Urteil des OLG Düsseldorf vom 10.03.2003

OLG Düsseldorf: geschwindigkeit, kopfschmerzen, plastische chirurgie, fahrzeug, fahrbahn, wahrscheinlichkeit, anteil, distorsion, entstehung, unterlassen

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-1 U 150/02
Datum:
10.03.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-1 U 150/02
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines
weitergehen-den Rechtsmittel das am 7. Juni 2002 verkündete Urteil der
Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach
teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger
3.579,04 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 21. Oktober 1998 zu
zah-len.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet
sind, dem Kläger die Hälfte des materiellen Schadens zu ersetzen, der
ihm aus dem Verkehrsunfall vom 1. März 1998 künftig noch erwachsen
wird, so-weit die Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Dritte
übergegangen sind bzw. übergehen werden.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges werden zu 76 % dem Kläger und zu
24 % den Beklagten auferlegt.
Die im Berufungsrechtszug angefallenen Kosten fallen zu 66 % dem
Kläger und zu 34 % den Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
1
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg.
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Ihm steht wegen einer schuldhaften Unfallverursachung durch den Beklagten zu 1. ein
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weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 3.579,04 €, entsprechend 7.000,00 DM, zu. Da
sich der Kläger wegen der unterlassenen Anlegung des Sicherheitsgurtes als
Fondpassagier in dem durch den Beklagten zu 1. geführten Pkw ein hälftiges
Mitverschulden anspruchsmindernd zurechnen lassen muss, ist unter Berücksichtigung
der bereits vorprozessual durch die Beklagte zu 2. erbrachten Schmerzensgeldzahlung
sein weitergehendes Verlangen auf Ersatz immaterieller Schäden unbegründet.
Entgegen der durch das Landgericht vertretenen Ansicht sind bei der Bemessung der
Höhe des dem Kläger zustehenden Schmerzensgeldes auch persistierende
Kopfschmerzen als zur Zeit noch anhaltende Dauerfolgen der Kopfverletzungen zu
berücksichtigen.
Das Feststellungsbegehren des Klägers, welches er in der Berufungsinstanz nur noch
auf künftige materielle Schäden erstreckt, hat unter Berücksichtigung seines hälftigen
Mitverschuldensanteils ebenfalls Erfolg.
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Im Einzelnen ist folgendes auszuführen:
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I.
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1. Die Rechtsgrundlage für das begründete klägerische Schmerzensgeldverlangen sind
die Vorschriften der §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB. Der Beklagte zu 1. hat in seiner
Eigenschaft als Fahrer des bei der Beklagen zu 2. haftpflichtversicherten Pkw Marke
Ford Sierra 2,0 i LX schuldhaft am 1. März 1998 gegen 1.55 Uhr auf der
Bundesautobahn A 46 in Höhe des Kilometers 51,031 die Körperverletzung des Klägers
herbeigeführt, indem er aufgrund eines vermeidbaren Fahrfehlers anlässlich eines
Überholvorganges von der Fahrbahn abgekommen und gegen die Mittelleitplanken
geraten ist. Unstreitig wurde der Kläger durch die Wucht des Aufpralls zusammen mit
dem Zeugen G. durch die Heckscheibe des Fahrzeuges auf die Autobahn geschleudert.
Bei diesem Vorgang erlitt der Kläger gravierende Schädelverletzungen, nämlich eine
linksseitige Kalottenfraktur sowie ein epidurales Hämatom in Verbindung mit über den
Körper verteilten und reibungsbedingt entstandenen massiven Hautschäden.
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2. Der dem Beklagten zu 1. anzulastende Fahrfehler ist in der Tatsache begründet, dass
er entgegen § 3 Abs. 1 StVO bei widrigen Straßenverhältnissen mit zu hoher
Ausgangsgeschwindigkeit einen Überholversuch unternommen hat und dabei –
möglicherweise wegen einer noch nicht hinreichenden Fahrpraxis – die Gewalt über
den Pkw verloren hat. Dies steht nach dem Ergebnis des durch das Landgericht
eingeholten unfallanalytischen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. N. vom 14.
September 2000 fest.
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a) Unstreitig war die Straßenoberflächen regennass, wenn auch die erstinstanzliche
Behauptung des Klägers, auf der Fahrbahn habe sich Rollsplitt befunden, nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme keine Bestätigung gefunden hat. Darüber hinaus
befindet sich nach den Feststellungen des Sachverständigen die Unfallstelle im Bereich
einer langgezogenen Linkskurve, die ca. 400 m vor der Unfallstelle einsetzt (Bl. 144 d.
A.).
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b) Trotz dieser ungünstigen Straßenverhältnisse leitete der Beklagte zu 1. einen
Überholvorgang mit einer nach den Umständen unangemessenen Geschwindigkeit ein,
bei welchem er den Pkw Ford Sierra von ca. 130 km/h auf mindestens ca. 150 km/h
beschleunigte. Bei diesem Tempo brach dann der Wagen – wahrscheinlich in Folge
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einer zu abrupten Lenkbewegung – anlässlich des Fahrspurwechsels aus und war
sodann nicht mehr zu kontrollieren.
aa) Der Sachverständige N. hat unter Zugrundelegung der bewegungsdynamischen
Abläufe, die er in einer zeichnerischen Rekonstruktion des Unfallgeschehens
anschaulich dargestellt hat (Bl. 154 d. A.), für den Pkw Ford Sierra eine
Ausgangsgeschwindigkeit von ca. 120 km/h ermittelt. Im Hinblick auf die
zeugenschaftliche Bekundung des Fahrers des überholten Pkw, des Zeugen P., das
Unfallfahrzeug sei "ca. 20 – 30 km/h schneller links" vorbeigekommen (Bl. 126 d. A.), hat
der Sachverständige die durch den Beklagten zu 1. erreichte Ausgangsgeschwindigkeit
mit ca. 160 km/h in Ansatz gebracht (Bl. 149 d. A.). Wenn auch die Schlussfolgerung des
Sachverständigen auf ein solches Tempo nicht zwingend erscheint, so ist doch der
Nachweis einer vorkollisionären Geschwindigkeit des Beklagten zu 1. von mindestens
ca. 150 km/h erbracht.
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Denn er hat in seiner Klageerwiderung vorgetragen, er habe die rechte Fahrspur
benutzend zunächst eine Geschwindigkeit von ca. 130 km/h eingehalten und habe sich
sodann einem langsamer fahrenden Pkw genähert. Da er habe überholen wollen, habe
er zu diesem Zweck beschleunigt (Bl. 41 unten d. A.). Somit muss der Beklagten zu 1.
zwangsläufig, bevor er die Kontrolle über den Wagen verlor, ein deutlich schnelleres
Tempo als 130 km/h gewählt haben. Im Hinblick auf den durch den Zeugen P.
angegebenen Geschwindigkeitsüberschuss von "ca. 20 bis 30 km/h" ermittelt sich somit
eine Untergrenze von 150 km/h.
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In Übereinstimmung damit steht die Angabe des Beklagten zu 1. anlässlich seiner
informatorischen Befragung durch das Landgericht im Termin am 19. August 1999, er
sei "auf jeden Fall weniger als 180 km/h gefahren" (Bl. 81 d. A.). Nach der Schilderung
des Zeugen R. hatte der Beklagte zu 1. ausweislich der Tachometeranzeige 4 bis 5 km
vor der Unfallstelle sogar 200 km/h erreicht und der Zeuge schätzte die
Überschussgeschwindigkeit des Pkw Ford Sierra gegenüber dem überholten Fahrzeug
auf "ca. 30 bis 40 km/h" mit dem Vorbehalt, er könne als Nichtautofahrer
Fahrtgeschwindigkeiten nur schlecht schätzen (Bl. 119 d. A.).
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bb) Die Beklagten stellen in ihrer Berufungserwiderung ohne Erfolg in Abrede, dass der
Beklagte zu 1. den Überholvorgang mit überhöhter Geschwindigkeit angesetzt hat (Bl.
315 d. A.).
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Zwar hat der Zeuge P. ausgeführt, der durch ihn gesteuerte Wagen Marke Citroen 2 CV
habe eine Geschwindigkeit von "ca. 95 km/h" gehabt, so dass unter Hinzurechnung der
durch ihn bekundeten Differenzgeschwindigkeit von "ca. 20 bis 30 km/h" sich eine
Geschwindigkeit von nicht mehr als 125 km/h ergäbe. Zu berücksichtigen ist aber, dass
der Zeuge nach seiner weiteren Schilderung zunächst "einen lauten Knall oder Rums"
vernommen hatte, ehe er "ein qualmendes und funkensprühendes Fahrzeug
vorbeischlingern" sah (Bl. 126 d. A.). Nach Lage der Dinge hatte der Zeuge zunächst
das Kollisionsgeräusch bemerkt, das durch einen der beiden Anstöße des Pkw Ford
Sierra gegen die Mittelleitplanke – vermutlich durch den Erstaufprall – verursacht
worden war. Den durch die beiden Leitplankenanstöße eingetretenen
Geschwindigkeitsabbau hat der Sachverständige mit jeweils 50 km/h eingegrenzt (Bl.
148 unten d. A.). Damit war zu dem Zeitpunkt, als der Zeuge P. den Pkw Ford Taunus
erstmals auf der Überholspur sah, die Geschwindigkeit dieses Wagens zumindest
bereits durch den Erstkontakt mit der Leitplanke deutlich reduziert. In der weiteren
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Konsequenz bedeutet dies, dass die durch den Zeugen für dieses Fahrzeug
angegebene Überschussgeschwindigkeit von "ca. 20 bis 30 km/h" noch deutlich
oberhalb dieser Bandbreite gelegen haben muss, bevor der Pkw Ford Sierra im Zuge
des gescheiterten Überholmanövers zum 1. Mai erstmals gegen die Mittelleitplanke
geriet. Folglich können die Geschwindigkeitsangaben des Zeugen P. (95 km/h sowie 20
km/h bis 30 km/h) nicht einfach addiert werden, um die Feststellung einer nicht höheren
Ausgangsgeschwindigkeit des Beklagten zu 1. als 130 km/h zu treffen.
3. Darüber hinaus dringen die Beklagten nicht mit ihrem Einwand durch, die
Unfallursache sei mit dem Platzen eines Reifens an dem Pkw Ford Sierra in Verbindung
zu bringen (Bl. 313 d. A.).
16
a) Zwar möge dem Vorbringen der Beklagten zufolge nach dem Unfallereignis beide
Vorderreifen drucklos gewesen sein (Bl. 42 d. A.). Daraus folgt jedoch nicht zwingend,
dass ein plötzlicher Druckverlust in einem oder sogar beiden Reifen die Erklärung für
das plötzliche Ausbrechen des Wagens bei dem Fahrspurwechsel liefert. Denn nach
den durch den Sachverständigen zeichnerisch rekonstruierten Bewegungsabläufen des
Ford Sierra mit zwei Mittelleitplankenanstößen können die Vorderreifen auch anlässlich
der ausgedehnten Schleuderbewegung des Wagens Schaden genommen haben. Nach
den Angaben des Sachverständigen ist "ein Reifenplatzer" als unwahrscheinliche
Unfallursache auszuscheiden, da bei einer solchen Störung der durch den Beklagten zu
1. gesteuerte Pkw nicht – wie zeichnerisch dargestellt – allmählich in einen
Schleudervorgang übergegangen wäre, sondern die Schleuderbewegung hätte sich
dann wesentlich abrupter einstellen müssen (Bl. 149 d. A.). Nach Lage der Dinge
plausibel ist die Schlussfolgerung des Sachverständigen, der Unfall sei auf einen
Fahrfehler des Beklagten zu 1. anlässlich des Fahrstreifenwechsels zurückzuführen (Bl.
149 d. A.).
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b) Nichts anderes ergibt sich aus den durch die Beklagten zitierten Zeugenaussagen.
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aa) Soweit der Zeuge R. bekundet hat, es sei nach dem Unfall "darüber gesprochen
worden, dass ein geplatzter Reifen zu dem Schleudern geführt hätte" (Bl. 120 unten d.
A.), beschränkt sich seine Aussage auf die Wiedergabe einer bloßen Mutmaßung.
Zudem müssten, da nach dem Vorbringen der Beklagten nach dem Schadensereignis
beide Vorderreifen drucklos gewesen sein sollen, gleich zwei Reifen "geplatzt" sein,
bevor der Beklagte zu 1. die Gewalt über den Pkw Ford Sierra verlor.
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bb) Auch soweit die Zeugen K., P. sowie W. angegeben haben, sie hätten im
Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen einen "Knall" bzw. einen "Rums" gehört,
lässt dies nicht mit hinreichender Sicherheit den Rückschluss darauf zu, dass ein
Vorderreifen plötzlich in geräuschintensiver Weise drucklos geworden ist. Vielmehr ist
nach den Umständen davon auszugehen, dass die Zeugen zumindest einen der beiden
Anstöße des Pkw Ford Taunus gegen die Mittelleitplanke akustisch wahrgenommen
haben. Dem steht nicht die Aussage der Zeugin K. entgegen, sie sei "von einem Knall
wach geworden", dann sei man geschleudert und dann "einmal gegen die Leitplanke
gestoßen" (Bl. 116 d. A.). Nach der in Übereinstimmung mit der Darstellung des Zeugen
R. stehenden Unfallrekonstruktion des Sachverständigen hatte der Pkw Ford Sierra im
Zuge der ausgedehnten Schleuderbewegung zweimal Kontakt mit der Mittelleitplanke –
und zwar zunächst mit der hinteren rechten und sodann, nach einer weiteren Drehung
um fast 180 Grad, mit der vorderen rechten Fahrzeugecke (Bl. 154 d. A.). Offensichtlich
war die bis dahin schlafende Zeugin nach der mit einem "lauten Knall" einhergehenden
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Erstkollision wach geworden, bevor es dann nach ihrer weiteren Schilderung "schon
rund ging" und man schließlich – zum wiederholten Male – gegen die Leitplanke stieß
(Bl. 116 d. A.). Die Aussage der Zeugin, "der Knall" sei "nicht mit einer Erschütterung
verbunden" gewesen (Bl. 117 d. A.), ist auf dem Hintergrund der Tatsache zu würdigen,
dass sie erst durch den "Knall wach geworden" war (Bl. 116 d. A.). Sie ist demnach bei
der Erstkollision des Pkw Ford gegen die Mittelleitplanke aus dem Schlaf gerissen
worden, so dass aller Wahrscheinlichkeit nach in diesem Moment die
Kollisionserschütterung ihrer Wahrnehmung entgangen ist.
cc) Nicht zuletzt die durch die Beklagten zitierte Aussage des Zeugen R., vor dem
Schleudern des Pkw Ford Sierra sei nichts Besonderes passiert (Bl. 121 unten d. A.),
spricht für die Richtigkeit der Annahme, dass der Beklagte zu 1. nicht aus Anlass eines
spektakulären "Reifenplatzers" die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat, sondern
infolge eines Fahrfehlers.
21
II.
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Allerdings haftet der Beklage zu 1. – und mit ihm die Beklagte zu 2. über § 3 Nr. 1 und 2
PfVG – nicht in vollem Umfang für die Unfallschäden des Klägers. Denn ihm ist ein
erhebliches Mitverschulden an der Entstehung der gravierenden Unfallverletzungen
aufgrund der Tatsache anzulasten, dass er unstreitig die Anlegung des
Sicherheitsgurtes unterlassen hatte. Diese zumindest fahrlässige
Obliegenheitsverletzung wirkt sich bei einer Abwägung der beiderseitigen
Verursachungs- und Verschuldensanteile nach § 9 StVG in Verbindung mit § 254 Abs. 1
BGB zum Nachteil des Klägers dahingehend aus, dass er einen Anteil von 50 % seiner
unfallbedingten immateriellen und materiellen Beeinträchtigungen selbst zu tragen hat.
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Entgegen der durch den Kläger geäußerten Zweifeln ist nach dem Ergebnis der
erstinstanzlichen Beweisaufnahme die Ursächlichkeit der Nichtanlegung des Gurtes
insbesondere für die Entstehung seiner schweren Kopfverletzungen erwiesen. Er dringt
auch nicht mit seinem Einwand durch, er hätte im angeschnallten Zustand wegen der
erheblichen Aufprallgeschwindigkeit erhebliche, möglicherweise sogar tödliche,
Schädel- und Halswirbelsäulenverletzungen mit zumindest nicht auszuschließender
100 %iger Behinderungsfolge erlitten (Bl. 293 d. A.). Der Einholung des dazu
angebotenen Sachverständigengutachtens bedarf es nicht, weil nach dem Ergebnis der
erstinstanzlichen Beweisaufnahme der Unfallablauf einschließlich der Einzelheiten im
Zusammenhang mit dem Hinausschleudern des Klägers aus dem Fond des Pkw des
Beklagten zu 1. hinreichend geklärt ist.
24
Der Kläger rügt schließlich auch ohne Erfolg, bei der Bewertung seines Mitverschuldens
sei die Vorschrift des § 828 Abs. 2 BGB unberücksichtigt geblieben (Bl. 290 d. A.).
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1. § 21 a Abs. 1 StVO schreibt – mit hier nicht einschlägigen Ausnahmen – das Anlegen
der für das betreffende Fahrzeug vorgeschriebenen Sicherheitsgurte vor. Nach den
Ausführungen des Sachverständigen N. war der Pkw Ford Sierra auf der hinteren
Sitzbank rechts an der Stelle, an welcher der Kläger seinen Sitz eingenommen hatte, mit
einem Dreipunktgurt ausgerüstet (Bl. 147 d. A.). Die Richtigkeit dieser Feststellung wird
von keiner Partei in Abrede gestellt.
26
2. a) Der Nutzen moderner Sicherheitsgurte überwiegt derart gegenüber denkbaren
Nachteilen, dass ein einsichtiger und verantwortungsbewusster Kraftfahrer sich nur
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dann verkehrsrichtig verhält, wenn er sich anschnallt (BGHZ 47, 25). Ein Verstoß gegen
die Gurtanlegungsvorschrift ist als ein Verschulden gegen sich selbst zu werten mit der
Folge einer zumindest anteiligen Mithaftung des Geschädigten für die Verletzungen, die
durch den Gurt vermieden worden wären. Es handelt sich um ein Mitverschulden bei der
Entstehung des Schadens im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB (Greger, Haftungsrecht des
Straßenverkehrs, 3. Aufl., § 9 StVG, Rdnr. 48 mit Hinweis auf BGHZ 74, 25, BGH VersR
1979, 532; BGH VersR 1980, 824 sowie BGH VersR 1981, 57 und weiteren
Rechtsprechungsnachweisen).
b) Gleiches gilt für die übrigen Insassen eines Kraftfahrzeuges. Deshalb ist gemäß § 49
Abs. 1 Nr. 20 a StVO das Nichtanlegen von Sicherheitsgurten – auch auf Rücksitzen –
eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit. Auch dem Insassen des eigenen
Kraftfahrzeuges kann der in Anspruch genommene Fahrer den Mitverschuldenseinwand
wegen Nichtanlegens des Gurtes entgegenhalten (Greger a.a.O., § 9 StVG, Rdnr. 49).
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3. a) Der Fahrer eines Kraftfahrzeuges ist einem Beifahrer gegenüber grundsätzlich
nicht dafür verantwortlich, dass dieser sich ordnungsgemäß anschnallt. Etwas anderes
kann für den Fall gelten, dass der Beifahrer bei Fahrteintritt schläft oder stark
alkoholisiert ist (Greger a.a.O., Anhang zu § 16 StVG, Rdnr. 170 mit
Rechtsprechungsnachweisen).
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b) Der Kläger macht jedoch nicht geltend, zu Beginn der Heimfahrt von der Diskothek
eingeschlafen gewesen zu sein. Er beschränkt sich auf den Vortrag, der Beklagte zu 1)
sei der Einzige der Fahrzeuginsassen gewesen, der keinen Alkohol zu sich genommen
habe und nicht bereits übermüdet gewesen sei (Bl. 294 unten d. A.). Im Falle der
unterstellten Richtigkeit dieses Vorbringens lässt sich daraus jedoch keine Fürsorge-
oder Garantenpflicht des Beklagten zu 1. dahingehend ableiten, dass er bei Fahrtantritt
die ordnungsgemäße Anlegung des Sicherheitsgurtes durch den Kläger hätte
sicherstellen müssen. Denn nach seinen eigenen Angaben ist davon auszugehen, dass
er im Anschluss an den Diskothekenbesuch in seiner Wahrnehmungs- und
Handlungsfähigkeit nicht in einer Weise beeinträchtigt war, die Fremdhilfe zur
Durchführung der erforderlichen Eigensicherung erforderlich gemacht hätte. Denn
anlässlich seiner informatorischen Befragung durch das Landgericht hat der Kläger
ausgeführt, er habe während der Fahrt immer wieder mit Interesse auf den Tacho
gesehen, weil er vorher noch nie so schnell gefahren sei (Bl. 81 d. A.). Daher war er auf
der Fahrt bis zu dem späteren Unfallort weder schlafend noch geistesabwesend und
damit insgesamt nicht hilfsbedürftig.
30
III.
31
Fehl geht der Einwand des Klägers, nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen
Beweisaufnahme verblieben Zweifel hinsichtlich des Ursachenzusammenhanges
zwischen dem Unterlassen der Sicherheitsgurtanlegung und den erlittenen
Verletzungen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen N. steht auch zur
Überzeugung des Senats fest, dass der Eintritt insbesondere der gravierenden
Schädelverletzungen des Klägers allein darauf zurückzuführen ist, dass er die
erforderliche Eigensicherung gemäß § 21 a Abs. 1 Satz 1 StVO unterlassen hatte. Wäre
er in der vorgeschriebenen Weise angeschnallt gewesen, wäre er nicht aus dem
Fahrgastraum des Pkw Ford Sierra hinausgeschleudert worden und nicht nach einer
Flug- und Rutschstrecke von ca. 60 m mit dem Körper aufgeschlagen. Allerdings ist dem
Kläger zuzugeben, dass im Rahmen der durch ihn erlittenen vielfältigen
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Unfallverletzungen eine Differenzierung nach körperlichen Beeinträchtigungen
vorzunehmen ist, die sich auch im Fall einer ordnungsgemäßen Anlegung des
Sicherheitsgurtes eingestellt hätten. Zu den letzteren zählen der Distorsionsschaden der
Halswirbelsäule sowie multiple Prellungen.
Die Unterscheidung führt im Ergebnis jedoch nicht dazu, dass die Mitschuldquote für die
Entstehung der zu unterscheidenden Verletzungsgruppen verschieden hoch zu
bewerten ist. Vielmehr bleibt für die Obliegenheitsverletzung des Klägers eine
einheitliche Quote festzusetzen. Bei deren Bemessung kommt es dem Kläger zugute,
dass bestimmte Verletzungsarten sich auch dann eingestellt hätten, wenn er
ordnungsgemäß angegurtet gewesen wäre. Auch hinsichtlich der Ursächlichkeit der
Unterlassung dieser Eigensicherung für den Eintritt konkreter körperlicher
Beeinträchtigungen ist der Sachverhalt nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen
Beweisaufnahme – insbesondere mit Rücksicht auf das unfallanalytische
Sachverständigengutachten – hinreichend aufgeklärt. Es besteht daher keine
Notwendigkeit zur Einholung eines weiteren Gutachtens.
33
1. In diesem Zusammenhang beruft sich der Kläger ohne Erfolg darauf, bei einer
Seitwärtskollision, wie im vorliegenden Fall, könne der Sicherheitsgurt seine
Schutzwirkung mangels Auslösung der Arretierungsfunktion von vornherein nicht
entfalten und wegen des Fehlens eines Gurtstraffers sei auch bei angelegtem
Dreipunktgurt das Herausschleudern seines Körpers vom hinteren Sitz nicht gänzlich
auszuschließen.
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a) Nach den Ausführungen des Sachverständigen kann nicht von einer Kollision mit
seitlicher Anstoßwirkung ausgegangen werden, bei welcher der Körper des Klägers
durch den Erstkontakt mit der Leitplanke eine Beschleunigung erfahren hat, deren
Richtung in einem mehr oder minder großen Winkel zu der Längsachse des Fahrzeuges
verlief. Denn der Sachverständige hat im Einzelnen plausibel dargelegt, dass der
Körper des Klägers nicht bewegungsdynamisch nach rechts abgelenkt wurde. Vielmehr
wurde er mit seiner Massenträgheit gegen die Rücklehne gedrückt mit der weiteren
Folge, dass wegen der fehlenden Gurtsicherung der Kläger über die
Rückenlehnenoberkante hinwegrutschte und durch die Heckscheibe hinaus wegen der
in diesem Moment gegebenen Bewegungsrichtung des Fahrzeuges in eine Flugbahn
geriet, die nahezu parallel zur Fahrbahnlängsachse verlief. Nach der Einschätzung des
Sachverständigen lässt die durch den Kläger nach dem Verlassen des Fahrzeuges
zurückgelegte Flug- und Rutschstrecke von ca. 60 m darauf schließen, dass er bei einer
Geschwindigkeit des Pkw von ca. 100 km/h hinausgeschleudert wurde. Nicht klären
konnte der Sachverständige lediglich, ob der Körper des Klägers oder derjenige des
Zeugen G, der wegen des nicht angelegten Beckengurtes kollisionsbedingt ebenfalls
auf die Fahrbahn geschleudert wurde, als erster die Heckscheibe durchstieß (Bl. 151 d.
A.).
35
b) Bei dieser Sachlage haben auf den Körper des Klägers keine für die
Arretierungsfunktion des Dreipunktgurtes möglicherweise neutralen
Querbeschleunigungskräfte eingewirkt. Vielmehr war der Körper einer
Bewegungsdynamik ausgesetzt, welche in der Richtung der Längsachse der
Rückenlehne nach oben wirkte und den Körper plötzlich aus dem Fahrgastinnenraum
drückte. Dieser Beschleunigungsmechanismus wäre jedoch von vornherein durch die
Rückhaltefunktion eines ordnungsgemäß angelegten Sicherheitsgurtes neutralisiert
worden. Mit anderen Worten: Der Kläger wäre dann – bezogen auf die Längsachse
36
seines Körpers – von unten nach oben gegen seine den seine Arretierungswirkung
entfaltenden Dreipunktgurt gedrückt worden, ohne dass es dabei auf das
Vorhandensein eines Gurtstraffers angekommen wäre.
c) Die Richtigkeit dieser Feststellung lässt sich anhand eines Vergleichs mit der
Kollisionsbeteiligung der Zeugin K. ermessen. Diese Zeugin saß, ebenso wie der
Kläger, im Fond des Fahrzeuges – jedoch im Gegensatz zu diesem mit einem
Dreipunktgurt angeschnallt auf der linken Seite. Unstreitig ist die Zeugin im
Fahrgastraum des Pkw Ford Sierra verblieben und sie hat das gesamte
Unfallgeschehen mit nur einer Verletzung, nämlich einem Trauma der Halswirbelsäule,
überstanden (Bl. 3 UA; Bl. 263 d. A.). Wäre die Zeugin nicht ordnungsgemäß gesichert
gewesen, wäre es ihr aller Wahrscheinlichkeit nach ebenso wie dem Kläger und dem
Zeugen G. ergangen.
37
2. Die Kausalität der Unterlassung der Anlegung des Sicherheitsgurtes für die fragliche
Verletzungsfolge muss feststehen. Die Beweislast trägt insoweit der Schädiger (Greger
a.a.O., § 9 StVG, Rdnr. 59). Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme
steht fest, dass – abgesehen von den typischen Verletzungen im Zusammenhang mit
der Rückhaltefunktion eines Sicherheitsgurtes, hier einer Distorsion der Halswirbelsäule
und multipler Prellungen – alle übrigen Verletzungen des Klägers erst aus Anlass des
Hinausschleuderns aus dem Fahrgastinnenraum entstanden sind. Stellt der Verletzte
die Behauptung auf, bei angelegtem Gurt wären andere Verletzungen entstanden, so
beruft er sich auf einen hypothetischen Kausalablauf, für den er beweispflichtig ist
(Greger a.a.O., § 9 StVG, Rdnr. 61; OLG Karlsruhe DAR 1990, 342 jeweils mit Hinweis
auf BGH NJW 1980, 2125 = BGH VersR 1980, 824). In diesem Kontext ist die
Behauptung des Klägers zu sehen, wäre er angeschnallt gewesen, wäre er durch den
Aufprall seines Schädels gegen den Dachholm des Kraftfahrzeuges der Gefahr so
erheblicher Schädel- und Halswirbelsäulenverletzungen ausgesetzt gewesen, dass
eine Todesfolge oder zumindest die Möglichkeit einer 100 %igen Behinderung nicht
auszuschließen gewesen wäre (Bl. 293 d. A.). Ein derartiger hypothetischer Ablauf der
Bewegungsdynamik für den Fall einer Sicherung des Klägers durch den Dreipunktgurt
ist jedoch nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen N.
ausgeschlossen, ohne dass es noch einer weiteren Sachaufklärung durch Einholung
eines medizinischen Sachverständigengutachtens bedarf.
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a) Zwar verhindert das eng am Körper anliegende Gurtband nicht, dass die
Extremitäten, wie etwa der Kopf, relativ frei beweglich bleiben und auch – wie der
Sachverständige dargelegt hat – kollisionsbedingt eine Bewegung vollführen können,
die möglicherweise zu einem Anprall gegen Teile der Fahrgastzelle führt (Bl. 150 d. A.).
Die durch ihn von der Fahrgastzelle gefertigten Lichtbilder lassen jedoch erkennen,
dass die Fondpassagiere in dem Pkw Ford Sierra noch so viel Kopffreiheit zum
Dachabschlussblech hatten, dass eine kollisionsbedingte Aufwärtsbewegung in
Richtung der Körperlängsachsen rechtzeitig durch die Haltefunktion der
Sicherungsgurte aufgefangen worden wäre mit der Folge einer Vermeidung von
Kopfverletzungen. Dies wird – wie bereits ausgeführt – am Beispiel der angeschnallt
gewesenen Zeugin K. deutlich, die unstreitig keine derartige Verletzung erlitten hat.
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b) In diesem Zusammenhang wendet der Kläger ohne Erfolg ein, die Tatsache des
Ausbleibens einer erheblichen Verletzung der Zeugin K. sei kein Indiz dafür, dass es
ihm ebenso ergangen wäre, weil die Zeugin aufgrund der Pendelbewegung ihres
Körpers/Kopfes nach rechts – im Gegensatz zu ihm – keine Aufprallfläche vorgefunden
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habe (Bl. 293 unten d. A.). Dieser Einwand verfängt schon deshalb nicht, weil sich nicht
feststellen lässt, dass der Körper des Klägers bei der Erstkollision mit der Leitplanke
eine irgendwie geartete Beschleunigungswirkung nach rechts erfahren hat. Diese
Zusammenhänge hat der Sachverständige auch anschaulich anhand seiner
Unfallzeichnung (Bl. 154 d. A.) dargestellt: Danach hat auf den Körper des Klägers bei
dem Erstaufprall (Position A) eine nach hinten gerichtete Kraft eingewirkt, die ihn
sogleich durch den großen Ausschnitt des Heckfensters aus dem Fahrgastinnenraum
hinaus beförderte und ihn in eine Flugbahn nahezu parallel zur Fahrbahnlängsachse
versetzte. Nur so ist die auch zeichnerisch festgehaltenen unstreitige Tatsache zu
erklären, dass der Kläger am Ende der Flug- und Rutschstrecke in eine Endlage auf der
zuvor durch den Beklagten zu 1. benutzten Überholspur geriet.
c) Die die schweren Kopfverletzungen des Klägers verhindernde Wirkung des
Dreipunktsicherheitsgurtes lässt sich zudem am Beispiel des Beifahrers des Beklagten
zu 1., des Zeugen R., verifizieren. Dieser blieb unstreitig unverletzt (Bl. 263 d. A.). Hätte
sich die von dem Kläger behauptete Pendelbewegung der Körper- bzw. der Köpfe der
Fahrzeuginsassen nach rechts mit gefährlichen Seitenaufprallfolgen ergeben, wäre
kaum nachvollziehbar, dass der Zeuge eine derartig fatale Bewegungsdynamik
unverletzt überstanden hätte. Er hätte dann nämlich mit seinem Kopf – da auf der selben
Fahrzeugseite wie der Kläger sitzend – ebenfalls gegen den Dachholm oder zumindest
gegen die Seitenscheibe stoßen müssen.
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d) Die durch den Sachverständigen von dem verunfallten Pkw Ford Sierra
aufgenommenen Lichtbilder lassen die Richtigkeit seiner Darlegung erkennen, die
Fahrgastzelle sei im Prinzip vollständig intakt geblieben (Bl. 146, 152 d. A.).
Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der hintere rechte Dachbereich (C-Säule) von
einem Einknickschaden betroffen war, der eine erhebliche Kopfverletzung des Klägers
zur Folge hätte haben können.
42
3. a) Damit kann im Ergebnis festgestellt werden, dass der Kläger im Falle einer
ordnungsgemäßen Anlegung des Sicherheitsgurtes unfallbedingt als Verletzungen nur
die in Folge dieser Sicherungsmaßnahme typischen Verletzungen erlitten hätte. Die
Angabe des Sachverständigen, insoweit habe es sich um die Distorsion der
Halswirbelsäule sowie um multiple Körperprellungen gehandelt, erscheint nach den
einschlägigen Erfahrungen des Senats mit seiner Spezialzuständigkeit für
Kraftfahrzeug-Unfallsachen zutreffend.
43
b) Im Ergebnis kann dahinstehen, ob die schweren Schädelverletzungen des Klägers,
nämlich die linksseitige Kalottenfraktur sowie das linksseitige epidurale Hämatom,
bereits dadurch entstanden sind, dass er mit seinem Kopf die Heckscheibe
durchschlagen hat oder ob diese Beeinträchtigungen erst bei dem Auftreffen des
Schädels auf die Fahrbahn verursacht wurden. Entscheidend ist jedenfalls, dass der
Kopf des Klägers unversehrt geblieben wäre, wenn der angelegte Sicherheitsgurt
seinen Körper auf dem Sitzplatz im Fond des Fahrzeuges zurückgehalten hätte.
44
c) Allerdings spricht der Umstand, dass die in dem Gutachten der medizinischen
Sachverständigen Dr. K.-H.aufgezählten Verletzungen des Schädels und ihre Folgen
ausschließlich linksseitig aufgetreten sind (Schädelkapselbruch links am Scheitelbein,
linksseitiges epidurales Hämatom, Schwächung Gesichtsmuskulatur links,
Kopfschmerzen vorn am Kopf links lokalisiert, Bl. 169, 170, 173) in Verbindung mit der
durch den Aufprall auf die Fahrbahn entstandenen Schmutztätowierung am linken
45
Jochbein (Bl. 171 d. A.) für die Annahme, dass sich sämtliche Kopfverletzungen
ebenfalls erst durch den Fahrbahnkontakt des Klägers eingestellt haben. Außer Zweifel
steht, dass die tiefen Hautablederungen an den Kniegelenken, an der rechten Hand, an
der Stirn und am Jochbein erst dadurch entstanden sind, dass der Körper des Klägers
die durch den Sachverständigen N. beschriebene Rutschbewegung auf der Fahrbahn
vollzogen hat.
IV.
46
1. Grundsätzlich ist zu beachten, dass das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes je nach
der Art des Unfalls und der dabei erlittenen Verletzungen sich nicht stets in der gleichen
Weise auswirkt. Die Ursächlichkeit dieses Versäumnisses kann selbst innerhalb des
selben Unfallgeschehens für das Ausmaß der eingetretenen Schäden verschieden sein
(BGH NJW 1980, 2125). Die unterschiedliche Auswirkung eines Verstoßes gegen die
Gurtanlegepflicht ergibt sich aus der naheliegenden Überlegung, dass häufig im Verlauf
eines Verkehrsunfalls auch Schäden eintreten, die von diesem Pflichtverstoß nicht
beeinflusst sind, weil sie in gleicher Weise und in gleichem Umfang auch entstanden
wären, wenn der Verletzte angegurtet gewesen wäre (BGH a.a.O.). Diese "Ohnehin-
Verletzungen" betreffen hier die Distorsion der Halswirbelsäule sowie die durch den
Kläger erlittenen Prellungen.
47
2. Gleichwohl ist die Quote für die Bemessung des Mitverschuldensanteils einheitlich
festzusetzen. Der Umstand, dass der Kläger nicht angegurtet war, hat sich für die durch
ihn erlittenen Verletzungen zwar unterschiedlich ausgewirkt. Dies zwingt jedoch nicht
dazu, die Mitschuldquote für jede der beiden Verletzungsgruppen verschieden hoch zu
bewerten. Zum einen stellt § 254 Abs. 1 BGB auf eine Gesamtbetrachtung der
Schadensentstehung ab. Unabhängig davon ist es aus Gründen praktischer
Handhabung geboten, bei verschiedener Auswirkung des Nichtangurtens auf einzelne
Verletzungen unter Abwägung aller Umstände auf eine einheitliche Mitschuldquote zu
erkennen (BGH a.a.O.).
48
3. Für deren Bemessung sind das Ausmaß der Verursachungsbeiträge des Schädigers
und des Verletzten einschließlich der dem ersteren zuzurechnenden Betriebsgefahr
sowie das Ausmaß der wechselseitigen Pflichtwidrigkeiten zu berücksichtigen
(Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36 Aufl., § 21 a StVO, Rdnr. 9 b). In
Durchschnittsfällen ist wegen des Nichtanschnallens zu Lasten des Geschädigten eine
Kürzung von 20 bis 25 % in Ansatz zu bringen (Hentschel a.a.O. mit zahlreichen
Rechtsprechungsnachweisen). Hat das Unterlassen des Gurtanlegens gegenüber dem
Verursachungs- und Verschuldensbeitrag des Schädigers erhebliches Gewicht, können
durchaus Kürzungen von 50 % oder höher gerechtfertigt sein (Greger a.a.O., § 9 StVG,
Rdnr. 62 mit Hinweis auf BGH VersR 1981, 57).
49
a) Zu Lasten des Beklagten zu 1. muss die Tatsache Berücksichtigung finden, dass er
ausweislich der Bekundung des Zeugen G. "noch nicht allzu lange" die Fahrerlaubnis
hatte und er deswegen nach dem Eindruck des Zeugen "nicht sehr sicher" fuhr (Bl. 123
d. A.). Gleichwohl hat der Beklagte zu 1. sich nach der weiteren Schilderung des
Zeugen nicht veranlasst gesehen, den Pkw Ford Sierra auf der Autobahn mit der
gebotenen Zurückhaltung zu steuern. Dies ergibt sich insbesondere aus der Tatsache,
dass der Beklagte zu 1. nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme trotz ungünstiger
Straßenverhältnisse (Dunkelheit, Regennässe, kurvenförmiger Verlauf) keine Bedenken
hatte, auf der Autobahn einen Pkw der Marke Citroen 2 CV, der nach den Angaben
50
seiner Insassen ca. mit 100 km/h fuhr, mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von
mindestens ca. 150 km/h zu überholen. Da der Beklagte zu 1. im Zuge dieses
gescheiterten Fahrmanövers die Gewalt über das Fahrzeug verlor und es sodann
unkontrolliert gegen die Mittelleitplanke prallte, war die Betriebsgefahr des Pkw
außerordentlich hoch.
b) Andererseits kommt der dem Kläger anzulastenden Obliegenheitsverletzung
ebenfalls ein ganz erhebliches Gewicht zu.
51
aa) Nach der Schilderung des Zeugen R. war der Beklagte zu 1. auf den letzten
Kilometern vor der späteren Unfallstelle bis zu 200 km/h schnell gefahren (Bl. 119 d. A.).
Dem Kläger waren die hohen Geschwindigkeiten nicht entgangen, da er nach seiner
eigenen Schilderung – er war zuvor noch nie so schnell gefahren – immer wieder auf
den Tachometer gesehen hatte (Bl. 81 d. A.). Die Fahrweise des Klägers vermittelte
dem Zeugen G. ein Gefühl der Unsicherheit. Trotz dieser erkennbaren Warnanzeichen
sah sich der Kläger nicht veranlasst, seinen Sicherheitsgurt anzulegen.
52
bb) Bezogen auf das Gesamtbild der bei dem Kläger unfallbedingt eingetretenen
Verletzungen stellen sich die Beeinträchtigungen, die er auch bei angelegtem
Sicherheitsgurt davongetragen hätte (HWS-Distorsion, Prellungen), als Schäden
minderer Bedeutung dar. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger in
Folge der Kalottenfraktur und des epiduralen Hämatoms neurologische
Ausfallerscheinungen in Form von schweren Aufmerksamkeitsstörungen hinnehmen
musste, die unter anderem zu der Notwendigkeit einer Wiederholung der 11.
Schulklasse führten. Diese gravierenden Konsequenzen hat der Kläger jedoch wegen
des Unterlassens der naheliegenden Schutzmaßnahme der Anlegung des
Sicherheitsgurtes selbst verschuldet. Dem gegenüber waren alle übrigen
Fahrzeuginsassen – mit Ausnahme des Zeugen G. – angegurtet.
53
cc) Im Ergebnis erscheint es deshalb gerechtfertigt, das durch die Bildung einer
einheitlichen Mithaftungsquote zu berücksichtigende Eigenverschulden des Klägers mit
einem Anteil von 50 % zu berücksichtigen.
54
c) Der Kläger macht ohne Erfolg geltend, im Hinblick auf die Vorschrift des § 828 Abs. 2
BGB alter Fassung dürfe zu seinen Lasten kein Mitverschuldensanteil
anspruchsmindernd in Ansatz gebracht werden. Dieser Vorschrift gemäß ist derjenige,
der das 7., aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat, für einen Schaden, den er einem
anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden
Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Bei
der Abwägung des Mitverschuldens nach § 254 BGB ist § 828 Abs. 2 BGB
entsprechend anzuwenden. Maßgebend ist auch hier die Einsicht, die zur Erkenntnis
der Gefährlichkeit des eigenen Verhaltens erforderlich ist (Palandt/Thomas, Kommentar
zum BGB, 62. Aufl., § 828 Rdnr. 4).
55
Der Kläger war zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens 17 Jahre und vier Monate alt.
Seinem eigenen Vorbringen zufolge war er ein Schüler der gymnasialen Oberstufe mit
überschnittlich guten Leistungen (Bl. 13 d. A.). Zwar ist er – wie die erstinstanzliche
Beweisaufnahme ergeben hat – vor Fahrtantritt durch den Beklagten zu 1. nicht dazu
angehalten worden, den Sicherheitsgurt anzulegen. Auch mag der Kläger seinem
weiteren Vorbringen zufolge generell nicht über die Notwendigkeit der Anlegung eines
Sicherheitsgurtes aufgeklärt worden sein. Dies ändert jedoch nichts daran, dass sich
56
ihm mit Rücksicht auf sein fortgeschrittenes Alter und seinen Ausbildungsstand die
Erforderlichkeit der Eigensicherung mit dem Dreipunktgurt förmlich hätte aufdrängen
müssen, zumal die Mehrzahl der Fahrzeuginsassen angegurtet war. Dies gilt um so
mehr mit Rücksicht auf die Tatsache, dass dem Kläger die riskante und gleichzeitig
unsichere Fahrweise des Beklagten zu 1. auf der Autobahn nicht verborgen geblieben
war.
V.
57
1. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die für die Bemessung der
Höhe des Schmerzensgeldanspruches des Klägers zu berücksichtigenden
Unfallbeeinträchtigungen und deren Folgen zutreffend dargestellt. Zur Vermeidung von
Wiederholungen wird insoweit auf die Gründe des Urteils Bezug genommen (Bl. 13/16
UA; Bl. 273/276 d. A.).
58
2. In Abweichung von der durch das Landgericht vertretenen Ansicht ist der Senat
jedoch der Überzeugung, dass dem Kläger der Nachweis für die Richtigkeit seiner
Behauptung gelungen ist, er leide an chronischen Kopfschmerzen als Dauerfolge der
Schädelverletzungen.
59
a) Bereits in dem durch die Beklagten zu den Akten gereichten Bericht des Oberarztes
des Kreiskrankenhauses Grevenbroich vom 8. September 1998 ist zu Ziffer 13
ausgeführt, als Dauerfolgen des Unfalles blieben unter anderem chronische
Kopfschmerzen zurück (Bl. 53 d. A.). In der Stellungnahme der Klinik für Plastische
Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie der technischen Hochschule Aachen vom
25. September 1998 wird dem Kläger zu Ziffer 7.8 das Fehlen von Simulations- oder
Aggravationstendenzen bescheinigt (Bl. 23 d. A.). Auch die durch das Landgericht
beauftragte neurologische Sachverständige Dr. K-H. führ in ihrem nervenärztlichen
Gutachten vom 19. Februar 2001 aus, bei dem Kläger bestünden keine Anhaltspunkte
für eine Verdeutlichungstendenz (Bl. 177 d. A.).
60
b) Nach Lage der Dinge besteht deshalb kein Anlass, die Richtigkeit der durch den
Kläger gegenüber der Sachverständigen geäußerten Klage in Zweifel zu ziehen, er
leide unter fast täglich auftretenden Kopfschmerzen mit einer Lokalisation am Kopf vorn
links, wobei es sich um ein Stechen von maximal von 15-minütiger Dauer handele (Bl.
173 d. A.). Stimmig ist in diesem Zusammenhang die durch den Kläger angegebene
linksseitige Lage des Schmerzzentrums, da die Kalottenfraktur in Verbindung mit dem
epiduralen Hämatom ebenfalls im Bereich der linksseitigen Schädelhälfte eingetreten
ist.
61
c) Zwar führte die Sachverständige aus, dass sich der durch den Kläger angegebene
Kopfschmerz weder klinisch noch röntgenologisch objektivieren lasse (Bl. 182 d. A.).
Andererseits stellt auch die Sachverständige nicht in Abrede, dass in Folge einer
Operation mit einer Entfernung und Wiedereinsetzung eines Teils der Schädelkapsel
auch Kopfschmerzen mit abklingender Stärke und Häufigkeit auftreten können (Bl. 197
d. A.). Nach den weiteren Ausführungen der Sachverständigen in ihrem
Ergänzungsgutachten vom 12. November 2001 lässt das Fortbestehen der
Beschwerden den Verdacht aufkommen, dass zu dem unfallbedingten Schädel-
Hirntrauma andere Ursachen hinzugekommen oder in den Vordergrund getreten sind,
die das Persistieren des Beschwerdebildes bedingen (Bl. 197 d. A.). Zwar sah sich die
Sachverständige ohne Vorbefunde aus der Zeit vor dem Unfall nicht in der Lage zu
62
entscheiden, "ob es sich um einen erworbenen oder einen anlagemäßigen Befund
handelt" (Bl. 198 d. A.).
d) Indes kann im Ergebnis die Entscheidung dieser Tatsachenfrage dahinstehen.
Entscheidend ist jedenfalls, dass die Ausführungen der Sachverständigen für die
Feststellung zumindest einer Mitursächlichkeit des Schädel-Hirntraumas hinsichtlich der
wiederkehrenden Schmerzen in der linken Schädelhälfte reichen. Selbst wenn der
Kläger vor dem Unfallereignis einen sich nunmehr ebenfalls ursächlich auswirkenden
Vorschaden im Schädelbereich gehabt haben sollte, stünde dies einer Einstandspflicht
der Beklagten im Rahmen der §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB für die durch den Kläger
angegebenen Beeinträchtigungen nicht entgegen. Denn der Schädiger kann zur
Begrenzung seiner schadensersatzrechtlichen Verantwortung nicht für sich in Anspruch
nehmen, dass die Folgen seiner Verletzungshandlung so zu bewerten sind, als habe
diese eine in jeder Hinsicht gesunde Person getroffen.
63
e) Letztlich ist zu berücksichtigen, dass die hier streitige Frage der haftungsausfüllenden
Kausalität zuzuordnen ist, da sie ausschließlich die Höhe des berechtigten klägerischen
Schmerzensgeldverlangens betrifft. Dem Kläger kommt deshalb die
Beweismaßerleichterung des § 287 ZPO zugute, wonach für die Feststellung eines
Ursachenzusammenhanges zwischen Verletzungshandlung und einer bestimmten
Folgebeeinträchtigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt. Zumindest eine
solche ist nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme zu bejahen.
64
2. Entgegen der durch das Landgericht vertretenen Auffassung sind die unfallbedingten
immateriellen Beeinträchtigungen des Klägers durch die vorprozessuale Zahlung der
Beklagten zu 2. im Umfang von 8.000,00 DM nicht abgegolten.
65
a) Neben der Dauerbeeinträchtigung durch die verbleibenden Kopfschmerzen muss
insbesondere auch die durch das Landgericht als erwiesen erachtete Tatsache
Berücksichtigung finden, dass der Kläger wegen unfallbedingter Aufmerksamkeits- und
Konzentrationsstörungen ein ganzes Schuljahr verloren hat und die 11. Klasse
wiederholen musste. Ausweislich eines Attestes des Neurologen Dr. W. vom 23. März
1998 (Bl. 27 d. A.) war das bei dem Kläger in Folge der Schädelverletzung eingetretene
Krankheitsbild so ausgeprägt, dass eine komplexe neurologische Therapie mit
Schwerpunkt Neuropsychologie erforderlich wurde. Zutreffend ist die Feststellung im
angefochtenen Urteil, dass die neurologischen Ausfallerscheinungen des Klägers nicht
über den 8. Dezember 1998 hinaus andauerten (Bl. 15 UA; Bl. 275 d. A.). Mit der
Notwendigkeit der Wiederholung der 11. Klasse war für den Kläger unstreitig auch ein
Schulwechsel verbunden. Berücksichtigt man schließlich die langandauernden
Krankenhaus- und Therapiebehandlungen sowie die als Dauerfolge verbliebenen
Teilsteife des kleinen linken Fingers, erscheint ein Schmerzensgeldbetrag von
30.000,00 DM für den Fall einer uneingeschränkten Haftung des Beklagten zu 1.
angemessen. Da er sich eine Mitverschuldensquote von 50 % zurechnen lassen muss,
verbleibt ein Rest von 15.000,00 DM. Abzüglich der unstreitigen vorprozessualen
Zahlung der Beklagten zu 2. von 8.000,00 DM macht die begründete Ersatzverpflichtung
der Beklagten im Ergebnis den Betrag von 7.000,00 DM, entsprechend 3.579,04 €, aus.
66
b) aa) Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat der Senat jedoch
unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger seinem streitigen Vorbringen zufolge
unfallbedingt nicht mehr in der Lage ist, seinen auf die Aufnahme einer
Minensuchertätigkeit gerichteten Berufswunsch zu realisieren. Ausweislich seines
67
Rechtsmittelvorbringens sollte eine Verwendung als Minentaucher bzw.
Kampfschwimmer im Rahmen einer Verpflichtung als Berufssoldat bei der Bundeswehr
erfolgen (Bl. 295 d. A.). Ob der Kläger aber unabhängig von seinen Beeinträchtigungen
durch die Unfallverletzungen überhaupt als Minensucher oder Schwimmkombattant bei
der Bundeswehr Aufnahme gefunden hätte, ist völlig offen, auch wenn er sich
diesbezüglich schon mit einschlägigem Informationsmaterial versorgt haben mag.
bb) Bei der Schmerzensgeldbemessung musste andererseits im Rahmen der
Ausgleichsfunktion der Tatsache Rechnung getragen werden, dass der Betrag auch
eine Kompensation für alle eventuellen künftigen immateriellen Beeinträchtigungen des
Klägers zum Gegenstand haben muss. Sein zweitinstanzliches Feststellungsbegehren
umfasst nicht mehr – worauf die Beklagten in ihrer Berufungserwiderung zu Recht
hinweisen – künftige immaterielle Schäden. Wegen der Schwere der erlittenen
Schädelverletzungen besteht für deren Eintritt eine gewisse Wahrscheinlichkeit.
68
VI.
69
Zulässig und begründet ist schließlich auch das auf zukünftige materielle Schäden
gerichtete Feststellungsbegehren des Klägers.
70
1. Wird die Feststellung der Pflicht zum Ersatz künftigen Schadens aus einer bereits
eingetretenen Rechtsgutverletzung beantragt, so reicht für das Feststellungsinteresse
die Möglichkeit eines Schadenseintritts aus, die nur dann verneint werden darf, wenn
aus der Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem
Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH NJW 2001, 1431). Allein schon im
Hinblick auf die Teilbeeinträchtigung des kleinen linken Fingers des Klägers und einer
damit möglicherweise verbundenen – wenn auch geringfügigen – Beeinträchtigung
seiner Erwerbsfähigkeit ist mit dem Entstehen künftiger materieller Schäden zumindest
zu rechnen.
71
Ein auf zukünftige Schäden gerichteter Feststellungsantrag ist jedenfalls dann
begründet, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes gegeben ist
(BGH VersR 1997, 1508, 1509 m.w.N.). Auch diese Wahrscheinlichkeitsprognose lässt
sich wegen der Schwere der unfallbedingten Verletzungsfolgen treffen. Der Kläger hat
unfallbedingt unter anderem erhebliche Schädelverletzungen mit Hirnbeteiligung
davongetragen. Nicht zuletzt aufgrund des Umstandes, dass ihm Kopfschmerzen als
Dauerfolgen verblieben sind, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den künftigen
Eintritt unfallbedingter materieller Schäden, möglicherweise im Zusammenhang mit
einer Minderung seiner Erwerbsfähigkeit.
72
2. Allerdings muss bei dem Feststellungsausspruch auch der auf den Kläger entfallende
Mitverschuldensanteil Berücksichtigung finden.
73
VII.
74
Der Kläger hat erstinstanzlich sein Feststellungsbegehren ohne eine irgendwie geartete
Einschränkung formuliert. Denn er hat beantragt festzustellen, dass die Beklagten als
Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm jedweden künftigen aus dem Unfallereignis vom
1. März 1998 herrührenden Schaden zu ersetzen (Bl. 7 UA; Bl. 267 d. A.). Ausweislich
seiner Berufungsbegründung beschränkte er nunmehr seinen Feststellungsantrag auf
künftige materielle Schäden (Bl. 289 d. A.). Die Beklagten machen zu Recht geltend,
75
dass in dem Berufungsantrag eine teilweise Klageeinschränkung zu sehen ist. Diese
läuft darauf hinaus, dass der Kläger sein Feststellungsbegehren hinsichtlich künftiger
immaterieller Schäden nicht weiterverfolgt, sondern er insoweit die klageabweisende
Entscheidung des Landgerichts hinnimmt (Bl. 307 d. A.).
Dieser Umstand muss sich bei der zweitinstanzlichen Kostenentscheidung auswirken,
die – bezogen auf beide Instanzen - auf den Vorschriften der §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1
und hinsichtlich des Berufungsrechtszuges auch auf § 97 Abs. 1 ZPO beruht.
76
Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§
708 Nr. 10, 713 ZPO.
77
Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt 25.338,70 € (15.338,70 € +
10.000,00 €). Die Beschwer des Klägers beträgt 16.759,66 € und diejenige der
Beklagten 8.579,04 €.
78
In Anwendung der Vorschrift des § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG wird der Gegenstandswert für
den ersten Rechtszug in Abänderung der Streitwertentscheidung am Ende der
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils auf insgesamt 35.338,70 € festgesetzt.
Zusätzlich zu dem bereits in erster Instanz geltend gemachten
Schmerzensgeldverlangen von 15.338,70 € ist zu berücksichtigen, dass der Kläger vor
dem Landgericht einen Feststellungsantrag gestellt hat, der sowohl materielle Schäden
(Anteil: 10.000,00 €) als auch immaterielle Schäden (Anteil: 5.000,00 €) umfasste.
79
Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543
Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
80
Dr. E.t K. E.
81