Urteil des OLG Düsseldorf vom 09.08.2006
OLG Düsseldorf: versicherungsnehmer, versicherer, verdacht, führer, belastung, unfall, datum, polizei
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-4 W 41/06
Datum:
09.08.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-4 W 41/06
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den
Kostenfestsetzungsbe-schluss des Landgerichts Wuppertal vom 22. Mai
2006 – Rechtspfleger - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.116,63 €.
G r ü n d e
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Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
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In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit darüber, dass die Kosten für
vorprozessual erstattete Gutachten nur ausnahmsweise als Kosten des Rechtsstreits
angesehen werden können (BGH VersR 2003, 481). In Versicherungssachen gilt
außerdem der Grundsatz, dass die Kosten für Ermittlungen, die der Versicherer zur
Klärung seiner Leistungspflicht anstellt, grundsätzlich zu den üblichen Geschäftskosten
gehören, die von ihm selbst zu tragen sind (st. Rspr. des Senats, zuletzt VersR 2006,
990; OLG Rostock VersR 2005, 855; Voit/Knappmann in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl.,
§ 66 Rn. 15). Ein Anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn er Anlass hatte
anzunehmen, dass der Versicherungsfall nur vorgetäuscht war oder vom
Versicherungsnehmer selbst vorsätzlich herbeigeführt wurde. Auch in einem solchen
Fall muss sich der Ermittlungsaufwand aber in angemessenen Grenzen halten, die
maßgeblich durch die wirtschaftliche Bedeutung der Sache und die Intensität des gegen
den Versicherungsnehmer gerichteten Verdachts bestimmt werden (Senat, a.a.O.).
Davon ausgehend hat die Beklagte hier die von ihr aufgewandten Ermittlungskosten
selbst zu tragen.
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Die Gutachten des Ingenieurbüros I... GmbH vom 1. März (381,06 €) und 12. November
2004 (1.007,63 €) dienten der Feststellung der Schadenshöhe bzw. der Faktoren, die für
die Wiederbeschaffungskosten bedeutsam sind. Dabei handelte es sich somit um
Aufwendungen, die die Beklagte getroffen hat, um ihre Eintrittspflicht der Höhe nach zu
überprüfen. Für die dadurch verursachten Kosten muss sie nach dem Rechtsgedanken
des § 66 Abs. 1 VVG aber selbst aufkommen. Gleiches gilt im Ergebnis auch für die
Kosten der Gutachten des Ingenieurbüros I... GmbH vom 22. Januar 2004 (806,78 €)
und der E...-GmbH vom 12. Mai 2004 (1.154,20 €). Zwar wollte die Beklagte dadurch
aufklären, ob der Kläger den Unfall selbst vorsätzlich herbeigeführt hat (§ 61 VVG). Die
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Verdachtsmomente, die gegen ihn sprachen, waren jedoch nicht so dringlich, dass sie
kostenträchtige Aufklärungsmaßnahme gerechtfertigt hätten. Die Tatsache, dass die
Sachverständigen I... und L... Monate nach dem Unfallereignis keine Farbspuren an der
Tunnelwand und keine abgefallenen Fahrzeugteile mehr vorgefunden haben, hat der
gerichtlich bestellte Sachverständige mit Recht als belanglos abgetan, da jedenfalls die
Polizei unmittelbar nach dem Unfallgeschehen Anstoßspuren sichern konnte (GA 144).
Dass der Führer eines sportlichen Luxusfahrzeugs auf dem Weg nach Hause einen
Umweg von 3 km (15 km statt 12 km) wählt, ist auch keineswegs ungewöhnlich.
Aussagekräftiger ist da schon, dass der Porsche des Klägers einen erheblichen
Vorschaden aufwies. Denn solche Fahrzeuge finden nicht selten bei gestellten Unfällen
Verwendung. Deshalb kann auch nicht vernachlässigt werden, dass – wie die Beklagte
geltend gemacht hat – die finanziellen Verhältnisse des Klägers ungeordnet waren.
Beides zusammengenommen rechtfertigt ohne Hinzutreten weiterer gewichtiger Indizien
aber noch nicht den Verdacht der Unfallmanipulation. Damit fehlte bei Beauftragung der
Sachverständigen jede Grundlage für die Überbürdung der Kosten auf den Kläger. Es
würde nämlich zu einer unerträglichen Belastung des Versicherungsnehmers führen,
könnte der Versicherer bereits bei geringen Verdachtsmomenten kostspielige
Ermittlungen betreiben, für die der Versicherungsnehmer selbst dann aufzukommen
hätte, wenn – wie hier – nicht festgestellt werden kann, ob tatsächlich ein bewusst
herbeigeführter Versicherungsfall vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Dr. R...
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