Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.09.2005
OLG Düsseldorf: reisekosten, unterrichtung, mwst, anwaltskosten, berufungskläger, streitgenosse, beschwerdeschrift, korrespondenz, prozesspartei, telekommunikation
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-10 W 64/05
Datum:
08.09.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-10 W 64/05
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungs- und Berufungsklägers
wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts
Mönchengladbach
– Rechtspflegerin – vom 10.12.2004 (Bl. 190 ff GA) teilweise abgeändert
und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom
14.07.2004 sowie des Urteils des Landgerichts Mönchengladbach vom
14.11.2003 sind von dem Verfügungs- und Berufungskläger an Kosten
bei-der Instanzen EUR 1.784,98 nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.09.2004 an die
Verfügungsbeklagten zu 14), 15), 28) und 29) - zugleich
Berufungsbeklagten zu 1) bis 4) – zu er-statten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Verfügungsbeklagten
zu 14), 15), 28) und 29) - zugleich Berufungsbeklagten zu 1) bis 4) – zu
96 %, der Verfügungs- und Berufungskläger zu 4 %.
I.
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Die am 03.01.2005 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde des
Beschwerdeführers vom 30.12.2004 (Bl. 205 ff GA) gegen den ihm am 20.12.2004
zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Düsseldorf vom
10.12.2004 (Bl. 190 ff, 195 GA) ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567
Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig und hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet.
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1.
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Zu Recht rügt die Beschwerde, dass in dem angefochtenen
Kostenfestsetzungsbeschluss nicht berücksichtigt worden ist, dass der
Prozessbevollmächtigte der Beschwerdegegner in erster Instanz insgesamt 29
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Verfügungsbeklagte vertreten hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
(Beschluss vom 30.04.2003 – VIII ZB 100/02, NJW-RR 2003, 1217 = MDR 2003, 1140)
und ihm folgend des erkennenden Senats (Beschluss vom 22.01.2004 – 10 W 3/04,
OLGR 2004, 266 = JurBüro 2005, 90 unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung)
kann der obsiegende Streitgenosse grundsätzlich nur den seiner Beteiligung am
Rechtsstreit entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten von dem Prozessgegner
erstattet verlangen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der obsiegende Streitgenosse
die Zahlungsunfähigkeit des ausgleichspflichtigen Streitgenossen glaubhaft macht, was
hier nicht gegeben ist.
Entsprechend können die Beschwerdegegner lediglich den auf sie entfallenden Anteil
an den für die erste Instanz angefallenen Anwaltskosten geltend machen.
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Die erstinstanzlichen Anwaltsgebühren berechnen sich – bezüglich der
Erhöhungsgebühr abweichend von der Berechnung der Beschwerde - wie folgt:
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Prozessgebühr EUR 412,-
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Erhöhungsgebühr EUR 824,-
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28 x 3/10, höchstens 2 volle Gebühren
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(§ 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO)
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Verhandlungsgebühr EUR 412,-
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Beweisgebühr EUR 412,-
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Auslagenpauschale EUR 20,-
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EUR 2.080,-
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MWSt EUR 332,80
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Gesamt EUR 2.412,80.
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Hiervon entfallen auf die 29 Verfügungsbeklagten je 1/29, mithin je EUR 83,20. Für die
Beschwerdegegner ergibt sich ein im Rahmen der Kostenfestsetzung erstattungsfähiger
Gesamtbetrag von
EUR 332,80
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2.
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Gleichfalls zu Recht wendet sich die Beschwerde gegen die Berücksichtigung der in der
Berufungsinstanz angefallenen Kosten für die Reise des in Kevelaer ansässigen
zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beschwerdegegner zum Termin vor
dem Oberlandesgericht Düsseldorf am 14.07.2004 in Höhe von EUR 67,51 inclusive
MWSt.
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Nach Aufhebung des bis zum 30.06.2004 geltenden § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. ist ein
genereller Ausschluss der Mehrkosten eines Rechtsanwaltes, der zwar bei dem
Prozessgericht zugelassen, aber am Ort des Prozessgerichts nicht ansässig ist, nicht
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mehr vorgesehen. Mithin stellt sich die Frage, ob gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz
ZPO n.F. die Gebühren und Auslagen eines solchen Rechtsanwaltes im Falle des
Obsiegens seiner Partei stets zu ersetzen sind, oder nur insoweit, als seine Zuziehung –
wie bei einem in § 91 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ZPO n.F. genannten Rechtsanwalt, der
nicht bei dem Prozessgericht zugelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht
wohnt – zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. –verteidigung notwendig
war.
Nach Auffassung des Senats sind auch die Kosten der obsiegenden Partei für einen
Rechtsanwalt, der nicht am Ort des Prozessgerichts ansässig, aber bei dem
Prozessgericht zugelassen ist, nur erstattungsfähig, wenn sie zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung notwendig waren. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der bis zum 30.06.2004
geltenden Fassung schloss die Ersatzfähigkeit von derartigen Rechtsanwaltskosten
aus. Die Streichung dieser Vorschrift erfolgte nach dem Willen des Gesetzgebers, um
eine unterschiedliche Erstattungsfähigkeit von Reisekosten der nicht am Prozessgericht
ansässigen postulationsfähigen Rechtsanwälte zu beseitigen (vgl. BT-Drs. 15/1971 S.
233 zu Nr. 2 des Abs. 20). Demnach ist lediglich eine Gleichstellung der nicht am Ort
des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwälte beabsichtigt, nicht aber eine
Besserstellung derjenigen, die beim Prozessgericht zugelassen sind gegenüber
denjenigen, die nicht beim Prozessgericht zugelassen sind.
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Entsprechend beurteilt sich die Ersatzfähigkeit der hier fraglichen Reisekosten des in
Kevelaer ansässigen Rechtsanwaltes der in Köln bzw. Gladbeck wohnenden
Beschwerdegegner zum Prozessgericht nach Düsseldorf nach den Kriterien, die der
Bundesgerichtshof für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes an einem "dritten
Ort", der weder Gerichtsort noch Wohn- oder Geschäftsort der Partei ist, aufgestellt hat
(vgl. BGH, Beschluss vom 18.12.2003 – I ZB 21/03, Rpfleger 2004, 316). Derartige
Reisekosten sind bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- und
Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwaltes erstattungsfähig, wenn dessen
Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –verteidigung
erforderlich gewesen wäre. Gerade dies kann aber nach den vom Bundesgerichtshof im
Beschluss vom 16.10.2002 (VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900) aufgestellten
Maßstäben im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Danach wird die
Hinzuziehung eines am Wohn- und Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwaltes
zwar grundsätzlich als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig
angesehen, weil eine sachgerechte Information im Regelfall nur in einem persönlichen
mündlichen Gespräch erfolgen kann. Eine Ausnahme hiervon gilt jedoch dann, wenn
schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwaltes feststeht, dass ein
eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird.
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Ein solcher Ausnahmefall ist hier gegeben. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des
Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift ist der Rechtsstreit über beide Instanzen
de facto nicht von den Verfügungs- und Berufungsbeklagten, sondern lediglich zu deren
Lasten von einer Bauträgergesellschaft, der R.-Bau GmbH mit Sitz in Düsseldorf,
initiiert, geführt und finanziert worden (Bl. 213 GA). Dieser Vortrag wird bekräftigt durch
den Umstand, dass das Landgericht Mönchengladbach die Korrespondenz im
Kostenfestsetzungsverfahren offensichtlich im Einverständnis mit den Verfügungs- und
Berufungsbeklagten mit der R.-Bau GmbH in Düsseldorf führte; entsprechend wurden
die Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 10.12.2004 (Bl. 190 ff und 197 ff GA) auch an
die RT-Bau GmbH zugestellt (vgl. Bl. 195 a und 202 GA). Unter diesen Umständen ist
anzunehmen, dass die Unterrichtung des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten
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maßgeblich durch die R.-Bau GmbH erfolgte. Diese hatte ihren Sitz am Ort des
Prozessgerichts, so dass die Berufungsbeklagten im Zuge der einer jeden
Prozesspartei obliegenden Pflicht zur kostensparenden Prozessführung gehalten
waren, einen in Düsseldorf ansässigen Prozessbevollmächtigten mit der Verteidigung
gegen die Berufung zu beauftragen. Dass die Berufungsbeklagten persönliche Reisen
zum Zwecke der Information der bevollmächtigten R.-Bau GmbH oder des
zweitinstanzlich tätigen Rechtsanwaltes unternommen hätten, ist weder dargetan noch
ersichtlich, so dass davon ausgegangen werden kann, dass eine Unterrichtung mittels
moderner Telekommunikation ausreichend war.
Von den für die Berufungsinstanz geltend gemachten Rechtsanwaltskosten
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in Höhe von EUR 1.519,69 sind demnach in Abzug zu bringen EUR 67,51, so dass im
Zuge der Kostenfestsetzung als erstattungsfähig verbleiben
EUR
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II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
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Beschwerdewert: EUR 1.694,31
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