Urteil des OLG Düsseldorf vom 27.06.2007

OLG Düsseldorf: paket, absender, behandlung, beförderung, mitverschulden, versicherungsnehmer, unterlassen, datum, frachtführer, benachrichtigung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-18 U 43/06
Datum:
27.06.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
18. Senat für Zivilsachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-18 U 43/06
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.02.2006 verkündete
Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts D. teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 133.667,93 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
19.03.2003 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte 71 %
und der Kläger 29 %, von den Kosten der Berufung die Beklagte 73 %
und der Kläger
27 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die
Vollstre-ckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstrecken-den Betrages leistet.
Der Kläger nimmt als führender Transportversicherer der A. Management GmbH und
ihrer Konzerngesellschaften (im folgenden insgesamt A. genannt) die Beklagte auf
Schadensersatz wegen Transportverlusten in noch 100 Fällen aus den Jahren 1999 bis
2001 in Anspruch.
1
Das Landgericht hat die Beklagte insoweit antragsgemäß zur Zahlung von 183.238,25 €
nebst Zinsen verurteilt; wegen weiterer fünf Fälle mit einer Gesamtforderung von
5.833,29 € hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger sei auch in den Fällen 64 und 91
jedenfalls infolge einer stillschweigenden Forderungsabtretung durch Überlassung der
Schadensunterlagen aktivlegitimiert, welche auch nicht gegen das
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Rechtsberatungsgesetz verstoße. Der Inhalt der jeweiligen Sendungen stehe in den
Fällen 101 und 102 aufgrund von Zeugenaussagen zur Überzeugung der Kammer fest,
in den übrigen Fällen aufgrund der vom Kläger vorgelegten Rechnungen und
Lieferscheine. Der durch diese Unterlagen begründete Anscheinsbeweis greife gerade
auch in denjenigen Fällen ein, in denen nur ein Teil einer aus mehreren Paketen
bestehenden Sendung verloren ging. Der Wert ergebe sich aus den
Handelsrechnungen (§ 429 Abs. 3 Satz 2 HGB). Die Beklagte hafte unbeschränkt, denn
mangels Erfüllung ihrer Einlassungsobliegenheit sei qualifiziertes Verschulden zu
vermuten. Ein Mitverschulden wegen der - unstreitig - in keinem Fall vorgenommenen
Wertdeklaration treffe A. nicht, weil die "Beförderungsbedingungen" der Beklagten
frühestens ab ihrer Fassung 11/2000 dem Absender Kenntnis von der behaupteten
besonderen Behandlung von Wertpaketen übermittelten, diese Fassung aber nicht
wirksam in die Transportverträge einbezogen worden sei. Die Ansprüche seien nicht
verjährt.
Mit ihrer Berufung beharrt die Beklagte darauf, dass der Kläger in den Fällen 64 und 91
nicht aktivlegitimiert sei, da ihr nicht der Beweis für die erfolgte Schadensregulierung
aufgebürdet werden könne. Außer in den Fällen 101 und 102 sei der Inhalt der
verlorenen Pakete nicht nachgewiesen, und auch der Wert bleibe bestritten. Die
unterbliebene Wertdeklaration begründe ein Mitverschulden des Absenders, wobei sich
nicht feststellen lasse, ob in den vorliegenden Fällen mit EDI-Verfahren schon ein
Abgleich über Intranet stattgefunden habe, so dass es bei dem Vortrag betreffend die
Versendung eines pre-sheet bleibe. Zusätzlich müsse in den Fällen mit einem
Sendungswert von mehr als 5.000 € ein Mitverschulden nach § 254 Abs. 2 BGB
berücksichtigt werden. In den elf aus Februar 2001 oder später datierenden Fällen habe
A. zudem durch die "Beförderungsbedingungen", Stand 11/00 (Anl. B 2, Bl. 63/64 GA),
gewusst, dass sie, die Beklagte, bei Standardsendungen überhaupt keine
Schnittstellenkontrollen durchführt. In vier vor dem 14.11.1999 liegenden Fällen sei ein
Anspruch verjährt.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
5
Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen
7
Er hält die Ausführungen der Berufung für verspätet und die jeweiligen Paketinhalte für
hinreichend belegt. Die behauptete Wertpaketbehandlung beschränke sich auf eine
Schnittstelle - bei der Übergabe an den Zustellfahrer -, während im Abholcenter zum
einen ohnehin alle Pakete gescannt würden und zum anderen ein Scannen keine
Sicherheit schaffe.
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Wegen des Sachverhalts im übrigen und der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen
Parteivorbringens wird auf das angefochtene Urteil verwiesen sowie auf den
vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend
Bezug genommen.
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Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen S.. Das Ergebnis ist im
Protokoll der Sitzung vom 20.06.2007 verzeichnet.
10
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
11
Die zulässige Berufung ist zu einem Teil begründet.
12
I.
13
Der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte für die in der Berufung
noch interessierenden Fälle beträgt in der Hauptsache insgesamt 133.667,93 €.
14
A.
15
Das Landgericht geht zu Recht davon aus, dass der Kläger jedenfalls aufgrund
stillschweigender Abtretung der Ansprüche durch seine Versicherungsnehmerin A.
aktivlegitimiert ist. Diese Abtretung ist auch in den Fällen 69 und 91 nicht nichtig gemäß
§ 134 BGB i.V.m. Art. 1 § 1 RBerG.
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Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger den von der Beklagten geforderten
Betrag seinerseits an A. vollständig ausgezahlt hat, wie mit der Berufung bestritten wird.
Der Regress beim Schädiger gehört zur Aufgabe des Transportversicherers, und zwar
auch insoweit, wie (noch oder, z.B. wegen eines vereinbarten Selbstbehalts, endgültig)
keine Versicherungsleistung erfolgt ist. In den letztgenannten Fällen ist die auf eine
Zession des Versicherungsnehmers gestützte Einziehung des entsprechenden
Schadensanteils nach Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG erlaubnisfrei gestattet, denn sie steht als
sachgerechte Hilfs- und Nebentätigkeit mit dem Transportversicherungsgeschäft in
unmittelbarem Zusammenhang (Senat 09.11.2005 - I-18 U 92/05 - und 21.12.2005 - I-18
U 103/05 -). Es ist sinnvoll, dass der durch ein einheitliches Transportschadensereignis
entstandene Ersatzanspruch auch einheitlich eingefordert werden kann und nicht je
nach der genauen (und aus Sicht des Schädigers zufälligen) Gestaltung des
Versicherungsvertrags und des Regulierungsverlaufs zu einem Teil vom Versicherer
und zu einem anderen Teil vom Versicherungsnehmer selbst geltend gemacht werden
muss.
17
B.
18
Die Berufung wendet sich nur in den Fällen 10 und 11 mit Erfolg dagegen, dass das
Landgericht den Inhalt und Wert der verlorenen Pakete so festgestellt hat, wie der
Kläger beides behauptet.
19
1.
20
In den Fällen 10 und 11 mit ihrem Forderungsbetrag von zusammen 4.309,42 € ist
nichts vorhanden, was auch nur möglicherweise als Beleg für die Behauptung des
Klägers in Frage kommt. Die zu diesen Fällen vorgelegten Dokumente sind hierfür
schon im Ansatz ungeeignet, und andere Beweismittel bietet der Kläger nicht an.
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Zum Fall 10 vom Absendedatum 20.11.2000 legt der Kläger einen Warenbegleitschein
vom 21.11.2000 vor, der sich zudem nur über vier unteilbare Artikel (Notebooks) verhält,
während die betroffene Sendung aus acht Paketen bestand. Ein Warenbegleitpapier
kann aber begrifflich nicht später erstellt werden als bis zum Absendedatum derjenigen
Sendung, zu der es gehört. Trotz des Hinweises des Senats hierauf hat der Kläger
22
keinen anderen, passenden Warenbegleitschein nachgereicht und auch sonst keine
Erläuterung abgegeben.
Im Fall 11 ist unstreitig, dass der als Anl. K 11.1 eingereichte Warenbegleitschein nicht
zu der verlustbetroffenen Sendung gehört. Den richtigen Warenbegleitschein kann der
Kläger nach eigener Angabe nicht mehr vorlegen.
23
2.
24
In allen übrigen Fällen sind die vorgelegten Lieferpapiere mit dem jeweiligen
Sachverhalt vereinbar.
25
Das gilt auch für die Fälle 51 und 61. Im Fall 51 hat der Kläger zwar in der Klageschrift
das Absendedatum (23.08.1999) falsch angegeben. Dies war jedoch ein offenkundiges
Versehen, denn die vorgelegten Unterlagen ergeben übereinstimmend das Bild eines
Schadensfalles vom 20.10.1999. An diesem Tag übernahm die Beklagte zwei Pakete
zum Transport zur Fa. D. in D., die laut Rechnung und Lieferschein vom selben Datum
insgesamt 5 "T. S." enthielten und beide verloren gingen. Im Fall 61 stellt der Kläger
jetzt klar, dass die Angabe eines Versanddatums 23.09.1999 in der Klageschrift ein
(ohnehin offensichtlicher) Fehler war und das fragliche Paket tatsächlich am 02.12.1999
übernommen wurde, wie auch in Absendebeleg und Benachrichtigung über
Ersatzanspruch angegeben.
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Der Einwand der Berufung, dass die Unterlagen die Darstellung des Klägers nicht
darüber hinaus auch positiv stützten, weil die zu einem Fall eingereichten Dokumente
untereinander nicht korrespondierten (Fälle 1 - 9, 12 - 25, 27, 41, 42, 51, 61, 62, 64, 66,
69, 71 - 78, 80 - 83, 85, 87 - 90, 93, 95, 98, 99, 103, 104, 105), erforderliche Unterlagen
fehlten (Fälle 41, 65, 67, 92) bzw. bei Teilverlusten der Inhalt gerade des verlorenen
Pakets nicht erkennbar sei (Fälle 1, 3, 4, 8, 9, 12, 16, 21, 37, 39, 42, 43, 45, 47, 48, 52,
53, 58 - 60, 62, 65, 66, 69, 71 - 74, 78, 80 - 82, 85, 87 - 90, 93, 97, 99, 105), ändern nichts
an der gegenteiligen Feststellung durch das Landgericht.
27
a)
28
Die genannten, erstmals mit der Berufung vorgebrachten Einwände der Beklagten
können nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen werden. Die Beklagte hätte sich schon
in erster Instanz mit dem vom Kläger zur Akte gereichten Material auseinandersetzen
und die Einwendungen erheben müssen, mit denen sie jetzt in diesem Punkt die
Berufung begründet.
29
aa)
30
Zu den Angriffs- und Verteidigungsmitteln i.S.d. § 531 ZPO gehört auch die
Auseinandersetzung mit der Frage, ob die vom Gegner vorgelegten Unterlagen
geeignet sind, einen Anscheinsbeweis zu begründen. Insoweit ist diese Fallgestaltung
nicht anders zu beurteilen als etwa die Auseinandersetzung mit einem erstinstanzlich
eingeholten Sachverständigengutachten (dazu für alle Zöller, § 531 Rz. 22 a.E. m.w.N.).
31
Die Beklagte hat in erster Instanz in ihrer Klageerwiderung sowie in ihrer Replik vom
02.04.2003 nur ganz pauschal, in Bausch und Bogen, den Paketinhalt und -wert
bestritten und dazu unter Verweis auf die frühere Rechtsprechung des Senats
32
ausgeführt, dass die Vorlage von Rechnung und Lieferschein zum Nachweis des
Paketinhalts nicht ausreiche. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger noch keine
Liefer- oder Warenbegleitscheine vorgelegt. Dies hat er mit Schriftsatz vom 06.01.2004
nachgeholt und auf die Entscheidung des BGH vom 24.10.2002, TranspR 2003, 156,
verwiesen, wonach bei Vorlage von Rechnung und Lieferschein ein Anscheinsbeweis
dafür streitet, dass sich die dort aufgeführte Ware auch in der Sendung befindet.
Anschließend hat das Landgericht einen Beweisbeschluss zum Inhalt derjenigen
Pakete erlassen, für die entweder überhaupt kein Lieferschein/Warenbegleitschein
vorgelegt worden war (Fälle 68, 100 - 102) oder nur ein solcher mit dem Zusatz
"Kommission" (Fälle 30, 48. 84) (Bl. 201 GA), nachdem es zuvor dem Kläger noch
aufgegeben hatte, bestimmte ergänzende Unterlagen einzureichen (Bl. 133 GA).
Vor diesem Hintergrund konnte für die Beklagte nicht zweifelhaft sein, dass das
Landgericht von der zitierten BGH-Rechtsprechung ausging und deren
Voraussetzungen in den Fällen, in denen kein Beweis erhoben wurde, als erfüllt ansah.
Dies gilt um so mehr, als in der mündlichen Verhandlung, auf welche das angefochtene
Urteil verkündet wurde, ausweislich des Protokolls die Sach- und Rechtslage "unter
Berücksichtigung der Beweisaufnahme" erörtert wurde.
33
bb)
34
Eine Ausnahme von dieser prozessualen Situation gilt hinsichtlich des Wertes des
verlorenen Geräts im Fall 67. Diesen Wert erläutert der Kläger seinerseits erstmals in
der Berufungsinstanz, indem er angibt - insoweit unbestritten -, dass es sich bei der
"Auftragsbestätigung" des Paketempfängers C. vom 03.02.2000 der Sache nach um
eine Rechnung handelt, mit welcher dieser Empfänger, der das Gerät A. zuvor zur
Ansicht zur Verfügung gestellt hatte, wegen des Transportverlustes auf dem Rückweg
seinen Wert in Rechnung stellte. Die gegenüber diesem neuen Klägervortrag
prozessual beachtlichen Zweifel der Beklagten, ob der Betrag aus der
"Auftragsbestätigung" mit dem tatsächlichen Wert des verlorenen Gerätes
übereinstimmt, bleiben jedoch in der Sache ohne Erfolg. Zumindest im Wege der
Schätzung nach § 287 ZPO hält der Senat den dort angegebenen Betrag vielmehr für
realistisch. Dass es sich, wie die Beklagte betont, um ein Gebrauchtgerät handelte,
nämlich ein technisch überprüftes Demo-Gerät, wurde ausweislich des entsprechenden
Vermerks in der "Auftragsbestätigung" bei deren Abfassung berücksichtigt. Dass der
Geräteeigentümer und Paketempfänger den Wert höher als gerechtfertigt angab, ist
nicht anzunehmen. Dies wäre nicht nur ein Betrug (sversuch) gewesen, sondern zudem
ein solcher, mit dessen Entdeckung durch die selbst branchen- und produktkundige A.
ohne weiteres gerechnet werden musste.
35
b)
36
Soweit die Berufung fehlende Korrespondenz zwischen Warenbegleitpapier
(Lieferschein/Warenbegleitschein) einerseits und Rechnung andererseits oder aber das
Fehlen eines dieser beiden Dokumente rügt, verkennt sie im übrigen, dass die
Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung, es seien die in einer Rechnung oder
in einem Lieferschein aufgeführten Waren zur Beförderung übergeben worden, ohnehin
nicht zwingend die Vorlage beider Papiere erfordert (BGH 15.02.2007 - I ZR 186/03).
37
Was die Teilschadensfälle angeht, so kommt in den Fällen 3, 4, 8, 9, 12, 16, 21 und 65
hinzu, dass die Gesamtsendungen jeweils aus so vielen gleichartigen Geräten
38
bestanden, wie sie Pakete umfassten, so dass sich das vom Kläger behauptete
Vorhandensein eines solchen Gerätes in dem jeweils verlorenen Paket zwanglos ergibt.
In den Fällen 52 und 97 ist der vom Kläger geltend gemachte Schaden der geringste,
der aus dem Gesamt-Sendungsinhalt in Betracht kommt, und kann daher jedenfalls zu
seinen Gunsten angenommen werden (§ 287 ZPO).
C.
39
Der Anspruch des Klägers ist wegen eines ihm zuzurechnenden Mitverschuldens des
Absenders A. in der Form, dass dieser in keinem Fall den Paketwert deklarierte, um
45.260,90 € verringert.
40
1.
41
Entgegen der Auffassung des Klägers musste A. davon ausgehen, dass die Beklagte
Pakete mit einer Wertdeklaration sorgfältiger behandeln würde.
42
Eine Kenntnis des Absenders dahingehend, dass es bei dem Frachtführer wegen
mangelhafter Kontrollorganisation schon mehrfach zu Schäden gekommen wäre, ist
dafür nicht vorausgesetzt.
43
Die entsprechende Information ergibt sich vielmehr bereits aus den
"Beförderungsbedingungen" der Beklagten. Dabei kommt es auf die zwischen den
Parteien streitige Frage, ob in die Frachtverträge zwischen A. und der Beklagten ab
einem bestimmten Datum die "Beförderungsbedingungen" vom Stand 11/2000
einbezogen waren, nicht an. Die vorangegangene Fassung von 2/98 (Anl. B 1, Bl. 61/62
GA) genügt. In ihrer Ziff. 10 wird ausgeführt, dass die Beklagte nur bei einer
Wertdeklaration über die dort genannte Haftungshöchstgrenze hinaus (1.000 DM oder
Erstattungsbetrag nach § 54 ADSp a.F.) haften will. Bereits aus der versprochenen
Haftung bis zum deklarierten Wert ergibt sich, dass die Beklagte alles daran setzen wird,
Haftungsrisiken möglichst auszuschließen. Diese Haftung ist von der Zahlung eines
Wertzuschlags nach der Tariftabelle der Beklagten abhängig. Die erhöhte
Transportvergütung legt zusätzlich nahe, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb
darauf ausgerichtet hat, wertdeklarierte Sendungen sorgfältiger zu behandeln. Dem
steht nicht entgegen, dass Ziff. 10 der "Beförderungsbedingungen" die Möglichkeit
eröffnet, die Wertzuschläge als Prämie für eine Versicherung weiterzugeben. Ein
verständiger Absender, der die Möglichkeit der Versendung von Wertpaketen gegen
höhere Vergütung ebenso kennt wie die erhöhte Haftung der Beklagten in diesem Fall,
wird davon ausgehen, dass die Beklagte bei der Beförderung von Wertpaketen erhöhte
Sorgfalt aufwendet (BGH 01.12.2005 - I ZR 4/04 -, Rz. 20).
44
2.
45
Dass die Beklagte Pakete mit einem Wert von mehr als 2.500 € der von ihr behaupteten
Sonderbehandlung unterzogen haben würde, wenn A. diesen Wert deklariert hätte, steht
zur Überzeugung des Senats insoweit fest, wie die Pakete mit herkömmlichen Einzel-
Frachtbriefen auf den Weg gebracht wurden.
46
a)
47
Die Beklagte befördert Pakete, bei denen auf dem Frachtbrief eine Wertdeklaration von
48
mehr als 2.500 € eingetragen ist, unter zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen, die einem
Verlust vorbeugen und bei eingetretenem Verlust diesen auffallen lassen und eine
Nachforschung mit entsprechend höherer Wahrscheinlichkeit des Wiederauffindens
auslösen. Einer Beweisaufnahme hierüber bedurfte es nicht (§ 291 ZPO).
Der Senat hat kürzlich bereits mehrfach in der früher "Schadens- und
Verlustvorbeugung", heute "Security" genannten Abteilung der Beklagten tätige
Mitarbeiter zu eben jener Frage vernommen, nämlich den Zeugen L. M. am 14.06.2004
in dem Verfahren I-18 U 163/03 und nochmals am 09.11.2005 im Verfahren I-18 U
162/04 sowie den Zeugen S. C. am 24.08.2005 in Sachen I-18 U 169/04 und nochmals
am 07.12.2005 in Sachen I-18 U 202/04.
49
Dabei hat der Zeuge C. die Betriebsorganisation der Beklagten für Wertpakete
zusammengefasst wie folgt beschrieben: Pakete mit einem angegebenen Wert ab 2.500
€ übergibt der Abholfahrer beim Eintreffen im Abholdepot dem dortigen Supervisor oder
Teamleader. Dieser gleicht die Paketdaten noch einmal ab, trägt sie in eine Liste ein
und sendet per Fax oder e-mail ein sog. presheet an das Zustelldepot, in welchem das
Wertpaket angekündigt wird. Das Paket selbst bewahrt er bis zur Weiterbeförderung in
einem verschlossenen Gitterkäfig auf. Im Zustelldepot überprüft der Einsatzleiter, ob die
per presheet angekündigten Wertpakete sich zur erwarteten Ankunftszeit in dem
entsprechenden Zustellfahrzeug befinden. Wenn das nicht der Fall ist, stellt er
Nachforschungen über das computergestützte Tracking-System der Beklagten sowie im
Zustellcenter selbst an; bleibt das ohne Erfolg, benachrichtigt er die
Sicherheitsabteilung. Die Einhaltung dieser Verfahrensweise durch die Fahrer und
anderen Mitarbeiter wird laufend stichprobenartig durch die Security-Abteilung überprüft.
50
Der Zeuge M. hat die Verfahrensweise bei der Beklagten in demselben Sinne
beschrieben wie der Zeuge C. und zusätzlich angegeben, dass Wertpakete in der
Abholniederlassung mit einem Handscanner einen sogenannten Orgin Scan erhalten,
während Standardpakete nicht durchgehend gescannt werden. Zudem hat er in seiner
Vernehmung am 09.11.2005 geschildert, dass neu eingestellte Fahrer bei der Beklagten
zuerst eine dreitägige, "Orientation" genannte Schulung erhalten, in welcher sie u.a. mit
der richtigen Behandlung von Wertpaketen vertraut gemacht werden, dass sie
anschließend während der ersten Wochen ihrer Tätigkeit von einem Einsatzleiter
begleitet und dabei trainiert werden, und dass schließlich alle Fahrer einmal jährlich
eine sog. OJS-Tour erhalten, bei der sie von einem Einsatzleiter begleitet werden und
ihre Kenntnisse und ihre Handhabung überprüft und aufgefrischt wird.
51
In demselben Sinne hat schließlich der Zeuge B. in dem Verfahren I-18 U 124/99 vor
dem Senat ausgesagt. Dieser Zeuge ist bei der Beklagten bereits seit 1983 beschäftigt
und war schon 1997 Leiter eines Centers.
52
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese von den Zeugen geschilderte
Wertpaketbehandlung bei der Beklagten nicht nur theoretisch vorgeschrieben oder auf
einzelne Bereiche beschränkt ist, sondern flächendeckend und damit auch in den
vorliegend berührten Niederlassungen und Depots tatsächlich durchgeführt wird bzw.
wurde. Nach der Aussage des Zeugen C. beschäftigt die Beklagte bundesweit 22 oder
23 Sicherheitsbeauftragte wie ihn (zuzüglich der in der Niederlassung am Flughafen K.-
B. eingesetzten), deren Aufgabe es u.a. eben ist - so auch der Zeuge M. -, die
Einhaltung der vorgeschriebenen Verfahrensweise zu überprüfen. Der Zeuge C. selbst
arbeitet seit dem Jahr 2000 in dieser Funktion, anfangs in München, jetzt in D.. Der
53
Zeuge M. war bis August 2004 rund 18 Jahre lang in der entsprechenden Position mit
Zuständigkeit für D./M./A./W. tätig. Schließlich spricht auch die von dem Zeugen C. im
Termin am 24.08.2005 überreichte "Arbeitsanweisung zur Handhabung von Wert- und
Nachnahmepaketen", die nach ihrem Text und auch nach der Zeugenaussage von den
Fahrern zur Kenntnis zu nehmen und zu unterschreiben ist, dafür, dass die Beklagte die
vorgeschriebenen Abläufe bei ihren Mitarbeitern auch tatsächlich durchsetzt. Dies hat
beispielsweise der Zeuge J. S., stellvertretender Niederlassungsleiter im Center A. (E.)
der Beklagten, den der Senat ebenfalls am 09.11.2005 im Verfahren I-18 U 162/04
vernommen hat, ausdrücklich bestätigt; dasselbe gilt für den Zeugen B..
b)
54
Soweit die Pakete mittels des sog. EDI-Verfahrens bei der Beklagten eingeliefert
wurden, hat sich eine Sonderbehandlung bei Wertdeklaration dagegen nicht erweisen
lassen.
55
Der Zeuge S. hat sie nicht mit der erforderlichen Gewissheit bestätigt. Er hat zwar
eingangs eine Sonderbehandlung bejaht und den von den Zeugen C., M. und B. her
bekannten Ablauf geschildert. Dabei sprach er jedoch von den "Versanddokumenten"
und bestätigte auf Nachfrage, dass er damit den herkömmlichen Papier-Einzel-
Frachtbrief meinte. Gezielt nach dem EDI-Verfahren sowie nach dem hier
interessierenden Zeitraum gefragt, konnte er nichts Genaues sagen, wobei er auf
häufige Änderungen der Formulare und Vorgehensweisen hinwies.
56
Hinzu kommt, dass der Zeuge C. bei seiner Vernehmung vor dem Senat in dem
Verfahren I-18 U 16/06 im Gegenteil bekundet hat, dass bis einschließlich 2004 bei der
Anwendung des EDI-Verfahrens keine besondere Behandlung wertdeklarierter Pakete
in den Betriebsabläufen der Beklagten vorgesehen war. Nach seiner Aussage war es
seit der Einführung dieses Verfahrens üblich, dass die Kunden die Pakete ungetrennt
nach solchen mit und ohne Wertdeklaration in Container oder auf Paletten packten, und
die so abgeholten Pakete wurden dann auch im Einlieferungsdepot der Beklagten
gemeinsam ausgeladen und in den Paketfluss eingespeist. Zwar kam es nach der
Aussage vereinzelt vor, wenn auch nur ausnahmsweise etwa in Folge alter
Gewohnheiten oder individueller Abreden, dass "EDI-Kunden" ihre Wertpakete dem
Abholfahrer getrennt von den Standardpaketen übergaben. Auch dann fand aber
anschließend nicht das von den Sendungen mit Papier-Frachtbriefen her bekannte und
auf solche beschränkte pre-sheet-Verfahren statt und auch keine andere
Sonderbehandlung. Erst seit 2005, so der Zeuge C., gilt im EDI-Verfahren eine an das
pre-sheet-Verfahren angelehnte Routine in der Art, dass im Zustellcenter morgens die
für dieses Center vorgesehenen Wertpakete aus der EDV abgerufen werden und
anhand dessen ihr Eingang kontrolliert wird.
57
Auch die von der Beklagten eingereichten schriftlichen Arbeitsanweisungen (Anl. B 4
und B 5, Bl. 369 - 378 GA) setzen das Vorhandensein körperlicher Absendebelege
voraus und lassen nicht erkennen, wie bei elektronischer Datenübermittlung verfahren
werden soll.
58
3.
59
Bei der Gewichtung des Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration
berücksichtigt der Senat zum einen die Reichweite des für wertdeklarierte Sendungen
60
gesicherten Bereichs. Wie oben dargelegt, sieht die Beklagte bei wertdeklarierten
Sendungen am Anfang und am Ende des Transports zusätzliche Kontrollmaßnahmen
vor, so dass der Transport eines Wertpakets am Anfang und am Ende der Beförderung
sicherer ist als der Transport eines Standardpakets. Dem lässt sich nicht
entgegenhalten, dass bis zur Übergabe an den Zustellfahrer unter Abgleich mit dem pre-
sheet keine zusätzliche Sicherheit geboten werde, weil im Abholcenter alle Pakete mit
dem Scanner erfasst würden und Scannen ohnehin keine Schnittstellenkontrolle sei.
Die Besonderheit in der Phase von der Abholung bis zur Behandlung im Abholcenter
beschränkt sich nicht auf den Scan, sondern besteht auch in der gesonderten Lagerung
im Abholfahrzeug, der gesonderten Übergabe an den dies abzeichnenden Einsatzleiter
und dessen Überprüfung der Adressinformationen usw. Andererseits verbleibt nach der
eigenen Darstellung der Beklagten, wie ausgeführt, auch bei wertdeklarierten
Sendungen ein deutliches Risiko eines tatsächlichen Verlustes.
Zum anderen ist bei der Haftungsabwägung nach § 254 BGB der Wert der
transportierten, nicht wertdeklarierten Ware von Bedeutung. Je höher der tatsächliche
Wert der nicht wertdeklarierten Sendung ist, desto gewichtiger ist der in dem
Unterlassen der Wertdeklaration liegende Schadensbeitrag. Denn je höher der Wert der
zu transportierenden Sendung ist, desto offensichtlicher ist es, dass die Beförderung des
Gutes eine besonders sorgfältige Behandlung durch den Spediteur erfordert, und desto
größer ist das in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Verschulden des
Versenders gegen sich selbst (BGH, Urteil vom 19.01.2006, Az: I ZR 80/03).
61
Sofern der Fall keine weiteren, für die Abwägung bedeutsamen Besonderheiten
aufweist - und das ist hier in keinem Einzelfall gegeben -, erscheint es dem Senat
angemessen, den Schadensersatzanspruch für den bis 5.000 € liegenden Warenwert
der Sendung um 40 % zu kürzen. Bei darüber hinausgehenden Warenwerten wird der
Kürzungsprozentsatz für jede angefangenen weiteren 5.000 € um zwei Prozentpunkte
erhöht.
62
Bei Sendungen, die aus mehr als einem Paket bestanden, ist dabei für den
Kürzungssatz der Wert der gesamten Sendung und nicht nur der des verlorenen
Paketes maßgeblich. Nach den Entscheidungen des BGH vom 1.12.2005 (Az. I ZR 4/04
unter II. 1. a), Rz. 15, 16; I ZR 31/04 unter II. 1., Rz. 17, 20; I ZR 46/04 unter II. 1., 2., Rz.
18, 22, 26) ist dem Absender in Fällen wie dem vorliegenden vorzuwerfen, dass er den
Wert der Sendung nicht deklarierte. Zudem stellt der Bundesgerichtshof bei der Frage,
ob der Absender es entgegen § 254 Abs. 2 BGB unterließ, den Frachtführer auf die
Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, hinsichtlich des
ungewöhnlich hohen Schadens explizit jeweils auf den Sendungswert und nicht auf den
Wert des einzelnen Pakets ab (vgl. I ZR 4/04 unter II. 4., I ZR 31/04 unter II. 4., I ZR
46/04 unter II. 3., I ZR 265/03 unter II. 1. c), I ZR 95/03 unter II. 3. c) cc)). Nachdem der
BGH bereits in früheren Entscheidungen in Sachen der Beklagten dezidiert zwischen
Paket und Sendung unterschieden hat (vgl. NJW-RR 2002, 1257), geht der Senat davon
aus, dass der BGH in den genannten Entscheidungen den Sendungsbegriff bewusst
verwandt hat.
63
4.
64
Zum Zwecke der Feststellung, welche der verlorenen Pakete Waren im Wert von mehr
als 2.500 € enthielten, müssen zu dem jeweiligen Forderungsbetrag die von der
Beklagten unstreitig vorprozessual gezahlten 511,29 € hinzuaddiert werden. Für die
65
Möglichkeit und damit Obliegenheit für den Absender, mittels einer Wertdeklaration eine
bessere Behandlung seines Paketes zu erreichen, kommt es auf dessen Wert bei
Aufgabe an und nicht auf den nach einer Teilzahlung noch verbliebenen Schaden.
Auf der anderen Seite gibt es keinen Grund, in denjenigen Fällen, in denen der Kläger
von der Beklagten (auch unter Berücksichtigung der jeweils gezahlten 511,29 €)
weniger als den Rechnungswert der verlorenen Ware fordert, dennoch von dem vollen
Rechnungswert auszugehen. Der Kläger erläutert diesen Unterschied unbestritten
damit, dass die Rechnungspreise der Computer neben der Hardware auch die
aufgespielte Software umfassen, welche von dem Paketverlust aber nicht betroffen ist,
sondern auf ein neues Gerät übertragen werden kann. Wenn der Absender den Wert,
den die Ware für ihn hat, in einer solchen nachvollziehbaren Weise niedriger ansetzt als
den seinem Abnehmer in Rechnung gestellten Betrag, und auch nur den niedrigeren
Betrag vom Frachtführer fordert, dann kann konsequenterweise auch der
Mitverschuldensvorwurf nur an denselben Betrag anknüpfen.
66
5.
67
Die vorstehend dargestellten Grundsätze führen in den nachfolgend aufgeführten Fällen
zu der jeweils angegebenen Kürzung des Schadensersatzanspruchs (alle Beträge in €):
68
Fall
Nr.
Gesamt-
Sendungswert
Kürzungsquote Wert verlorene/s
Paket/e
Kürzungsbetrag
1
37.324,00
46,50 %
2.666,00
1.239,69
2
2.685,43
1.074,17
3
7.818,69
40,72 %
2.601,46
1.059,31
4
10.741,72
41,21 %
2.685,43
1.106,67
5
2.685,43
1.074,17
6
2.685,43
1.074,17
7
2.666,00
1.066,40
8
5.332,00
40,12 %
2.666,00
1.069,60
9
15.996,00
42,25 %
2.666,00
1.126,39
13
2.699,21
1.079,68
14
2.699,21
1.079,68
15
2.699,21
1.079,68
16
5.332,00
40,12 %
2.666,00
1.069,60
17
2.699,21
1.079,68
18
2.699,21
1.079,68
19
2.699,21
1.079,68
20
2.699,21
1.079,68
21
10.796,84
41,22 %
2.699,21
1.112,61
22
2.699,21
1.079,68
69
22
2.699,21
1.079,68
28
3.390,31
1.356,12
29
3.143,62
1.257,45
32
3.088,80
1.235,52
34
3.540,96
1.416,38
35
3.540,96
1.416,38
36
10.895,69
4.494,10
51
9.209,39
3.767,94
54
3.495,27
1.398,11
55
3.656,76
1.462,70
79
2.523,46
1.009,38
91
2.812,10
1.124,84
98
3.356,13
1.342,45
99
7.847,31
40,73 %
2.615,77
1.065,40
102
2.666,00
1.066,40
104
2.843,78
1.137,51
Gesamtkürzungsbetrag
45.260,90 €
70
D.
71
Die Klägerseite trifft kein weiteres Mitverschulden deshalb, weil A. die Beklagte nicht auf
die Gefahr des bei einigen Sendungen drohenden besonders hohen, nämlich 5.000 €
übersteigenden Schadens aufmerksam machte. Dieses Versäumnis des Absenders hat
zur Schadensentstehung nichts beigetragen. Wie die Beklagte in zahlreichen anderen
Prozessen vor dem Senat ausdrücklich mitgeteilt hat, ist es ihre allgemeine
Geschäftspolitik, dass sie, wenn der Absender sie anders als durch eine förmliche
Wertdeklaration auf einen bestimmten Wert einer Sendung aufmerksam macht, welcher
zwar 5.000 €, aber nicht 50.000 $ je Paket übersteigt, eine solche Sendung weder
anders als andere Standardsendungen behandelt noch ihre Übernahme ablehnt (z.B. I-
18 U 158/06; I-18 U 118/06). Hiervon geht die Beklagte auch im vorliegenden
Rechtsstreit nicht ab; sie beruft sich lediglich schlagwortartig auf § 254 Abs. 2 BGB,
ohne dies jedoch durch von ihrem sonstigen Vorbringen abweichenden Sachvortrag zu
untermauern.
72
E.
73
Es ist schließlich kein Mitverschulden deshalb begründet, weil A. bei Erteilung der
Frachtaufträge an die Beklagte gewusst hätte, dass diese bei Standardsendungen keine
Schnittstellenkontrollen durchführt. Auch ihre "Beförderungsbedingungen" vom Stand
11/2000 (Anl. B 1, Bl. 61/62 GA), in denen die Beklagte eine entsprechende Aufklärung
74
des Kunden sehen will, leisten diese tatsächlich nicht. Die dortige Ziff. 2 Abs. 2 enthält
keinen Hinweis darauf, dass die Beklagte die Beförderung von Standardsendungen nur
mit dem bei Briefsendungen üblichen Sicherheitsstandard vornimmt. Aus dem Wortlaut
dieser Klausel, speziell ihres einschlägigen Satzes 3 mit der besonders betonten
Nichtdurchführung einer Ein- und Ausgangsdokumentation, ergibt sich für den
unbefangenen Leser nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit, dass die Beklagte außer
der Dokumentation auch die Kontrollen selbst unterlassen will.
F.
75
In keinem Fall ist der Schadensersatzanspruch verjährt.
76
Im Fall 25 vom 08.11.1999 wurde die Verjährung spätestens durch das
Regressschreiben des Klägers vom 27.01.2000 (Anl. K 25.2, Bl. 158 GA) gehemmt.
77
Im Fall 33 vom 27.09.1999 datiert das Inanspruchnahmeschreiben des Klägers vom
27.01.2000 (Anl. K 33.2). Seine die Verjährung hemmende Wirkung scheitert nicht
daran, dass darin (außer der eigenen Schadennnummer des Klägers) nur das
Schadensdatum 27.09.1999 sowie der Versicherungsnehmer (A.) angegeben sind, aber
weder der Empfänger der Sendung noch Kunden- oder Auftragsnummern oder eine
Nummerierung der Beklagten. Das gilt unabhängig davon, ob dem Schreiben das
Anlagenkonvolut K 33 und damit insbesondere der Übernahmebeleg und die
"Benachrichtigung über Ersatzanspruch" beigefügt waren. Auch ohne dies war der
Beklagten die Zuordnung anhand des Schadensdatums und des
Versicherungsnehmers, d.h. für sie des Absenders, ohne weiteres möglich. Ein weiterer
Schaden der A. vom selben Tag wurde ausweislich Anl. K 3 nicht geltend gemacht.
78
Dasselbe gilt im Fall 105 vom 13.10.1999 mit dem dieses Schadensdatum sowie den
Versicherungsnehmer A. nennenden Regressschreiben des Klägers vom 07.12.2000
(Anl. K 105.2).
79
Im Fall 41 nimmt A.s Forderungsschreiben vom 16.12.1999 (Anl. K 41.2) Bezug auf den
Empfänger sowie auf einen Versandauftrag vom 16.09.1999. Letzteres ist derselbe Tag,
den die Beklagte selbst in ihrer "Benachrichtigung über Ersatzanspruch" als
Abholdatum des hier interessierenden Pakets 1Z 686 297 68 1012 852 7 angibt,
ungeachtet der Datierung des Absendebelegs auf den 15.09.1999.
80
II.
81
Der Zinsausspruch wurde klarstellend abgeändert, da das DÜG bereits durch Gesetz
vom 26.03.2002 aufgehoben wurde.
82
III.
83
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
84
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht
erfüllt.
85
Streitwert für die Berufungsinstanz: 183.238,25 €
86