Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.04.2007

OLG Düsseldorf: taxi, unfall, einwilligung, polizei, fahrzeug, kollision, form, verschulden, nebenintervention, sicherheit

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-1 U 189/06
Datum:
30.04.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-1 U 189/06
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 26. Juli 2006 verkündete
Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
wird zurückgewiesen.
Die Kosten der zweitinstanzlichen Nebenintervention trägt die Beklagte
zu 1.
Die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten zu
1. zu 2/3 und der Beklagten zu 2. zu 1/3 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
1
I.
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
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Zu Recht hat das Landgericht die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Zahlung von
Schadensersatz an den Kläger wegen des streitgegenständlichen Schadensereignisses
verurteilt. Die hiergegen mit der Berufung erhobenen Einwendungen greifen im
Ergebnis nicht durch.
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1.
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Hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung bestehen keine Bedenken.
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Der Umstand, dass neben den Beklagten zu 1. und 2. Erstere auch "für den Beklagten
zu 3." Berufung eingelegt hat, ist angesichts der Nebenintervention der Beklagten zu 1.
nicht zu beanstanden (§ 67 2.Hs ZPO).
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Insofern ist auch die Berufungsfrist nach § 517 ZPO im Hinblick auf den Beklagten zu 3.
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gewahrt. Diesem wurde nämlich das angefochtene Urteil ausweislich des Akteninhalts
(noch) nicht zugestellt, so dass die Berufungsfrist für den Beklagten zu 3. gemäß § 517
2.Hs ZPO erst am 27.12.2006 zu laufen begann.
2.
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Nachdem jedenfalls nach Durchführung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme
erwiesen ist, dass die von dem Kläger und dem Beklagten zu 3. geschilderte
Fahrzeugkollision tatsächlich stattgefunden hat und dieser Aspekt auch von der
Berufung nicht mehr aufgegriffen wird, kommt es vorliegend im Wesentlichen auf die
Frage an, ob es sich -wie von den Beklagten zu 1. und 2. behauptet- um ein gestelltes
Schadensereignis oder –entsprechend der Behauptung des Klägers- um ein reales
Unfallgeschehen gehandelt hat.
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Dass das Landgericht nach Erhebung der Beweise zu der Überzeugung gelangt ist,
dass ein manipulatives Vorgehen der Unfallbeteiligten nicht als erwiesen angesehen
werden kann, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das
Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten
Rechtszuges festgestellten Tatsachen insoweit zugrunde zu legen, als nicht konkrete
Anhaltpunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der
entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute
Feststellung gebieten.
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Solche konkreten Anhaltspunkte sind hinsichtlich der vom Landgericht vorgenommenen
Beweiswürdigung nicht ersichtlich. Auch der erkennende Senat ist nicht mit der
notwendigen Sicherheit davon überzeugt, dass der Kläger vorliegend Ansprüche aus
einem gestellten "Unfall" herleitet. Zwar ist nicht zu verkennen, dass das Geschehen in
der Tat einige Aspekte aufweist, die als Indizien für einen gestellten Unfall angesehen
werden könnten. Insgesamt sind diese für eine Manipulation sprechenden Indizien
jedoch in der gebotenen Gesamtschau nicht von derartigem Gewicht, dass keine
vernünftigen Zweifel an der "Freiwilligkeit" des Schadengeschehens verbleiben würden.
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Im Einzelnen ist folgendes auszuführen:
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a)
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Auszugehen ist von dem beweisrechtlichen Ansatz, dass die Beklagten die Einwilligung
des Klägers in die Verletzung seines Eigentums nach dem Beweismaßstab des § 286
ZPO zu beweisen haben.
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Die Regeln des Anscheinsbeweises kommen den Beklagten dabei nicht zu Gute.
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Denn ein Anscheinsbeweis kommt nur bei typischen Geschehensabläufen in Betracht,
wenn also ein bestimmter Lebenssachverhalt vorliegt, der generell den Schluss auf eine
bestimmte andere Tatsache zulässt. Ist eine derartige Typizität gegeben, ist der Beweis
vorläufig erbracht und es ist dann Sache des Gegners, diesen Beweis des ersten
Anscheins zu erschüttern. Im Bereich der Unfallmanipulation kommt ein derartiger
Anscheinsbeweis aber nicht in Betracht, weil es in dem Bereich individueller
Willensentschlüsse keine Typizität gibt (vgl. BGH VersR 1987, 503; VersR 1988, 863;
ständige Rechtsprechung des Senats).
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Da der direkte Beweis einer Einwilligung des Geschädigten in der Regel –so auch
vorliegend- nicht zu führen ist, ist die Gegenseite auf den Indizienbeweis angewiesen, in
dessen Rahmen eine Gesamtschau der für und gegen eine Unfallmanipulation
sprechenden Tatsachen zu erfolgen hat.
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b)
19
Dieser Beweis ist der Beklagtenseite vorliegend aber nicht gelungen.
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aa) Dass sich der Beklagte zu 3. und der Kläger entsprechend der Behauptung der
Beklagten tatsächlich in irgendeiner Form vor dem Unfallgeschehen gekannt hätten, ist
durch nichts belegt.
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bb) Die vermeintlich ungeordneten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten zu 3.
und des Zeugen M haben die Beklagten bereits nicht substantiiert dargetan; dass dies
auch auf den Kläger zuträfe, ist dem Vorbringen der Beklagten ohnehin nicht zu
entnehmen.
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cc) Weder Unfallort noch Unfallzeit weisen irgendwelche markanten Auffälligkeiten auf.
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Für die Anwesenheit sowohl des Beklagten zu 3. als auch des Zeugen M am Unfallort
haben beide eine plausible Erklärung abgegeben: Der Beklagte zu 3. hatte kurz zuvor
mit seinem Taxi einen Fahrgast abgesetzt, der Zeuge M befand sich in unmittelbarer
Nähe seiner Wohnung auf Parkplatzsuche.
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dd) Die Hinzuziehung der Polizei stellt kein tragendes Indiz für eine Unfallmanipulation
dar.
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Da der Beklagte zu 3. und der Zeuge M einander nicht kannten -wovon mangels
entsprechender Anhaltspunkte auszugehen ist-, erscheint es durchaus nachvollziehbar,
dass die Polizei zur Unfallaufnahme hinzugezogen wurde, zumal der Zeuge M mit
einem geliehenen Fahrzeug des Klägers unterwegs war und es sich bei dem vom
Beklagten zu 3. gesteuerten Fahrzeug um ein Taxi seines Arbeitgebers gehandelt hat
(wobei die Verwendung eines Taxis als Schädigerfahrzeug bei einer Unfallmanipulation
als solche bereits untypisch ist). Hätten die Unfallbeteiligten gleichwohl bei dieser
Ausgangslage von der Hinzuziehung der Polizei abgesehen, hätte man diesem
Umstand mit mindestens dem gleichen Gewicht ebenfalls indizielle Bedeutung für eine
Unfallmanipulation beimessen können.
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ee) Die eindeutige Verschuldensfrage ist in gleichem Maße als eher neutraler
Gesichtspunkt zu bewerten.
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Zwar ist gerade dieser Aspekt typischerweise prägend für ein fingiertes
Unfallgeschehen, da nur so die sichere Grundlage für eine vollständige Einstandspflicht
des Haftpflichtversicherers geschaffen wird. Es ist aber andererseits auch nicht zu
verkennen, dass Unfälle, die allein auf dem Verschulden nur eines der Unfallbeteiligten
beruhen, keine Seltenheit darstellen. Eine ungewöhnliche Konstellation ist darin
jedenfalls nicht zu erkennen.
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ff) Gewisse Merkmale des beschädigten Fahrzeuges mögen durchaus Anlass geben,
eine kritische Überprüfung des Geschehens vorzunehmen. Letztlich durchgreifende
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Anhaltspunkte für ein Manipulationsgeschehen lassen sich aber auch hieraus nicht
ableiten.
Der klägerische Pkw gehört sicherlich zu dem bei Unfallmanipulationen häufig
verwendeten Fahrzeugtyp der Oberklasse älteren Baujahrs mit relativ hoher
Laufleistung.
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Auch die Existenz von Vorschäden kann als klassisches Indiz für ein manipulatives
Schadensereignis bezeichnet werden.
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Für den hiesigen Fall gelten insoweit aber einige wesentliche Einschränkungen. So ist
festzuhalten, dass der an der Hintertür vorhandene Schaden offensichtlich
ordnungsgemäß behoben war und damit für den Kläger keinen nachvollziehbaren
Anlass bot, einen erneuten Schaden in dem entsprechenden Bereich bewusst und
gewollt herbeizuführen beziehungsweise herbeiführen zu lassen.
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Soweit der Sachverständige S ferner einen weiteren, nicht behobenen Vorschaden im
Anstoßbereich in der Form einer Streifspur an der Rammleiste festgestellt hat, dürfte
auch dieser Schaden kaum ein vernünftiges Motiv für einen etwaigen
Versicherungsbetrug seitens des Klägers darstellen. Es handelt sich hierbei um einen
Bagatellschaden, der mit nur geringem finanziellen Aufwand zu beheben war, wie die
nachvollziehbare und von den Beklagten auch nicht angegriffene Berechnung des
Landgerichts zeigt.
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Da sämtliche anderen an dem klägerischen Fahrzeug vorhandenen Schäden, auch die
Beschädigung der Fahrertür, mit dem von dem Kläger geschilderten Unfallgeschehen
kompatibel sind, lässt sich ein wirklich gravierender Vorschaden, der ein
entsprechendes kriminelles Vorgehen des Klägers erklärbar machen könnte, nicht
feststellen.
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Dass diese von dem Sachverständigen S aufgezeigten Vorschäden seinerzeit von dem
Kläger gegenüber dem Sachverständigen S nicht offen gelegt wurden, kann dem Kläger
nicht zum Nachteil gereichen.
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Es gibt keine Verpflichtung des Geschädigten, ordnungsgemäß reparierte Vorschäden
(wie den vorliegenden an der hinteren Tür) von sich aus dem Sachverständigen zu
offenbaren. Dies gilt vorliegend umso mehr, als nach den Ausführungen des
Sachverständigen S dieser Vorschaden für jeden einigermaßen sachkundigen
Betrachter problemlos zu erkennen gewesen wäre. Unter diesen Umständen durfte der
Kläger darauf vertrauen, dass der Sachverständige S diesen Vorschaden erkennen und,
soweit dieser ihn für relevant gehalten hätte, auch berücksichtigen würde.
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Was die Streifspur an der Rammleiste anbetrifft, hat sich der Kläger dahingehend
eingelassen, dass dieser ihm zuvor nicht aufgefallen sei. Dieser Einlassung mag man
mit Skepsis begegnen, widerlegen lässt sie sich letztlich nicht. Die Streifspur ist
ausweislich der vorhandenen Lichtbilder jedenfalls nicht so hervorstechend, dass sie
sofort ins Auge fallen müsste.
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In diesem Zusammenhang muss auch in Betracht gezogen werden, dass selbst das
Verschweigen von nicht behobenen Vorschäden im Neuschadensbereich nicht stets
zwingend auf eine Unfallmanipulation hindeutet. Gerade bei kleineren, leichten
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Vorschäden mag auch mancher "echte" Geschädigte der Versuchung erliegen, diese
nachträglich dem tatsächlich erlittenen Unfallschaden unterzuschieben und so eine
passende Gelegenheit auszunutzen, alle Schäden in einem Arbeitsgang auf Kosten
Dritter beheben zu lassen.
gg) Die fiktive Abrechnung der Reparaturkosten auf Gutachtenbasis ist zwar ebenfalls
Teil einer typischen Konstellation bei Unfallmanipulationen.
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Andererseits handelt es sich aber nicht nur um eine völlig legale, sondern zudem auch
durchaus geläufige Schadensabrechnungsweise. Grund zum Argwohn kann dieser
Aspekt lediglich im Zusammenspiel mit anderen, eindeutigen Beweisanzeichen bieten.
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Der mit dieser Abrechnungsweise bei Manipulationen in der Regel anzutreffende
Umstand, dass der Anspruchsteller auf eine teure Werkstattreparatur verzichtet und den
Schaden kostengünstig in Eigenregie behebt, kann im vorliegenden Fall nicht ohne
weiteres unterstellt werden. Die mit Lichtbild versehene Instandsetzungsbescheinigung
des Sachverständigen S ist zwar in ihrer Pauschalität nichtssagend bezüglich der
Qualität der offenkundig durchgeführten Reparatur. Andererseits lässt sich aber auch
nicht zum Nachteil des Klägers feststellen, dass die Instandsetzung lediglich im Wege
einer Not- oder Billigreparatur erfolgt wäre.
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hh) Deutlichstes und gewichtigstes Indiz für einen gestellten Unfall ist vorliegend
sicherlich das nach den Feststellungen des Sachverständigen S in der Tat kaum
nachvollziehbare Fahrverhalten der beiden an dem Zusammenstoß beteiligten Fahrer.
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Zumindest in Bezug auf den Zeugen M ist das sich aus dem objektiv ungewöhnlich
erscheinenden Fahrverhalten vor der Kollision resultierende Verdachtsmoment aber mit
gewissen Einschränkungen verbunden. So ließe sich das ungewöhnlich langsame
Fahrtempo und auch der Umstand, dass der Zeuge M offensichtlich trotz Geradeausfahrt
nach links in Richtung des von dem Beklagten zu 3. gesteuerten Taxis geschaut hat,
damit erklären, dass sich der Zeuge M nach eigenem Bekunden auf Parkplatzsuche
befand und daher ein seitlicher Blick auf das linker Hand von ihm liegende
Parkplatzgelände zumindest nicht unlogisch erschiene.
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Das auffälligste Fahrmanöver des Zeugen M, nämlich die nicht indizierte Bremsung, die
die Kollision mit dem Taxi des Beklagten zu 3. erst ermöglicht hat, lässt sich damit
freilich nicht nachvollziehbar erklären. Diese Tatsache stellt ohne Zweifel ein
Verdachtsmoment für ein gezieltes Verhalten des Zeugen M im Hinblick auf die
bevorstehende Kollision dar.
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Der Senat ist allerdings mit dem Landgericht der Auffassung, dass sich ein solches
Fehlverhalten auch schlicht mit einem Augenblicksversagen des Zeugen M erklären
lässt. Der Zeuge M will nach eigenem Bekunden beim Anblick des Taxis "instinktiv" auf
die Bremse getreten haben. Dies kann darauf hindeuten, dass es sich bei dem
Bremsmanöver nicht um eine überlegte Handlungsweise, sondern vielmehr um eine –
fehlerhafte- Spontanreaktion auf das sich der Fahrbahn nähernde Taxi gehandelt hat.
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Nicht jedes im Nachhinein objektiv nicht nachvollziehbare Fehlverhalten im
Straßenverkehr muss zwingend auf etwaige Unregelmäßigkeiten in Bezug auf ein
manipulatives Vorgehen des Betroffenen hindeuten. Einem Großteil der
Straßenverkehrunfälle ist vielmehr gerade eine solche Unaufmerksamkeit oder
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Fehlreaktion eines oder mehrerer Verkehrteilnehmer immanent.
Dies gilt in gleicher Weise auch für den Beklagten zu 3., der nach den Feststellungen
des Sachverständigen S den Zeugen M ohne weiteres im Außen- und Innenspiegel
hätte rechtzeitig erkennen können.
47
c)
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Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es vorliegend zwar einzelne, isolierte
Aspekte des Schadensereignisses gibt, die in gewissem Umfang Zweifel an einem
realen Unfallgeschehen rechtfertigen können. So erscheint ein manipulatives Vorgehen
der an dem Schadensereignis beteiligten Personen auch durchaus möglich. In der
gebotenen Gesamtschau, die auch die gegen ein Täuschungsmanöver sprechenden
Umstände zu berücksichtigen hat, lassen sich solche Indizien aber keinesfalls in einer
derartigen Dichte feststellen, dass von einem erwiesenen fingierten Ereignis
ausgegangen werden könnte. Vielmehr bedürfte es hierfür weiterer stichhaltiger
Merkmale, die dann in ihrer Summe einen entsprechenden Rückschluss mit der
erforderlichen Sicherheit zuließen. An solchen zusätzlichen eindeutigen
Indizientatsachen fehlt es indes im vorliegenden Fall.
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d)
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Auch der Umstand, dass der an dem klägerischen Pkw befindliche Streifschaden
definitiv nicht auf das streitgegenständliche Unfallgeschehen zurückzuführen ist, steht
dem Schadensersatzanspruch des Klägers dem Grunde nach nicht entgegen.
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Ein Schadensersatzanspruch des Klägers besteht auch bei fehlendem Nachweis einer
haftungsausschließenden Einwilligung nur dann, wenn feststeht, dass die von ihm
abgerechneten Fahrzeugschäden auch tatsächlich auf das streitige Unfallgeschehen
zurückzuführen sind.
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Insofern ist der Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität betroffen, gilt also das
leichtere Beweismaß des § 287 ZPO.
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Die erstinstanzliche Beweisaufnahme hat zwar ergeben, dass der Streifschaden im
Bereich der Rammleiste nicht auf das hiesige Schadensereignis zurückgeführt werden
kann. Vielmehr schließen sich nach den Ausführungen des Sachverständigen S die
beiden Schadensbilder, nämlich der Streifschaden einerseits und die mit dem
Unfallgeschehen kompatiblen Anstoßstellen sogar gegenseitig aus.
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Dies bedeutet aber umgekehrt auch, dass die kompatiblen Schäden jedenfalls nicht auf
dem vorangegangenen Schadensereignis beruhen können, welches die besagte
Streifspur hervorgerufen hat. Die von einigen Gerichten praktizierte Rechtsprechung,
wonach ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten in Gänze entfällt, wenn nicht
ausgeschlossen werden kann, dass auch die kompatiblen Schäden aus dem früheren
Schadensereignis stammen (so z.B. OLG Köln NZV 1999, 378), kommt folglich im
vorliegenden Fall schon vom Ansatz her nicht zum Tragen. Unfallursächliche und nicht
ursächliche Schadensbilder lassen sich vielmehr technisch und –anhand des
vorliegenden Schadensgutachtens- auch rechnerisch hinreichend klar trennen.
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e)
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Die rechtliche Bewertung des Landgerichts, wonach die Haftung des Klägers nach § 17
Abs. 1 StVG vollständig gegenüber dem Verantwortungsbeitrag der Beklagten
zurücktritt, wird von der Berufung nicht angegriffen, hält aber auch einer rechtlichen
Überprüfung stand.
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Dem offenkundigen Verstoß des Beklagten zu 3. gegen §§ 9 Abs. 5, 10 StVO steht eine
allenfalls nach § 1 Abs. 2 StVO relevante Fehlreaktion des Zeugen M gegenüber. Die
durch das Verschulden des Beklagten zu 3. und durch die aus dem rückwärtigen
Ausfahren aus einem Grundstück resultierende Gefährlichkeit deutlich erhöhte
Betriebsgefahr des von dem Beklagten zu 3. gesteuerten Taxis rechtfertigt ein
vollständiges Zurücktreten der klägerischen Haftung.
58
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Soweit
die Beklagte zu 1. die Berufung zugleich auch für den Beklagten zu 3. eingelegt hat,
waren ihr die diesbezüglichen anteiligen Kosten aufzuerlegen, da der Beklagte zu 3. als
unterstützte Hauptpartei seinerseits kein Rechtsmittel eingelegt hat.
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Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in
§§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt 7.372,28 €.
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Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543
Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
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