Urteil des OLG Düsseldorf vom 02.11.2005

OLG Düsseldorf: und dies ist unstreitig, diese Vorschrift ist gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB anwendbar, weil der von der Klägerin behauptete Vertrag vor dem 1. Januar 2002 zustande gekommen sein soll

Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-U (Kart) 13/05
Datum:
02.11.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Kartellsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
VI-U (Kart) 13/05
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 26. Januar 2005 verkündete
Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - 12 O 331/03
(Kart) - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Gründe:
1
I.
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Die Klägerin vertreibt Motoröle; die Beklagte gehört zum T.-Konzern und handelt mit
Schmierstoffen.
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Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch, weil sie - und dies ist
unstreitig - die Bestellung der Klägerin vom 19.11.2002 (Bl. 14 GA) nicht ausgeführt hat
und sich weigert, weitere Bestellungen auszuführen. Wegen weiterer Einzelheiten wird
auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§
540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
4
Die Klägerin hat behauptet, zwischen ihr und der Beklagten sei am 03./10.05.2001 ein
Kaufvertrag über 200 t Schmierstoff der Sorte T. Quarz 9000 und T. Quarz 7000
zustande gekommen. Sie habe das Angebot der Beklagten vom 03.05.2001 mit
Schreiben vom 10.05.2001 angenommen.
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Die Klägerin hat ferner behauptet, die Beklagte sei im Bereich der Belieferung von C.-
und P. Werkstätten marktbeherrschend. Ihrer Meinung nach stelle die
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Lieferverweigerung der Beklagten daher einen zum Schadensersatz gemäß § 33 GWB
verpflichtenden Boykott dar.
Sie hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 107.937,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von
8 % über dem Basiszins aus 8.081,05 EUR seit dem 05.04.2003 und aus
99.856,68 EUR seit dem 12.05.2003 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Mit Urteil vom 26.01.2005 hat das Landgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Der
Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch nicht zu. Die
Weigerung der Beklagten, die Klägerin mit Schmieröl der Sorte T. Quarz 9000 und T.
Quarz 7000 zu beliefern, stelle keine Vertragsverletzung dar, weil nach dem eigenen
Vorbringen der klagenden Partei keine Lieferverträge zustande gekommen seien. Eine
vertragliche Vereinbarung ergebe sich nicht aus dem behaupteten Inhalt des am
29.10.2001 zwischen ihrem Geschäftsführer S. und Herrn R. auf Seiten der Beklagten
geführten Telefongespräch. Dem Vorbringen der Klägerin sei nicht zu entnehmen,
welche Willenserklärungen zu welchen einzelnen Vertragsbestandteilen insbesondere
zu den Preisen abgegeben worden seien. Es sei somit allein auf den Inhalt des
klägerischen Schreibens vom 30.10.2001 abzustellen. Hieraus ergebe sich lediglich,
dass sie in dem vorangegangenen Telefonat einen Abrufauftrag erteilt habe, der von der
Beklagten allerdings nicht bestätigt worden sei.
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Auch ein kartellrechtlicher Lieferanspruch bestehe nicht.
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Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der form- und fristgerecht eingelegten
und begründeten Berufung, mit der sie ihr Klageziel weiter verfolgt. Die Ausführungen
des angefochtenen Urteils seien von einem Fehlverständnis des Akteninhalts geprägt,
da das Gericht allein auf das Telefongespräch und den Abrufauftrag vom 30.10.2001
abgestellt und dem Abrufauftrag vom 03.05.2001 und dem Telefax der Beklagten vom
10.05.2001 keine Bedeutung beigemessen habe. Gerade aber durch diesen
Schriftwechsel sei der Vertrag zustande gekommen, so dass es auf die Frage, ob in dem
Telefongespräch vom 29.10.2001 ein Erhöhung des Liefervolumens um weitere 400 t
Schmieröl auf insgesamt 600 t vereinbart worden sei, gar nicht ankomme. Insbesondere
der Inhalt des Telefax vom 10.05.2001 bestätige, dass nach Vorstellung der Beklagten
eine vertragliche Bindung nicht von der Einigung über den genauen Inhalt der
Preisgleitklausel abhängig sein sollte. Zudem behauptet die Klägerin erstmals in ihrem
Schriftsatz vom 18.10.2005, es bestehe im Mineralölhandel ein Handelsbrauch, wonach
die Verträge nach Einigung über die wesentlichen Punkte als abgeschlossen zu
betrachten seien, ohne dass es auf alle Nebenpunkte ankäme.
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Auch seien die Ausführungen des Gerichts zu dem geltend gemachten kartellrechtlichen
Schadenseratzanspruch nicht überzeugend. Es handele sich vorliegend um einen Fall
sogenannter "sortimentsbedingter Abhängigkeit".
14
Die Klägerin beantragt,
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das am 26.01.2005 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts
Düsseldorf abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 107.937,03
EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszins aus 8.081,05 EUR
seit dem 05.04.2003 und aus 99.856,68 EUR seit dem 12.05.2003 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie ergänzt ihr Vorbringen erster Instanz und schließt sich im übrigen den Ausführungen
der angefochtenen Entscheidung an. Sie rügt das Vorbringen der Klägerin in ihrem
Schriftsatz vom 18.10.2005 als verspätet und hält es überdies für nicht ausreichend
substantiiert.
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II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Ihr steht weder aus § 326 Abs.
1 BGB a.F. - diese Vorschrift ist gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB anwendbar, weil der
von der Klägerin behauptete Vertrag vor dem 1. Januar 2002 zustande gekommen sein
soll - noch aus § 33 Satz 1 GWB ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu.
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1.
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Ein Schadensersatzanspruch aus § 326 Abs.1 BGB a.F. scheitert daran, dass die
Beklagte mit der Übergabe und Übereignung von 200 t Schmierstoff der Sorte T. Quarz
9000 und T. Quarz 7000 nicht gemäß § 286 Abs. 1 BGB in Verzug geraten ist. Zwischen
den Parteien ist ein Kaufvertrag über die genannte Menge Schmierstoff nicht zustande
gekommen (§ 433 BGB).
23
a.
24
Aus dem mit der Klageschrift vorgelegten Schriftwechsel der Parteien aus April/Mai
2001 ergibt sich eine Einigung der Parteien im Sinne von § 433 BGB nicht. Die Klägerin
hat das mit Telefax vom 10.05.2001 erklärte Angebot der Beklagten nicht angenommen.
25
aa.
26
Das an die Klägerin gerichtete Schreiben der Beklagten vom 23.04.2001 ist kein
bindendes Angebot gemäß § 145 1. Hs. BGB. Zwar hat die Beklagte der Klägerin darin
die Lieferung der Schmierstoffe T. Quartz 9000 SAE 5W40 und T. Quartz 7000 SAE
10W40 zu bestimmten Preisen angeboten. Sie hat die Bindungswirkung dieses
Angebotes aber gemäß § 145 letzter Hs. BGB wirksam ausgeschlossen, indem sie das
Angebot insgesamt als "freibleibend" bezeichnet hat. Der Antragende kann die
Bindungswirkung seines Angebots durch eine sog. Freiklausel ausschließen. Bezieht
sich die Freiklausel auf das gesamte Angebot, indem es als freibleibend oder
unverbindlich bezeichnet wird, ist die Erklärung in der Regel nicht als Antrag, sondern
als eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes aufzufassen (BGH NJW 1996, 919,
920; Bork in Staudinger, § 145 Rn. 30; Heinrichs in Palandt, BGB, 63. Aufl., § 145 Rn.
4). Das Schreiben der Beklagten trägt die Überschrift "freibleibendes Angebot".
Anhaltspunkte dafür, dass es sich aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven
Erklärungsempfängers dennoch um ein bindendes Angebot handelt, sind weder
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ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen. Dies gilt um so mehr, als die Beklagte in
ihrem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass bei Abschluss eines
Vertrages noch eine Verständigung über eine Preisgleitklausel zu erzielen sei, mithin
die Annahme ihres Angebotes durch ein einfaches Ja also gar nicht erfolgen konnte.
bb.
28
Das mit Schreiben vom 03.05.2001 erklärte Angebot der Klägerin auf Abschluss eines
Kaufvertrages über die Lieferung von 200 t Schmierstoff zu den einzelnen dort
aufgeführten Konditionen hat die Beklagte nicht angenommen.
29
(1)
30
Eine konkludente Annahme dieses Angebotes durch die Beklagte kann nicht in der am
08.05.2001 erfolgten Lieferung von 21.280 Litern T. Quartz 9000 und 4.992 Litern T.
Quartz 7000 gesehen werden. Wie sich aus den vorgelegten Rechnungen der
Beklagten (Nr. 150489 und Nr. 150490) vom 08.05.2001 ergibt, lag dieser Lieferung
eine Bestellung der Klägerin vom 27.04.2001 zu Grunde. Die Bestellung ist also zu
einem Zeitpunkt erfolgt, als die Klägerin das hier in Rede stehende Angebot vom
03.05.2001 noch gar nicht abgegeben hatte. Aus der maßgeblichen Sicht eines
objektiven Erklärungsempfängers konnte die Lieferung vom 08.05.2001 daher nicht als
Annahme des Angebotes vom 03.05.2001 verstanden werden. Dies gilt um so mehr, als
die in der Rechnung vom 08.05.2001 abgerechneten Preise zumindest teilweise nicht
mit denen übereinstimmen, die im Angebot der Klägerin enthalten sind. So sind 480
Liter T. Quartz 9000 5W40 und 832 Liter T. Quartz 9000 5W30 mit jeweils 257,00
DM/100 l berechnet, während die Preise laut Angebot der Klägerin vom 03.05.2001 bei
216,00 DM/100 l bzw. 242,00 DM/100 l liegen.
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(2)
32
Die Beklagte hat das Angebot der Klägerin vom 03.05.2001 nicht mit Telefax vom
10.05.2001angenommen, so dass es gemäß § 146 BGB erloschen ist.
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Die Beklagte hat dem Angebot nicht vorbehaltslos zugestimmt, da sie eine andere als
die im Angebot der Klägerin enthaltene Preisklausel vereinbaren wollte. Während die
Preisklausel im Angebot der Klägerin lautet, "Preisveränderungen +/- werden nur
aufgrund von internationalen Rohstoffpreiserhöhungen (Basisöl - S./E. -, Additive - E.
P./A. - oder Gebinde) durchgeführt", hat die von der Beklagten in ihrem Telefax vom
10.05.2001 vorgeschlagene Preisklausel folgenden Inhalt:
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"Preisveränderungen +/- werden aufgrund des maßgeblichen innerdeutschen
Wettbewerbs (A., E., S./D., M.), und zwar als Durchschnittswert dieser Gesellschaften
durchgeführt".
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Die Klägerin kann in diesem Zusammenhang eine Annahme ihres Angebotes vom
03.05.2001 nicht daraus herleiten, dass der letzte Satz im Telefax der Beklagte lautet:
"Damit gilt dieser Auftrag als bestätigt". Wird ein Vertragsangebot - so wie hier - mit einer
Änderung angenommen, gilt dies gemäß § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des
Angebotes verbunden mit einem neuen Antrag, wobei gleichgültig ist, ob es sich um
eine wesentliche oder unwesentliche Änderung handelt (BGH NJW 2001, 222). Die
Wirkung von § 150 Abs. 2 BGB tritt ein, ohne dass dies dem Erklärenden bewußt sein
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muss (OLG Hamm NJW-RR 1996, 1454).
Soweit sich die Klägerin erstmals in ihrem Schriftsatz vom 18.10.2005 unter Hinweis auf
ein Entscheidung des OLG Frankfurt (NJW 1977, 1015 f.) einen Handelsbrauch im
Mineralölhandel behauptet, wonach Verträge bereits nach Einigung über die
wesentlichen Punkte als abgeschlossen gelten, ohne dass es auf alle Nebenpunkte
ankäme, ist dieses von der Beklagten bestrittene Vorbringen nicht nur gemäss § 531
ZPO als verspätet zurückzuweisen. Es ist auch nicht ausreichend substantiiert und
daher unbeachtlich. Die zitierte Entscheidung betrifft allein Handelsbräuche im
internationalen Mineralölhandel. Ob diese Handelsbräuche auch im nationalen
Mineralölhandel gelten, insbesondere aufgrund welcher Tatsachen von dem Bestehen
eines solchen Handelsbrauchs auszugehen ist, trägt die Klägerin nicht vor.
37
cc.
38
Enthält somit das Telefax der Beklagten vom 10.05.2001 gemäß § 150 Abs. 2 BGB ein
neues Vertragsangebot, hätte es einer Annahme dieses Angebotes durch die Klägerin
bedurft. An einer Annahme fehlt es jedoch, so dass das Angebot der Beklagten gemäß §
146 BGB erloschen ist.
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Innerhalb der Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB hat die Kläger weder ausdrücklich
noch durch schlüssiges Verhalten die Annahme des Angebotes erklärt.
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Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen
werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen
Umständen erwarten darf (§ 147 Abs. 2 BGB). Die gesetzliche Annahmefrist setzt sich
aus der Zeit für die Übermittlung des Antrages an den Empfänger, dessen Bearbeitungs-
und Überlegungszeit sowie aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den
Antragenden zusammen (BGH NJW 1996, 921). Da das Angebot der Beklagten im
wesentlichen mit dem Angebot der Klägerin übereinstimmte und sich die Klägerin nur
Gedanken über die Preisklausel zu machen hatte, betrug die Annahmefrist nur wenige
Tage, allenfalls 2 bis 3 Wochen. Dass zwischen den Parteien innerhalb dieser
Zeitspanne irgendein Kontakt stattgefunden hat, ergibt sich aus dem Vortrag der
Parteien nicht und wird von der Klägerin auch nicht behauptet.
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Auch ihr Schweigen kann nicht ausnahmsweise als Annahme gewertet werden.
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(1)
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Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Schweigen auf ein
kaufmännisches Bestätigungsschreiben sind nicht anwendbar.
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Im Handelsverkehr gilt der Grundsatz, dass der Empfänger eines kaufmännischen
Bestätigungsschreibens unverzüglich widersprechen muss, wenn er den Inhalt des
Schreibens nicht gegen sich gelten lassen will. Widerspricht er nicht, ist der Vertrag mit
dem aus dem Bestätigungsschreiben ersichtlichen Inhalt verbindlich, es sei denn, dass
der Bestätigende das Verhandlungsergebnis bewusst unrichtig wiedergegeben hat oder
das Bestätigungsschreiben inhaltlich so weit von dem Verhandlungsergebnis abweicht,
dass der Absender vernünftigerweise nicht mit dem Einverständnis des Empfängers
rechnen konnte. Die lediglich widerspruchslose Hinnahme einer modifizierten
Auftragsbestätigung enthält hingegen noch keine stillschweigende Annahmeerklärung.
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Die Vertragspartei, die mit diesem Schreiben eine von den Vorstellungen des anderen
Teiles abweichende Ausgestaltung des Vertrages erstrebt, weiß, dass der
Vertragsgegner - anders als beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben - vertraglich
noch nicht gebunden ist, kann also schon aus diesem Grund nicht damit rechnen, dass
in dem bloßen Schweigen zugleich ein Einverständnis mit der Inhaltsänderung zum
Ausdruck kommt (BGH DB 1977, 1311; Heinrichs in Palandt, aaO., § 148 Rn. 8 u. 12
jeweils m.w.Nachw.).
Bei dem Telefax der Beklagten vom 10.05.2001 handelt es sich um eine modifizierte
Auftragsbestätigung und nicht um ein Bestätigungsschreiben.
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Während das Bestätigungsschreiben den Inhalt eines nach Ansicht des Absenders
bereits geschlossenen Vertrages wiedergebt, ist die schriftliche Auftragsbestätigung die
schriftliche Annahme eines Vertragsangebotes und zwar in der Regel eine Annahme
unter Änderung gemäß § 150 Abs. 2 BGB. Für die Abgrenzung ist entscheidend, ob das
Schreiben nach seinem Inhalt den Vertrag erst zustande bringen oder das Ergebnis
früherer Verhandlungen verbindlich festlegen soll.
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Aus dem Inhalt des in Rede stehenden Telefax der Beklagten ergibt sich, dass
hierdurch erst ein Vertrag zustande kommen sollte und nicht der Inhalt eines bereits
geschlossenen Vertrages bestätigt wird. Aus der gewählten Formulierung wird deutlich,
dass nach Ansicht der Beklagten ein Vertragsschluss noch der Zustimmung der
Klägerin bedurfte, also bisher ein Vertrag noch nicht zustande gekommen war. Die
Beklagte wollte mit der Klägerin eine andere als die von dieser vorgeschlagene
Preisklausel vereinbaren. Sie erwartete hierzu eine noch zu erklärende Zustimmung der
Klägerin, denn der vorletzte Satz ihres Schreibens lautet: "Wir sind sicher, dass auch
diese Preisklausel Ihre Zustimmung findet". Sie brachte damit die ihrer Meinung nach
berechtigte Erwartung zum Ausdruck, dass die Klägerin dem um die Preisklausel
modifizierten und im letzten Satz des Schreibens bestätigten Auftrag zustimmen wird.
48
(2)
49
Das Schweigen der Klägerin auf das modifizierte Angebot der Beklagten ist auch nicht
ausnahmsweise nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) als
Annahme zu werten.
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Schweigen gilt auch im kaufmännischen Verkehr, abgesehen von dem hier nicht
vorliegenden Sonderfall des kaufmännischen Bestätigungsschreibens, grundsätzlich
nicht als Zustimmung, sondern als Ablehnung. Nur ausnahmsweise bei Vorliegen ganz
besonderer Umstände kann es als Zustimmung gewertet werden (BGH DB 1956, 474;
BGH NJW 1995, 1671, 1672). Dies ist der Fall, wenn nach den Grundsätzen des
redlichen Geschäftsverkehrs der Erklärungsempfänger eine konkrete Rechtspflicht zu
widersprechen, jedenfalls zur Anmeldung von Vorbehalten hat, so dass der Erklärende
bei deren Ausbleiben darauf vertrauen darf, sein Geschäftspartner sei mit seiner Offerte
einverstanden (BGH NJW 1981, 43 f.; Heinrichs in Palandt, aaO., Einf.v. § 116 Rn. 10).
Ein solcher Ausnahmetatbestand liegt hier nicht vor. Insbesondere reicht hierfür nicht
aus, dass die Beklagte nur bezüglich der Preisklausel mit dem Angebot der Klägerin
nicht einverstanden war. Zwar wird zum Teil die Ansicht vertreten, dass bei einer nur
unwesentlichen Änderung in der modifizierten Annahmeerklärung das Schweigen
ausnahmsweise als Zustimmung gelten kann (Piper in RGRK, BGB, 12. Aufl., § 150 Rn.
2, § 147 Rn. 6; Dilcher in Staudinger, § 150 Rn. 15; OLG Köln GRUR 1985, 148, 149;
51
LG Gießen NJW-RR 1997, 1210). Von einer unwesentlichen Änderung kann aber dann
nicht mehr ausgegangen werden, wenn hiervon das Verhältnis von Leistung und
Gegenleistung betroffen ist. Dies ist aber gerade bei Ergänzungen oder Abweichungen
der Fall, die sich - so wie hier die Preisklausel - auf den Preis beziehen (vgl. LG Gießen
NJW-RR 1997, 1210 unter Hinweis auf das UN-Kaufrecht)
b.
52
Es bedarf keiner Ausführungen dazu, ob in dem zwischen dem Geschäftsführer der
Klägerin und Herrn R. von der Beklagten geführten Telefongespräch am 29.10.2001 ein
Kaufvertrag über 200 t Schmieröl zustande gekommen ist. Die Klägerin hat in der
Berufungsschrift ausdrücklich klargestellt, dass sie auf diesen Sachverhalt ihre
Schadensersatzklage nicht stützt, weil - so schon ihr erster Instanz Vortrag - am
29.10.2001 nur über den Kauf weiterer 400 t Schmieröl verhandelt worden ist.
53
2.
54
Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte folgt nicht aus § 33 i.V.m. §§ 19, 20 oder
21 GWB.
55
Dem Vortrag der Klägerin ist nicht ansatzweise zu entnehmen, dass es sich bei der
Lieferverweigerung der Beklagten um ein kartellrechtswidriges Verhalten handelt. Es
fehlt bereits substantiierter Vortrag zur Marktstellung der Beklagten. Zwar hat die
Klägerin in erster Instanz unter Bezugnahme auf das von der M. M. V. GmbH gegen die
Beklagte geführte Verfahren (Az: 34 O (Kart) 88/02 LG Düsseldorf) pauschal eine
marktbeherrschende Stellung der Beklagten "im Bereich der Belieferung von C.- und P.-
Werkstätten" behauptet. Trotz des gerichtlichen Hinweises in der mündlichen
Verhandlung vom 8. Dezember 2004 hat die Klägerin ihren Vortrag nicht ergänzt, so
dass sie ihrer aus § 138 ZPO folgenden Darlegungslast nicht nachgekommen und ihr
Vortrag nicht schlüssig ist.
56
III.
57
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
58
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Zur Zulassung der Revision gemäss § 543 Abs. 2 ZPO besteht kein Anlass.
60
Wert des Berufungsverfahrens: 107.937,03 EUR.
61
a. Dr. M.
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63