Urteil des OLG Düsseldorf vom 26.09.2007

OLG Düsseldorf: abschreibung, unverzüglich, auflage, verzinsung, gewerbesteuer, durchschnitt, eigenkapital, umrechnung, dokumentation, ermessen

Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-3 Kart 459/06 (V)
Datum:
26.09.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Kartellsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
VI-3 Kart 459/06 (V)
Leitsätze:
1. Begehrt der Netzbetreiber die Umrechnung der historischen
Anschaffungs- und Herstellungskosten der betriebsnotwendigen
Anlagegüter auf Tagesneuwerte unter Verwendung eigener
Preisindizes, so hat er vollständig und nachprüfbar nachzuweisen, dass
seine Preisindizes auf den Indexreihen des Statistischen Bundesamtes
beruhen. Dies gilt auch im Falle der Verwendung der sog. WIBERA-
Reihen.
2. Will ein Netzbetreiber die Vermutung des § 32 Abs. 3 S. 3 GasNEV
widerlegen, muss er „etwas anderes nachweisen“, d.h. er muss darlegen
und belegen, dass er der kalkulatorischen Abschreibung die
behaupteten längeren Nutzungsdauern zu Grunde gelegt hat und dass
und welche Relevanz dies für seine Entgeltbildung hatte.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid der
Antragsgegnerin vom 11.10.2006 (Az.: BK 9-06/172) wird
zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die
notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: bis 8,5 Mio. €
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
1
A)
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Die Antragstellerin betreibt ein Gasversorgungsnetz im Raum H.. Ihrem Antrag auf
Genehmigung der Netzentgelte vom 27.01.2006 gemäß § 23 a EnWG hat die
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Antragsgegnerin durch Bescheid vom 11.10.2006 für die Zeit ab Zustellung des
Bescheids (13.10.2006) bis zum 31.03.2008 unter Erteilung von Auflagen teilweise
entsprochen. Sie hat 11,4 % der angemeldeten Kosten nicht anerkannt und in zwei
Auflagen verfügt, ihr unverzüglich – im Falle vorgelagerter kostenorientiert-regulierter
Netzbetreiber unverzüglich nach Vorliegen von deren erstmalig genehmigten Entgelten
– die für ihr Netz geltenden Ausspeiseentgelte inklusive gewälzter Kosten und/oder
gewälzter Entgelte anzuzeigen, sowie die genehmigten Entgelte unverzüglich
anzupassen, soweit der vorgelagerte Netzbetreiber im Genehmigungszeitraum seine
Netzentgelte senkt.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 13.11.2006 beim
Oberlandesgericht Düsseldorf eingereichten Beschwerde. Zur Begründung trägt sie vor:
Die Antragsgegnerin habe bei der Ermittlung der Tagesneuwerte zu niedrige
Indexreihen angesetzt. Ferner habe sie die unteren Werte der in Anlage 1 zur GasNEV
genannten Spannen von Nutzungsdauern zugrunde gelegt und keine monatsgenaue
Abschreibung vorgenommen. Auch die Kürzung der Eigenkapitalverzinsung sei
rechtswidrig. Sie beruhe auf den rechtswidrigen Kürzungen der Restwerte des
Sachanlagevermögens und darauf, dass die Antragsgegnerin das zu verzinsende
Eigenkapital zwei Mal auf 40 % gekappt habe. Zudem sei der für den übersteigenden
Anteil des Eigenkapitals gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 GasNEV angesetzte Zinssatz von 4,8 %
um einen angemessenen Risikozuschlag zu erhöhen. Bei der kalkulatorischen
Gewerbesteuer sei der Insichabzug fehlerhaft. Die Auflagen könnten im
Genehmigungsverfahren nicht angeordnet werden. Sie seien auch nicht geeignet, die
Voraussetzungen der Entgeltgenehmigung sicherzustellen. Die anzuzeigenden
Entgelte vorgelagerter Netzbetreiber seien ihr nicht bekannt.
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Die Antragstellerin beantragt,
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1. die Antragsgegnerin unter teilweiser Aufhebung der Regelung in Ziffer 1 der
Entgeltgenehmigung vom 11.10.2006 (BK 9-06/172) zu verpflichten, ihr die
Genehmigung der Entgelte für den Gasnetzzugang in der im Genehmigungsantrag
vom 27.01.2006 (Preisblatt Anlage 1) bezeichneten Höhe mit Wirkung ab dem
13.10.2006 zu erteilen,
2. hilfsweise zu 1: die Antragsgegnerin analog § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO zu
verpflichten, den Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu bescheiden,
3. die Nebenbestimmungen in Ziffer 5 und 6 des Entscheidungstenors der
Genehmigung vom 11.10.2006 aufzuheben,
4. hilfsweise zu 3: die Antragsgegnerin zu verpflichten, die beantragte
Entgeltgenehmigung ohne die Einschränkungen der Nebenbestimmungen in Ziffer
5 und 6 des Entscheidungstenors zu erteilen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie trägt vor: Die Antragstellerin habe nicht nachgewiesen, dass die von ihr
angewandten WIBERA-Indexreihen auf den Indexreihen des Statistischen
Bundesamtes beruhen. Deswegen habe sie zumindest die niedrigeren Werte gemäß
einem von ihr entwickelten Rechentool angesetzt. Bei den Merkmalen des § 6 Abs. 3 S.
2 GasNEV stehe ihr ein Beurteilungsspielraum zu. Zu Recht habe sie die Vermutung
des § 32 Abs. 3 S. 3 GasNEV angewandt, weil die Antragstellerin keine längeren
Nutzungsdauern nachgewiesen habe. Für die Anerkennung auch unterjähriger
Abschreibungen sei nach § 6 Abs. 5 S. 1 GasNEV kein Raum. Die Möglichkeit nur
jährlicher Abschreibungen reduziere den Prüfungsaufwand erheblich. Die
kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung sei zutreffend ermittelt. Die zweifache
Anwendung der 40 %-Quote sei nach der GasNEV vorgegeben. Der Zinssatz von 4,8 %
hinsichtlich des die zugelassene Eigenkapitalquote übersteigenden Anteils des
Eigenkapitals sei verordnungskonform. Auch hierbei stehe ihr ein
Beurteilungsspielraum zu. Für die Zubilligung eines Risikoaufschlages bestehe kein
Anlass. Die kalkulatorische Gewerbesteuer sei zutreffend ermittelt. Die angefochtenen
Nebenbestimmungen entsprächen den Zwecken und Zielsetzungen des EnWG.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze mit
Anlagen sowie auf die angefochtene Verfügung mit deren Anlagen und die
Verfahrensakte der Antragsgegnerin verwiesen.
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B)
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Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
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1. Kalkulatorische Abschreibungen
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a) Nicht zu beanstanden ist, dass die Antragsgegnerin bei der Berechnung der
Tagesneuwerte gemittelte WIBERA-Indexreihen als Referenzwerte angesetzt hat.
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aa) Gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 GasNEV erfolgt die Umrechnung der historischen
Anschaffungs- und Herstellungskosten der betriebsnotwendigen Anlagen auf
Tagesneuwerte unter Verwendung anlagenspezifischer oder
anlagengruppenspezifischer Preisindizes, die auf den Indexreihen des Statistischen
Bundesamtens beruhen. Auch die Antragstellerin stellt nicht in Abrede, dass der
Beruhens-Nachweis grundsätzlich vom Netzbetreiber zu führen ist. Zu Unrecht meint sie
jedoch, hinsichtlich der von ihr herangezogenen WIBERA-Reihen gelte dies nicht, weil
auch die Antragsgegnerin die WIBERA-Reihen verwende. Indes erfolgte die
Verwendung der WIBERA-Reihen durch die Antragsgegnerin nur in modifizierter Form
(gemittelte Werte) und nur zur Schaffung anerkennungsfähiger Obergrenzen (vgl. S. 10 -
12 des angefochtenen Bescheids). An der grundsätzlichen Nachweispflicht der
Antragstellerin änderte dies nichts. Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, den
Beruhensnachweis gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 GasNEV in Wirklichkeit erbracht zu haben.
Zwar hat sie in ihrem Antrag auf die von der WIBERA herausgegebenen Indexreihen
und Umwertungsfaktoren zur Umrechnung von Anschaffungs- und Tagesneuwerten
Ausgabe A, Wertbasis 2004, nebst den Erläuterungen verwiesen (S. 9 des dem Antrag
beigefügten Berichts nach § 28 GasNEV) und die Erläuterungen im
Beschwerdeverfahren vorgelegt (Anlage Bf 5). Jedoch moniert die Antragsgegnerin zu
Recht, dass in den Erläuterungen weder näher ausgeführt werde, welche Indexreihen
des Statistischen Bundesamts mit welcher Gewichtung zur Darstellung der
entsprechenden Anlage bzw. Anlagengruppe in die WIBERA-Reihen eingeflossen sind,
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noch wie die Indexreihen für Zeiträume entwickelt wurden, für die keine Reihen des
Statistischen Bundesamts verfügbar waren. Auch die Ausführungen der Antragstellerin
in ihrer Stellungnahme vom 30.06.2006 (S. 11) sind insoweit nicht ergiebig. Dort hat sie
zwar für die "Anlagen IV Rohrleitungen/Hausanschlussleitungen" und "V. Mess- Regel-
und Zähleranlagen" Indexreihen genannt. Auch dort behauptet sie indes nur pauschal,
dass die WIBERA-Reihen auf den Originalreihen des Statistischen Bundesamtes
basieren und sich aus verschiedenen Reihen der Fachserien über ein bestimmtes
Wägungsschema ergeben haben. Das Wägungsschema, seine Herleitung und
Rechtfertigung sowie seine Anwendung auf die Indexreihen der Fachserien 16 und 17
stellt die Antragstellerin auch im Schreiben vom 30.06.2007 nicht dar. Dass die
detaillierte Herleitung der WIBERA-Reihen von der Antragsgegnerin zu Recht gefordert
wurde, bestätigen ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Danach
soll ihr die Herleitung der WIBERA-Reihen zwar inzwischen bekannt geworden sein,
jedoch sollen sich hierbei grundlegende Unplausibilitäten ergeben haben, u. a. dahin,
ob die WIBERA-Reihen die Lohnkostenentwicklung adäquat abbilden. Zur Prüfung
solcher Fragen war und ist die vollständige Herleitung eigener Indexreihen der
Netzbetreiber unerlässlich.
bb) Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, die Antragsgegnerin hätte darauf hinweisen
müssen, dass weitere Belege zur Herleitung der WIBERA-Reihen erforderlich seien.
Die Antragstellerin hatte ihre prinzipielle Nachweispflicht erkannt. Im Übrigen hat sie
trotz dieser Kenntnis den Nachweis auch in der Beschwerdeinstanz nicht erbracht (s.o.).
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cc) Die Antragstellerin meint, für die Dauer des vorliegenden Genehmigungsverfahren
habe Einigkeit über die grundsätzliche Anwendbarkeit der WIBERA-Indexreihen
bestanden. Daher komme es nur darauf an, ob die Antragsgegnerin anstelle der
Mittelung eine genauere Bewertungsmethode hätte wählen müssen, was zu bejahen
sei. Dem ist schon im Ausgangspunkt insoweit zu widersprechen, als die
Antragsgegnerin die WIBERA-Reihen auch im vorliegenden Verfahren nicht akzeptiert
hat. Sie hat die WIBERA-Reihen lediglich als Grenzwerte herangezogen, um eine
komplette Streichung von Positionen zu vermeiden. Dieses Vorgehen könnte den Erfolg
der Beschwerde nur begründen, wenn es sachwidrig gewesen wäre. Davon ist indes
nicht auszugehen. Die WIBERA-Reihen sind in der Energiewirtschaft weithin anerkannt,
die Mittelung ihrer Indexreihen ergab somit einen wenigstens brauchbaren
Annäherungswert. Das genügte. Eine Rechtsverletzung zum Nachteil der
Antragstellerin ist nicht ersichtlich. Diese hatte es in der Hand, ihrer Nachweispflicht
gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 GasNEV zu erfüllen. Der Senat verkennt nicht die damit
verbundenen sachlichen Schwierigkeiten. Die Wertung des Verordnungsgebers geht
jedoch dahin, dass der Netzbetreiber die Herleitung der von ihm verwandten
Indexreihen in vollständig nachprüfbarer Weise rechtfertigen muss, wenn er ihm
günstigere Werte erstrebt. Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin daher ein, die
Antragsgegnerin hätte für jedes Anlagegut die jeweils "prägenden" WIBERA-Reihen
verwenden müssen. Damit ersetzt sie die vertretbare Bewertungsmethode der
Antragsgegnerin nur durch eine andere, um ihre eigene Nachweispflicht zu umgehen.
Auch ihr Hinweis auf den Aufklärungsgrundsatz geht fehl. Die Aufklärungspflicht besteht
grundsätzlich nur, soweit der Netzbetreiber seiner Nachweispflicht genügt und
anschließend weiterer Klärungsbedarf besteht. Das war hier nicht der Fall. Ebenso
wenig überzeugt das Argument, die Antragsgegnerin habe etwaige
"Versagungsgründe" nachzuweisen. Kann das Beruhen der verwandten Preisindizes
auf den Indexreihen des Statistischen Bundesamtes nicht festgestellt werden, liegt im
Rechtssinne kein "Versagungsgrund" vor, sondern es fehlt an einem
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anspruchsbegründenden Merkmal. In der mündlichen Verhandlung hat die
Antragstellerin ergänzend angemerkt, die Antragsgegnerin habe mit der Heranziehung
der gemittelten WIBERA-Reihen eine ablehnende Entscheidung hinsichtlich der
übersteigenden Ansätze getroffen, und diese Entscheidung müsse gerichtlich
überprüfbar sein. Eine gerichtliche Überprüfung ist erfolgt, jedoch mit dem Ergebnis,
dass eine Rechtsverletzung zum Nachteil der Antragstellerin nicht festgestellt werden
kann.
b) Fehl geht die Rüge der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe zu Unrecht gemäß
§ 32 Abs. 3 S. 3 GasNEV die unteren Werte der in Anlage 1 zur GasNEV genannten
Spannen von Nutzungsdauern zugrunde gelegt.
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aa) Die Voraussetzungen der Vermutung gemäß § 32 Abs. 3 S. 3 GasNEV sind erfüllt.
Zu Recht ist die Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass in der Zeit vor dem
Inkrafttreten der GasNEV keine kostenbasierten Gaspreise gefordert wurden. Eine
kostenorientierte Rechnung war in der Gaswirtschaft nicht üblich, ein Regelwerk wie die
BTOElt existierte nicht. Soweit die Antragstellerin rügt, die Antragsgegnerin habe hierzu
keine konkreten Feststellungen getroffen, ist mit Blick auf die allgemein bekannten
Verhältnisse in der Gaswirtschaft ein behördliches Ermittlungsdefizit nicht ersichtlich.
Auch der Senat sieht keinen Grund für weitere Ermittlungen. Der Vortrag der
Beschwerde gibt hierfür keinen Anlass.
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bb) § 32 Abs. 3 S. 3 GasNEV vermutet, dass der kalkulatorischen Abschreibung des
Sachanlagevermögens die unteren Werte der in Anlage 1 genannten Spannen von
Nutzungsdauern zu Grunde gelegt worden sind, es sei denn, der Netzbetreiber weist
etwas anderes nach. Vorliegend hat die Antragstellerin die Vermutung nicht widerlegt.
Ihr Bericht gemäß § 28 GasNEV macht dazu keinerlei Angaben. Den Nachweis hat sie
auch nicht mit Schreiben vom 24.08.2006 (Bf 14) durch Einreichen einer
"anlagenscharfen Dokumentation des Anlagevermögens" (CD Anlage BF 15) geführt.
Die Dokumentation enthält nur eine für das Verfahren erstellte Tabelle mit
Abschreibungsdaten. Mit Schreiben vom 30.06.2006 hat die Antragstellerin ergänzt, sie
habe die Nutzungsdauern der Verbändevereinbarung zugrunde gelegt und im
wesentlichen mittlere Nutzungsdauern angesetzt (VA 168). Auch dies genügt zur
Widerlegung der Vermutung nicht. Will ein Netzbetreiber die Vermutung des § 32 Abs. 3
S. 3 widerlegen, muss er "etwas anderes nachweisen", das heißt: er muss darlegen und
belegen, dass er der kalkulatorischen Abschreibung die behaupteten längeren
Nutzungsdauern zu Grunde gelegt hat und dass und welche Relevanz dies für seine
Entgeltbildung hatte. Auch wenn er keine vollständig kostenbasierte Gesamtkalkulation
aufgestellt hat, muss er zumindest aufzeigen, wie die längeren Nutzungsdauern über die
jährlichen Wertminderungen in die "kalkulatorischen Abschreibungen" und diese in die
Entgeltbildung eingeflossen sind. Dies folgt aus dem Begriff der "kalkulatorischen
Abschreibung", den § 32 Abs. 3 S. 3 GasNEV ausdrücklich verwendet und zum
Gegenstand der Vermutung und des Gegenbeweises macht. Eine Abschreibung, die
keinen Zusammenhang mit der Entgeltbildung aufweist, ist im Sinne der GasNEV keine
"kalkulatorische" Abschreibung, sondern nur eine "bilanzielle" (vgl. zu beiden Begriffen:
§ 6 Abs. 1 S. 1 und S. 2 GasNEV). Auch die von der Antragstellerin im
Beschwerdeverfahren überreichten Vertrags- und Kalkulationsunterlagen betreffend den
Flughafen H.-Langenhagen GmbH (Anlage Bf 7) genügen daher als Gegennachweis
nicht, denn auch sie geben keine Auskunft über die Entgeltwirksamkeit der behaupteten
längeren Nutzungsdauern.
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c) Die Antragstellerin rügt zu Unrecht, die Antragsgegnerin habe die Abschreibungen
nicht monatsgenau berechnet. Die Aussage des § 6 Abs. 5 GasNEV, wonach die
kalkulatorischen Abschreibungen nach der linearen Abschreibungsmethode "jährlich
vorzunehmen" sind, impliziert, dass es im Einklang mit der GasNEV steht, die
Abschreibung bereits im Anschaffungsjahr mit dem Betrag einer Jahresabschreibung
vorzunehmen. Zwar ist einzuräumen, dass bei einer unterjährigen Anschaffung im
Anschaffungsjahr ein voller Jahresbetrag anzusetzen ist, obwohl das angeschaffte
Wirtschaftsgut im Anschaffungsjahr weniger als 12 Monate be- und abgenutzt worden
ist. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es hier um eine kalkulatorische Abschreibung
geht, die auf Pauschalierungen zurückgreifen darf. Soweit sich daraus rechnerische
Nachteile für den Netzbetreiber ergeben, sind diese nicht zuletzt der abschnittsweisen
Betrachtung nach jährlichen Kalkulationsperioden (§ 2 Nr. 2 GasNEV) geschuldet und
als Verfahrenseigenart hinzunehmen. Letztlich wäre auch die von der Antragstellerin
reklamierte monatsgenaue Abschreibung "unpräzise", denn die Genauigkeit einer
wochen– oder taggenauen Abschreibung erreicht sie nicht.
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2. Eigenkapitalverzinsung
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Die Antragstellerin rügt zu Unrecht die Kürzung der Eigenkapitalverzinsung.
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a) Unrechtmäßige Folgekürzungen aus dem fehlerhaften Ansatz des
Sachanlagevermögens ergeben sich nicht (s.o.). Ohne Erfolg moniert die
Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe bei der Ermittlung des betriebsnotwendigen
Eigenkapitals gemäß § 7 GasNEV eine doppelte Kappung mit dem Faktor 0,4
vorgenommen, nämlich nach § 7 Abs. 1 S. 2 GasNEV und bei der Berechnung des die
zugelassene Eigenkapitalquote übersteigenden Anteils des Eigenkapitals nach § 7 Abs.
1 S. 3 GasNEV. Nach erneuter Prüfung bleibt der Senat bei der den Beteiligten
bekannten Ansicht, die er in seinem Beschluss vom 09.05.2007 zur StromNEV
dargelegt hat (VI – 3 Kart 289/06 – Vattenfall; ebenso: OLG Koblenz, Beschl. v.
04.05.2007, W 595/06 Kart, RdE 2007, 198). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird
hierauf verwiesen. In der Literatur wird im Anschluss an die Senatsentscheidung
beanstandet, dass der Senat die Begründung der doppelten Kappung aus § 6 Abs. 2 S.
4 StromNEV (gleichlautend mit § 6 Abs. 2 S. 4 GasNEV) abgeleitet habe. Aus einer
Berechnungsmethode der kalkulatorischen Abschreibung zu Tagesneuwerten, die auf
den Eigenkapitalanteil nach Nettosubstanzerhaltung anzuwenden sei, eine
weitergehende Funktion herauszulesen, überdehne den Regelungsgehalt der Vorschrift
(vgl. Missling in der Anmerkung in IR 2007, S. 160). Indes kann § 6 Abs. 2 S. 4
StromNEV (bzw. § 6 Abs. 2 S. 4 GasNEV) in keinem anderen Sinne verstanden werden.
Der Wortlaut ist eindeutig. Ausdrücklich begrenzt Satz 4 die Eigenkapitalquote ganz
allgemein "für die Berechnung der Netzentgelte", also gerade nicht nur für die Ermittlung
der kalkulatorischen Abschreibungen. Wäre Letzteres beabsichtigt gewesen, hätte Satz
4 sehr naheliegend nur lauten müssen: "Sie (die Eigenkapitalquote) wird auf höchstens
40 Prozent begrenzt." Ohne ein ausdehnendes Verständnis auf andere Sachverhalte
macht der Zusatz "für die Berechnung der Netzentgelte" keinen Sinn.
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b) Die Antragstellerin beanstandet den Zinssatz von 4,8 % für den die zugelassene
Eigenkapitalquote übersteigenden Teil des Eigenkapitals gemäß § 7 Abs. 1 S. 3
GasNEV. Auch insoweit bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 3
GasNEV ist der übersteigende Anteil des Eigenkapitals "nominal wie Fremdkapital zu
verzinsen". Hiermit ist grundsätzlich eine Verzinsung in Höhe der tatsächlichen
Fremdkapitalzinsen des Netzbetreibers entsprechend § 5 Abs. 2, 1. Hs. GasNEV
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gemeint. Davon geht auch die Antragstellerin aus. Eine Obergrenze findet diese
Verzinsung entsprechend § 5 Abs. 2, 2. Hs. GasNEV dahin, dass die Zinsen höchstens
in der Höhe kapitalmarktüblicher Zinsen für vergleichbare Kreditaufnahmen einzustellen
sind. Um die Ermittlung der Obergrenze zu vereinfachen, hat der Verordnungsgeber in
der Verordnungsbegründung zu § 5 Abs. 2 GasNEV (BR-Drs. 247/05) eine
Auslegungsregel bereitgestellt, wonach als "angemessener Zinssatz" der auf die letzten
zehn abgeschlossenen Kalenderjahre bezogene Durchschnitt der Umlaufrenditen
festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten angesehen werden kann (vgl. für
die StromNEV: Senat, Beschl. v. 11.07.2007, S. 13, VI- 3 Kart 17/07 (V) – Bad Honnef).
Dieser beträgt vorliegend 4,8 % (vgl. Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank,
Juli 2005, S. 36). Ein Risikozuschlag ist danach nicht geboten. Ein solcher ist vom
Verordnungsgeber ersichtlich auch nicht gewollt. Eine wettbewerblich angemessene,
nämlich wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung sieht § 7 GasNEV nur für
das danach ermittelte betriebesnotwendige Eigenkapital vor. Allein bei diesem muss
sich die Verzinsung nicht nur an alternativen Anlagemöglichkeiten in
wettbewerbsfähiger Weise, sondern auch an dem mit dem Netzbetrieb eingegangenen
unternehmerischen Risiko orientieren. Dementsprechend sieht § 7 Abs. 4 GasNEV vor,
dass der insoweit auf Neuanlagen entfallende Eigenkapitalzinssatz den auf die letzten
zehn abgeschlossenen Kalenderjahre bezogenen Durchschnitt der Umlaufrendite
festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten zuzüglich eines angemessenen
Zuschlags zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer unternehmerischer Wagnisse nach
Abs. 5 nicht überschreiten darf. Gleiches gilt für die Verzinsung des Eigenkapitalanteils
von Altanlagen, die zusätzlich noch um den auf die letzten zehn abgeschlossenen
Kalenderjahre bezogenen Durchschnitt der Preisänderungsrate zu ermäßigen ist. Die
Verzinsung des überschießenden Anteils des Eigenkapitals hatte der
Verordnungsgeber hingegen zunächst nicht vorgesehen. Bei ihr hat der
Verordnungsgeber – wie der Vergleich mit § 7 Abs. 4 GasNEV zeigt – für die Zubilligung
eines branchenspezifischen Risiko- oder Wagniszuschlags keinen Anlass gesehen.
3. Gewerbesteuer
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Die Antragstellerin macht geltend, der Abzug der Gewerbesteuer von dem als zu
verzinsenden Eigenkapital ermittelten Gewerbeertrag habe zu unterbleiben, weil
letzterer den Gewerbeertrag nach Gewerbesteuern darstelle. Dem stehen indes die
Vorgaben der §§ 7, 8 GasNEV entgegen. § 7 GasNEV ermittelt fiktiv den Gewerbeertrag
im Wege einer kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung. Als weitere kalkulatorische
Kostenposition hat der Verordnungsgeber – nur – die Berücksichtigung der hieran
anknüpfenden kalkulatorischen Gewerbesteuer anerkannt. Für diese hat er die
Berücksichtigung des Insichabzugs angeordnet. Bemessungsgrundlage der
kalkulatorischen Gewebesteuer ist daher der fiktiv ermittelte Ertrag – die kalkulatorische
Eigenkapitalverzinsung – unter Berücksichtigung des Insichabzugs der Gewerbesteuer
(vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 04.05.2007, W 595/06 Kart, RdE 2007, 198, 205; zur
StromNEV: Senat, Beschl. v. 09.05.2007, VI-3 Kart 289/06 - Vattenfall).
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4. Auflagen
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Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit sich die Antragstellerin gegen die
Auflagen des Genehmigungsbescheids wendet. Weder die Auflage, die
Ausspeiseentgelte einschließlich gewälzter Kosten und Entgelte anzuzeigen, noch die
Auflage, die genehmigten Entgelte unverzüglich anzupassen, soweit der vorgelagerte
Netzbetreiber im Genehmigungszeitraum seine Netzentgelte senkt, sind zu
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beanstanden. Auflagen zur Entgeltgenehmigung sind gemäß § 23 a Abs. 4 S. 1 EnWG
grundsätzlich zulässig und stehen im Ermessen der Regulierungsbehörde (vgl. Senat,
Eilbeschluss v. 04.05.2007, VI-3 Kart 13/07 (V) - HEAG). Dass die Antragsgegnerin ihr
Ermessen verletzt hätte, ist nicht ersichtlich.
Die Auflage zu 5 ordnet an, dass die Antragstellerin unverzüglich - im Falle
vorgelagerter kostenorientiert-regulierter Netzbetreiber unverzüglich nach Vorliegen von
deren erstmalig genehmigter Entgelte - die für ihr Netz geltenden Ausspeiseentgelte
inklusive gewälzter Kosten und/oder gewälzter Entgelte anzuzeigen hat. Sie steht im
Zusammenhang mit der vorliegenden Genehmigung der Netzentgelte. Eine
Überschreitung der genehmigten Entgelte ist nach § 23 a Abs. 2 S. 2 EnWG nur
zulässig, soweit sie ausschließlich aufgrund der Weitergabe von Kostenwälzungssätzen
einer vorgelagerten Netzebene erfolgt. Die Auflage sichert somit die Überwachung und
Einhaltung des durch den Bescheid konkretisierten gesetzlichen Verbotes, die
genehmigten Entgelte zu überschreiten. Zusätzlich ergänzt sie die gesetzliche
Anzeigepflicht für das Netzzugangsmodell nach § 20 Abs. 1 b EnWG und trägt dem
Umstand Rechnung, dass die Gasnetzbetreiber angesichts der Pflicht zur Umsetzung
des Zweivertragsmodells ein Ausspeiseentgelt anbieten müssen, das nicht nur das
Entgelt für die Nutzung ihres Netzes, sondern die gesamte Netznutzung abdeckt. Vor
diesem Hintergrund wird das auf der Grundlage des genehmigten Entgelts noch zu
bildende Ausspeiseentgelt zwangsläufig auch gewälzte Kosten oder Entgelte
vorgelagerter Netzbetreiber enthalten. Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, sie
könne aus den Verträgen mit den vorgelagerten Netzbetreibern die Ausspeisekosten
nicht ersehen. Gemäß § 27 Abs. 1 GasNEV sind die Betreiber von
Gasversorgungsnetzen verpflichtet, die für ihr Netz geltenden Netzentgelte auf ihren
Internetseiten zu veröffentlichen und auf Anfrage jedermann in Textform mitzuteilen.
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Die Auflage zu Ziffer 6 knüpft an die Auflage zu Ziffer 5. Sie ist, wie die Antragsgegnerin
in anderen Verfahren bestätigt hat, dahin zu verstehen, dass, soweit der vorgelagerte
Netzbetreiber im Genehmigungszeitraum sein Netzentgelt senkt, die nach dem Tenor 5
anzuzeigenden, die gewälzten Kosten und/oder genehmigten Entgelte vorgelagerter
Netzbetreiber enthaltenden Entgelte unverzüglich entsprechend anzupassen sind. Ohne
Erfolg wendet die Antragstellerin ein, die Antragsgegnerin führe im Bescheid selbst aus,
dass die genehmigten Entgelte keine gewälzten Kosten und/oder Entgelte vorgelagerter
Netzebenen enthalten, so dass deren Absenkung auch nicht zu einer Absenkung der
genehmigten Netzentgelte führen könne. Diese Kritik greift schon deshalb nicht durch,
weil die Entgeltgenehmigung bis zum 31.03.2008 wirkt, also einen künftigen Zeitraum
erfasst. In diesem Zeitraum können Entgeltgenehmigungen an vorgelagerte,
kostenorientiert regulierte Netzbetreiber ergehen, die zu einer Entgeltwälzung führen.
Da die dem Netzbetreiber genehmigten Entgelte – ohne erneute Genehmigung –
überschritten werden dürfen, wenn aufgrund weiterer Genehmigungen die
Netzzugangsentgelte der vorgelagerten Netzstufen an den Netzbetreiber weitergereicht
werden, besteht insoweit die unverzüglich zu erfüllende Anzeigepflicht nach § 23 a Abs.
2 S. 2, 3. Hs. EnWG. Spiegelbildlich ist der Netzbetreiber verpflichtet, sein Netzentgelt
zu senken, wenn – und soweit – der vorgelagerte Netzbetreiber im
Genehmigungszeitraum seine Netzentgelte wieder senkt.
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C)
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 90 S. 2 EnWG.
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Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 50 GKG i.V.m. § 3 ZPO.
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Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 86 Abs. 2 Nr. 1, 2 EnWG.
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