ergibt sich aus dem Gutachten
selbst (Bl. 118 d. GA), im übrigen aber auch aus dem weiteren Prozessverlauf.
Insbesondere hat der Beklagte darauf verzichtet, die ihm bereits im Jahre 2002
vorliegende Auskunft der STAWA, aus der sich der leicht abweichende Wert von 44,30
m ü.NN ergibt, vorzulegen. Er ist nunmehr mit Einwänden gegen die Richtigkeit der
Bescheinigung ausgeschlossen. Im übrigen ergibt sich aus der von ihm vorgelegten
Bescheinigung ebenfalls die Notwendigkeit einer Abdichtung gegen drückendes
Wasser, da die Kellersohle auf 43 m über NN liegt. Damit wäre auch nach der
Bescheinigung von 2002 eine Abdichtung gegen drückendes Wasser zwingend
erforderlich gewesen. Die Abweichung von 20 cm lässt nicht den Schluss darauf zu,
dass die erhobenen Daten insgesamt unzuverlässig sind. Eine solche geringfügige
Abweichung kann bereits dadurch erfolgen, dass im Verlauf von 2 Jahren neue Daten
erhoben wurden oder vorhandene Daten anders bewertet werden.
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Soweit der Beklagte Zweifel an der Verlässlichkeit der Ermittlung der
Grundwasserhöchststände geäußert hat und ausgeführt hat, aus den Ergebnissen einer
bestimmten Messstelle könnten keine Rückschlüsse auf die Grundwassergefährdung
eines bestimmten Grundstückes gezogen werden, ist zu berücksichtigen, dass nur bei
diesen Pegelbrunnen die Messungen über einen langdauernden Zeitraum erfolgen.
Eine "grundstücksbezogene Messung" ist demgegenüber nicht möglich; denn es
könnten dadurch allenfalls Erkenntnisse über den gegenwärtigen Stand getroffen
werden. (vergl. die Senatsentscheidung NJW-RR 1996, 1300 ff.) Angesichts der
Unregelmäßigkeit der Grundwasserstände besagt auch die Trockenheit des Kellers in
der Vergangenheit nicht, dass mit höheren Werten nicht mehr zu rechnen ist. Aus dem
gleichen Grund ist bei den hier in Rede stehenden Grundwasserständen, die immerhin
zumindest 1,30 m über der Kellersohle liegen können, ausgeschlossen, eine sichere
Vorhersage dahingehend zu treffen, dass das Grundstück auch in der Zukunft nicht von
erhöhten Grundwasserständen betroffen sein wird. Der Beklagte selbst hat nicht
ausgeführt, dass es auf dem Grundstück hydrogeologische Besonderheiten gegeben
hat, die einer grundsätzlichen Übertragbarkeit der Messstellenergebnisse
entgegenstehen.
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b) Keine Zweifel bestehen auch daran, dass die nachträgliche Abdichtung gegen
drückendendes Wasser teurer ist, als diese von vorneherein zu planen und
durchzuführen. Dies ergibt sich aus den Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom
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30.7.2002 und vom 9.1.2003. Dieser hat für die Herstellung einer Innenwanne einen
Betrag 78.518 € zzgl. Architektenkosten i.H. von 11.778 €, insgesamt damit einen Betrag
von ca. 90.000 € - ohne Minderwert für Nutzflächenverluste – ermittelt. Der Senat hat
keine Zweifel an den Feststellungen des Sachverständigen, der ihm als zuverlässig
bekannt ist. Der Betrag entspricht in der Größenordnung den Kosten, die dem Senat aus
anderen Verfahren für die nachträgliche Herstellung einer Abdichtung gegen
drückendes Wasser bekannt sind. Dabei kann der Kläger die Kosten einer
ordnungsgemäßen Herstellung verlangen. Diese kann nicht durch die Anlage einer
Drainage erreicht werden. Der Sachverständige hat, was im Hinblick auf den möglichen,
die Kellersohle erheblich übersteigenden Grundwasserstand auch naheliegend ist, den
Einbau einer Innenwanne als einzig erfolgversprechende Lösung bezeichnet (vergl.
Ergänzungsgutachten vom 9.1.2003, Bl. 208 ff. d. GA). Andere Verfahren, so das
Schlemmen der Wände, sind mit der Gefahr von Undichtigkeiten bei kleinsten
Rissbildungen belastet (vergl. die Anhörung des Sachverständigen im Termin vom
24.7.2003 vor dem Landgericht, Bl. 254 d. GA). Sie stellen daher, ebenso wie eine
Drainage, keine brauchbaren, insbesondere zumutbaren Sanierungsalternativen dar.
Da der Kläger allein die Feststellungsklage erhoben hat, bedarf es keiner genauen
Bezifferung der zu erwartenden Kosten. Ebenso kann dahinstehen, ob und in welchem
Umfang Herstellungskosten und ersparte Zinskosten auf die Herstellungskosten zu
berücksichtigen sind. Selbst bei Berücksichtigung dieser, vom Beklagten mit 39.239,56
€ bezifferten Kosten (Bl. 358 d. GA) verbleibt ein erheblicher Schadensbetrag.
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2. Die damit dem Grunde nach feststehende Schadensersatzforderung des Klägers ist
nicht verjährt.
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a) Eine Verjährung der Forderung kommt bereits nur bei einer Beschränkung des
Architektenvertrages auf die Leistungsphasen 1 – 8 in Betracht. Der Einzug des Klägers
in das Objekt ist im November 1994 erfolgt, die Begleichung der letzten
Architektenrechnung im Juni 1995. Damit wäre die Gewährleistungsfrist, die 5 Jahre
beträgt, § 638 Abs. 1 BGB a.F, jedenfalls spätestens im Juni des Jahre 2000 abgelaufen
gewesen und die Erhebung der Klage im Jahre 2001 nach der Verjährung der
klägerischen Ansprüche erfolgt.
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b) Die Vereinbarung allein der Leistungsphasen 1-8, unter Ausschluss der
Leistungsphase 9, kann jedoch nicht festgestellt werden.
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Für diesen Umstand ist der Beklagte, der sich auf die Einrede der Verjährung beruft,
darlegungs- und beweispflichtig. Entsprechend den allgemeinen
Beweislastgrundsätzen hat der Schuldner den Beginn und den Ablauf der
Verjährungsfrist zu beweisen (Palandt-Heinrichs, 63. A., Überl. v. § 194 Rn. 23). Der
Schuldner hat die Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich der
Beginn des Laufs der Verjährung ergeben (Müko, 4. A., § 194 BGB Rn. 19). Zu den
Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gehört vorliegend aber die Beschränkung
des Architektenauftrages auf die Leistungsphasen 1-8, da nur dann die Verjährung mit
der Abnahme des Objekts bzw. Rechnungserteilung beginnen kann.
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Der Beklagte hat für die Beschränkung des Architektenauftrages
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keinen Beweis angeboten. Eine solche Vereinbarung ergibt sich nicht indiziell aus dem
unstreitigen Sachverhalt, auch wenn der Beklagte bisher lediglich Tätigkeiten entfaltet
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hat, die (noch) der Leistungsphase 8 zuzuordnen sind.
a) Soweit der Beklagte entsprechend der vorgelegten Rechnung der Bauunternehmung
B. vom 21.12.1994 diese Rechnung unter dem 23.12.1994 geprüft hat, können seine
Arbeiten noch der Leistungsphase 8 zugerechnet werden. Die Arbeiten hatten "die
Behebung von Schäden und fehlerhafter Ausführung der Isolierarbeiten" im Bereich der
Kelleraussenwände zum Gegenstand (Bl. 40 d. GA). Nach dem Vorbringen des Klägers
handelte es sich um die Mängelbeseitung von Fehlern des insolvent gewordenen
Rohbauunternehmers. Die Mangelhaftigkeit war "nach Abnahme der Leistungen des
Rohbauunternehmers" (Bl. 15 d. GA) festgestellt worden, aber bereits im "Frühjahr
1994" bekannt (Bl. 402 d. GA). Da die Insolvenz des Rohbauunternehmers Ende April
eingetreten ist, wurde von dem Beklagten die Bauunternehmung Becker mit der
Ersatzvornahme beauftragt. Aus diesem zeitlichen Ablauf ergibt sich, dass die Vergabe
der Arbeiten im Zusammenhang mit der Bauüberwachung erfolgte.
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b) Gleiches gilt für das Schreiben des Beklagten vom 8.3.1995 (Bl. 45 d. GA). Der
Beklagte hat auf ein Schreiben des Klägers vom 21.2.1995 (Bl. 42 d. GA) reagiert.
Danach ist das Problem der Kondensation von Wasser im Schornstein bereits seit
Dezember 1993, mithin deutlich vor dem Einzug, bekannt gewesen, so dass die
Bearbeitung des Mangels in die Leistungsphase 8 fällt.
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c) Für die Vereinbarung auch der Leistungsphase 9 spricht dagegen die Rechnung vom
6.5.1995. Die Rechnung ist nicht als Schlussrechnung bezeichnet. Dies steht im
Einklang mit der – allerdings undatierten – Honoraraufstellung, die mit Schriftsatz vom
14.7.2004 vom Kläger vorgelegt wurde. Danach stellt das bisher bezahlte Honorar mit
30.000 DM nur einen Teil des Gesamthonorars von 40.636,03 DM dar, das zudem im
wesentlichen der Höhe nach einem Honorar für die Leistungsphasen 1-9, Zone III,
Mittelsatz, entspricht.
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d) Aufgrund der äußeren Umstände steht daher nicht fest, dass die Parteien sich auf
einen Architektenvertrag, der lediglich die Leistungsphasen 1-8 enthält, beschränkt
haben. Es besteht regelmäßig weder eine Vermutung dahingehend, dass grundsätzlich
sämtliche Leistungsphasen vereinbart werden, noch eine solche, dass dies nicht der
Fall ist (vergl. BGH BauR 1980, 84, 85, OLG Düsseldorf BauR 1995, 733,
Werner/Pastor, Bauprozess, 10. A. Rn. 777). Bei Tätigkeiten, die auf die Durchführung
des Bauvorhabens ausgerichtet sind, kann im Zweifel die Übertragung der
Gesamtarchitektur nahe liegen (Werner/Pastor, Bauprozess, 10. A. Rn. 781). Insgesamt
kann jedoch zumindest nicht festgestellt werden, dass eine Beschränkung des
Architektenauftrages erfolgt ist. Dies geht zu Lasten des Beklagten, der damit eine
Voraussetzung für den Verjährungsbeginn bereits im November 1994 oder Juni 1995
nicht bewiesen hat.
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3. Es kann dahinstehen, ob die Tätigkeit des Beklagte unter dem Gesichtspunkt des
arglistigen Verschweigens einer 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegt.
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Ausgehend von dem (frühesten) Verjährungsbeginn bei Einzug des Klägers in das
Objekt im November 1994, lief die Verjährungsfrist für die Handwerker im November
1999 ab. Damit tritt die Verjährung von Ansprüchen des Klägers gegen den Beklagten
nicht vor November 2004 ein, so dass die Feststellungsklage innerhalb der
Verjährungsfrist erhoben wurde.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre rechtliche Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Es liegen keine Gründe nach § 543 Abs. 2 ZPO vor, die Revision zuzulassen. Die
Entscheidung beruht auf allgemeinen Beweislastgrundsätzen.
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Streitwert für die Berufung: 61.355 €.
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R. F. Dr. F.
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