Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.02.2003
OLG Düsseldorf: gesellschafter, beratung, steuerberater, anhörung, gespräch, mitverschulden, unternehmen, ausarbeitung, vollstreckung, zusammenwirken
Oberlandesgericht Düsseldorf, 23 U 7/02
Datum:
25.02.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
23. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
23 U 7/02
Vorinstanz:
Landgericht Wuppertal, 3 O 97/01
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 30. November 2001
verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des
Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich
der Kosten der Streithilfe.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung
des Klägers oder der Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht der Kläger oder die Streithelferin vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger macht mit der vorliegenden Klage Schadensersatzansprüche wegen der
Verletzung von Pflichten des Beklagten aus einem Steuerberatervertrag geltend.
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Der Kläger betrieb zusammen mit einem Mitgesellschafter die D........................ GmbH.
Zum Gesellschaftsvermögen gehörte auch erhebliches Grundvermögen mit einem Wert
von rund 2,5 Mio. DM nach dem Stand vom 31.12.1996. Der Beklagte beriet bis 1999
sowohl den Kläger als auch die GmbH als Steuerberater. Im Jahre 1997 kam es zu
Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschaftern. Daraufhin beabsichtigte der Kläger, die
Gesellschaftsanteile seines Mitgesellschafters zu erwerben und so sämtliche
Gesellschaftsanteile in seiner Hand zu vereinigen. Ein erster Vertragsentwurf hierüber
wurde am 23.9.1997 von einem Essener Rechtsanwalt erstellt. Diesen Entwurf
besprachen die Parteien im Oktober 1997. Dabei wies der Beklagte den Kläger darauf
hin, dass bei der Anteilsvereinigung in einer Person auch Grunderwerbsteuer anfalle.
Der Beklagte wies den Kläger aber nicht auf die gesetzlichen Möglichkeiten hin, diesen
Anfall von Grunderwerbsteuer zu vermeiden.
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Am 24.7.1998 wurde dem Beklagten ein an die Vertreter des Klägers gerichtetes Fax
der Rechtsanwälte O........ und Kollegen in Leipzig übersandt, in dem es um Einzelheiten
des beabsichtigten Vertragsschlusses ging und in dem unter anderem auch der Anfall
von Grunderwerbsteuer angesprochen wurde. Der Beklagte brachte an dem
entsprechenden Absatz des Schreibens einen handschriftlichen Vermerk "ja, Steuer"
an. Das Schreiben war Anlass für ein Telefongespräch zwischen den Parteien am
25.7.1998. Auch bei diesem Telefonat wies der Beklagte den Kläger nicht auf die
Möglichkeiten hin, den Anfall der Grunderwerbsteuer zu vermeiden.
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Am 28.7.1998 schlossen der Kläger und sein Mitgesellschafter den Vertrag, mit dem der
Kläger sämtliche Gesellschaftsanteile in seiner Hand vereinigte. Das zuständige
Finanzamt setzte daraufhin mit inzwischen bestandskräftigem Bescheid vom 12.9.2000
gegenüber dem Kläger wegen der Anteilsvereinigung in seiner Person eine
Grunderwerbsteuer in Höhe von 69.440,-- DM fest.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe ihn auf die gesetzliche
Möglichkeit hinweisen müssen, durch die Aufnahme eines Mitgesellschafters mit einem
Anteil von nur 1 % den Anfall von Grunderwerbsteuer vollständig zu vermeiden. Hierzu
hat er behauptet, dass seine Ehefrau zur Übernahme eines Anteils in dieser Höhe bereit
und in der Lage gewesen sei.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 69.440,-- DM nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 28.12.2000 zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat behauptet, der Kläger habe ihm gegenüber erklärt, nicht mehr mit einem anderen
Gesellschafter zusammenarbeiten zu wollen. Deshalb habe sich seiner Ansicht nach
ein Hinweis auf die Möglichkeiten zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer erübrigt, weil
der Kläger dazu einen Mitgesellschafter hätte aufnehmen müssen. Im übrigen habe er -
der Beklagte - den Kläger bei dem Telefongespräch am 25.7.1998 darauf hingewiesen,
dass die Verträge komplett geändert werden müssten.
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Der Kläger hat der A.....GmbH, die die steuerliche Beratung des Klägers hinsichtlich der
Frage einer Anfechtung des Grunderwerbsteuerbescheides übernommen hatte, den
Streit verkündet. Die Streitverkündete ist dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers
beigetreten.
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Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme in vollem Umfang stattgegeben.
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Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen
Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt er seinen
erstinstanzlichen Vortrag und behauptet weiter, dem Kläger bei dem Telefongespräch
im Juni 1998 deutlich empfohlen zu haben, die Verträge - mit Rücksicht auf die
steuerliche Behandlung der Übertragung der Gesellschaftsanteile - komplett zu ändern.
Er meint, dass die Beweislast dafür, dass diese Beratung unterblieben sei, den Kläger
treffe, dieser den Beweis aber nicht führen könne, weil das Gespräch mit dem vom
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Beklagten behaupteten Inhalt stattgefunden habe. Im übrigen ist er der Ansicht, den
Kläger treffe zumindest ein Mitverschulden, weil er das in dem Hinweis auf die
Änderungsnotwendigkeit liegende Warnsignal nicht zum Anlass genommen habe, den
Beklagten zur Ausarbeitung weiterer Einzelheiten zu beauftragen, und dem Beklagten
so die Möglichkeit einer eingehenderen Beratung genommen habe. Dies zeige auch,
dass die Frage der Grunderwerbsteuer für den Kläger bei der Durchführung des
Vertrages keine ausschlaggebende Bedeutung mehr gehabt habe.
Der Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er nimmt auf seinen erstinstanzlichen Vortrag Bezug und trägt ergänzend vor.
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Im übrigen wird für den Sachvortrag der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen, die angefochtene Entscheidung sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht
hat der Klage zu Recht und mit überwiegend zutreffender Begründung stattgegeben, auf
die weitgehend Bezug genommen werden kann. Die Berufungsbegründung gibt zu
einer abweichenden Entscheidung keinen Anlass. Lediglich ergänzend kann das
Folgende ausgeführt werden.
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I.
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Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 35.504,11 EUR
(= 69.440,-- DM) aus positiver Vertragsverletzung, weil der Beklagte seine Pflichten aus
dem Steuerberatervertrag verletzt hat.
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1. Dass der Beklagte auch mit dem Kläger und nicht nur mit der D........................ GmbH
einen Vertrag über Hilfeleistung in Steuersachen geschlossen hatte, ist jedenfalls in der
Berufungsinstanz nicht mehr streitig. Die Feststellung in dem Tatbestand des
landgerichtlichen Urteils, dass der Beklagte auch den Kläger "steuerrechtlich betreute",
wird mit der Berufung nicht angegriffen.
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2. Inhaltlich war der Vertrag nicht auf eine Tätigkeit des Beklagten zur routinemäßigen
Erledigung regelmäßig wiederkehrender Aufgaben, wie zum Beispiel die Buchführung,
beschränkt. Der Beklagte war vielmehr darüber hinaus im Rahmen der vertraglichen
Beziehungen zum Kläger ganz konkret mit der steuerrechtlichen Beurteilung des
Vorhabens des Klägers befasst, die Anteile seines Mitgesellschafters zu übernehmen.
Die Berufungsbegründung führt selbst aus, dass der Beklagte zum einen den
Vertragsentwurf vom 23.9.1997 im Oktober 1997 "besprochen" hatte. Gegenstand des
Gesprächs war auch nach dem Vortrag des Beklagten der Anfall von
Grunderwerbsteuer. Zum anderen hatte der Beklagte mit dem Kläger das Schreiben der
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Rechtsanwälte O........ und Kollegen vom 22.7.1998 mit dem Kläger besprochen, in dem
wiederum die Grunderwerbsteuer eine Rolle spielte. Eine Beratung zu den
(grunderwerb-)steuerlichen Auswirkungen der geplanten Anteilsübernahme ist vor
diesem Hintergrund nicht zweifelhaft. Dem steht nicht entgegen, dass ein "spezieller
Auftrag", die Frage der Grunderwerbsteuer zu prüfen, nicht vorlag. Dies schließt die
Übernahme einer allgemeinen Beratung durch den Beklagten im Hinblick auf die
anstehende Anteilsübernahme nicht aus.
3. Der Beklagte hat seine sich aus diesem Vertragsverhältnis ergebenden Pflichten
verletzt. Das Landgericht hat unter Hinweis auf die Entscheidung BGH NJW 1998, 1221
zu Recht ausgeführt, dass der Steuerberater bei einem umfassenden Dauermandat den
Mandanten von sich aus - also ungefragt - über die steuerlich bedeutsamen Fragen
einschließlich insoweit bestehender zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu
beraten hat.
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a) Eine Pflichtverletzung ist allerdings nicht darin zu sehen, dass der Beklagte den
Kläger nicht darüber aufgeklärt hätte, dass überhaupt Grunderwerbsteuer anfällt.
Darüber haben die Parteien gesprochen. Dem Kläger war bekannt, dass die geplante
Übertragung des Gesellschaftsanteils grundsätzlich den Anfall von Grunderwerbsteuer
zur Folge haben würde, wie jedenfalls im Berufungsverfahren unstreitig ist. Der
Beklagte hatte aber aufgrund des Vertragsverhältnisses mit dem Kläger die Pflicht,
diesen auf die Möglichkeiten hinzuweisen, den Anfall der Grunderwerbsteuer zu
vermeiden.
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§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, auf den der Bescheid über die Grunderwerbsteuer vom
12.9.2000 gestützt ist, lautet in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung:
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"Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so
unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach Absatz 2a nicht in Betracht
kommt, außerdem:
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1. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer
Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der
Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und
abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von
abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden
würden;"
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Danach hätte es also ausgereicht, wenn nur ein geringer, etwa der in der Klageschrift
genannte einprozentige Gesellschaftsanteil nicht vom Kläger, sondern von einem
anderen Gesellschafter übernommen worden wäre, um den Anfall der
Grunderwerbsteuer insgesamt, also in voller Höhe zu vermeiden. Auf diese gesetzliche
Möglichkeit musste der Beklagte den Kläger hinweisen. Die Erteilung derartiger
Hinweise stellt gerade den Zweck dar, zu dem der Beklagte als Steuerberater
hinsichtlich der geplanten Anteilsübernahme um Rat gefragt wurde. Dabei beschränkte
sich seine Pflicht darauf, den Kläger auf diese gesetzliche Möglichkeit hinzuweisen. Er
musste ohne besonderen Auftrag keine weiteren Einzelheiten ausarbeiten. Deshalb
bestand auch keine Verpflichtung, dem Kläger zu raten, als weiteren Mitgesellschafter
gerade dessen Ehefrau vorzusehen. Mit wem der Kläger die Gesellschaft fortzusetzen
bereit war, konnte der Beklagte nicht übersehen. Er hätte dem Kläger aber die
Grundlagen für die Entscheidung verschaffen müssen, es entweder bei der geplanten
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vollständigen Übernahme sämtlicher Gesellschaftsanteile unter Inkaufnahme der
Grunderwerbsteuer zu belassen oder umgekehrt die Belastung mit der
Grunderwerbsteuer unter Aufgabe der beabsichtigten Stellung als Alleingesellschafter
vollständig zu vermeiden. Letztlich ist dies ein Abwägungsprozess, den der Kläger zu
treffen hatte, für den der Beklagte ihm aber die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen
liefern musste.
Dabei kann der Vortrag des Beklagten als richtig unterstellt werden, der Kläger habe
ihm gegenüber (bei welcher Gelegenheit auch immer) geäußert, er wolle auf keinen Fall
mehr mit einem anderen Gesellschafter zusammenwirken. Diese Entscheidung hätte
der Kläger ja gerade ohne Kenntnis der Möglichkeiten getroffen, den Anfall der
Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf
berufen, dass der Kläger sich gegen die Aufnahme eines Mitgesellschafters entschied,
wenn er - der Beklagte - durch seine unzureichende steuerliche Beratung dem Kläger
hierfür unzureichende Entscheidungsgrundlagen geliefert hatte.
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b) Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt, weil er den Kläger nicht über die Möglichkeiten
des § 1 Abs. 3 GrEStG aufgeklärt hat.
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Dass der Beklagte dem Kläger zu keinem Zeitpunkt den Hinweis erteilte,
Grunderwerbsteuer sei vollständig zu vermeiden, wenn er auch nur in ganz geringem
Umfang von 1 % GmbH-Anteile auf einen Mitgesellschafter, wie zum Beispiel seine
Ehefrau, übertrage, ist jedenfalls im Berufungsverfahren unstreitig geworden. Der
Beklagte hat dies bei seiner Anhörung durch den Senat selbst eingeräumt.
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Eine Pflichtverletzung ist auch nicht mit Blick auf die Behauptung des Beklagten zu
verneinen, er habe kurz vor Abschluss des Vertrages vom 28.7.1998, nämlich am
25.7.1998, bei einem Telefongespräch dem Kläger gesagt, dass die Verträge komplett
geändert werden müssten. Bereits der Hintergrund dieser behaupteten Äußerung ist
nach dem Vortrag des Beklagten nur schwer nachzuvollziehen. Der Beklagte hatte ja
eine "komplette Änderung" wegen der Grunderwerbsteuerpflicht zunächst, das heißt bei
dem ersten Beratungsgespräch im Oktober 1997, nicht angeregt, weil er nach seinem
Vortrag davon ausgegangen war, dass der Kläger nicht mehr mit einem weiteren
Gesellschafter zusammenarbeiten wolle. Dies hat der Beklagte bei seiner Anhörung vor
dem Senat erneut so dargestellt. Warum er seine Meinung bei dem Telefongespräch
änderte und nun doch auf eine Änderungsnotwendigkeit zu sprechen kam, hat er bei
seiner Anhörung nicht nachvollziehbar erläutern können. Er hat auf eine entsprechende
Frage lediglich ausgeführt, dass bei dem zweiten Gespräch ja "Zeit vergangen" sei.
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Selbst wenn die vom Beklagten behauptete Äußerung so gefallen wäre, führte dies nicht
dazu, eine Pflichtverletzung zu verneinen. Nach den vorstehenden Ausführungen hatte
der Beklagte die Pflicht, auf die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 3 GrEStG
hinzuweisen, wonach schon durch die Überlassung eines Anteils von 1 % an einen
anderen Gesellschafter der Anfall der Grunderwerbsteuer hätte vermieden werden
können. Dem wird ein Hinweis auf die Notwendigkeit einer "kompletten Änderung" der
Verträge nicht gerecht. Der Beklagte will nach seinem Vortrag damit gemeint haben,
dass "ein weiterer Gesellschafter Anteile halten sollte". Auch hieraus folgt nicht, dass
der Beklagte gegenüber dem Kläger die maßgeblichen Angaben machte. Dass bei
einem schlichten Austausch des bisherigen Mitgesellschafters durch eine andere
Person keine Grunderwerbsteuer zu Lasten des Klägers anfallen würde, war
selbstverständlich und auch dem Kläger bewusst. Wesentlich wäre der Hinweis
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gewesen, dass durch einen auch nur geringfügigen, nämlich einprozentigen Anteil etwa
der Ehefrau des Klägers oder einer anderen Person, zu der der Kläger Vertrauen hatte,
die Grunderwerbsteuerpflicht vollständig vermieden worden wäre. Gerade die
möglichen Verhältnisse der Gesellschaftsanteile, also der Umfang, mit dem ein weiterer
Gesellschafter zur Vermeidung der Grunderwerbstreuerpflicht hätte beteiligt werden
müssen, wären als Entscheidungsgrundlage für den Kläger wichtig gewesen. Diese
Hintergründe waren auch nicht selbstverständlich, weil man zum einen als Laie auch an
einen anteilmäßigen Anfall der Grunderwerbsteuer bei jedem Hinzuerwerb von
Gesellschaftsanteilen denken kann. Zum anderen bedarf es auch hinsichtlich der
maßgeblichen Mindestprozentanteile, die der Mitgesellschafter zur Vermeidung der
Steuerpflicht halten muss, einer genaueren Kenntnis der gesetzlichen Regelung, wie
sich schon daraus ergibt, dass sie ab 1999 dahin geändert wurde, dass bereits eine
Vereinigung von 95 % der Gesellschaftsanteile in einer Person die
Grunderwerbsteuerpflicht auslöst.
Der Beklagte hat bei seiner Anhörung durch den Senat ergänzend selbst bestätigt, den
Kläger nicht darauf hingewiesen zu haben, inwiefern die Verträge geändert werden
müssten. Er sei davon ausgegangen, dass der Kläger Bescheid wisse. Davon durfte der
Beklagte aber schon deshalb hinsichtlich der Möglichkeiten zur Vermeidung der
Grunderwerbsteuer nicht ohne weiteres ausgehen, weil er selbst den Kläger ja gerade
bis zu diesem Zeitpunkt nicht entsprechend aufgeklärt hatte.
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4. Durch diese Pflichtverletzung ist dem Kläger der geltend gemachten Schaden
entstanden. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen der
landgerichtlichen Entscheidung Bezug. Das betrifft die Frage der Kausalität und des
Schadens. Auch letzterer ist in der Berufungsinstanz auch nicht mehr streitig; Angriffe
gegen die entsprechenden Ausführungen des landgerichtlichen Urteils erfolgen in der
Berufungsbegründung nicht.
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5. Eine Reduzierung des Anspruchs wegen eines Mitverschuldens des Klägers gemäß
§ 254 BGB kommt nicht in Betracht.
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Der Einwand des mitwirkenden Verschuldens greift in der Regel dann nicht ein, wenn
die Verhütung des entstandenen Schadens nach dem Vertragsinhalt dem in Anspruch
genommenen Schädiger oblag. Deswegen kann grundsätzlich dem Geschädigten nicht
ein Mitverschulden angerechnet werden, weil er eine Gefahr, zu deren Vermeidung er
einen Fachmann hinzugezogen hat, bei genügender Sorgfalt selbst hätte erkennen und
abwenden können (BGH NJW 1998, 1486 m. w. Nachw.).
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So liegt der Fall hier. Nach dem Steuerberatungsvertrag der Parteien war es allein
Sache des Klägers als Steuerberater, den Beklagten über die grunderwerbsteuerlichen
Auswirkungen der geplanten Anteilsvereinigung zu unterrichten. Der Kläger kann vor
diesem Hintergrund dem Beklagten nicht anlasten, dass dieser nicht weiter nachgehakt
und dem Kläger keinen weiteren Auftrag zur näheren Prüfung der
Gestaltungsmöglichkeiten erteilt hat. Hierzu hatte der Kläger keinen Anlass, weil er über
die Grenzen eines Anfalls von Grunderwerbsteuer vom Beklagten überhaupt nicht
informiert wurde. Der Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 3 GrEStG
durch den Steuerberater erfordert keine Ausarbeitung von Details. Sie oblag nach dem
Steuerberatervertrag allein dem Beklagten.
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II.
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Der Zinsanspruch ergibt sich in geltend gemachter und erstinstanzlich zuerkannter
Höhe aus § 288 Abs. 1 BGB.
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III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
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Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 35.504,11 EUR (= 69.440,-- DM).
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