Urteil des OLG Düsseldorf vom 24.02.2010

OLG Düsseldorf (begründung, frist, beschwerde, zustellung, gebühr, ermessensfehler, amt, aufhebung, zusammenschluss, verletzung)

Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-Kart 11/09 (V)
Datum:
24.02.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Kartellsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
VI-Kart 11/09 (V)
Tenor:
I.
Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Gebührenfestsetzungsbe-
schluss des Bundeskartellamtes vom 20. November 2009 wird auf ihre
Kosten zurückgewiesen.
II.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
III.
Gegenstandswert der Beschwerde: 2.500 €.
1.
Gründe
1
2
I.
3
Die Beteiligte ist ein Verlag, der drei sog. Special-Interest-Zeitschriften im Bereich
Oldtimer-Fahrzeuge herausgibt und damit im Jahr 2008 Vertriebserlöse von ca. … Mio.
€ und Anzeigenerlöse von ca. … Mio. € erwirtschaftete. Gesellschafter der Beteiligten ist
die V. GmbH, M., deren Anteile zu ...% die P. GmbH&Co. KG (im Folgenden P.) hält. Im
letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr 2007 erzielte diese - nahezu ausschließlich in
Deutschland - einen Umsatz von … Mio. €.
4
Im Oktober 2009 meldete die Beteiligte beim Bundeskartellamt an, dass sie
beabsichtige, von dem Verlag E. die Zeitschrift "…" zu erwerben, die sich mit
5
Nutzfahrzeug-Oldtimern befasst. E. ist ein Verlag, der Publikationen für den Bereich
Transportwesen und Nutzfahrzeuge herausgibt und entsprechende Messen organisiert.
Der Umsatz des Verlages mit "…" belief sich im Jahr 2008 auf … €, von denen … € auf
Vertriebs- und … € auf Anzeigenerlöse entfielen.
Auf dem Lesermarkt und dem Anzeigenmarkt für Zeitschriften für Oldtimer Fahrzeuge
entsprechen die Umsatzerlöse mit den Zeitschriften der Beteiligten einem Marktanteil
von … % und die Umsatzerlöse mit "…" einem Marktanteil von … %.
6
Mit Schreiben vom 9. November 2009 teilte das Bundeskartellamt der Beteiligten mit,
dass das angemeldete Zusammenschlussvorhaben nicht die
Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfülle.
7
Durch Beschluss vom 20. November 2009 setzte es die Verfahrensgebühr auf 5.000 €
fest. Gegen die Gebührenfestsetzung wendet sich die Beteiligte mit ihrer Beschwerde.
Sie begehrt eine Gebührenreduzierung auf 2.500 €.
8
II.
9
Die zulässige Beschwerde der Beteiligten ist nicht begründet.
10
Die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr von 5.000 € für die Anmeldung entspricht den
gesetzlichen Voraussetzungen und lässt keinen Ermessensfehler erkennen.
11
In Verfahren vor den Kartellbehörden werden gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 GWB für die in
Satz 2 dieser Vorschrift genannten "gebührenpflichtigen Handlungen" Gebühren zur
Deckung der Verwaltungskosten erhoben. Zu den gebührenpflichtigen Handlungen
gehört die Anmeldung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 39 GWB. Die Höhe
der Gebühren bestimmt sich gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 GWB nach dem personellen und
sachlichen Aufwand der Kartellbehörde unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen
Bedeutung, die der Gegenstand der gebührenpflichtigen Handlung hat. Dabei ist
innerhalb des Gebührenrahmens dem durchschnittlichen Fall die Mittelgebühr als
angemessene Gebühr zuzuordnen. Bei geringerer Bedeutung ist der Mittelwert
entsprechend herabzusetzen. Aus der gesetzlichen Ausgestaltung als Rahmengebühr
folgt ferner, dass die Kartellbehörde bei der Festsetzung der Höhe ein Ermessen hat.
Demzufolge ist die gerichtliche Überprüfung von Gebührenfestsetzungen nur auf
Ermessensfehler gerichtet (vgl. Senat, Beschluss vom 25.4.2000, Kart 2/00 (V) m.w.N.).
Hinzu kommt, dass der Kartellbehörde hinsichtlich des in § 80 Abs. 2 S. 1 GWB
enthaltenen wichtigen Bemessungskriteriums der "wirtschaftlichen Bedeutung" des
Gegenstands der gebührenpflichtigen Handlung ein Bewertungsspielraum zukommt.
Die gerichtliche Aufhebung eines angefochtenen Gebührenbescheids kann daher nur in
Betracht kommen, wenn das die Gebührenfestsetzung bestimmende Äquivalenzprinzip
gröblich verletzt ist (vgl. Senat a.a.O. m.w.N., ferner KG WuW/E OLG 5259, 5261 –
Kleinhammer; KG WuW/E OLG 5287, 5288 - Finanzbeteiligung Gebühr).
12
Zwar genügt die Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht den gesetzlichen
Anforderungen. Dies führt aber nicht dazu, dass die Beschwerde allein wegen des
Begründungsmangels Erfolg hätte.
13
Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 GWB sind Verfügungen der Kartellbehörde zu begründen,
damit der Betroffene wie das Beschwerdegericht in der Lage sind, die kartellrechtliche
14
Anordnung in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht einer Rechtmäßigkeitskontrolle zu
unterziehen. Die Entscheidung muss dementsprechend analog § 39 Abs. 1 Satz 2
VwVfG die tragenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe erkennen lassen (vgl. Senat
WuW/E DE-R 1993; 1999 - Außenwerbeflächen; Karsten Schmidt in
Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, GWB, 4. Aufl., § 61 Rdnr. 13, 14 m.w.N.).
Der Beschluss des Bundeskartellamtes entspricht diesen Anforderungen nicht. Er stellt
lediglich unter Berufung auf die Kriterien der Gebührenbemessung fest, die
wirtschaftliche Bedeutung der Sache wie auch der personelle und sachliche Aufwand
des Amtes hätten erheblich unter dem Durchschnitt gelegen. Dies begründet lediglich
näher, weshalb von der mittleren Gebühr nach unten abzuweichen war, lässt jedoch
nicht die tragenden Erwägungen erkennen, aufgrund deren das Amt eine Gebühr von
5.000 € für angemessen und gerechtfertigt hielt.
15
Dieses Versäumnis hat indes nicht zur Folge, dass die angefochtene Entscheidung
aufgehoben werden muss. Der Begründungsmangel ist nämlich entsprechend § 45 Abs.
1 Nr. 2 VwVfG dadurch geheilt worden, dass das Bundeskartellamt in seiner
Beschwerdeerwiderung eine ausführliche Begründung der Gebührenbemessung
nachgeholt hat (vgl. Senat, Beschl. v. 15.1.2007 – VI-Kart 17/06 (V) – Umdruck Seite 7;
Beschl. v. 16.12.2002 – Kart 25/02 (V) – Umdruck Seite 14).
16
Ausgehend von der nunmehr den Anforderungen der §§ 61 Abs. 1 Satz 1 GWB, 39 Abs.
1 Satz 2 VwVfG genügenden Begründung der Gebührenfestsetzung ist weder dargetan
noch ersichtlich, dass dem Amt dabei ein Bewertungs- und/oder Ermessensfehler
unterlaufen wäre. Es hat einerseits die wirtschaftliche Bedeutung des
Zusammenschlussvorhabens und den Verwaltungsaufwand rechts- und
ermessenfehlerfrei als erheblich unterdurchschnittlich bewertet und deshalb die aus §
80 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GWB folgende Mittelgebühr von 25.000 € auf ein Fünftel
herabgesetzt. Zutreffend hat das Amt aber auch darauf verwiesen, dass sowohl die
Größe des erwerbenden Unternehmens wie auch die nicht unerheblichen
Inlandsumsätze und Marktanteile der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung dazu führen, dass die Bedeutung
der Angelegenheit nicht am untersten Rand des Gebührenrahmens anzusiedeln ist. Die
Umsätze und Marktstellung der Beteiligten sind gewichtige Anhaltspunkte für die
Bewertung ihres wirtschaftlichen Interesses an dem Zusammenschluss. Die
Einschätzung und Wertung des Amtes, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen in
vollem Umfang Bezug genommen wird, lässt danach eine gröbliche Verletzung des
Äquivalenzprinzips nicht erkennen.
17
III.
18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Satz 2 GWB.
19
Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 74 Abs. 2 GWB bestand kein Anlass.
20
Dr. J. Kühnen Offermanns Breiler
21
Rechtsmittelbelehrung:
22
Die Hauptsacheentscheidung kann nur aus den in § 74 Abs. 4 GWB genannten
absoluten Rechtsbeschwerdegründen mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden.
23
Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim
Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist
beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist
durch einen beim Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht
(Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen zwei Monaten zu begründen.
Diese Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Verfügung und kann auf
Antrag des Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die
Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die
Beschwerdeentscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt
wird. Die Rechtsbeschwerdeschrift und die Rechtsbeschwerdebegründung müssen
durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet
sein.
Gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist die Nichtzulassungsbeschwerde
gegeben. Diese ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim
Oberlandesgericht Düsseldorf einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser
Beschwerdeentscheidung. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist durch einen beim
Oberlandesgericht Düsseldorf oder beim Bundesgerichtshof einzureichenden
Schriftsatz binnen zwei Monaten zu begründen. Diese Frist beginnt mit der Zustellung
der angefochtenen Verfügung und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden des
Rechtsbeschwerdegerichts (Bundesgerichtshof) verlängert werden. Die Begründung
muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Beschwerdeentscheidung angefochten und
ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann
nur darauf gestützt werden, dass die Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des
Gesetzes beruht. Die Nichtzulassungsschrift und –begründung müssen durch einen bei
einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
24