Urteil des OLG Düsseldorf vom 10.12.2003

OLG Düsseldorf: zugesicherte eigenschaft, anzeige, pauschalreise, reiseleiter, intervention, balkon, minderung, anschluss, zusicherung, rückerstattung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-18 U 97/03
Datum:
10.12.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
18. Senat für Zivilsachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-18 U 97/03
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 3. April 2003
verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts
Duisburg (4 O 588/02) teilweise abgeändert und wie
folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 182,70 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 12. Oktober 2002 zu zahlen
Zug um Zug gegen Rückgabe des Verrechnungs-
schecks der Beklagten vom 9. Oktober 2002, ausge-
stellt auf einen Betrag in Höhe von 385,00 €.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurück-
gewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 97 %
und die Beklagte zu 3 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die zulässige Berufung des Klägers hat nur zu einem geringen Teil Erfolg; im übrigen ist
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sie unbegründet.
I.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückerstattung des
Reisepreises aus der Garantiezusage zu.
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Die Garantiezusage der Beklagten ist gemäß §§ 133, 157 BGB dahin zu verstehen,
dass die Beklagte hierdurch ihre Haftung für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften
der Pauschalreise erweitert hat.
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Nach dem Wortlaut der Garantiezusage will die Beklagte über die gesetzlichen
Gewährleistungsrechte des Reisevertragsrechts hinaus ihren Kunden für ihre
Katalogbeschreibungen einstehen. Aus dem nachfolgenden Satz, wonach der Kunde
der Reiseleitung die Abweichung von der Katalogbeschreibung mitteilen muss, um der
Beklagten Gelegenheit zur Abhilfe zu geben, folgt indessen, dass diese Garantiezusage
sich nach ihrem Sinn und Zweck nicht schlechthin auf alle Angaben im Katalog,
sondern nur auf Tatsachenangaben in der Katalogbeschreibung beziehen soll. Da
tatsächliche Angaben im Katalog zugleich auch zugesicherte Eigenschaften der Reise
darstellen, erweitert die Garantiezusage mithin die Haftung der Beklagten für das Fehlen
zugesicherter Eigenschaften.
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Mit der Angabe im Katalog, die Doppelzimmer seien geräumig, hat die Beklagte
indessen keine Eigenschaft des Zimmers zugesichert, so dass bereits aus diesem
Grund eine Haftung der Beklagten aus der Garantiezusage nicht in Betracht kommt.
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Im Ergebnis richtig und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht dahin
entschieden, dass mit der Angabe, das Zimmer sei geräumig, keine bestimmte
Mindestgröße des Zimmers zugesichert wird. Ob ein Zimmer von seinem Bewohner als
"eng", "normal groß" oder "geräumig" eingestuft wird, ist primär eine Frage seines
persönlichen Raumempfindens. Mithin handelt es sich bei dieser Angabe um ein
Werturteil über die Doppelzimmer, auf die sich die Garantiezusage – wie dargelegt –
nicht erstreckt.
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Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des Klägers, dass ein Doppelzimmer
mindestens 12 qm groß sein müsse. Um dem Merkmal eines Doppelzimmers zu
entsprechen, muss das Zimmer Platz für ein Doppelbett und die sonstige notwendige
Möblierung (wie z.B. einen Kleiderschrank) bieten. Schließlich muss ausreichend Platz
verbleiben, um die Möbel funktionsgerecht nutzen zu können. Hierbei ist der Platzbedarf
auch von der Art der Möblierung abhängig, Denn ein Kleiderschrank mit Schiebetüren
benötigt zum Beispiel weniger Platz als ein Kleiderschrank mit Türen.
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Mithin wird entgegen der Auffassung des Klägers durch die Angabe im Katalog, es
handele sich um ein Doppelzimmer, keine Mindestgröße des Raumes von 12 qm
zugesichert. Demgemäß liegt in der Angabe der Beklagten, das Doppelzimmer sei
geräumig, entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht die Zusicherung, das
Doppelzimmer sei jedenfalls größer als eine mit der Angabe "Doppelzimmer" bereits
zugesicherte Mindestgröße.
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Aber selbst wenn man diese Auffassung des Senats nicht teilt, hat die Beklagte mit der
Angabe im Katalog, das Doppelzimmer sei geräumig, dem Kläger letztendlich keine
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falsche Vorstellung über die räumlichen Verhältnisse vermittelt, die er vor Ort vorfinden
wird, wenn in diesem Doppelzimmer zwecks maximal möglicher Belegung noch zwei
weitere Zustellbetten aufgestellt werden. Zutreffend hat das Landgericht dahin
entschieden, dass das auf der Katalogseite abgebildete Foto eines so ausgestatteten
Doppelzimmers eindeutig zu erkennen gibt, wie sich die räumlichen Verhältnisse bei
dieser zusätzlichen Möblierung darstellen.
II.
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Dem Kläger steht jedoch gemäß § 651 d Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Minderung des
Reisepreises zu, weil der Reise eine zugesicherte Eigenschaft fehlte. Denn entgegen
der Angabe im Prospekt hatte die gebuchte Hotelanlage keine Diskothek.
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Dieser Reisemangel rechtfertigt eine Reisepreisminderung von 5 %, was einem Betrag
von 182,70 € entspricht.
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Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger diesen Reisemangel nicht
gegenüber dem Reiseleiter der Beklagten angezeigt hat. Denn selbst wenn er diesen
Reisemangel angezeigt hätte, hätte der Reiseleiter es tatsächlich nicht bewerkstelligen
können, noch während des Aufenthalts des Klägers in der Hotelanlage eine Diskothek
einzurichten. Dass eine anderweitige Abhilfemöglichkeit bestanden hätte, hat die
Beklagte nicht dargetan.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es auch unerheblich, ob der Kläger oder
seine Familienangehörigen die Diskothek aufgesucht hätten, wenn sie in der
Hotelanlage vorhanden gewesen wäre. Denn anders als bei Fehlern einer Reise
gewährt das Gesetz dem Reisenden beim Fehlen zugesicherter Eigenschaften auch
dann einen Anspruch auf Reisepreisminderung, wenn das Fehlen der zugesicherten
Eigenschaft seine Reise tatsächlich nicht beeinträchtigt hat.
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III.
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Darüber hinausgehende Ansprüche auf Reisepreisminderung stehen dem Kläger nicht
zu.
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Die erstinstanzlich erhobene Mängelrügen des felsigen Meeresgrundes im
unmittelbaren Anschluss zum Strand und der vom Balkon aus sichtbaren
Planierungsarbeiten in der Umgebung der Hotelanlage hat der Kläger zweitinstanzlich
nicht wiederholt, so dass diese angeblichen Reisemängel nicht Gegenstand des
Berufungsverfahrens sind.
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Hinsichtlich der übrigen vom Kläger geltend gemachten Reisemängel – Teilnahme an
den Unterhaltungsabenden gegen Entgelt, fehlende beziehungsweise defekte
Sonnenschirme, Verschmutzungen des Strandes und fehlende Nutzungsmöglichkeit der
Internetecke – sind Minderungsansprüche jedenfalls gemäß § 651 d Abs. 2 BGB
ausgeschlossen, weil der Kläger nicht substantiiert dargetan hat, wann und wo er diese
Reisemängel gegenüber der örtlichen Reiseleitung angezeigt hat, wie das Landgericht
bereits in seinem Urteil zutreffend ausgeführt hat. Da der Kläger hinsichtlich der Anzeige
dieser Mängel auch im Berufungsrechtszug seinen Sachvortrag nicht weiter konkretisiert
hat, kann daher im vollen Umfang auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil
verwiesen werden.
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Der Einwand des Klägers, die Beklagte hätte bei entsprechender Anzeige auch diesen
Mängeln ohnehin nicht abhelfen können, verfängt nicht, weil gerade nicht fest steht,
dass eine Mängelbeseitigung objektiv nicht möglich gewesen wäre. Durch Intervention
gegenüber der Hotelleitung hätte die Beklagte erreichen können, dass die Internetecke
den Gästen zugänglich gemacht wird und neue Sonnenschirme aufgestellt werden. Die
Beklagte hätte den Kläger von der Zahlungspflicht für die Teilnahme an den
Unterhaltungsabenden freistellen können. Schließlich hätte die Beklagte auch
veranlassen können, dass der Müll am Strand eingesammelt wird.
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III.
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Da dem Kläger gegenüber der Beklagten wegen Reisemängeln lediglich ein
Minderungsanspruch in Höhe von 5 % des Reisepreises zusteht, war seine
Pauschalreise nicht im Sinne des § 651 f Abs. 2 BGB erheblich beeinträchtigt. Mithin
steht dem Kläger auch der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz wegen
vertanen Urlaubs nicht zu.
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IV.
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Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.
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V.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.
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Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.174,00 €
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Beschwer des Klägers: 5.991,30 €
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Beschwer der Beklagten: 182,70 €
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