Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.10.2007

OLG Düsseldorf: rechtsberatung, wirtschaftsprüfer, trennung der verfahren, zugehör, vertragliche haftung, verjährungsfrist, vergütung, fremder, rückzahlung, gefahr

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 200/06
Datum:
30.10.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-24 U 200/06
Vorinstanz:
Landgericht Wuppertal, 3 O 16/07
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil der 3. Zivil-kammer des
Landgerichts Wuppertal - Einzelrichterin - vom 25.10.2006 teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Klage wird bezüglich des Klageantrags zu 1. abge-wiesen.
2. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 18.952,12 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
21.01.2005 zu zahlen. In Höhe eines Teilbetrags von 12.089,64 € wird
die Zah-lungsklage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tra-gen, soweit
nicht schon durch Beschluss vom 20.08.2007 darüber entschieden
worden ist. Die Entscheidung über die Kosten des ersten Rechtszuges
bleibt dem Schlussurteil vor-behalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nach-gelassen,
die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110%
des jeweils zu vollstreckenden Betrags abzuwenden.
G r ü n d e :
1
A.
2
Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1. bis 3. (im folgenden auch: Beklagte) auf
Schadensersatz sowie auf Rückzahlung von Honorar in Anspruch.
3
Schadensersatz sowie auf Rückzahlung von Honorar in Anspruch.
Mit notariellem Vertrag vom 27.10.1994 (im Folgenden: Grundstückskaufvertrag) hatte
der Kläger zusammen mit seiner Mutter handelnd als Gesellschaft bürgerlichen Rechts
von der R. GmbH (Veräußerer) einen Grundbesitz in We. zum Zwecke der Errichtung
einer Senioren-Wohnanlage gekauft. In diesem Vertrag (§ 12 Abs. 10) war zugunsten
beider Vertragspartner ein Rücktrittsrecht festgelegt. Als Betreiber der Anlage war der
A.-Verband vorgesehen.
4
Den Gesellschaftsanteil seiner Mutter übernahm der Kläger später mit Vertrag vom
08.06.1995. Der Kaufpreis für den Grundbesitz einschließlich der vom Veräußerer zu
errichtenden Senioren-Wohnanlage in Höhe von 28.526.851,00 DM wurde vollständig
finanziert. Im Jahre 1995 verkaufte der Kläger seine Geschäftsanteile an der H. KG in L.
für ca. 38 Millionen DM und setzte diese Finanzmittel - auch - zur Abdeckung der für die
Errichtung der Senioren-Wohnanlage aufgenommenen Kredite ein.
5
Bei der Veräußerung der Geschäftsanteile und der anschließenden Anlage und
Verwaltung des Veräußerungserlöses wurde der Kläger unter anderem von der
Beklagten zu 1., deren persönlich haftende Gesellschafter (neben weiteren
Gesellschaftern) der als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater tätige Beklagte zu 2. ist,
beraten. Unter dem 16.02.1996 erteilte der Kläger dem Beklagten zu 2.
Generalvollmacht (Anlage K 2b zur Klage). In jene Beratung eingeschaltet war auch der
als Rechtsanwalt und Steuerberater tätige Beklagte zu 3., damals noch Angestellter und
Kommanditist der Beklagten zu 1. und seit Februar 2004 ebenfalls deren Komplementär.
Die Beklagte zu 4. vermittelte die Investition "We." und deren Finanzierung.
6
Im Verlaufe des Jahres 1996 - noch vor der sodann am 29.08.1996 erfolgten Übergabe
des Grundbesitzes - ergaben sich Differenzen mit dem zunächst vorgesehenen
Betreiber der Senioren-Wohnanlage. Aus diesem Grunde wurde dem Kläger in einer
notariellen Ergänzungsvereinbarung vom 26.06.1996 ein erweitertes Recht zum
Rücktritt vom Grundstückskaufvertrag bis zum 31.12.1996 eingeräumt. Auf Betreiben der
R. GmbH wurde sodann der Betrieb der Anlage der vom Geschäftsführer der R. GmbH
zu diesem Zweck neu gegründeten A.-GmbH übertragen. Obwohl die neue
Betreibergesellschaft – nach der Behauptung des Klägers - im Jahre 1996 überschuldet
war, erklärte der Beklagte zu 2. mit Schreiben vom 23.12.1996 namens des Klägers den
Verzicht auf das dem Kläger in jener Ergänzungsvereinbarung eingeräumte
Rücktrittsrecht. In der Folgezeit führte die unzureichende Liquidität der
Betreibergesellschaft zu Schwierigkeiten in der Abwicklung des Vertragsverhältnisses
zwischen dem Kläger und dem Veräußerer. Beraten durch die Beklagten zu 1. bis 3.
und vertreten durch den Beklagten zu 2. schloss der Kläger am 01.12.1998 mit der R.
GmbH einen Vergleichsvertrag zur Abgeltung aller gegenseitigen Erfüllungsansprüche.
Mit Schreiben vom 06.01.1999 unterrichteten die Beklagten den Kläger über den
Vergleichsabschluss und übersandten ihm den Vergleichsvertrag nebst zugehöriger, die
Regelungen des Vergleichs vollziehender Vertragsdokumente.
7
Die Beklagten berieten den Kläger ferner im Zusammenhang mit einer von ihm am
16.07.1999 mit seiner damaligen Ehefrau geschlossenen Trennungs- und
Scheidungsfolgenvereinbarung.
8
Die laufende Geschäftsbeziehung der Parteien ist seit Juli 2002 beendet.
9
Der Kläger hat in erster Instanz geltend gemacht, die Beklagten hätten ihre Pflichten aus
10
der ihnen übertragenen Vermögensverwaltung beim Verzicht auf das Rücktrittsrecht und
beim Abschluss des Vergleichsvertrags verletzt, woraus ihm ein noch zu beziffernder
Schaden entstanden sei. Die Beklagten seien ferner zur Rückzahlung der ihnen
gezahlten Honorare verpflichtet, soweit diese Honorare für eine gegen das
Rechtsberatungsgesetz verstoßende Rechtsberatung der Beklagten bezahlt worden
seien.
Der Kläger hat die Beklagten überdies wegen - nach seiner Auffassung - defizitärer und
gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßender Beratung im Zusammenhang mit dem
Abschluss der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung vom 16.07.1999 auf
Schadensersatz in Anspruch genommen. Insoweit haben die Parteien in der
mündlichen Verhandlung erster Instanz vom 16.08.2006 keinen Sachantrag gestellt,
sondern übereinstimmend beantragt, das Verfahren insoweit im Hinblick auf ein
anderweit anhängiges Anfechtungsverfahren zum Ruhen zu bringen. Das Landgericht
hat das Ruhen dieses Teils des Verfahrens angeordnet.
11
Durch das angefochtene Teilurteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des
unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Parteivorbringens erster Instanz und der
Urteilsgründe des Landgerichts Bezug genommen wird, hat das Landgericht die
Feststellungs- und die Zahlungsklage, soweit sie den Komplex "We." betrifft, gegen die
Beklagten zu 1. bis 4. abgewiesen.
12
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, das Teilurteil sei wegen der Gefahr
einander widersprechender Entscheidungen unzulässig; das Teilurteil sei deshalb
aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. In der Sache
beanstandet er, das Landgericht habe zu Unrecht Verjährung angenommen. Den
Beklagten sei nicht eine reine Wirtschaftsprüfertätigkeit, sondern eine weitergehende,
umfassende Verwaltung seines Vermögens übertragen worden. Hierfür spreche zum
einen die Erteilung der Generalvollmacht für den Beklagten zu 2. Zum anderen ergebe
sich dies aus den Umständen des den Beklagten erteilten Auftrags. Denn er - der Kläger
- habe bereits seit 1994 Alkohol in exzessiven Mengen zu sich genommen und sei seit
1995 so schwer alkoholkrank gewesen, dass er zu einer eigenverantwortlichen
Willensbetätigung nicht mehr in der Lage gewesen sei. Das Landgericht habe die hierzu
angebotenen Beweise nicht erhoben. Für die den Beklagten übertragene umfassende,
zeitlich nicht begrenzte und Außenvertretung mit einschließende
Vermögensverwaltungstätigkeit passe die kurze Verjährungsfrist nach der WPO nicht.
Zudem stütze er seinen nicht verjährten Schadensersatzanspruch auf Deliktsrecht, weil
die Beklagten sowohl im Zusammenhang mit der Nichtausübung des Rücktrittsrechts
wie auch hinsichtlich des Abschlusses des Vergleichs von 1998 unerlaubte
Rechtsberatung betrieben hätten.
13
Seine zunächst auch gegen die den Beklagten zu 4. betreffende Entscheidung des
Landgerichts eingelegte Berufung hat der Kläger zurückgenommen.
14
Der Kläger beantragt,
15
abändernd
16
1.
17
festzustellen, dass die Beklagten zu 1. bis 3. verpflichtet seien, ihm als
18
Gesamtschuldner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Beratung und
Vertretung durch die Beklagten zu 1. bis 3. im Zusammenhang mit dem
Vorhaben der Senioren-Wohnanlage "We." entstanden sei und noch
entstehen werde;
2.
19
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn 31.041,46 € nebst Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basis sind seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
20
Die Beklagten zu 1. bis 3. beantragen,
21
die Berufung zurückzuweisen.
22
Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag zu der von ihnen
erhobenen Einrede der Verjährung, beanstanden zur Schlüssigkeit der Klage das
Fehlen eines Gesamtvermögensvergleichs und legen überdies Leistungsnachweise zu
den bereits in erster Instanz vorgelegten Kostenrechnungen vor.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten
Schriftsätze und ihre Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften des Landgerichts und
des Senats verwiesen.
24
B.
25
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache nur geringen Erfolg. Zu Recht hat
das Landgericht den auf Feststellung eines Schadensersatzanspruchs im Komplex
"We." gerichteten Klageantrag abgewiesen, weil der geltend gemachte Anspruch
verjährt ist. Abzuändern ist das angefochtene Urteil allerdings hinsichtlich des
Zahlungsantrages in Höhe eines Teilbetrags von 18.952,12 €.
26
I.
27
Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und
Zurückverweisung der Sache an das Landgericht liegen nicht vor. Das Landgericht hat
im angefochtenen Teilurteil zulässig nur über den Komplex "We." einschließlich der
Rückforderung des hierauf entfallenden Honorars für rechtliche/wirtschaftsrechtliche
Beratung entschieden, nicht aber über den Komplex "Trennungs- und
Scheidungsfolgevereinbarung".
28
1.
29
Zwar spaltet ein Teilurteil den Prozess in zwei selbständige Teile. Es darf daher nur
ergehen, wenn zwischen dem entschiedenen Teil des Rechtsstreits und dem Streit über
den noch anhängigen Rest kein materiell-rechtlicher Zusammenhang besteht, der die
Entscheidung über den noch anhängigen Teil berührt. Ebenso darf umgekehrt die
Entscheidung über den Rest nicht mehr von der Entscheidung über den durch Teilurteil
entschiedenen Streitstoff berührt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (BGHZ 107, 236, 242; BGHZ 120, 376, 380; VersR 1996, 779, 780;
VersR 1999, 734 f.; FamRZ 2002, 1097; NJW 2004, 1452 ff.) darf entsprechend nach
§ 301 ZPO ein Teilurteil nur dann erlassen werden, wenn die Entscheidung durch das
30
über den Rest ergehende Schlussurteil nicht mehr berührt werden kann, so dass die
Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, auch durch das Rechtsmittelgericht,
ausgeschlossen ist.
2.
31
Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht im Ergebnis hier nicht.
Dieser Einschätzung sind auch die Parteien nach eingehender Erörterung in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr entgegengetreten. Zwar mögen die
äußeren Rahmenbedingungen für Auftragserteilung und -durchführung in den
Komplexen "We." und "Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung" gleichgelagert
gewesen sein, insbesondere hinsichtlich der Alkoholkrankheit des Klägers und
hinsichtlich der Überschreitung der in Art 1 §§ 1 und 5 Nr. 2 RBerG, § 1 Abs. 3 Nr. 2 und
3 WPO gezogenen Grenzen zulässiger Rechtsberatung durch Wirtschaftsprüfer.
Gleichwohl handelte es sich um rechtlich getrennte Mandate/Angelegenheiten. Der
Gegenstand der notariellen Vereinbarung vom 16.07.1999, (Vereinbarung der
Gütertrennung, Abfindung des Zugewinnausgleichs, Vermögensauseinandersetzung,
Unterhalt, Versorgungsausgleich, Hausrat), hatte inhaltlich mit der Beratung und
Betreuung des Klägers durch die Beklagten in der Angelegenheit "We." nichts gemein.
32
3.
33
Überdies bedarf der vorstehend Ziff. 1. dargestellte Grundsatz dann der Einschränkung,
wenn die Parteien nur einen Teil des Verfahrens betreiben, den Prozess im Übrigen
aber - wie hier hinsichtlich des Komplexes "Trennungs- und
Scheidungsfolgevereinbarung" geschehen - übereinstimmend zum Ruhen bringen. Die
Anordnung des Ruhens eines abgrenzbaren Teils des Verfahrens führt ähnlich der
Insolvenz eines einfachen Streitgenossen zu einer faktischen Trennung der Verfahren,
deren Dauer ungewiss ist. Gerade für diese Fälle aber ist nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2003, 1003; BGHZ 148, 214, 216;
NJW 1988, 2113; NJW 1987, 2367) eine Entscheidung durch Teilurteil ungeachtet der
Gefahr einander widersprechender Entscheidungen geboten. Es wäre unnötiger und
das dem Instanzgericht in § 145 Abs. 1 ZPO eingeräumte Ermessen verkennender
Formalismus, in einem solchen Fall - soweit die Voraussetzungen einer Entscheidung
nach Lage der Akten gem. § 251 a ZPO nicht vorliegen - zwingend die Abtrennung des
von den Parteien nicht verhandelten Prozessteils zu verlangen, zumal dies für die
Parteien bei Fortführung des zum Ruhen gebrachten Prozessteils mit erhöhten
Gesamtkosten verbunden wäre. Gerade zur Vermeidung unnötiger Prozesskosten muss
es dem Instanzgericht möglich sein, unter Aufrechterhalten der Verbindung mehrerer
Ansprüche in einem Prozess über den von den Parteien nicht zum Ruhen gebrachten
Verfahrensteil durch Teilurteil zu entscheiden.
34
II.
35
Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen die Abweisung seines Feststellungsantrags.
Denn seine etwaigen Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten aus deren ihn
beratender und betreuender Tätigkeit im Komplex "We." sind jedenfalls verjährt. Die
Beklagten sind deswegen berechtigt, die Leistung zu verweigern, § 214 Abs. 1 BGB.
36
1. Für die Verjährung eines Ersatzanspruchs des Klägers aus positiver
Vertragsverletzung ist § 51 a WPO a.F. maßgebend. Nach dieser - mit Wirkung vom
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01.01.2004 aufgehobenen - Vorschrift verjährte der Anspruch des Auftraggebers auf
Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Wirtschaftsprüfer bestehenden
Vertragsverhältnis in fünf Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden
ist.
a) Ungeachtet der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob den Beklagten die
umfassende Verwaltung des klägerischen Vermögens übertragen war oder ob sie nur in
Einzelbereichen auf Grund jeweils gesonderter Aufträge für ihn tätig waren, ist § 51 a
WPO a.F. auf das Vertragsverhältnis der Parteien anzuwenden:
38
aa)
39
Diese Vorschrift bezieht sich bereits nach ihrem Wortlaut auf alle Verträge, in denen sich
ein Wirtschaftsprüfer zu einer Leistung verpflichtet, die zum Berufsbild des
Wirtschaftsprüfers gehört (BGHZ 100, 132; 78, 335). Die von den Beklagten im Komplex
"We." übernommenen Aufgaben sind zumindest teilweise selbst dann dem Berufsbild
des Wirtschaftsprüfers zuzuordnen, wenn die Beklagten über den Komplex "We." hinaus
auch in die Verwaltung des übrigen Vermögens des Klägers eingebunden waren. Es
kann hier dahingestellt bleiben, ob die in § 2 WPO unter der Überschrift "Inhalt der
Tätigkeit" aufgeführten Merkmale das Berufsbild des Wirtschaftsprüfers abschließend
beschreiben (dagegen allerdings zur früheren Fassung der Norm unter Hinweis auf die
geschichtliche Entwicklung und die Verkehrsauffassung: BGHZ 100, 132). Denn in § 2
Abs. 3 Nr. 2 WPO sind unter den Tätigkeiten, zu denen der Wirtschaftsprüfer befugt ist,
auch die Beratung in wirtschaftlichen Angelegenheiten und das Wahren fremder
Interessen aufgeführt. Unstreitig war den Beklagten im Komplex "We." die
wirtschaftliche Beratung des Klägers und das Wahren seiner Interessen übertragen; die
ihnen eingeräumte Befugnis zu selbständigem Handeln trug sogar Züge einer Treuhand
(§ 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO), wenngleich sie lediglich im Namen des Klägers und nicht - wie
es ein Treuhandverhältnis erfordern würde - sogar im eigenen Namen verfügen konnten.
40
bb)
41
Für die § 51 a WPO a.F. entsprechende Rechtslage der Anwaltshaftung (bis zur
Neuregelung des Verjährungsrechts 2004) entspricht es der Rspr. des
Bundesgerichtshofs und der ganz h.M., dass § 51 b BRAO a.F. auch dann eingreift,
wenn der Rechtsanwalt nicht ausschließlich rechtsberatend und -vertretend tätig wird.
Die anwaltstypische Aufgabe, rechtlichen Beistand zu leisten, muss noch nicht einmal
der Schwerpunkt der anwaltlichen Tätigkeit sein. Ein Vertrag im Sinne des
§ 51 BRAO a.F. kann sich auch auf eine anwaltsuntypische Tätigkeit - etwa die eines
Maklers - erstrecken, wenn diese in einem engen inneren Zusammenhang mit der
rechtlichen Beistandspflicht steht und jedenfalls auch rechtliche Fragen aufwerfen kann.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Rechtsberatung und -vertretung völlig in den
Hintergrund tritt und deswegen als unwesentlich erscheint (BGH NJW 1985, 2642;
1994, 1405; 1998, 3486; 1999, 3040; 2004, 1169; Zugehör, Handbuch der
Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn. 1306). Ein Haftpflichtanspruch gegen einen Rechtsanwalt
aus einem Vertrag, der eine anwaltsfremde Tätigkeit in den Vordergrund rückt, verjährte
nach damaligem Recht einheitlich nach § 51 b BRAO, falls der Anwalt seinem
Auftraggeber auch in nennenswertem, nicht ganz unwesentlichem Umfang rechtlichen
Beistand zu leisten hatte (Zugehör a.a.O.). Auch in Zweifelsfällen war vom Vorliegen
eines Anwaltsvertrages auszugehen.
42
cc)
43
Diese Grundsätze beanspruchen Gültigkeit auch für die - bis auf die mit 5 Jahren
längere Verjährungsdauer - vergleichbar gestaltete Verjährungsregelung für
Wirtschaftsprüfer in § 51 a WPO a.F.. Wie bei der Beauftragung eines Anwalts erwartet
auch derjenige, der einen Wirtschaftsprüfer mit einer für diesen untypischen Aufgabe
betraut, dass dieser bei seiner gesamten Tätigkeit auch die wirtschaftlichen Belange
des Auftraggebers im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2 WPO wahren werde. Die von dem
Kläger behauptete Einbindung der Beklagten in die Verwaltung seines gesamten
Vermögens ist - nach dem Vortrag des Klägers - vor dem Hintergrund positiver
Erfahrungen mit der Beratung durch die Beklagten bei Veräußerung der
Geschäftsanteile an der Kleinhuis KG erfolgt. Dies zeigt, dass den Beklagten ihre
Verwalteraufgabe gerade mit Rücksicht auf ihre berufsspezifische Sachkunde und
Erfahrung auf betriebswirtschaftlichem Gebiet übertragen worden ist (vgl. zu § 2 Abs. 3
Nr. 3 WPO: BGH NJW 2007, 1130).
44
dd)
45
Die Anwendung der genannten Grundsätze hat zur Konsequenz, dass sich die
Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche des Klägers aus dem
Geschäftsbesorgungsverhältnis der Parteien nach § 51 a WPO a.F. richtet, auch wenn
die Verwaltungstätigkeit der Beklagten den Rahmen des § 2 WPO überschritten haben
sollte und sogar - wie noch auszuführen sein wird - die Grenzen erlaubter
Rechtsberatung (Art. 1 § 1 RBerG) überschritt. Auf die vom Landgericht für maßgeblich
gehaltene Frage, ob die Beklagten als umfassende "Vermögensverwalter" eingesetzt
waren, kommt es danach ebenso wenig an wie auf die vom Kläger als indizielle
Tatsache für den Charakter des den Beklagten erteilten Auftrags behauptete
Alkoholkrankheit.
46
b)
47
Spätestens mit Abschluss des Vergleichs vom 01.12.1998 war der letzte mit der
Feststellungsklage geltend gemachte Schaden entstanden, ohne dass es auf die
Kenntnis des Klägers von der Schadensentstehung ankäme. Die Verjährung des
vertraglichen Schadensersatzanspruchs beginnt, wenn der Schaden wenigstens dem
Grunde nach entstanden ist, mag seine Höhe auch noch nicht beziffert werden können.
Das trifft zu, sobald durch die Verletzungshandlung eine als Schaden anzusehende
Verschlechterung der Vermögenslage eingetreten ist, ohne dass feststehen muss, ob
der Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird, oder ob mit der nicht
fernliegenden Möglichkeit weiterer, noch nicht erkennbarer, adäquat verursachter
Nachteile bei verständiger Würdigung zu rechnen ist (BGH NJW-RR 2006, 280 und
NJW 1993, 1320 für die Anwaltshaftung nach § 51 BRAO a.F.; Zugehör a.a.O. Rn.
1047). Für die von dem Kläger behaupteten rechtlichen Nachteile aus dem Verzicht auf
sein Rücktrittsrecht ist eine solche Verschlechterung seiner Vermögenslage mit Zugang
der Verzichtserklärung vom 23.12.1996 der Beklagten zu 1. und 2. eingetreten. Soweit
sich durch die nachfolgenden von den Beklagten zu 1. bis 3. geführten
Vergleichsverhandlungen mit der R. GmbH und den Abschluss des Vergleichs
überhaupt weitere Verschlechterungen der Vermögenslage des Klägers ergeben haben,
war der Schaden jedenfalls mit Vergleichsabschluss am 01.12.1998 dem Grunde nach
entstanden. Die sich anschließende Verjährungsfrist von 5 Jahren ist ohne Eintritt eines
Unterbrechungs- oder Hemmungstatbestandes Anfang Dezember 2003 abgelaufen.
48
Gleichwohl ist die Klage erst im Dezember 2004 anhängig gemacht worden.
c)
49
Die für Steuerberater und Rechtsanwälte entwickelte Sekundärhaftung ist von der
Rechtsprechung für Wirtschaftsprüfer nicht anerkannt (OLG Düsseldorf GI 2000, 270;
vgl. auch BGH NJW 1995, 3248, 3251 sub Nr. III). Dem folgt der Senat. Denn die
Verjährungsfrist der Wirtschaftsprüferhaftung ist mit 5 Jahren erheblich länger als die
dreijährige Verjährungsfrist für Anwälte und Steuerberater (ebenso: Zugehör,
Beraterhaftung nach der Schuldrechtsreform, Rn. 286). In seiner Entscheidung zur
Verjährung der Wirtschaftsprüferhaftung vom 11.03.1987 (BGHZ 100, 132, 136 a.E.) hat
der Bundesgerichtshof eine Sekundärhaftung des Wirtschaftsprüfers und eine sich
hieraus ergebende Verdoppelung der Verjährungsfrist noch nicht einmal erwogen.
50
d)
51
Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich im Ergebnis auch dann nicht, wenn zugunsten
des Klägers im Hinblick auf die von den Beklagten entfaltete (unerlaubte)
Rechtsberatung die Verjährungsvorschriften der BRAO zugrundegelegt würden (vgl.
dazu BGH NJW 1981, 401 f sub Nr. 3). Denn der Anspruch des Auftraggebers auf
Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden
Vertragsverhältnis verjährte nach § 51 b BRAO a.F. in drei Jahren von dem Zeitpunkt
an, in dem der Anspruch entstanden war, spätestens jedoch in drei Jahren nach der
Beendigung des Auftrags. Ausgehend von fiktiven Anwaltsmandaten war das zeitlich
letzte Mandat - nämlich das Mandat zum Abschluss eines Vergleichs mit der R. GmbH -
spätestens mit der durch Schreiben der Beklagten vom 06.01.1999 erfolgten Mitteilung
über den Abschluss des Vergleichs nebst Übersendung des Vergleichsvertrags und
zugehöriger Urkunden beendet. Die dreijährige Verjährungsfrist für einen
Regressanspruch aus Anwaltsrecht wäre danach, da Unterbrechungs- oder
Hemmungstatbestände nicht eingetreten sind, Anfang Januar 2002 abgelaufen. Dies gilt
im übrigen auch für die Verjährung des Sekundäranspruchs, weil sie ebenfalls vom
Mandatsende abhängig ist (vgl. BGH NJW 1985, 2250; Zugehör a.a.O. Rn. 1404).
52
2. Etwaige Ansprüche des Klägers aus Delikt - § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art.
1 §§ 1 und 8 RBerG - sind nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 51 a WPO a.F.
ebenfalls verjährt.
53
a)
54
Begründet ein schadensstiftendes Verhalten Schadenersatzansprüche sowohl aus
Vertrag wie auch aus unerlaubter Handlung, so ist zwar regelmäßig jeder Anspruch
bezüglich seiner Voraussetzungen und seiner Durchsetzung selbständig zu beurteilen;
das gilt auch für die Verjährung. Anders ist das jedoch dann, wenn die vertragliche
Haftung gesetzliche Besonderheiten aufweist, die nach ihrem Zweck eine erschöpfende
Regelung darstellen und sich daher auch auf die deliktischen Ansprüche auswirken
(BGH NJW 1987, 2008; NJW 1992, 1679; NJW 1998, 2282; Zugehör a.a.O. Rn. 1439).
55
b)
56
Zweck der Regelung des § 51 a WPO a.F. ist es jedenfalls auch, den Wirtschaftsprüfer
vor einer langen Bedrohung durch Schadenersatzansprüche infolge etwaiger
57
Pflichtverletzungen bei Ausübung seines Berufes zu schützen. Mit der in
Rechtsprechung und Schrifttum zur Anwaltshaftung zum Verhältnis von § 852 BGB a.F.
und § 51 b BRAO a.F. ganz überwiegend vertretenen Auffassung ist deshalb davon
auszugehen, dass zumindest ein fahrlässig begangenes Delikt gegen den Mandanten,
das gleichzeitig eine Verletzung des Wirtschaftsprüfervertrages darstellt, allein nach der
berufsrechtlichen Regelung verjährt (vgl. zur Anwaltshaftung: OLG Hamm NJW-RR
2001, 1142; Borgmann, Anwaltshaftung, 4. Aufl., S. 345; Rinsche u.a., Die Haftung des
Rechtsanwalts, 7. Aufl., Rn. 969 ff.; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn.
1439 ff. m.w.N.). Ob dies bei vorsätzlicher Schädigung des Mandanten durch den
Wirtschaftsprüfer anders zu beurteilen ist (vgl. Zugehör a.a.O. Rn. 1440), kann
dahinstehen, da für ein solches Verhalten der Beklagten genügende Anhaltspunkte
nicht ersichtlich sind. Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich überdies nicht aus der
Rechtsprechung des BGH zu Prospekthaftungsansprüchen (vgl. BGHZ 126, 166), da
sich diese Rechtsprechung ausdrücklich auf das Fehlen einer vertraglichen oder
persönlichen Beziehung zwischen Anlegern und dem prospektverantwortlichen
Wirtschaftsprüfer stützt. Eine solche Sonderverbindung bestand hier aber.
III.
58
Der Berufungsantrag zu 2. hat hingegen in Höhe eines Teilbetrags von 18.952,12 €
Erfolg. Die Beklagte zu 1. ist wegen Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 1 RBerG aus § 812
Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zur Rückzahlung des Honorars in dieser Höhe verpflichtet, da sie
es für unerlaubte Rechtsberatung/-besorgung erhoben hat.
59
1.
60
Für dem Kläger erteilte unerlaubte Rechtsberatung hat die Beklagte zu 1.
Honorarzahlungen des Klägers (nur) in Höhe von 18.952,12 € erlangt. Die diesen
Betrag übersteigende Rückforderungsklage ist bereits unschlüssig. Denn den im
Senatstermin vorgelegten Anlagen zu den Rechnungen vom 26.03.1997, 01.07.1998
und 28.07.1998 (Leistungsnachweise Bl. 1307 ff. GA) ist zu entnehmen, dass lediglich
die nachstehend aufgeführten Teilbeträge jener Rechnungen auf Rechtsberatung
entfallen, sie im übrigen aber keine durch das Rechtsberatungsgesetz erfassten
Gegenstände betreffen. Der in jenen Leistungsnachweisen niedergelegten Zuordnung
der dort aufgelisteten Einzeltätigkeiten hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Gegenstände
(Allgemeine Rechtsberatung; allgemeine betriebswirtschaftliche Beratung; Finanz.
Versicherung; Feststellung steuerpflichtiger Einkünfte etc.) ist der Kläger nicht
entgegengetreten. Unter Berücksichtigung der sich hieraus ergebenden Differenzierung
ist die Klageforderung (Klageantrag zu 2.) nur in folgender Höhe schlüssig:
61
- Beträge in DM , MWSt in % -
62
Rg. vom 26.03.1996
318,75 + 15% =
366,56
Rg. vom 26.03.1997
3.450,00 + 15% =
3.967,50
Rg. vom 01.07.1998
2.662,50 + 15% =
3.061,87
Rg. vom 28.07.1998
(230,00 + 9.440) + 16% =
11.217,20
Rg. vom 21.04.1999
9.287,50 + 16% =
10.773,50
Rg. vom 09.10.1995
(Gesellschaftsvertrag) 3.350,00 + 15% =
3.852,50
63
Rg. vom 04.04.2000
(Güterrecht) 3.300,00 + 16% =
3.828,00
Summe:
37.067,13
Dies entspricht
18.952,12 €.
64
Die Ausführungen des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz vom 13.09.2007
rechtfertigen keine für ihn günstigere Beurteilung. Soweit er dort hinsichtlich der
Anlagen Nr. 3 bis 6 auf weitere unter dem jeweils gleichen Rechnungsdatum erstellte
Honorarrechnungen verweist, übersieht dies die aus den Rechnungen ersichtlichen
Zuordnungskennzeichen. Die von den Beklagten vorgelegten Leistungsnachweise zu
ihren Rechnungen vom 26.03.1997, 01.07.1998 und 28.07.1998 sind durch das jeweils
gleich lautende Betreff "Mandant 69802" genau denjenigen Rechnungen zugeordnet,
auf deren Bezahlung der Kläger seinen Rückforderungsanspruch stützt. Die von ihm
nunmehr vorgelegten - unter gleichem Datum gefertigten - weiteren Rechnungen tragen
hingegen das Betreff "Mandant 69800" und sind deswegen jenen Leistungsnachweisen
nicht zuzuordnen.
65
Deshalb hat es hinsichtlich des Klageantrags zu 3. (Zahlungsklage), soweit durch das
angefochtene Teilurteil über diesen Antrag bereits entschieden worden ist (in Höhe von
31.041,76 €), bei der Klageabweisung zu verbleiben. Abzuweisen war der
Zahlungsantrag danach in Höhe von 31.041,76 € - 18.952,12 € = 12.089,64 €.
66
2. Die Beklagte zu 1. hat die Honorarzahlungen von 18.952,12 € ohne Rechtsgrund
erlangt. Denn die von ihr in Ausführung der ihr übertragenen Geschäftsbesorgung
ausgeübte Rechtsberatung und sonstige Rechtsbesorgung verstieß gegen das Verbot
des Art. 1 § 1 RBerG.
67
a)
68
Von der in dieser Norm geregelten Erlaubnispflicht werden Tätigkeiten erfasst, die
darauf gerichtet und geeignet sind, konkrete fremde Rechte zu verwirklichen oder
konkrete Rechtsverhältnisse zu gestalten (BGH NJW 2007, 1130; NJW 2003, 3046;
MDR 1988, 26; MDR 2000, 178). Aber nicht jede fremde und geschäftsmäßig ausgeübte
Rechtsbesorgung ist deshalb schon erlaubnispflichtig. Ob erlaubnispflichtige
Rechtsbesorgung oder eine erlaubnisfreie Geschäftsbesorgung vorliegt, hängt
wesentlich davon ab, ob der Kern und der Schwerpunkt der zu entfaltenden Tätigkeit auf
der Ebene der Rechtsbesorgung oder der der wirtschaftlichen Beratung liegt, so dass
die mit ihr verbundene Rechtsbesorgung als Hilfs- und Nebengeschäft erscheint (BGH
NJW 1999, 1715; BB 2002, 1510). Denn jede Beratung auf wirtschaftlichem Gebiet wird
auch auf der Ebene des Rechts reflektiert, weil nahezu alle Lebensbereiche rechtlich
durchdrungen sind. Spielt sich deshalb im Rahmen wirtschaftlicher Beratung
Rechtsbesorgung in jedermann geläufigen Formen ab, stellt sie, weil sie schon ihrer Art
nach nicht mehr als Betätigung auf rechtlichem Gebiet empfunden wird, keine
erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung dar (BGH MDR 1987, 908; 1995, 865; 2000, 1447).
Eine nach dem Rechtsberatungsgesetz erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung liegt
hingegen vor, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung der Tätigkeit eine umfassende
Beratung auf mindestens einem Teilgebiet des Rechts auf der Grundlage von
Kenntnissen und Fertigkeiten erfordert, die durch ein Studium oder durch langjährige
69
Berufserfahrung vermittelt werden (BGH NJW 2003, 3046).
b)
70
Konkrete fremde Rechtsverhältnisse werden insbesondere auch durch den Abschluss
von Verträgen geschaffen und gestaltet, die von einem Geschäftsbesorger im Namen
eines Dritten abgeschlossen werden. Nicht minder stellt das Tätigwerden des
Geschäftsbesorgers im Außenverhältnis zur Durchsetzung vertraglicher Ansprüche
gegenüber Geschäftspartnern fraglos die Besorgung fremder Rechtsverhältnisse dar.
Beides ist hier unstreitig in vielfältiger Weise geschehen.
71
So hat die Beklagte zu 1. (handelnd durch den Beklagten zu 2. oder den Beklagten zu
3.) - beispielhaft - :
72
den Gesellschaftsvertrag der "We. GbR Emmi und Peter Schlöter" erstellt
(Honorarrechnung vom 09.10.1995 über netto 3.350,00 DM = Anlage K 78),
den Pachtergänzungsvertrag vom 26.06.1996 und
den Vergleichsvertrag vom 01.12.1998 vorbereitet
73
74
sowie mit den Finanzierungsinstituten und der Vertragspartnerin R. GmbH namens des
Klägers korrespondiert und zur Verwirklichung seiner Ansprüche verhandelt. Die von
der Beklagten zu 1. geleistete Rechtsberatung (Entwurf eines Gesellschaftsvertrages)
erreichte ersichtlich Dimensionen, die ein juristisches Hochschulstudium notwendig
voraussetzte.
75
c)
76
Die von der Beklagten zu 1. ausgeübte Rechtsbesorgung war auch nicht durch die
Ausnahmevorschrift des Art 1 § 5 Nr. 2 RBerG gedeckt:
77
aa)
78
Nach dieser Bestimmung steht der Erlaubniszwang des Rechtsberatungsgesetzes dem
nicht entgegen, dass öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfer in Angelegenheiten, mit denen
sie beruflich befasst sind, auch die rechtliche Bearbeitung übernehmen, soweit diese mit
den Aufgaben des Wirtschaftsprüfers in unmittelbarem Zusammenhang steht und diese
Aufgaben ohne die Rechtsberatung nicht sachgemäß erledigt werden können. Diese
Ausnahmevorschrift bezweckt, Berufe, die sich sachgerecht nicht immer ohne
gleichzeitige Rechtsberatung oder sonstige Rechtsbesorgung ausüben lassen, von dem
Erlaubniszwang des Art. 1 § 1 RBerG freizustellen. Die Ausübung solcher Berufe soll
nicht deshalb unmöglich gemacht oder doch unangemessen erschwert werden, weil mit
ihnen nach ihrer Eigenart eine rechtliche Tätigkeit verbunden ist. Dabei muss es sich
um eine Hilfs- oder Nebentätigkeit handeln, die sich im Rahmen der eigentlichen
Berufsaufgabe vollzieht und deren Zweck dient, ohne dass sie untergeordnet zu sein
braucht. Die Rechtsbesorgung darf jedoch nicht selbständig neben die anderen
79
Berufsaufgaben treten oder gar im Vordergrund stehen. Die Ausnahmeregelung setzt
demnach voraus, dass der Unternehmer überhaupt zwei Geschäfte besorgt, und zwar
ein zu seiner eigentlichen Berufsaufgabe gehörendes Hauptgeschäft, das keine
Rechtsbesorgung darstellt, und ein notwendiges Hilfsgeschäft, das an sich nach Art. 1 §
1 RBerG erlaubnispflichtig ist. Wird die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten als
Hauptgeschäft oder einziges Geschäft betrieben, so entfällt, wenn die notwendige
Erlaubnis fehlt, ohne weiteres die Möglichkeit einer Anwendung des Art. 1 § 5 RBerG.
Dasselbe gilt, wenn die Rechtsbesorgung selbständiger Gegenstand eines Auftrags ist
(BGH NJW 2007, 1130; BGHZ 145, 265, 272 m.w.N.).
bb)
80
Unter Anlegung dieser Maßstäbe des Bundesgerichtshofs hat die Beklagte zu 1. die
Grenzen jener Ausnahmevorschrift hier deutlich überschritten. Der Gesetzgeber hat die
originären Aufgaben des Wirtschaftsprüfers in § 2 Abs. 1 WPO erschöpfend festgelegt
(vgl. Chemnitz/Johnigk, RBerG, 11. Aufl., Art. 1 § 5, Rn 577 ff.). Hiernach haben
Wirtschaftsprüfer die berufliche Aufgabe, betriebswirtschaftliche Prüfungen,
insbesondere solche von Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmer,
durchzuführen und Bestätigungsvermerke über die Vornahme und das Ergebnis solcher
Prüfungen zu erteilen. Damit ist klargestellt, dass die Rechtsbesorgung einem
Wirtschaftsprüfer nur in unmittelbarem Zusammenhang mit einer betriebswirtschaftlichen
Prüfung erlaubt sein kann (OLG Frankfurt OLGR 2005, 584; Chemnitz/Johnigk, a.a.O.,
Rn. 580; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 5, Rn. 60 f.). Ein solcher
Zusammenhang ist im Streitfall jedoch nicht gegeben. Das Entwerfen von
Gesellschaftsverträgen und notariellen Verträgen stellt ebenso wenig ein notwendiges
Hilfsgeschäft der Wirtschaftsprüfertätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 2 und 3 WPO dar,
wie das Geltendmachen von Ansprüchen gegenüber Vertragspartnern. So hat die
Rechtsprechung (OLG Koblenz NJW-RR 1998, 1675) eine verbotene Rechtsberatung
durch Wirtschaftsprüfer in der Überarbeitung eines Gesellschaftsvertragsentwurfs
gesehen. Ebenso hat das Oberlandesgericht Stuttgart (ZIP 2006, 2364) die Aufnahme
eines Kredites durch einen Wirtschaftsprüfer namens des Auftraggebers als Verstoß
gegen das Rechtsberatungsgesetz beurteilt.
81
Auch § 2 Abs. 3 WPO, der die Befugnisse der Wirtschaftsprüfer dahin erweitert, in
wirtschaftlichen Angelegenheiten zu beraten und fremde Interessen zu wahren (Nr. 2)
sowie treuhänderisch zu verwalten (Nr. 3), rechtfertigt hier keine andere Beurteilung.
Weil hierdurch der Aufgabenbereich der Wirtschaftsprüfer nach § 2 Abs. 1 WPO nicht
ausgedehnt wird, können die in § 2 Abs. 3 WPO genannten Tätigkeiten den
Anwendungsbereich der erlaubnisfreien Rechtsbesorgung nach Art. 1 § 5 RBerG auch
nicht erweitern (OLG Frankfurt a.a.O.; Chemnitz/Johnigk, a.a.O., Rn 583.1).
82
d)
83
Eine andere Beurteilung begründet sich schließlich auch nicht daraus, dass die
Beklagte zu 1. zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben Rechtsanwälte
(Rechtsanwalt K. und Rechtsanwalt M.) eingeschaltet hatte. Die unerlaubte Besorgung
fremder Rechtsangelegenheiten wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass sich der Berater
dabei der Hilfe eines Rechtsanwalts bedient. Wer fremde Rechtsangelegenheiten
besorgt, muss dazu in eigener Person befugt sein (BGH NJW 1987, 3003; NJW-RR
1997, 564; a.A.: Kleine-Cosack, Rechtsberatungsgesetz, 2002, Art. 1 § 1 Rn. 68 ff.). Dies
ist bei der Beklagten zu 1. als Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatergesellschaft in der
84
Rechtsform einer KG nicht gegeben. Ihr kommt auch nicht das Privileg des Art. 1 § 3 Nr.
2 RBerG zugute, da sie keine Rechtsanwaltsgesellschaft im Sinne dieser Norm ist.
Auch die Tätigkeit des Beklagten zu 3. als Rechtsanwalt ändert hieran nichts, da es
Voraussetzung für die Anwendung des Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG ist, dass der Rechtsanwalt
seine Tätigkeit als freier Anwalt ausgeübt hat (vgl. Chemnitz/Johnigk, a.a.O., Art. 1 § 3
Rn. 379; Rennen/Caliebe, a.a.O., Art. 1 § 3 Rn. 34). Dies war bei dem damals als
Angestellten und Kommanditisten der Beklagten zu 1. tätigen Beklagten zu 3. nicht der
Fall.
3.
85
Dem Anspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB auf Rückzahlung des von
ihm für unerlaubte Rechtsberatung gezahlten Honorars steht nicht ein hiermit zu
saldierender Vergütungsanspruch der Beklagten zu 1. aus ungerechtfertigter
Bereicherung entgegen.
86
Zwar hat der Kläger die Rechtsberatungsleistungen der Beklagten zu 1. auf deren
Kosten ohne rechtlichen Grund erlangt, sodass die Beklagte zu 1., soweit nicht § 817 S.
2 BGB entgegensteht, grundsätzlich einen Anspruch auf Wertersatz hat (§§ 812, 818
Abs. 2 BGB), der sich nach der Höhe der üblichen oder hilfsweise nach der
angemessenen, vom Kläger ersparten Vergütung richtet (BGH NJW 2000, 1560). Die
Dienstleistung aufgrund eines nichtigen Geschäftsbesorgungsvertrags ist nicht wertlos,
wenn der Leistungsempfänger sonst eine andere - zur Geschäftsbesorgung befugte -
Person beauftragt hätte und dieser eine entsprechende Vergütung hätte zahlen müssen
(BGHZ 70, 12). Diese Abwicklung nach Bereicherungsrecht soll nicht demjenigen, der
eine gesetzwidrige Geschäftsbesorgung vornimmt, auf einem Umweg entgegen § 134
BGB doch eine Vergütung verschaffen, sondern nur verhindern, dass der Empfänger der
Leistungen daraus einen ungerechtfertigten Vorteil zieht. Einer Umgehung dieser
Vorschrift soll insbesondere § 817 S. 2 BGB vorbeugen; war sich der Leistende
bewusst, dass er gegen das gesetzliche Verbot verstieß, so schließt diese Bestimmung
einen Bereicherungsanspruch aus (BGH NJW 2000, 1560; BGHZ 50, 90; NJW-RR
1992, 1100; NJW 1996, 1954). Für ein solches Wissen der für die Beklagte zu 1.
handelnden Beklagten zu 2. und 3. von der Rechtswidrigkeit der dem Kläger erteilten
Rechtsberatung ist allerdings hier nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.
87
Es mag durchaus sein, dass der Kläger infolge der ihm durch die Beklagte zu 1. erteilten
Rechtsberatung und -besorgung die Kosten eines ansonsten von ihm beauftragten
Rechtsanwalts erspart hat. Dem Sachvortrag der Beklagten ist aber eine zureichende
Grundlage zur Feststellung der Höhe der ersparten Vergütung - auch unter Heranziehen
von § 287 ZPO - nicht zu entnehmen. Denn die ersparte Vergütung ist nach den
Vorschriften der BRAGO a.F. (gültig bis 30.06.2004) in Abhängigkeit vom
Gegenstandswert der jeweiligen Angelegenheit, in der die Beklagte zu 1. tätig
geworden ist, zu bemessen. Weder die nachfolgend genannten Rechnungen der
Beklagten zu 1. noch die von den Beklagten mit Schriftsatz vom 27.08.2007 vorgelegten
Leistungsnachweise ergeben aber Anhaltspunkte für den Gegenstandswert der dort
abgerechneten Angelegenheiten. Die Leistungsnachweise listen durchgängig nur den
nach Stundenhonoraren abgerechneten Zeitaufwand für die Rechtsberatung auf; dieser
aber ist für die Bemessung der ersparten Vergütung kein tauglicher Anhalt.
88
4.
89
Die Zinsforderung ist aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB gerechtfertigt.
90
IV.
91
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
92
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2
Satz 1 ZPO).
93
V.
94
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Abänderung der Festsetzung vom
20.08.2007 festgesetzt auf:
5.079.622,41 €.
95
Maßgeblich für die Bemessung des Streitwerts der positiven Feststellungsklage
(Berufungsantrag zu 1.) ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Feststellung,
wie es sich aus seinem Vortrag ergibt. Gegenüber einer entsprechenden Leistungsklage
ist in der Regel ein Abschlag von 20% angemessen. Der Senat legt der Bemessung des
Feststellungsinteresses den Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 23.05.2005 (dort S.
59) zugrunde. Der Kläger hat seinen Schaden dort mit vorläufig 12.342.706,89 DM =
6.310.725,82 € beziffert und damit den wirtschaftlichen Wert seiner Klage umrissen; die
den Schaden mit 9.450.356,58 DM beziffernde Hilfserwägung ("selbst wenn man nur
...") jenes Schriftsatzes ist nicht maßgeblich, da sie das Klageziel nicht reduziert. Nach
Abschlag von 20% verbleiben für den Feststellungsantrag 5.048.580,65 €. Unter
Hinzurechnung des Wertes des Berufungsantrags zu 2. (31.041,76 €) errechnet sich ein
Gesamtstreitwert von 5.079.622,41 €.
96
Z. T. S. VROLG ROLG ROLG
97