Urteil des OLG Düsseldorf vom 10.10.2002
OLG Düsseldorf: unfall, verschulden, zustand, totalschaden, fahrzeug, beweiserleichterung, beweislastumkehr, geschwindigkeit, unterlassen, beweisvereitelung
Oberlandesgericht Düsseldorf, 10 U 114/01
Datum:
10.10.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 U 114/01
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 16. Mai 2001 verkündete
Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückge-
wiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Jedenfalls im Ergebnis
zutreffend hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung in Höhe von 20.728,31 DEM
verurteilt. In dieser Höhe haftet der Beklagte der Klägerin wegen der Rückgabe des
Mietwagens in beschädigtem Zustand gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB auf
Schadensersatz, ohne dass es auf die von dem Beklagten tatsächlich gefahrene
Kilometerleistung ankommt. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine hiervon
abweichende Beurteilung.
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I.
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Der Senat lässt offen, ob den Beklagten - wie es das Landgericht angenommen hat -
nach § 548 BGB die Beweislast dafür trifft, dass der eingetretene Totalschaden auf den
vertragsgemäßen Gebrauch zurückzuführen ist, oder ob sich der Vermieter bei einem in
Betracht kommenden technischen Versagen der Bremsanlage, auf deren Zustand der
Mieter in der Regel keinen Einfluss hat, hinsichtlich des technisch einwandfreien
Zustand des Fahrzeugs zum Schadenszeitpunkt entlasten muss. Jedenfalls haftet der
Beklagte im Streitfall nach den Grundsätzen der §§ 823 ff. BGB auf Schadensersatz,
weil die Beweisregel des § 282 BGB grundsätzlich keine entsprechende Anwendung
auf Ansprüche aus § 823 ff. BGB findet (BGH NJW 1986, 2757) und der Beklagte sein
vermutetes Verschulden an dem von ihm am 14.11.1999 auf der A 2 verursachten
Auffahrunfall nicht widerlegt hat.
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Da das Fahrzeug der Klägerin bei dem Unfall einen Totalschaden erlitten hat und die
Rechtswidrigkeit dieser Eigentumsverletzung hierdurch indiziert wird, ist der objektive
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Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB erfüllt. Der Beklagte hat den Unfall auch schuldhaft
herbeigeführt. Insoweit hat der Beklagte gemäß § 276 BGB mangels Vorliegens eines
vereinbarten Haftungsausschlusses für jede Fahrlässigkeit einzustehen. Die Klägerin
weist in ihrer Berufungserwiderung zutreffend darauf hin, dass das Verschulden des
Beklagten bereits nach Anscheinsgrundsätzen vermutet wird. Bei einem typischen
Auffahrunfall, wie er hier nach der Einlassung des Beklagten gegenüber der
Staatsanwaltschaft Bückeburg vom 18.1.2000 anzunehmen ist, spricht nach gefestigter
Rechtsprechung der Anscheinsbeweis dafür, daß der Auffahrende entweder durch
einen ungenügenden Sicherheitsabstand (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVO), durch unangepaßte
Geschwindigkeit (§ 3 Abs. 1 StVO) oder/und durch allgemeine Unaufmerksamkeit (§ 1
Abs. 2 StVO) den Unfall verursacht und verschuldet hat (BGH NJW-RR 1989, 670, 671;
NJW 1987, 1075, 1077).
Dieses ihn nach Anscheinsgrundsätzen treffende Verschulden hat der Beklagte nicht
widerlegt. Seine Behauptung, der Unfall sei auf ein Versagen der Bremsvorrichtungen
(einschließlich ABS) des Fahrzeugs zurückzuführen, ist beweislos, weil das Fahrzeug
von der Klägerin unrepariert bereits am 1.12.1999 weiterveräußert worden ist, so dass
sachverständige Feststellungen zur Unfallursache heute nicht mehr in Betracht
kommen.
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Die Berufung macht insoweit erfolglos geltend, in der Weiterveräußerung des
Fahrzeugs bereits ca. zwei Wochen nach dem Schadensereignis liege eine
Beweislastvereitelung mit der Folge einer Beweislastumkehr zu Lasten der Klägerin.
Der Senat lässt offen, ob die Klägerin verpflichtet war, den Beklagten über den
bevorstehenden Verkauf des Unfallwagens zu unterrichten. Unabdingbare
Voraussetzung für eine Beweiserleichterung ist, dass das pflichtwidrige Handeln oder
Unterlassen den beweisbelasteten Beklagten in eine Beweisnot, d.h. in eine
auswegslose Lage gebracht hat. Nur dann kann von einer Beweisvereitelung
gesprochen werden. Das ist hier nicht der Fall. Der Beklagte ist - wie dargelegt - zwar
heute in Beweisnot. Er hat es aber seinerseits versäumt, rechtzeitig nach dem Unfall im
eigenen Interesse für eine Beweissicherung zu sorgen und hierzu die Durchführung
eines Beweissicherungsverfahrens zu beantragen (vgl. BSG NJW 1994, 1303).
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II.
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Zur Höhe schätzt der Senat die der Klägerin entstandenen und von dem Beklagten
gemäß § 249 BGB zu ersetzenden Nebenkosten (pauschale Auslagen,
Wiederbeschaffungskosten) auf 200 DEM (50 + 150 DEM). Im Übrigen sind
Einwendungen gegen die festgestellte Schadenshöhe nicht geltend gemacht.
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III.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht
vor.
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Streitwert: 20.728,31 DEM
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