Urteil des OLG Düsseldorf vom 13.11.2002

OLG Düsseldorf: gemeinschaftliches eigentum, wohnung, garage, gefahr, installation, einbau, aufteilungsplan, gesamteindruck, rechtsirrtum, zuleitung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 Wx 95/02
Datum:
13.11.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-3 Wx 95/02
Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 19 T 2/02
Tenor:
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten des dritten Rechtszuges.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Beschwerdewert: 10.000 €.
I.
1
Die Beteiligten zu 1) bis 12) bilden die im Rubrum genannte
Wohnungseigentümergemeinschaft, die von der Beteiligten zu 13) verwaltet wird. Die
Wohnungen werden bislang mit elektrischen Nachtstromspeicheröfen beheizt. Die
Antragstellerin ist Eigentümerin einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung – im
Aufteilungsplan mit Nr. 6 bezeichnet – und zweier Garagen – im Aufteilungsplan mit
Nrn. 22 und 23 bezeichnet -. Die Garagen sind von der Wohnung durch ein ca. 7 m
langes Gartengrundstück getrennt. Wegen der Einzelheiten der räumlichen
Gegebenheiten wird auf den Lageplan Bl. 8 d.A. Bezug genommen.
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Die Antragstellerin beabsichtigt den Einbau einer Gasheizung für ihre Wohnung. Die
Nachtstromspeicheröfen ließ sie bereits entfernen. Die Gastherme soll in der Garage Nr.
23 installiert werden. Wegen der Einzelheiten der beabsichtigten Installationen wird auf
die Darstellung in dem angefochtenen Beschluss des Landgerichts (Bl. 202 d.A.) sowie
auf die Skizze Bl. 125 d.A. Bezug genommen.
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Die Eigentümergemeinschaft beschloss am 01.03.2000, einen Gashaupt- oder
Erstanschluss auf dem Grundstück der Gemeinschaft nicht zu gestatten. Diesen
Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 31.03.2000 angefochten. Sie hat
die Ansicht vertreten, die von ihr beabsichtigte Maßnahme halte sich im Rahmen
ordnungsgemäßer Verwaltung. Soweit darin eine bauliche Veränderung zu sehen sein
sollte, sei die Zustimmung der übrigen Miteigentümer entbehrlich bzw. diese seien
zustimmungspflichtig. Sie hat geltend gemacht, eine optische Beeinträchtigung ginge
von der Gasheizung nicht aus. Auch stelle diese keine Gefahr dar.
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Die Antragstellerin hat beantragt,
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1.
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den Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 01.03.2000 zu TOP 7 für
unwirksam zu erklären,
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2.
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die Antragsgegner zu verpflichten, ihre Zustimmung zu der Einrichtung eines
Gasanschlusses zur Versorgung der Wohnung der Antragstellerin im Haus A.
254 A zu erteilen.
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Hilfsweise hat sie beantragt,
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festzustellen, dass die Verlegung einer Gasleitung und die Einrichtung einer
Gasheizung in der Wohnung der Antragstellerin keiner Zustimmung der
Antragsgegner bedarf.
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Die Antragsgegner sind diesen Anträgen entgegengetreten und haben die Ansicht
geäußert, zur Zustimmung nicht verpflichtet zu sein.
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Das Amtsgericht hat die Anträge der Antragstellerin durch Beschluss vom 16. November
2001 zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das
Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung teilweise abgeändert und den Beschluss
der Eigentümerversammlung vom 01.03.2000 zu TOP 7 für unwirksam erklärt. Ferner
hat das Landgericht festgestellt, dass die fachgerechte Verlegung einer Gasleitung und
die fachgerechte Einrichtung einer Gasheizung in der Wohnung der Antragstellerin
keiner Zustimmung der Antragsgegner bedarf. Der weitergehende Verpflichtungsantrag
ist zurückgewiesen worden.
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Gegen den landgerichtlichen Beschluss vom 18.02.2002 wenden sich die
Antragsgegner mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde vom 05./06.03.2002, mit der sie
beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Anträge der
Antragstellerin abzuweisen.
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Die Antragstellerin beantragt,
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den Beschluss des Landgerichts aufrechtzuerhalten und die sofortige weitere
Beschwerde der Antragsgegner zurückzuweisen.
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Im Einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
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II.
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Die gemäß §§ 43 WEG, 22, 27, 29 FGG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht
eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist nicht begründet. Die auf
zulässige Erstbeschwerde ergangene Entscheidung des Landgerichts hält der dem
Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung stand (§ 27 FGG).
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Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass die von der Antragstellerin
beabsichtigte Installation einer Gasheizungsanlage zwar nicht als modernisierende
Instandsetzung gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG klassifiziert werden kann, dass die damit
verbundene bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums jedoch nach
§§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 WEG nicht zustimmungspflichtig ist. Das Landgericht hat
zutreffend darauf abgestellt, dass maßgebend dafür, ob eine bauliche Veränderung der
Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf oder nicht, ist, ob den anderen
Eigentümern in vermeidbarer Weise ein Nachteil entsteht. Dabei ist nicht jeder
subjektive Nachteil relevant, sondern es werden nur erhebliche, konkrete und
objektivierbare Beeinträchtigungen berücksichtigt. Dabei obliegt die entsprechende
Feststellung im Streitfall dem Tatrichter (vgl. BGH NJW 1992, 978; BayObLG in WE
1995, 125 und 377; KG in WE 1992, 285).
20
Das Landgericht hat hierzu ausgeführt:
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"Solche Beeinträchtigungen sind vorliegend nicht ersichtlich.
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Sie liegen zum einen nicht in der Gefahr einer Gasexplosion. Eine solche eher
theoretische Gefahr bleibt beim heutigen technischen Standard und der weiten
Verbreitung von Gasheizungen außer Betracht (OLG Fankfurt NJW-RR 1992,
1494; BayObLG WE 1986, 156/157). Sie geht auch nicht von der geplanten Anlage
aus. Gemäß der vorgelegten Bescheinigung der Stadt D. vom 03.07.2000 (Bl. 86
d.A.) ist die Installation einer raumluftunabhängigen Gasfeuerstätte, die nicht
wärmer als 300 Grad C wird, in Garagen zulässig, soweit diese durch einen
Fachunternehmer eingebaut und vom Bezirksschornsteinfegermeister
abgenommen wird. Der Bezirksschornsteinfegermeister hat unter dem 23.09.2000
(Bl. 104 d.A.) bestätigt, dass die geplante Feuerungsanlage auf keine Bedenken
stoße. Die Antragstellerin will die Anlage auch durch ein Fachunternehmen bauen
lassen. Schließlich hat der Sachverständige Dipl.-Ing. E. in seinem Gutachten vom
10.10.2001 (Bl. 149-154 d.A.) festgestellt, dass die geplante Anlage
sicherheitstechnisch unbedenklich sei und insbesondere die erforderlichen
Abstände der Abgasmündung zu den Fenstern eingehalten seien. Die Gastherme
entwickele eine Maximaloberflächentemperatur von 85 Grad C und sei durch einen
Rammschutz ausreichend gegen Unfälle gesichert. Zum anderen sind auch keine
sonstigen erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten. Die von den
Antragsgegnern vorgetragene Befürchtung, es könnten Schäden am
Außenmauerwerk auftreten, ist nicht näher substantiiert und bereits deshalb
unbeachtlich, weil die Antragstellerin naturgemäß zu einer fachgerechten
Ausführung der Arbeiten verpflichtet ist und sich anderenfalls
schadensersatzpflichtig machen könnte. Dass schließlich unter Umständen Kosten
auf die anderen Wohnungseigentümer zukommen könnten – z.B. im Falle der
Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin – ist unerheblich (vgl. etwa BGH NJW
1992, 978), da eine Abwägung nach Vor- und Nachteilen bei der Beurteilung der
Zustimmungspflichtigkeit einer baulichen Veränderung nicht erfolgt, sondern allein
auf die konkrete Beeinträchtigung abzustellen ist.
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Zuletzt ist auch nicht von einer erheblichen optischen Beeinträchtigung
auszugehen. Durch den geplanten Einbau wird der optische Gesamteindruck der
Anlage nicht nachteilig verändert. Die Leitungen sind unterirdisch verlegt. Die
Leitung von der Straße tritt erst in der Garage und damit von außen unsichtbar an
die Oberfläche. In der Garage ist auch die Therme installiert. Von der Garage geht
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lediglich das Doppelrohr für Zu- und Abluft nach außen. Dieses ist jedoch
unwidersprochen von dem fest installierten Kamingrill verdeckt und daher nur
einsichtig, wenn man hinter diesen blickt. Eine deutlich sichtbare optische
Veränderung stellt dies nicht dar. Die weitere Zuleitung von der Garage zur
Wohnung ist bereits unterirdisch verlegt. Die Optik ist hiervon nicht betroffen;
entsprechendes tragen auch die Antragsgegner nicht vor."
Diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum. Bei der Bewertung, ob einem
Wohnungseigentümer ein Nachteil entsteht, ist nicht auf dessen rein subjektives
Empfinden, sondern darauf abzustellen, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein
Wohnungseigentümer in der betreffenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt
fühlen kann (BayObLG ZMR 1987, 190). Konkrete und objektivierbare
Beeinträchtigungen der übrigen Wohnungseigentümer sind nach den rechtsfehlerfrei
getroffenen Feststellungen, insbesondere nach dem Ergebnis des
Sachverständigengutachtens des Diplom-Ingenieurs E. vom 10.10.2001 (Bl. 149 ff. d.A.)
nicht ersichtlich. Dem steht die Entscheidung des Senats vom 04.07.1997 (3 Wx 270/97,
WE 1997, 472) nicht entgegen. In dem dort entschiedenen Fall war mit der Abgas-
Abführung direkt ins Freie eine störende Wasserdampfentwicklung verbunden, die die
betroffenen Wohnungseigentümer nicht hinzunehmen brauchten. Damit ist der
vorliegende Fall nicht vergleichbar.
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Das weitere Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Ein etwaiger
künftiger Wartungsaufwand sowie die Kosten künftiger Reparaturen der
Gasheizungsanlage gehen zu Lasten der Antragstellerin und sind nicht von den
Antragsgegnern zu tragen. Dies gilt auch, soweit gemeinschaftliches Eigentum betroffen
sein sollte, wie sich aus § 16 Abs. 3 WEG ergibt. Insofern kann kein relevanter Nachteil
für die Antragsgegner entstehen. Ebenso wenig ist eine optische Beeinträchtigung
durch einen Abluftschornstein zu besorgen. Das diesbezügliche weitere
Beschwerdevorbringen (Bl. 215 d.A.) liegt neben der Sache. Die Antragstellerin macht
mit Recht darauf aufmerksam, dass Abluftschornsteine nicht geplant sind. Vielmehr soll
die Zu- und Abluft durch ein einziges konzentrisches Doppelrohr geführt werden, wobei
die Austrittsöffnung hinter einem fest aufgemauerten Kamingrill verdeckt gelegen und
daher nur einsehbar ist, wenn man hinter diesen blickt.
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Der Senat weist zur Klarstellung des Umfangs der Rechtskraft der in diesem Verfahren
getroffenen Entscheidung darauf hin, dass die Ungültigerklärung des
Verbotsbeschlusses der Wohnungseigentümer und die Feststellung des
Nichtbestehens einer Zustimmungspflicht darauf beruhen, dass die Gasheizung so wie
geplant und aktenkundig ausgeführt wird und dass die optischen Verhältnisse –
insbesondere was die Zu- und Abluftführung betrifft – nicht verändert werden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 WEG.
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Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten war aus Billigkeitsgründen
nicht veranlasst.
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