Urteil des OLG Düsseldorf vom 27.07.2010

OLG Düsseldorf (bürgschaft, notar, beschwerde, erklärung, zweck, haftung, gvg, grundbuch, ziel, zweifel)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-10 W 66/10
Datum:
27.07.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-10 W 66/10
Tenor:
Auf die Beschwerde des Notars vom 05.02.2010 wird der Beschluss des
Amtsgerichts Duisburg – Rechtspfleger - vom 08.01.2010 abgeändert
und wie folgt neu gefasst:
Auf die Erinnerungen des Notars vom 17.09./08.10./04.11.2009 werden
die Kostenrechnungen vom 01.09.2009
Nr. 023516/003 über EUR 1300,- , RE-Nr. 1100261998 und
Nr. 023518/003 über EUR 3095,- , RE-Nr. 1100262108
in Verbindung mit den hierzu ergangenen Rechnungen aufgehoben.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht
er-stattet.
I.
1
Die Beschwerde des Notars vom 05.02.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Duisburg – Rechtspfleger - vom 08.01.2010 ist gemäß § 14 Abs. 3 KostO zulässig.
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Zuständig für die Entscheidung ist gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG, § 14 Abs. 3,
Abs. 4 KostO a.F. das Landgericht als nächsthöhere Gericht, wenn das Verfahren vor
dem 01.09.2009 eingeleitet worden ist. Hier ist das jeweils gebührenpflichtige Geschäft
im Mai 2008 beantragt worden. Allerdings bestimmt § 40 EGGVG, dass § 119 Abs. 1 Nr.
1b) GVG n.F. Anwendung findet auf Entscheidungen, die nach dem 01.09.2009
erlassen worden sind. Der angefochtene Beschluss datiert vom 08.01.2010 (Bl. 151ff
Grundakte 23516). Da die Änderung des § 14 Abs. 4 Satz 2 KostO letztlich die
Änderung des § 119 Abs. 1 Nr. 1b) GVG berücksichtigen will, ist maßgeblich auf die
Übergangsvorschrift des § 40 EGGVG abzustellen, so dass für die Entscheidung über
die Beschwerde das Oberlandesgericht zuständig ist.
3
II.
4
Die Beschwerde des Notars ist begründet. Mit Erfolg wendet er sich gegen die
Auffassung, er sei Kostenschuldner im Sinne des § 3 Nr. 2 KostO.
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Der Notar hat in den Anträgen zur Eintragung des Erbbaurechts und des Vorkaufsrechts
vom 05. und 06.05.2008 (jeweils Bl. 1f der Grundakten zu Bl. 23516 und 23518 des
Grundbuchs von Duisburg) ausdrücklich erklärt "Kosten zahlt der Erwerber. Für die
Kosten sage ich mich stark". Ob hierin eine Kostenübernahme nach § 3 Nr. 2 KostO
liegt, ist durch Auslegung nach § 133 BGB zu klären (vgl. Korinthenberg/Lappe, KostO,
18. Aufl., § 3 Rn. 15; Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., § 3 Rn. 6). Maßgeblich ist, ob
die Erklärung den Übernahmewillen verdeutlicht. Beim Notar ist abzugrenzen, ob er als
bloße Zahlstelle eintritt (z.B. "Kosten zahle ich" oder "Kosten sind bei mir zu erheben"),
ob er bereit ist, Kosten zu übernehmen ("für die Kosten stehe ich ein") oder ob er nur zur
Übernahme eines bestimmten begrenzten Kostenrisikos bereit ist (zB. im Wege der
Bürgschaft).
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Der Wortlaut der vom Notar abgegebenen Erklärung ist auslegungsfähig. Ein
"Gutsagen" und "Starksagen" von Notaren oder Rechtsanwälten sollen
erfahrungsgemäß der Verfahrensbeschleunigung dienen, indem sie die für die
Erledigung bestimmter Vorgänge vorgesehene Vorschusszahlung sicherstellen (vgl.
OLG Köln, JurBüro 1992, 615); da der Starksagende erklärt, für die Erfüllung einer
Verbindlichkeit des Dritten einzustehen, wird die Erklärung zumeist als Bürgschaft iSdes
§ 765 BGB auszulegen sein (vgl. OLG Hamm Rpfleger 1975, 37).
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Eine andere Bedeutung ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Zweck der
Starksagung. Stellt man auf den Zweck der Starksagung ab, soll hierdurch regelmäßig
verhindert werden, dass die Vornahme des Geschäfts gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 KostO
von einer Vorschusszahlung abhängig gemacht wird. Dieses Ziel kann grundsätzlich
nur erreicht werden, wenn der Starksagende erklärt, dass er für die Kostenschuld des
Antragstellers die persönliche Haftung übernimmt, § 8 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 KostO. Zur
Abwendung der Vorschusspflicht genügt die Übernahme einer Bürgschaft durch
Gutsagen oder Starksagen grundsätzlich nicht (Korinthenberg/Lappe, § 8 Rn. 17a).
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Etwas anderes gilt allerdings bei Grundbuch- und Nachlasssachen, § 8 Abs. 2 Satz 1, 2
Halbsatz KostO. Hier erfordert die Abhängigmachung von einer Vorwegleistung
Anhaltspunkte für die Gefährdung des Kosteneingangs im konkreten Fall
(Korinthenberg/Lappe, § 8 Rn. 14). Das mag anzunehmen sein, wenn die Mittellosigkeit
des Schuldners aus einem anderen Verfahren bekannt ist oder wenn so ungewöhnlich
hohe Kosten anfallen, dass auch bei einem normalerweise oder bisher zahlungsfähigen
und – willigen Kostenschuldner begründete Zweifel auftreten (vgl. Hartmann, § 8 Rn.
10). Entsprechende Anhaltspunkte sind vorliegend aber nicht ersichtlich. Deshalb war
hier auch ohne Starksagung durch den Notar von einer Vorschussanforderung
abzusehen. Die vorliegende Starksagung des Notars ist daher nicht im Hinblick auf den
verfolgten Zweck als Übernahmeerklärung auszulegen. Sie kann vielmehr nach den
üblichen Gepflogenheiten als Übernahme einer Bürgschaft verstanden werden.
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Im Falle der Übernahme einer Bürgschaft aber besteht kein im Wege des
Verwaltungszwangsverfahrens durchsetzbarer Erstattungsanspruch, sondern lediglich
ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch (vgl. Korinthenberg/Lappe § 3 Rn. 21). Die
Staatskasse kann ihren Anspruch daher nicht im Wege des gerichtlichen
Kostenansatzes geltend machen.
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Auf die Frage, ob auch die Stadt D. Kostenschuldner ist, kommt es für die hier fragliche
Haftung des Notars nicht mehr an.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 14 Abs. 9 GKG.
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