Urteil des OLG Düsseldorf vom 03.09.2004
OLG Düsseldorf: fahrverbot, auflage, einwirkung, anschluss, mittäter, behandlung, scheidung, ermessen, datum, anwendungsbereich
Oberlandesgericht Düsseldorf, IV 2 Ss (OWi) 99/04 - (OWi) 43/04 III
Datum:
03.09.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Senat für Straf- und Bußgeldsachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
IV 2 Ss (OWi) 99/04 - (OWi) 43/04 III
Tenor:
b e s c h l o s s e n :
1.
Das angefochtene Urteil wird - auch bezüglich des Betroffenen ....... - im
Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten der
Rechtsbeschwerde, an das Amtsge-richt zurückverwiesen.
2.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
G r ü n d e :
1
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht gegen die Betroffenen jeweils
wegen vorsätzlicher Teilnahme an einem nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen eine
Geldbuße von 300,-- EUR festgesetzt und ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet. Die
hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen ........... hat mit der Sachrüge
den aus dem Tenor ersichtlichen (vorläufigen) Teilerfolg.
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Diese Urteilsaufhebung erstreckt sich auch auf den Mitbetroffenen ........., dessen
Rechtsmittel unzulässig ist (§ 357 StPO).
3
I.
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1.
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Im Hinblick auf die Verfahrensvoraussetzungen und zum Schuldspruch hat die
Überprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 und
3 StPO). Nach den fehlerfrei getroffenen Feststellungen haben die Betroffenen
vorsätzlich an einem nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen teilgenommen (§§ 49 Abs.
2 Nr. 5, 29 Abs. 1 StVO).
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2.
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Der Rechtsfolgenausspruch hat indessen keinen Bestand.
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Die Erwägungen zur Bußgeldzumessung sowie zur Verhängung eines Fahrverbotes für
die Dauer von einem Monat lassen besorgen, dass das Tatgericht das ihm gemäß § 17
Abs. 1 OWiG und § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt
hat. Nach den Urteilsgründen ist das Amtsgericht bei der Bußgeldbemessung "von der
Regelgeldbuße von 150 EUR und einem Monat Fahrverbot für jeden Betroffenen"
ausgegangen. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.
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Die gemäß § 26 a StVG bundeseinheitlich erlassene Bußgeldkatalogverordnung
(BKatV) sieht für Verstöße gegen § 29 Abs. 1 StVO weder einen Regelbußgeldsatz
noch ein Fahrverbot als Regelfolge i.S.v. § 2 Abs. 1 BKatV vor; lediglich dem
bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten ist
unter § 29 StVO, TBNR 129500, Entsprechendes zu entnehmen. Derartige
verwaltungsinterne Richtlinien für die Bußgeldbemessung können für das Gericht
jedoch allenfalls grobe Orientierungshilfen darstellen, die eine Prüfung der
Einzelfallumstände nicht entbehrlich machen und die unter dem Gesichtspunkt einer
möglichst gleichmäßigen Behandlung gleichgelagerter Sachverhalte nur dann
Beachtung finden müssen, wenn sie festgestellter Maßen in der Praxis einen breiteren
Anwendungsbereich erreicht haben (Lemke, OWiG, § 17 Rdnr. 45; Göhler, OWiG, 13.
Aufl., § 17 Rdnr. 32; OLG Düsseldorf NZV 2000, 425). Dass sich das Amtsgericht dieser
Grundsätze bewusst war, lässt die angefochtene Entscheidung nicht ersehen. Vielmehr
ist zu besorgen, dass der Tatrichter insoweit irrig von einer zu weit gehenden Bindung
ausgegangen ist. Denn er geht von der Regelgeldbuße aus und benennt im Anschluss
daran lediglich bußgelderhöhende Umstände.
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Soweit das Amtsgericht ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet hat, ist den
Urteilsgründen zu entnehmen, dass der Bußgeldrichter vorliegend von einer groben
Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers (§ 25 Abs. 1 Satz 1 StVG) durch den
Betroffenen ausgegangen ist. Diese rechtliche Beurteilung wird durch die tatsächlichen
Feststellungen des angefochtenen Urteils getragen. Allerdings enthalten die
Urteilsgründe keine Ausführungen zur Erforderlichkeit des jeweiligen Fahrverbots, vor
allem keine Ausführungen dazu, dass das Amtsgericht beim Rechtsfolgenausspruch die
Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot erkannt hat und nach einer
Prüfung der Umstände des konkreten Falles bewusst von der grundsätzlich
bestehenden Möglichkeit eines Verzichts auf die Nebenfolge unter gleichzeitiger
Erhöhung der Geldbuße im Interesse der für erforderlich gehaltenen Einwirkung auf den
einzelnen Betroffenen keinen Gebrauch gemacht hat.
11
III.
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Das angefochtene Urteil war daher im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die
Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht
zurückzuverweisen. Die Verweisung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts ist
nicht veranlasst.
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Die Aufhebung des Urteils ist gemäß § 357 StPO auch auf den Betroffenen .........
erstrecken, der als Mittäter des Betroffenen .........verurteilt wurde und daher durch die zur
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Urteilsaufhebung führenden Gesetzesverletzungen schon aus Gründen des rechtlichen
Zusammenhangs ebenfalls betroffen ist (vgl. hierzu BGHSt 11, 18ff.; KK-Kuckein, StPO,
5. Auflage, § 357 Rn. 15; Meyer-Goßner, StPO, 47. Auflage, § 357 Rn. 14).