Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.12.2006

OLG Düsseldorf: aufschiebende wirkung, ausschluss, unternehmen, rügeobliegenheit, unverzüglich, fachkunde, leistungsfähigkeit, vergabeverfahren, beurteilungsspielraum, datum

Oberlandesgericht Düsseldorf, VII-Verg 56/06
Datum:
05.12.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Vergabesenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
VII-Verg 56/06
Tenor:
Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der sofor-
tigen Beschwerde gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des
Bundes vom 8. November 2006 (VK 1-121/06) bis zur Entscheidung
über die Beschwerde zu verlängern, wird abgelehnt.
Der Antragsteller wird aufgefordert, dem Gericht bis zum 28. Dezember
2006 anzuzeigen, ob und mit gegebenenfalls wel-chem Antrag die
Beschwerde aufrechterhalten wird.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
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I. Die P... W... KG beteiligte sich an einer im offenen Verfahren durchgeführten
Ausschreibung von Umbaumaßnahmen auf dem Heeresflugplatz N. mit einem Haupt-
und einem Nebenangebot für das Gewerk Metallbauarbeiten und Sonnenschutz. Etwa
drei Wochen zuvor war über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und der
Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Der Antragsteller zeigte
gegenüber der Vergabestelle (Staatliches Hochbauamt Sch.) an, das Unternehmen
werde im Insolvenzverfahren fortgeführt. Vorher und nachher forderte die Vergabestelle
ergänzende Unterlagen, Belege und Bestätigungen zum Angebot bei P... an, welche
eingereicht wurden. Mitte September 2006 führte sie eine Betriebsbesichtigung durch.
Sie soll mündlich sogar einen Zuschlag avisiert haben. Unter dem 26.9.2006 informierte
die Vergabestelle allerdings dahin, dass die Angebote der P... ausgeschlossen würden,
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"weil ein Ausschlussgrund nach § 8 Nr. 5 VOB/A vorliegt."
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Gemeint war ein Ausschlussgrund nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 a VOB/A (Insolvenzverfahren).
Dagegen stellte der Antragsteller – ohne einen Vergaberechtsverstoß vorher gerügt zu
haben – am 5.10.2006 einen Nachprüfungsantrag und ließ der Antragsgegnerin eine
Abschrift zukommen. Am 9.10.2006 rügte er den Ausschluss gegenüber der
Vergabestelle und am 10.10.2006 stellte er einen weiteren Nachprüfungsantrag. Im
Nachprüfungsverfahren stritten die Verfahrensbeteiligten über die Berechtigung des
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Ausschlusses.
Die Vergabekammer verwarf den Nachprüfungsantrag, da der Antragsteller den von ihm
erkannten Vergaberechtsverstoß eines nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 a VOB/A
ungerechtfertigten Ausschlusses der P... nicht rechtzeitig gerügt habe. Der Antragsteller
sei gehalten gewesen, dies am 5.10.2006 zu rügen, was dem Datum des ersten
Nachprüfungsantrags entspricht. In der Sache selbst sei der Ausschluss der P...
überdies begründet. Im Rahmen des Ausschlusstatbestands nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 a
VOB/A sei die Vergabestelle nicht verpflichtet zu prüfen, ob das am Auftrag interessierte
Unternehmen trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiterhin als geeignet,
insbesondere als leistungsfähig, anzusehen sei. Der genannte Ausschlussgrund
erlaube der Vergabestelle, das im Insolvenzverfahren stehende Unternehmen aufgrund
einer durch das Insolvenzverfahren hervorgerufenen abstrakten Gefahrenlage und ohne
Prüfung von Risiken im Einzelfall vom Wettbewerb auszuschließen. Dabei sei der
Vergabestelle zwar ein Ermessen eingeräumt, doch sei sie nicht verpflichtet, die für
einen Ausschluss sprechenden Tatsachen abzuwägen und die
Ausschlussentscheidung zu begründen.
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Dagegen hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Er meint, die Rüge vom
9.10.2006 ohne schuldhaftes Zögern ausgesprochen zu haben. Auch habe sich die
Vergabestelle schon durch die Übermittlung des ersten Nachprüfungsantrags vom
5.10.2006 zu einer Abhilfe aufgerufen sehen müssen. In der Sache selbst hält der
Antragsteller die Antragsgegnerin aus Gründen der Selbstbindung und des
Vertrauensschutzes für verpflichtet, die P... im Vergabeverfahren zu belassen und ihr
den Zuschlag zu erteilen.
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Einstweilen ist nur über den Antrag des Antragstellers zu entscheiden, die
aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde zu verlängern.
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Die Antragsgegnerin und die Beigeladene sind diesem Antrag und der Beschwerde
entgegengetreten.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst
Anlagen, auf die angefochtene Entscheidung der Vergabekammer und auf die Akten der
Vergabekammer Bezug genommen.
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II. Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist
unbegründet.
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Nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB kann, sofern die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag
abgelehnt hat, das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die
aufschiebende Wirkung der Beschwerde verlängern. Gemäß § 118 Abs. 2 S. 1 GWB
berücksichtigt das Gericht bei der Entscheidung über den Antrag die Erfolgsaussichten
der Beschwerde. Verspricht die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, ist
der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung allein deswegen abzulehnen,
ohne dass es noch einer Interessenabwägung nach § 118 Abs. 2 S. 2 GWB bedarf. So
liegt der Fall hier. Gemessen am derzeitigen Sach- und Streitstand ist die sofortige
Beschwerde des Antragstellers unbegründet, da der Nachprüfungsantrag unzulässig
und außerdem unbegründet ist.
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a) Die Vergabekammer hat mit Recht eine Verletzung der Rügeobliegenheit nach § 107
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Abs. 3 S. 1 GWB durch den Antragsteller gesehen. Richtig ist zwar, dass die
Rügeobliegenheit hinsichtlich der im Vergabeverfahren erkannten Rechtsverstöße des
Auftraggebers die Kenntnis des Antragstellers von den einen Verstoß begründenden
Tatsachen und ferner voraussetzt, dass der Antragsteller aus den ihm bekannten
Tatsachen bei laienhafter Würdigung auf einen Vergaberechtsverstoß schließt (vgl.
BayObLG VergabeR 2005, 130; OLG Düsseldorf VergabeR 2005, 364). Vom Eintritt der
tatsächlichen und rechtlichen Kenntnis an ist die Rüge unverzüglich, d.h. im Sinne von
§ 121 BGB ohne schuldhaftes Zögern, auszusprechen (OLG Düsseldorf NJW 2000,
145; OLG Naumburg ZfBR 2005, 415). Dies bedeutet, die Rüge muss so rechtzeitig
erfolgen, wie dies mit Blick auf die für die Prüfung des Rechtsverstoßes und für die
Begründung der Rüge notwendige Vorbereitungszeit einschließlich einer
angemessenen Überlegungsfrist im einzelnen Fall möglich und zumutbar ist (vgl. Wiese
in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 107 GWB Rn. 77). Der in
der Rechtsprechung genannte Zeitraum von zwei Wochen ab Kenntniserlangung ist in
diesem Sinn als eine zeitliche Obergrenze zu verstehen (vgl. OLG Düsseldorf VergabeR
2002, 267; OLG Frankfurt am Main VergabeR 2002, 394; OLG Koblenz VergabeR 2003,
709). Dieses Zeitmaß darf im Regelfall, insbesondere in durchschnittlichen und nicht
schwierig gelagerten Fällen, vom Antragsteller keineswegs ausgeschöpft werden.
Welche Zeitspanne noch als unverzüglich gelten kann, ist stets aufgrund der konkreten
Umstände des Einzelfalles zu ermitteln.
Von diesem Vorverständnis ausgehend ist die Rüge vom 9.10.2006 nicht mehr
unverzüglich ergangen. Dabei ist zu bedenken, dass der Antragsteller bereits vier Tage
zuvor, nämlich unter dem 5.10.2006, ohne eine vorherige Rüge einen
Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer gerichtet hatte (den diese der
Vergabestelle freilich nicht zustellte, da der Antragsteller vorher keine Rüge angebracht
hatte). Der Antragsteller, der – ohne zuvor der Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 S. 1
GWB nachgekommen zu sein – einen Nachprüfungsantrag stellt, muss, um seiner
Rügeobliegenheit noch zu genügen, die Rüge im Allgemeinen am selben Tag,
spätestens aber innerhalb einer Frist von ein bis zwei Tagen danach gegenüber dem
Auftraggeber aussprechen. Die Einreichung eines Nachprüfungsantrags markiert den
Zeitpunkt, in dem sich der Antragsteller fest entschlossen hat, einen erkannten
Vergaberechtsverstoß auf dem Rechtsweg zu bekämpfen und in dem er sich seiner
Sache so sicher ist, dass er dafür auch erhebliche Kostenrisiken einzugehen bereit ist.
Bei dem darin zum Ausdruck kommenden Grad an Gewissheit und Entschlossenheit
besteht keine Veranlassung, dem Antragsteller weitere Vorbereitungs- oder
Überlegungsfristen für die Erhebung einer Rüge zu konzedieren. Ausweislich eines
Nachprüfungsantrags sind die Erkenntnis eines Rechtsverstoßes und die Absicht,
dagegen vorzugehen, gereift. Der Vergaberechtsverstoß liegt für den Antragsteller
gewissermaßen "auf der Hand". Bei einer derartigen Verdichtung muss der Antragsteller
von der Einreichung des Nachprüfungsantrags an in der Regel sofort handeln und die
Rüge aussprechen, dies aber spätestens innerhalb von zwei Tagen danach tun, wenn
die Rüge noch als unverzüglich gelten soll. Im Streitfall ist dies nicht geschehen. Der
Antragsteller hat einen Vergaberechtsverstoß erst am vierten Tag nach Anbringung des
Nachprüfungsantrags und mithin verspätet gerügt.
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Der Vortrag des Antragstellers, die Bieterinformation vom 26.9.2006 – "verbunden mit
der Bitte um Überprüfung und etwaige Veranlassung" – umgehend an die Vergabestelle
zurückgesandt zu haben, ist nicht im Sinn einer Rügeerhebung zu verstehen. Der Rüge
des Antragstellers muss eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung zu entnehmen
sein (vgl. OLG Frankfurt am Main VergabeR 2002, 394), was nicht behauptet worden ist.
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Der erste Nachprüfungsantrag vom 5.10.2006 ist auch nicht in eine Rüge nach § 107
Abs. 3 S. 1 GWB umzudeuten. Zwar kann sich der öffentliche Auftraggeber durch den
Zugang eines Nachprüfungsantrags dazu angehalten sehen, einen
Vergaberechtsverstoß abzustellen oder zu beseitigen. Doch haben Rüge und
Nachprüfungsantrag verschiedene Zwecke, was ausschließt, den Nachprüfungsantrag
im Rechtssinn auch als eine Rüge zu behandeln. Mit einer Rüge soll dem Auftraggeber
signalisiert werden, dass er einen Vergaberechtsverstoß zur Vermeidung eines unter
Umständen aufwändigen und eine unverzögerte Auftragsvergabe in jedem Fall
ausschließenden Nachprüfungsverfahrens noch beheben kann. Mit der Anbringung und
Bekanntmachung eines Nachprüfungsantrags ist es dafür zu spät und ist
gewissermaßen "das Kind in den Brunnen gefallen". Bei der Erfüllung der
Rügeobliegenheit handelt es sich um eine prozessuale Zugangsvoraussetzung für das
Nachprüfungsverfahren. Lässt sie der Antragsteller unbeachtet, ist der
Nachprüfungsantrag unzulässig (vgl. OLG Düsseldorf VergabeR 2005, 364).
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b) Der Nachprüfungsantrag könnte freilich auch dann keinen Erfolg haben, wenn man
über die Unzulässigkeit hinweg gelangte. Denn nach Lage der Dinge hat die
Vergabestelle die P... wegen des Ausschlussgrundes nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 a in
Verbindung mit § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A zu Recht vom Wettbewerb ausgeschlossen.
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1. Insofern teilt der Senat allerdings nur im Ergebnis, nicht aber in der Begründung die
Rechtsauffassung der Vergabekammer. § 8 Nr. 5 Abs. 1 a VOB/A, und zwar auch in
Verbindung mit § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A, erlaubt dem öffentlichen Auftraggeber
keineswegs, einen Bieter oder Bewerber allein aufgrund einer durch die Eröffnung eines
Insolvenzverfahrens eingetretenen abstrakten Gefährdungslage, ohne eine gezielte und
konkrete Überprüfung seiner Eignung, d.h. einer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und
Zuverlässigkeit trotz eingeleiteten Insolvenzverfahrens, ohne Betätigung des dabei auf
der Tatbestandsseite auszuübenden Beurteilungsspielraums und des auf der
Rechtsfolgenseite eingeräumten Ermessens und vor allen Dingen ohne eine Kontrolle
der bei der Ausübung von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen einzuhaltenden
Grenzen vom Wettbewerb auszuschließen. Der Tatbestand von § 8 Nr. 5 VOB/A zielt
darauf ab, dass beim Vorliegen bestimmter, typisierend verwendeter Merkmale Bieter
oder Bewerber keine zureichende Gewähr dafür bieten, den abzuschließenden Vertrag
ordnungsgemäß erfüllen zu können. Die Tatbestandselemente der Norm betreffen die
Eignungsmerkmale der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit (vgl. § 25
Nr. 2 Abs. 1 S. 2 VOB/A). Da sie nach dem Norminhalt und -zweck (nur) in einem
typisierenden Sinn zu verstehen sind, ist die Entscheidung über den Ausschluss dem
Ermessen des Auftraggebers anheim gegeben – und seinem Beurteilungsspielraum,
soweit es den Tatbestand der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit betrifft.
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Beim Ausschluss eines Bieters oder Bewerbers nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A,
insbesondere nach Buchst. a und auch in Verbindung mit einem Ausschluss nach § 25
Nr. 1 Abs. 2 VOB/A, hat der öffentliche Auftraggeber daher genauso wie im Rahmen der
Eignungsbewertung gemäß § 25 Nr. 2 VOB/A in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob das
betroffene Unternehmen trotz Vorliegens der in § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A typisierend
genannten Tatbestandsmerkmale genügend fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig
ist, um die in der Vergabebekanntmachung angegebenen Eignungsanforderungen zu
erfüllen und ob es davon ausgehend die notwendigen Sicherheiten bietet, die
vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen (ebenso: Schranner in Ingenstau/Korbion,
VOB, 15. Aufl., A § 8 Rn. 70, 71; Prieß/Hausmann in Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB Teil
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A, § 8 Rn. 96 f., 99; Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Aufl., A § 8 Rn. 52;
Franke/Mertens in Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen, VOB, 2. Aufl., A § 8 Rn. 67;
Hennemann in Völlink/Kehrberg, VOB/A, § 8 Rn. 45, und für den Anwendungsbereich
der VOL/A: Zdzieblo in in Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Aufl., § 7 Rn. 67; Müller-Wrede,
VOL/A, § 7 Rn. 39). Bei der Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale hat der
Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, da eine prognostische, in die Zukunft
gerichtete Entscheidung zu treffen ist. Die Entscheidung über den Ausschluss selbst
unterliegt darüber hinaus dem pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers, das
fehlerfrei auszuüben ist. Sowohl die Ermessensausübung als auch die vorgelagerte
Betätigung des Beurteilungsspielraums unterliegen der Kontrolle der
Nachprüfungsinstanzen darauf, ob die nach allgemeinen Grundsätzen zu beachtenden
Grenzen eingehalten worden sind (vgl. zum Ermessensgebrauch Kopp/Schenke,
VwGO, 13. Aufl., § 114 Rn. 7 ff. und zum Beurteilungsspielraum OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 24.2.2004 – VII – Verg 88/04; Boesen, Vergaberecht, § 97 GWB Rn. 151).
Der Umstand, dass hiervon ausgehend nach der VOB/A unter Umständen an drei
Stellen eine Eignungsprüfung veranlasst ist (nämlich nach § 8 Nr. 5, § 25 Nr. 1 Abs. 2
und nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A), rechtfertigt nicht die von der Vergabekammer
gezogene Schlussfolgerung, ein Ausschluss nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 a VOB/A sei allein
aufgrund der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegebenen abstrakten
Gefährdungslage gerechtfertigt. Systematische Erwägungen, wie sie die
Vergabekammer getätigt hat, sind vom zuständigen Verdingungsausschuss (Vergabe-
und Vertragsausschuss) nicht unbedingt angestellt worden. Immerhin lässt sich insoweit
feststellen, dass § 8 Nr. 5 VOB/A den Ausschluss eines Bewerbers oder Bieters schon
vor Einreichung eines Teilnahmeantrags oder eines Angebots rechtfertigen und insofern
vom öffentlichen Auftraggeber im Vergabeverfahren systematisch und zeitlich früher
angewendet werden kann als die Ausschlusstatbestände nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 und
Nr. 2 Abs. 1 VOB/A.
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2. In der Sache hat die Vergabestelle den ihr zu Gebote stehenden Beurteilungs- und
Ermessensspielraum dahin ausgeübt und die Entscheidung spätestens im
erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren abschließend dahin begründet, dass die P...
W... KG wegen der Unklarheit einer Übernahme durch einen ungenannten Investor, der
Unklarheit, durch wen der Auftrag letztendlich auszuführen sei, sowie deswegen vom
Wettbewerb ausgeschlossen werde, weil völlig offen sei, welches als zuverlässig
anzusehende Unternehmen die Gewährleistungshaftung übernehmen werde. Nicht
zuletzt ist berücksichtigt worden, dass der Antragsteller der Vergabestelle über den
Beschluss der Gläubigerversammlung vom 5.9.2006 berichtet hat,
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"dass ich den Geschäftsbetrieb schließen darf, sobald sich die Fortführung als
masseschädlich erweist."
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Die genannten Umstände lassen die Entscheidung der Vergabestelle über einen
Ausschluss der P... und die Begründung nicht als beurteilungs- und/oder
ermessensfehlerhaft erscheinen, mit der Folge, dass dem Nachprüfungsantrag unter
Zugrundelegung dieses Sach- und Streitstands auch in der Sache aller Voraussicht
nach kein Erfolg beschieden sein kann.
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Der Antragsteller kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf einen Vertrauensschutz
oder eine Selbstbindung der Vergabestelle berufen, dass die Angebote der P... in der
Wertung zu verbleiben haben. Die Vergabestelle hat nach dem Vorbringen des
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Antragstellers durch Anfordern von Unterlagen, Belegen und Bestätigungen allenfalls
ein Vertrauen darauf hervorgerufen, dass die durch das Insolvenzverfahren in Frage
gestellte Eignung des Unternehmens sachlich geprüft werde. Die erforderliche Prüfung
ist erfolgt. Auf das Ergebnis der Prüfung hat sich die Vergabestelle nach eigenem
Vortrag des Antragstellers hingegen nicht vorher festgelegt. Eine bloß mündliche
Avisierung eines Zuschlags ist dafür ohne rechtliche Bedeutung.
Die Kostenentscheidung ist der Hauptsacheentscheidung vorbehalten.
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Richterin am OLG
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D.-B. ist orts-
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abwesend und daher
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an der Unterzeichnung
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verhindert.
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D. D. F.
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