Urteil des OLG Düsseldorf vom 14.08.2006

OLG Düsseldorf: schmerzensgeld, geschwindigkeit, widerklage, verkehrsunfall, mitverschulden, parkplatz, leistungsfähigkeit, mithaftung, anteil, schutzhelm

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-1 U 9/06
Datum:
14.08.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-1 U 9/06
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung seines
weiter-gehenden Rechtsmittels das am 22. Dezember 2005 verkündete
Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld teilweise abgeändert
und insge-samt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 418,30 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus
seit dem 11. Juli 2002 zu zahlen.
Die Widerklage ist hinsichtlich des Anspruchs des Beklagten auf
Zahlung eines Schmerzensgeldes dem Grunde nach unter
Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils von 25 % gerechtfertigt.
Es wird festgestellt, dass die Widerbeklagten als Gesamtschuldner ver-
pflichtet sind, dem Beklagten unter Berücksichtigung eines Mitverschul-
densanteils von 25 % dessen materiellen und immateriellen Schaden zu
ersetzen, der ihm aus dem Verkehrsunfall vom 9. April 2002 in K. noch
ent-stehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen
Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist oder
übergehen wird.
Die Sache wird an die 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld zur Ent-
scheidung über die Höhe des Schmerzensgeldanspruchs und über die
Kos-ten des Rechtsstreits insgesamt zurückverwiesen.
T a t b e s t a n d
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Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 9. April 2002. Der
an diesem Tag zehn Jahre und etwa zehn Monate alte Beklagte hatte sich mit einem
gleichaltrigen Schulfreund auf einem Garagenhof in etwa 800 Meter Entfernung seines
Elternhauses zum BMX-Radfahren verabredet. Die Zufahrt zum Garagenhof wurde
durch eine 3,9 m breite, aus Verbundsteinpflaster bestehende Fahrbahnoberfläche
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gebildet, die von der Parkstraße aus zum Garagenhof hin geringfügig abschüssig war.
Zur rechten Seite wurde die Zufahrtstraße durch eine Hecke begrenzt, die ca. 1,6 m
hoch war. Die Kinder umrundeten mit dem Rad auf dem Garagenhof parkende PKW.
Der Beklagte, der keinen Fahrradhelm trug, fuhr mit seinem Rad in Richtung Ein- und
Ausfahrt des Garagenhofs. Als der Kläger mit seinem Kleintransporter diese Einfahrt mit
einer Geschwindigkeit von 26 bis 33 kmh befuhr, kam es zum Zusammenstoß, wobei
der Beklagte seitlich rechts auf den Wagen des Klägers aufprallte. Durch ein
Ausweichmanöver nach links geriet der Kläger seinerseits gegen einen dort parkenden
PKW, der ebenfalls beschädigt wurde. Der Kläger erwarb in der Folge ein neues
Fahrzeug, welches unter dem 14.06.2002 zugelassen wurde. Der Beklagte erlitt ein
Schädelhirntrauma mit subduralem Hämatom und musste drei Operationen über sich
ergehen lassen. In der Folge wurden diverse Behandlungs- und
Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt. Die Widerbeklagte zu 2) zahlte vorgerichtlich
einen Betrag in Höhe von 25.000,00 € auf den Schmerzensgeldanspruch des
Beklagten.
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe in einer Entfernung von weniger als einem
Meter zur Hecke die 6 Meter breite Fahrbahn in Richtung Hofausfahrt benutzt. Würde
der Beklagte demgegenüber die – aus seiner Sicht – rechte Seite der Fahrbahn benutzt
haben, wäre der Unfall vermieden worden. Der Gesamtschaden des Klägers belaufe
sich auf 1.673,20 €, wovon wegen eines möglichen Mitverschuldens allein 50 % geltend
gemacht würden.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 836,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2002 zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Widerklagend hat er beantragt,
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1.
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den Kläger und die Widerbeklagte zu 2) zu verurteilen, als Gesamtschuldner ein
weiteres Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 40.000,00 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu
zahlen,
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2.
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festzustellen, dass die Widerbeklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem
Beklagten dessen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus
dem Verkehrsunfall vom 09.04.2002 auf dem Parkplatz des Hausgrundstücks P.str.
in K. noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen
Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.
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Der Kläger und die Widerbeklagte zu 2) haben beantragt,
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die Widerklage abzuweisen.
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Der Beklagte hat behauptet, dem Kläger sei aufgrund seiner langjährigen Nutzung
seines Parkplatzes auf dem Garagenhof bekannt gewesen, dass sich dort spielende
Kinder bewegten. Dass der Beklagte auf der linken Seite der Zufahrt zur Hofausfahrt
gefahren sei, werde mit Nichtwissen bestritten, da er verletzungsbedingt an den Vorfall
keine Erinnerung mehr habe. Der Kläger habe das Gebot rechts vor links beachten
müssen und hätte sich mit weniger als Schrittgeschwindigkeit vorsichtig und langsam
vortasten müssen. Der Beklagte habe unfallbedingt verschiedene psychische und
physische Beeinträchtigungen erlitten, wegen derer im Einzelnen auf den Schriftsatz
vom 07.03.2005 nebst Anlagen (Bl. 23 ff. der Gerichtsakten) verwiesen wird. Diese
rechtfertigten ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 40.000,00 €.
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Das Landgericht hat der Klage entsprochen und auf die Widerklage unter Abweisung im
Übrigen festgestellt, dass der Kläger und die Widerbeklagte zu 2) im Umfang von 50%
hinsichtlich eines zukünftigen materiellen und immateriellen Schadens des Beklagten
ersatzpflichtig seien. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der über die
nach § 828 Abs. 2 BGB a.F. erforderliche Einsicht verfügende Beklagte habe
unberechtigt auf einem privaten Garagenhof Radrennspiele ohne Schutzhelm an nicht
einsehbarer Stelle durchgeführt, worin ein erhebliches Mitverschulden gesehen werden
müsse. Die Geschwindigkeit des Klägers bei der Einfahrt in den ihm bekannten
Garagenhof sei demgegenüber zwar überhöht, aber nicht wesentlich überhöht gewesen,
so dass auch unter Berücksichtigung der Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs
eine über 50 % hinausgehende Haftungsquote zu dessen Lasten nicht gerechtfertigt sei.
Selbst unter Berücksichtigung aller vom Beklagten geltend gemachten Auswirkungen
auf seine Psyche sowie seine schulische Leistungsfähigkeit sei kein über die bereits
vorgerichtlich gezahlten 25.000,00 € hinausgehendes Schmerzensgeld gerechtfertigt,
zumal vier Monate nach dem Unfall seine Bewegungsstörungen wieder normalisiert
gewesen seien und eine unfallbedingte Beeinträchtigung seines Fortkommens nicht im
erforderlichen Maße dargetan sei. Da der Beklagte auch vor dem Unfall
verhaltensauffällig und schulschwach gewesen sei, könne aus dem Umstand, dass er
die fünfte Klasse habe wiederholen müssen, nicht geschlossen werden, dass infolge
des Unfalls eine Beeinträchtigung seines späteren Berufslebens eintreten werde.
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Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er eine
Haftungsverteilung von 75 zu 25 % zu Lasten der Widerbeklagten sowie unter
Berücksichtigung dessen ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von mindestens
23.750,00 € begehrt. Er beanstandet im Wesentlichen, die Argumente, die das
Landgericht zur Begründung einer hälftigen Haftungserteilung herangezogen habe,
verfingen nicht. Dass es sich bei dem Garagenhof um ein Privatgrundstück gehandelt
habe, sei für den Beklagten nicht erkennbar gewesen. Es sei ferner allgemein bekannt,
dass Garagenhöfe als Spielplatz benutzt würden. Eine Helmpflicht habe nicht
bestanden. Die vom Kläger gefahrene Geschwindigkeit sei angesichts des nicht
vollständig einsehbaren Bereichs demgegenüber wesentlich überhöht gewesen.
Schließlich habe das Landgericht im Rahmen der Bemessung des Schmerzensgelds
die ausführlich vorgetragenen, unter Beweis gestellten und noch heute bestehenden
Beeinträchtigungen nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere habe das
Landgericht übersehen, dass die Bewegungsstörungen nicht vollständig beseitigt seien
und nach dem Bericht der S. M. Therapieklinik vom 06.08.2003 (Bl. 58 der
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Gerichtsakten) sämtliche gesundheitlichen Schäden des Beklagten unfallbedingt seien.
Vor dem Hintergrund der dargestellten Beeinträchtigungen sei auch nicht
nachvollziehbar, wie das Landgericht feststellen könne, eine Beeinträchtigung des
späteren Berufslebens des Beklagten werde nicht eintreten.
Der Beklagte beantragt,
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1.
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das am 22.12.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Krefeld teilweise
aufzuheben und die Klage in Höhe von 418,30 € abzuweisen;
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2.
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unter Abänderung des am 22.12.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts
Krefeld die Widerbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den
Widerkläger ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 23.750,00 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit
Rechtshängigkeit zu zahlen;
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3.
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unter Abänderung des am 22.12.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts
Krefeld festzustellen, dass die Widerbeklagten als Gesamtschuldner verpflichtet
sind, dem Widerkläger weitere 25 % dessen materiellen und immateriellen
Schadens zu ersetzen, der dem Widerkläger aus dem Verkehrsunfall vom
09.04.2002 auf dem Parkplatz des Hausgrundstücks P.str. 58 in K. noch entstehen
wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere
Dritte übergegangen ist.
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Der Kläger und die Widerbeklagte zu 2) beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie treten dem Vorbringen des Beklagten entgegen und verteidigen das landgerichtliche
Urteil. Soweit sich die Berufung gegen einen Teilbetrag der Verurteilung in Höhe von
418,30 € wende, sei der Beschwerdewert nach § 511 ZPO nicht erreicht. Das
Mitverschulden des Beklagten liege nicht nur darin, dass er unberechtigter Weise eine
Verkehrsfläche in Anspruch genommen habe, auf welcher er nichts zu suchen gehabt
habe. Vielmehr sei es auch darin begründet, dass er eine Selbstschutzmaßnahme in
Gestalt des Tragens eines Schutzhelms unangemessen vernachlässigt habe. Der
Beklagte sei mit seinem Fahrrad eine Geschwindigkeit gefahren, die die des Klägers
sicherlich nachhaltig überschritten habe. Bei der Unfallörtlichkeit handele es sich nicht
um ein Privatgrundstück, welches der Allgemeinheit tatsächlich zugänglich sei.
Schließlich habe sich das angefochtene Urteil auch mit den erlittenen Verletzungen und
Verletzungsfolgen des Beklagten mehr als erforderlich befasst.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die
Berufungsbegründung sowie ihre Erwiderung Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung des Beklagten hat im Hinblick auf die von ihm erstrebte
Haftungsverteilung von 75 % zu Lasten des Klägers sowie der Widerbeklagten zu 2) in
der Sache Erfolg.
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I.
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Ist bei Klage und Widerklage, die nicht den selben Streitgegenstand betreffen, eine
Partei in der selben Entscheidung mit beiden unterlegen, so sind für die Berechnung
ihrer Beschwer außer bei wirtschaftlicher Identität die Werte zu addieren
(Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, § 511, Rdnr. 17 mit Rechtsprechungsnachweis).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Berufung des Beklagten danach insgesamt
zulässig.
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II.
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Das Landgericht hat zu Unrecht eine hälftige Haftungsverteilung angenommen. Der
Senat vermag ein unfallursächliches Mitverschulden des Beklagten über 25% hinaus
nicht zu bejahen.
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Hinsichtlich des geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs des Beklagten macht
der Senat gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO entsprechend seinem Antrag von der
Möglichkeit Gebrauch, über den Grund des Begehrens des Widerklägers vorab zu
entscheiden (§ 304 ZPO) und den Rechtsstreit hinsichtlich des Höheverfahrens an das
Landgericht zurückzuverweisen.
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Der Feststellungsantrag des Widerklägers ist unter Berücksichtigung eines
Mitverschuldensanteils von 25 % begründet.
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III.
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Da sich der Unfall am 09.04.2002 ereignete, finden die bis zum 31.07.2002 geltenden
schadensrechtlichen Vorschriften Anwendung.
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Der Senat ist der Auffassung, dass dem zur Unfallzeit zehn Jahre und zehn Monate
alten Beklagten – entgegen der Ansicht des Landgerichts – aus dem Nichttragen eines
Schutzhelms nicht der Vorwurf eines Mitverschuldens im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB
gemacht werden kann.
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Die Frage, ob das Nichttragen eines Fahrradhelms mangels bestehender gesetzlicher
Helmpflicht einen Obliegenheitsverstoß im Sinne der genannten Vorschrift begründen
kann, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet. Nach einer
Ansicht soll § 254 BGB keine Anwendung finden, da keine gesetzliche Helmpflicht für
Fahrradfahrer bestehe und der Bürger sich nicht verkehrsrichtiger verhalten müsse, als
die amtlichen Stellen es vorgäben (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 23.10.1990, NJW-RR
1991, 546 f., OLG Hamm, Urteil vom 26. September 2000, NZV 2001, 86 f.).
Demgegenüber erachtet eine verbreitete Meinung in der Literatur zwar das Kriterium der
gesetzlichen Helmtragepflicht für unbeachtlich und will stattdessen darauf abstellen, ob
die Verkehrsanschauung das Helmtragen für geboten hält (vgl. Staudinger-Schiemann
BGB, § 254, Rn. 51). So geht Schiemann davon aus, dass das Tragen eines
Schutzhelms inzwischen so verbreitet sei, dass man wohl schon von einer allgemeinen
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Überzeugung sprechen könne; einschränkend und differenzierend insbesondere für
Kinder und Sportfahrer Münchner Kommentar-Oetker BGB, § 254, Rn 42.
Nach den Informationen der Bundesanstalt für Straßenwesen trugen in der Altersgruppe
bis zehn Jahre in 2002 33 %, in 2003 38 % und in 2004 41 % der Kinder innerorts einen
Fahrradhelm, wobei über alle Altersgruppen hinweg der Anteil der helmtragenden
Fahrradfahrer in 2002 5 %, in 2003 6 % und in 2004 ebenfalls 6 % betrug. Unabhängig
davon, ob insoweit bereits von einer Verkehrsanschauung überhaupt gesprochen
werden kann, stehen im vorliegenden Fall Umstände in Gestalt des Alters des
Beklagten sowie der besonderen Örtlichkeit (Privatgelände/Garagenhof) der Annahme
eines Mitverschuldens entgegen. Die Frage eines Mitverschuldens ist von der Warte
des zum Unfallzeitpunkt zehn Jahre und zehn Monate alten Beklagten zu beantworten.
Kinder dieses Alters sind nicht ohne weiteres in der Lage, Gefahren in vollem Umfang
zu erkennen. Sie neigen vielmehr oft noch zu spontanen, unüberlegten, unvorsichtigen
beziehungsweise unsicheren Verhaltensweisen. Ihre Einsicht in die Notwendigkeit
einer Eigensicherung ist erfahrungsgemäß noch begrenzt. Das gilt insbesondere für ihr
Spielen auf einem Privatgelände beziehungsweise Garagenhof außerhalb des
öffentlichen und weit gefahrenträchtigeren Straßenverkehrs. Unter diesen besonderen
Umständen kann der Senat einen Verstoß gegen § 254 Abs. 1 BGB wegen Fahrens
ohne Schutzhelm nicht bejahen.
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Vorzuwerfen ist dem Beklagten allerdings eine gewisse Sorglosigkeit, weshalb er sich
zu Recht eine Mithaftung zurechnen lässt.
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Zwar durfte der Beklagte mit einer vorsichtigeren und langsameren Fahrweise des
Klägers rechnen. Dieser ist auf der Zufahrt zum für ihn nach rechts aufgrund der 1,6 m
hohen Hecke nicht einsehbaren Garagenhof mit einer Geschwindigkeit von jedenfalls
26 km/h gefahren. Das war zu schnell. Andererseits war auch der Beklagte nicht
vorsichtig genug. Die erforderliche Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und
Verschuldensanteile rechtfertigt jedenfalls keine über den zugestandenen Anteil von 25
% hinausgehende Mithaftung des Beklagten.
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Danach sind der Kläger bzw. die Widerbeklagten mit einem Mithaftungsanteil von 75 %
belastet, so dass das angefochtene Urteil in diesem Umfang abzuändern war.
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IV.
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Hinsichtlich der Höhe des danach unter Berücksichtigung eines 25 %-igen
Mitverschuldensanteils bestehenden Schmerzensgeldanspruchs des Beklagten ist der
Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif.
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Das Landgericht hat unter Berücksichtigung der von ihm angenommenen hälftigen
Haftungsverteilung einen Anspruch auf Schmerzensgeld in einer die vorgerichtliche
Zahlung von 25.000,00 € übersteigenden Höhe verneint. Dabei hat es einerseits die
vom Beklagten geltend gemachten Auswirkungen auf seine Psyche und die schulische
Leistungsfähigkeit unterstellt Andererseits hat es darauf abgehoben, eine unfallbedingte
Beeinträchtigung des Fortkommens des Beklagten sei nicht im erforderlichen Maße
dargetan. Trotz des Arztberichts vom 06.08.2003, wonach sämtliche gesundheitlichen
Schäden des Beklagten unfallbedingt seien und es durch den Unfall zu
Beeinträchtigungen der Intelligenzfunktionen, Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und
Lernleistungen gekommen sei, die mit hoher Wahrscheinlichkeit unter dem prämorbiden
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Stand lägen, könne nicht davon ausgegangen werden, dass unfallbedingt eine
Beeinträchtigung des späteren Berufslebens des Beklagten eingetreten sei. Schließlich
hat das Landgericht trotz gegenteiligen Vorbringens des Beklagten festgestellt, dessen
Bewegungsstörungen hätten sich am 28.08.2002, also vier Monate nach dem Unfall,
wieder normalisiert.
Mit Rücksicht auf die vom Senat vorgenommene Haftungsverteilung sowie die von den
Widerbeklagten bestrittene Behauptung, dass sämtliche vom Beklagten geschilderten
geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen auf das Unfallgeschehen
zurückzuführen seien, ist zur noch erforderlichen Sachverhaltsaufklärung größeren
Umfangs eine aufwändige Beweisaufnahme durch ein medizinisches
Sachverständigengutachten erforderlich. Angesichts dessen ist die beantragte
Zurückverweisung der Sache gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO sachdienlich.
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V.
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Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten, da das
Ausmaß des endgültigen Obsiegens und Unterliegens der Parteien noch nicht feststeht.
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Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt 26.686,30 € (418,30 € +
23.750,00 € + 2.500,00 €).
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Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, da die Voraussetzungen des § 543
Abs. 2 ZPO – auch in der Helmfrage - nicht gegeben sind.
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Dr. E. E. R.
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Vors. Richter am OLG Richter am OLG Richter am LG
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