Urteil des OLG Düsseldorf vom 22.05.2003

OLG Düsseldorf: stand der technik, ablauf der frist, anbau, sanierung, prozessstandschaft, verwaltung, firma, ermächtigung, schadenersatz, beweisverfahren

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-5 U 33/00
Datum:
22.05.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-5 U 33/00
Tenor:
Das am 15. November 2000 verkündete Versäumnisurteil des Senates
wird teilweise geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 163.994,76 EUR nebst 4 %
Zinsen vom 27. Mai 1999 an zu zahlen.
Insoweit wird die Berufung der Beklagten gegen das am 19. Nov. 1999
verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf zu-
rückgewiesen.
Im übrigen bleibt es bei der Abweisung der weitergehenden Klage.
Von den Kosten des Rechtsstreites tragen die Beklagte 53 % und die
Klägerin 47 %, jedoch mit Ausnahme der durch die Säumnis der Kläge-
rin veranlassten Kosten, die die Klägerin zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungs-
schuldner kann die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubi-
gers abwenden gegen Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckba-
ren Betrages, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin ist Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage H... in D.... Sie verlangt von
der Beklagten Schadensersatz wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum.
2
Das Objekt H... in D... ist ein ca. um 1900 erbautes Patrizierhaus mit Haupthaus und
jüngerem Anbau.
3
Die Beklagte hat das Objekt saniert, in acht Wohnungseigentumseinheiten
umgewandelt und sodann verkauft. Bestandteil der Veräußerungsverträge (z.B. Anl. 1)
mit den Ersterwerbern war u.a. eine Baubeschreibung. Danach wurde das Objekt wie
4
folgt beschrieben:
"Es handelt sich um ein bereits bestehendes ca. um die Jahrhundertwende
erbautes Patrizierhaus, welches von einer renommierten und in Altbausanierungen
erfahrenen Projektentwicklungsgesellschaft in schlüsselfertiger Bauweise mit guter
Ausstattung saniert wird.
5
Das Gebäude besteht aus einem Haupthaus, welches in massiver, herkömmlicher
Bauweise als 4 1/2-geschossiges Mehrfamilienhaus errichtet wurde und einem 2-
geschossigen seitlichen Anbau, welcher als "Haus im haus" eine separate Einheit
bildet.
6
Im Zuge der Sanierung entstehen im gesamten Objekt acht separate
Eigentumswohnungen, welche teilweise als Galeriewohnungen bzw. als Haus im
Haus konzipiert sind.
7
Sowohl das Haupthaus als auch der Anbau sind voll unterkellert.
8
Überblick über die durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen:
9
...
10
Innentüren:
11
Im Hause befinden sich alte Holzkassettentüren mit entsprechenden Futtern. Diese
werden entsprechend fachgerecht aufgearbeitet und sofern möglich naturfarben
und entsprechend glasiert wieder hergestellt. Sollte diese Belassung der
Naturfarben aus technischen Gründen nicht möglich sein, werden diese Türen
weiß lackiert. Sämtliche neu einzubauenden Türen werden ebenfalls als massive,
klassische Holzkassettentüren mit entsprechendem Futter und Bekleidung
ausgeführt. Hier besteht ebenfalls die Wahlmöglichkeit naturbelassen bzw. weiß
lackiert.
12
Die Türen der Wohnungsabstellräume in den Kellern werden als ZK-Türen in
Stahlzargen ausgeführt.
13
..."
14
In einer weiteren Baubeschreibung als Anlage zum notariellen Veräußerungsvertrag
über die Wohnung Nr. 8 heißt es u.a.:
15
"Rohbau
16
Tragende Wände
17
Der überwiegende Teil der tragenden Wände und des Fundamentes ergibt sich
aus der gut erhaltenen Altbausubstanz.
18
Geschoßdecken
19
...
20
Die gesamten Kellerräume erhalten einen Verbundestrich.
21
Sanitärinstallation
22
...
23
Für jede Wohnung ist im Keller des Wasch- und Trockenraumes ein
Waschmaschinenanschluß vorgesehen."
24
In den notariellen Veräußerungsverträgen heißt es außerdem:
25
"Der Veräußerer verpflichtet sich, das Wohnungseigentum, sowie das
Gemeinschaftseigentum entsprechend den Aufteilungsplänen, sowie den
vorerwähnten Anlagen nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen
Geschäftsführung und nach den allgemeinen Regeln der Technik fertig zu stellen."
26
Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht derzeit aus sechs Ersterwerbern und
zwei Folgeerwerbern (Dr. S... und Dr. S...).
27
Die Klägerin hat - gestützt auf das Privatsachverständigen K... vom 28. September 1995
- Mängel am Gemeinschaftseigentum beanstandet. Deren Beseitigung kostet nach der
Schätzung des Privatgutachters K... vom 12. Juni 1996 650.000 DM.
28
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 29. Juli 1996 fassten die
Wohnungseigentümer unter TOP 2 folgenden Beschluss:
29
"Die Gemeinschaft beschließt, dass ein gerichtliches Verfahren zur Wahrung der
Ansprüche in puncto Baumängel am Gemeinschaftseigentum gegen die Firma C...
GmbH angestrengt wird und die Verwaltung ermächtigt wird, alle notwendigen
Maßnahmen, die im Zusammenhang mit diesem Verfahren bzw. der
Klagevorbereitung stehen, einzuleiten bzw. zu beauftragen.
30
Die Verwaltung wird beauftragt, dem bisher für einige Eigentümer bzw. auch der
Gemeinschaft tätigen Anwalt, Herrn Dr. S..., das Mandat zu entziehen und die
Klage vom Anwalt, Herrn B..., bearbeiten und beantragen zu lassen, da dieser sich
in der Sache Dr. S... schon mit dem Sachverhalt befasst hat und damit vertraut ist.
31
Auf Vorschlag von Herrn F..., der in einer anderen Gemeinschaft bereits ein
ähnliches Verfahren durchgeführt hat, wird vereinbart, dass als Alternative zum
selbständigen Beweisverfahren, welches normalerweise in solch einem Fall
beantragt wird, sowohl Verwaltung als auch Herr B... prüfen, ob die Möglichkeit
besteht, die Firma C... GmbH auf Schlechterfüllung der Kaufverträge zu verklagen,
was den Vorteil hätte, dass sich zwei Eigentümer exemplarisch zur Klage bereit
erklären und somit die Verfahrenskosten niedrig gehalten werden können. Es
müsste für diesen Fall dann eine Kosten-Risiko-Zusage seitens der Gemeinschaft
an die beiden klagenden Eigentümer erteilt werden, die den Sinn hat, diese im
internen Verhältnis von allen Kosten frei zu halten und im Gegenzug diese dazu
verpflichten, dass die ggf. erfolgreich eingeklagten Summen auch wiederum der
Gemeinschaft zufließen.
32
Hierfür ist jedoch zwingend Voraussetzung, dass der Verwaltung alle Kaufverträge
der Erstkäufer zugesandt werden, damit die Gewährleistungsklausel in allen
Verträgen geprüft werden kann. Sollte bei Prüfung auch nur ein Vertrag die
Möglichkeit eines negativen Ausgangs ergeben, so müsste auf jeden Fall die
andere Variante des Verfahrens, nämlich das selbständige Beweisverfahren
eingeleitet werden.
33
...
34
Über Verlauf und Fortschritt der Klageerhebung wird die Verwaltung die
Eigentümer entsprechend informieren.
35
Ausdrücklich wird hier nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem
Verfahren ausschließlich um Mängel am Gemeinschaftseigentum handeln wird und
jeder Eigentümer weiterhin das Recht hat, Mängel am Sondereigentum separat zu
verfolgen und geltend zu machen."
36
Mit Schreiben vom 16. Dezember 1997 wandten sich die Prozessbevollmächtigten der
Wohnungseigentümergemeinschaft unter Berufung auf die Feststellungen des
Privatgutachters K... und dessen Kostenschätzung an die Beklagte mit der Aufforderung,
die Mängel bis zum 9. Januar 1998 zu beseitigen. Weiter heißt es:
37
"Sollte uns bis zum 09.01.1998 Ihre entsprechende Erklärung nicht vorliegen bzw.
die Mängel im Innenbereich nicht beseitigt sein, werden die
Wohnungseigentümergemeinschaft und auch die Eigentümer einzeln eine
Mängelbeseitigung durch Sie ablehnen und die Mängel von einer anderen
Fachfirma bzw. anderen Fachfirmen beseitigen lassen. Die Kosten gehen dann zu
Ihren Lasten und werden gegebenenfalls im Wege einer Vorschussklage geltend
gemacht."
38
Die Klägerin hat sodann 600.000 DM als Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten
in Prozessstandschaft für die Wohnungseigentümergemeinschaft eingeklagt
(ursprünglich hatten die einzelnen Wohnungseigentümer vertreten durch die Klägerin
geklagt).
39
Unabhängig vom vorliegenden Verfahren haben einzelne Wohnungseigentümer gegen
die Beklagte Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln am Sondereigentum geltend
gemacht.
40
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
41
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie meint,
42
die Klage sei unzulässig, weil der WEG-Beschluss vom 29. Juli 1996 nur zu einem
Beweisverfahren nicht zur Klage ermächtige;
43
der Vorschussanspruch sei infolge des Schreibens vom 16. Dezember 1997
untergegangen;
44
die Feststellungen des Privatsachverständigen seien unzutreffend; sie legt ein eigenes
Privatgutachten der Firma P... vom 28. Januar sowie eine Stellungnahme eines
45
Statikers vom 4. Dezember 2001 zur Statik der Balkone vor.
Die Beklagte hat beantragt,
46
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
47
Die Klägerin
48
hat um Zurückweisung der Berufung gebeten
49
und geltend gemacht, sie sei wirksam zur Klage ermächtigt worden durch den
Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 29. Juli 1996;
50
die Beklagte sei auch verantwortlich für die Statik der Balkone sowie
51
für die Feuchtigkeit im Keller, weil sie ein hochwertiges Objekt verkauft habe und nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein funktionstüchtiges Werk schulde.
52
Der Senat hat durch Versäumnisurteil vom 15. November 2001 auf die Berufung der
Beklagten das angefochtene Urteil geändert und die Klage abgewiesen.
53
Gegen dieses Versäumnisurteil hat die Klägerin Einspruch eingelegt.
54
Inzwischen hat sie einen Wohnungseigentümerbeschluss vom 11. Mai 2000
herbeigeführt, wonach der Wohnungseigentümerbeschluss vom 29. Juli 1996 dahin
bestätigt wird, dass die Prozessführung der Klägerin als Verwalterin genehmigt wird und
dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren in Prozessstandschaft tätig werden soll.
55
In einem Zwischenvergleich vom 12. Januar 2001 haben die Parteien sich darauf
verständigt, den Sachverständige A... zu beauftragen, die streitgegenständlichen
Mängel aus diesem Verfahren zu untersuchen und sodann nach Fertigstellung des
Gutachtens einen neuen Erörterungstermin im Beisein des Sachverständigen
durchzuführen und zu klären, wie hoch die Mängelbeseitigungskosten seien.
56
Der Sachverständige A... hat unter dem 26. März 2001 eine Mängelliste erstellt, wonach
die Beseitigung der Mängel brutto 235.980 DM kostet.
57
Auf Hinweis des Senates vom 30. November 2001 macht die Klägerin nun gestützt auf
den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 18. Dezember 2001 wegen
der Mängel nicht mehr Vorschuss, sondern Schadensersatz geltend.
58
Mit Beweisbeschluss vom 15. März 2002 hat der Senat Beweisaufnahme durch
Sachverständigengutachten angeordnet zu der Frage, ob und in welchem Umfang die
vom Sachverständigen A... festgestellten Mängel tatsächlich vorliegen und welche
Kosten für ihre Beseitigung aufzuwenden sind.
59
Der Sachverständige Dipl.-Ing. R... hat unter dem 4. November 2002 sein Gutachten
vorgelegt und dieses in einem Punkt mit Schreiben vom 10. Januar 2003 korrigiert.
60
Auf Antrag beider Parteien hat der Sachverständige im Senatstermin vom 10. April 2003
sein Gutachten mündlich erläutert.
61
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten
verwiesen.
62
Entscheidungsgründe
63
Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten
Zahlung von 163.994,76 EUR nebst 4 % Zinsen vom 27. Mai 1999 an verlangen, im
übrigen ist die Klage unbegründet. Das Versäumnisurteil des Senates war daher auf
den Einspruch der Klägerin teilweise zu ändern.
64
Für die Berufung gilt das Zivilprozessrecht in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden
Fassung, weil die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist,
vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde.
65
Materiellrechtlich richtet sich das Rechtsverhältnis der Parteien nach den bis zum 31.
Dezember 2001 geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes, Art. 29 § 5 Satz 1
EGBGB.
66
Die Klage ist zulässig.
67
Die Klägerin macht als Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft H... in
Prozessstandschaft Schadensersatzansprüche wegen Mängeln am
Gemeinschaftseigentum dieses Objektes gegen die Beklagte geltend. Die hierzu
erforderliche Ermächtigung der Wohnungseigentümergemeinschaft liegt vor. Die
Wohnungseigentümer haben durch Beschluss vom 11. Mai 2000 (GA 202) klargestellt,
dass die Klägerin aufgrund des Beschlusses vom 29. Juli 1996 ermächtigt war, in
Prozessstandschaft für die Wohnungseigentümergemeinschaft die
Gewährleistungsansprüche geltend zu machen, und dass dies auch für das
Berufungsverfahren gelten soll.
68
Diese Ermächtigung ist zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
sind Wohnungseigentümer befugt, (primäre) Gewährleistungsrechte aufgrund eines
Gemeinschaftsbeschlusses in der Weise einheitlich und gemeinschaftlich zu verfolgen,
dass der Verwalter die Ansprüche in gewillkürter Prozessstandschaft im eigenen
Namen geltend macht (BGH NJW 1997, 2173, 2174 mit Hinweis auf BGH NJW 1981,
1841). Dies gilt erst recht, wenn die Wohnungseigentümer sekundäre
Gewährleistungsrechte geltend machen.
69
Die Klageforderung ist in Höhe von 163.994,76 EUR begründet.
70
Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist aktivlegitimiert, den geltend gemachten
Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte durchzusetzen.
71
Welche sekundären Gewährleistungsrechte die Wohnungseigentümer in Anspruch
nehmen, nachdem sie ihren primären Gewährleistungsanspruch (Nachbesserung bzw.
das Recht, die Mängel selbst zu beseitigen) verloren haben, kann nur noch durch die
Wohnungseigentümergemeinschaft bestimmt werden (BGH NJW 1983, 453 = BauR
1983, 84). Einen solchen Beschluss haben die Wohnungseigentümer auf Hinweis des
Senates am 18. Dezember 2001 gefasst.
72
Dieser Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft ist wirksam. Dem steht nicht
entgegen, dass derzeit lediglich noch sechs Ersterwerber Mitglied der
Wohnungseigentümergemeinschaft sind und die beiden übrigen Mitglieder der
Wohnungseigentümergemeinschaft Zweiterwerber sind. Grundsätzlich ist zwar das
einzelne Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft nur dann befugt, Erfüllung an
alle Mitglieder der Gemeinschaft zu verlangen, wenn es Inhaber des geltend gemachten
Gewährleistungsanspruches ist oder wenn es von dem Anspruchsinhaber ermächtigt
worden ist, den Anspruch geltend zu machen. Im Regelfall ist jedoch zu vermuten, dass
Zweiterwerber von den Ersterwerbern dazu stillschweigend ermächtigt worden sind
(BGH NJW 1997, 2173, 2174). Im vorliegenden Fall sind ohnehin die
Gewährleistungsansprüche hinsichtlich des Gemeinschaftseigentumes an den
Zweiterwerber Dr. S... vom Ersterwerber abgetreten worden (vgl. Beklagte GA 27).
Hinsichtlich der Zweiterwerberin Dr. S... gilt jedenfalls die Vermutung einer
stillschweigenden Ermächtigung.
73
Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte liegen
grundsätzlich vor.
74
Die Gewährleistungsrechte der Wohnungseigentümer hinsichtlich des
Gemeinschaftseigentumes richten sich grundsätzlich nach Werkvertragsrecht. Dies gilt
auch dann, wenn die notariellen Verträge als Kaufverträge bezeichnet worden sind.
Nach gefestigter Rechtsprechung richten sich Ansprüche des Erwerbers wegen
Mängeln an neu errichteten Gebäuden nach Werkvertragsrecht, unabhängig davon, ob
das Bauwerk bei Vertragsschluss bereits fertiggestellt war und ob sich die Parteien als
"Käufer" und "Verkäufer" bezeichnet haben (zuletzt BGH BauR 2003, 535 = NJW-RR
2003, 519). Auch der Veräußerer sanierter Altbauwohnungen hat nach
Werkvertragsrecht Gewähr zu leisten, wenn mit dem Kauf des Grundstückes eine
Herstellungsverpflichtung verbunden ist (BGH BauR 1987, 439). So war es hier.
75
Im übrigen war in den notariellen Verträgen vereinbart, dass der Veräußerer "für die ...
Arbeiten ... nach den Vorschriften des Werkvertragsrechtes des Bürgerlichen
Gesetzbuches" Gewähr leiste.
76
Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Wohnungseigentümer
gemäß § 635 BGB liegen vor.
77
Die Werkleistung der Beklagten ist - im nachfolgend zur Höhe näher dargestellten
Umfang - mangelhaft. Die Beklagte ist auch zur Mängelbeseitigung aufgefordert worden
und zwar zunächst durch Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 16.
Dezember 1997 unter Bezug auf das Gutachten des Sachverständigen K.... Soweit der
Sachverständige R... im vorliegenden Rechtsstreit weitere zusätzliche Mängel
festgestellt hat, liegt zumindest insofern eine Mängelbeseitigungsaufforderung vor, als
die Klägerin ihre Klageforderung ausdrücklich auch auf diese Mängel stützt.
78
Weiter ist Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB
Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB. Auch eine
solche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung liegt im Schreiben der
Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 16. Dezember 1997. Dort ist erklärt, nach
Ablauf der Frist werde die Mangelbeseitigung durch die Beklagte abgelehnt und die
Mängel würden von einer anderen Firma beseitigt. Diese Formulierung unterscheidet
sich von der Formulierung, die der von der Klägerin zitierten Entscheidung des
79
Bundesgerichtshofs (NJW 1987, 889, vgl. GA 38) zugrunde liegt. In jenem Verfahren
war formuliert worden, die Mandanten würden die Nachbesserung ablehnen, zur
Ersatzvornahme schreiten und die entsprechenden Kosten aufgeben. Eine
Ersatzvornahme ist jedoch im vorliegenden Fall jedoch nicht angekündigt worden.
Unabhängig davon ist eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung entbehrlich, weil die
Beklagte sich ernstlich und endgültig geweigert hat, die Mängel ihrer Werkleistung zu
beseitigen. Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist entbehrlich, wenn sie reine
Förmelei wäre. Das gilt vor allem dann, wenn der Unternehmer seine Pflicht zur
Gewährleistung schlechthin bestreitet oder wenn er die Beseitigung des Mangels in
anderer Weise ernsthaft verweigert. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Das
gesamte Verhalten des Unternehmers ist zu würdigen, auch seine spätere Einlassung
im Prozess (BauR 2002, 1399-1401 = NJW 2002, 3019-3021; BauR 2001, 667, 669 =
ZfBR 2001, 177 = NZBau 2001, 211, 212 m.w.N.). Hier hat die Beklagte noch im
Rechtsstreit das Vorliegen der Mängel entschieden geleugnet.
80
Maßgebend für die Höhe des Schadenersatzanspruches der Klägerin sind die
Feststellungen des Sachverständigen R....
81
Der Zwischenvergleich vom 12. Januar 2001 (GA 211) bindet die Parteien nicht an die
Feststellung des Sachverständigen A.... Dieser Zwischenvergleich bedeutet lediglich,
dass der Sachverständige A... - quasi im Wege einer Beweisaufnahme - die
streitgegenständlichen Mängel prüfen sollte. Deshalb konnte durch Beweisbeschluss
des Senates der Sachverständige R... mit der Erstattung eines weiteren
(Ober)Gutachtens beauftragt werden, nachdem die Parteien die Feststellungen des
Sachverständigen A... zum Teil beanstandet hatten.
82
Auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen R... berechnet sich der
Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der Mängel am Gemeinschaftseigentum -
hinsichtlich derer die Bezifferung aus dem schriftlichen Gutachten des
Sachverständigen vom 04. Nov. 2002 verwendet wird - wie folgt:
83
4.2 Fassadenanstriche, Risse, Putzfehlstellen
84
Mangelbeseitigungskosten 23.245,00 EUR
85
abzüglich neu für alt 40 % 9.298,00 EUR
86
verbleiben 13.947,00 EUR
87
Zu dem Einwand des Geschäftsführers der Beklagten (im folgenden nur als
Geschäftsführer bezeichnet), die Mängel seien später entstanden, hat der
Sachverständige überzeugend ausgeführt, die Risse seien von Anfang an nicht
bearbeitet worden; die Beklagte habe den einfachsten Anstrich gewählt, der
überhaupt denkbar sei. Dieser Anstrich entspreche nicht einem
denkmalschutzwürdigen Stadthaus mit Stilfassade.
88
Der Abzug "neu für alt" sei nicht mit 100% zu bemessen, sondern mit 40 %, weil
faktisch - und das ist maßgebend - Fassadenanstriche alle 15 - 20 Jahre erneuert
würden.
89
1. elastische Fugenversiegelung 1.036,00 EUR
90
91
Der Sachverständige hat hierzu in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, die
Fenster seien vorwiegend mit Mörtel verfugt, teilweise mit dauerelastischem
Material versiegelt, die Trennung der Putzfläche von den Einbauteilen (Fenstern)
sei jedoch zwingend vorgeschrieben.
92
Der Einwand des Geschäftsführers, die Fugen seien "sehr wohl größtenteils"
dauerelastisch versiegelt, greift nicht durch. Zum einen ist dieser Einwand sehr
vage. Zum anderen hat der Sachverständige ausgeführt, er habe die gesamte
Fassade betrachtet und keine elastischen Verfugungen festgestellt. An der
Zuverlässigkeit dieser Feststellung zu zweifeln, hat der Senat keinen Anlass, denn
auch wenn der Sachverständige die Beobachtungen mit Hilfe eines Fernglases
gemacht hat, konnte er diese Feststellungen ohne weiteres treffen.
93
Allerdings ist der vom Sachverständigen ermittelte Aufwand für die nachträgliche
Versiegelung der Fugen in Höhe von 2.590 EUR zu kürzen um einen Abzug "neu
für alt". Dieser Abzug beträgt bei einer Lebensdauer der elastischen Fugen von 10
- 15 Jahren und der bisherigen Nutzungsdauer von 9 Jahren 60%, also 1.554 EUR.
94
95
96
1. Putzschäden und Zinkblecharbeiten
97
98
- Fassaden, Grenzwände, Giebel -
99
Wegen der Kosten für die verschiedenen Zinkabdeckungen erhebt die Beklagte
gegen das Gutachten R... keinen Einwand.
100
Diese Kosten sind daher zu berücksichtigen mit
101
2.020,00 EUR
102
Die Kosten für die Arbeiten an der freien Giebelwand hat die Beklagte zu tragen in
der vom Sachverständigen R... ermittelten Höhe von
103
17.825,00 EUR
104
Bei der Giebelwand handelt es sich - unstreitig - um einen Gemeinschaftsgiebel,
105
an den von beiden Seiten angebaut ist. Als Nachbarwand steht der Giebel nach
dem Anbau als wesentlicher Bestandteil beider benachbarten Bauwerke im
Miteigentum beider benachbarten Grundstückseigentümer, also auch im
Miteigentum der Wohnungseigentumsgemeinschaft H... (vgl. Palandt/Bassenge,
BGB, 62. Aufl., § 921, Anm. 5 und 9).
Für die Unterhaltungskosten gilt grundsätzlich § 922 Satz 2 BGB. Danach hätten
die Miteigentümer (hier die WEG und ihr Grundstücksnachbar) die Kosten zu
gleichen Teilen zu tragen. Bei teilweisem Anbau - wie hier durch die WEG - führt
jedoch eine gleichmäßige Aufteilung der Unterhaltungskosten zu einer unbilligen
Kostenverteilung. Daher hat in diesen Fällen bei teilweise einseitigem Anbau auch
alleine der Anbauende - hier die WEG - die Unterhaltungskosten zu tragen (vgl.
Palandt/Bassenge, a.a.O., § 921, 11 m. N.).
106
Da die Arbeiten an der Giebelwand nach den Feststellungen des
Sachverständigen R... technisch erforderlich sind, hat die Beklagte hierfür im
Verhältnis zur Klägerin einzustehen.
107
1. Regenrohr, Außenfühler, Lüftungsrohr 1.760,00 EUR
108
109
Soweit der Geschäftsführer zu Punkt 009 - 160 EUR - einwendet, es gebe keine
Regelung, die ein Entlüftungsrohr für den Heizungskeller vorsehe, hat der
Sachverständige überzeugend darauf verwiesen, dass es den anerkannten Regeln
der Technik entspreche, das - ohnehin von der Beklagten angebrachte - Rohr
höher zu führen und abzudecken.
110
Zu Punkt 086 - 1.020 EUR - beruft sich die Beklagte darauf, die Speisekammern
seien aufgrund des Unterschnittes der Türen hinreichend entlüftet. Dies ist nach
der überzeugenden Erläuterung des Sachverständigen R... allenfalls bei kleinen
Abstellräumen, nicht aber bei einer Speisekammer der hier in Frage stehenden
Größe ausreichend, vielmehr sei hier eine Zwangsentlüftung durch eine
Verbindung zum Außenbereich nach den Regeln der Technik erforderlich.
111
1. Balkontüren niveaugleich/Abdichtungsaufkantung,
112
alte und neue Balkone
113
Wegen der Balkonabdichtungen und Zinkblecharbeiten
114
sind gerechtfertigt insgesamt 12.910,00 EUR
115
Der darüber hinaus gehende
Minderwert
116
Türschwellen in Höhe von
3.000 EUR
jedoch später anzusetzen, weil auf diesen Betrag keine 15 % Baunebenkosten
hinzuzurechnen sind.
Die Ansicht der Beklagten, es sei nicht nachvollziehbar, weswegen eine
nachträgliche Abdichtung der Balkone überhaupt geschuldet sei, wo doch die
angesprochene Konstruktion seit über 100 Jahren ihre Funktion unbeanstandet
erfülle, greift nicht durch. Denn dieser Gesichtspunkt ist nicht maßgebend.
117
Entscheidend ist, welche Leistung die Beklagte den Wohnungseigentümern
schuldete. Dies hängt von den vertraglichen Vereinbarungen ab. Inwieweit bei der
Veräußerung sanierter und modernisierter Altbauten die im Zeitpunkt der
Modernisierung geltenden Regeln der Technik einzuhalten sind, kann nicht
allgemein, sondern nur anhand der konkreten Vertragspflichten beurteilt werden.
Da die Parteien zu der Frage der Sanierung der Balkone und deren Abdichtung
eine ausdrückliche Vereinbarung nicht getroffen haben, sind ihre vertraglichen
Pflichten durch Auslegung zu ermitteln. Der Grundsatz, dass ein Verstoß gegen die
allgemein anerkannten Regeln der Technik regelmäßig einen Sachmangel
darstellt, ist bei der Veräußerung sanierter und modernisierter Altbauten nicht ohne
weiteres anwendbar. So kann es z.B. zweifelhaft sein, ob der aktuelle Stand der
Technik auch hinsichtlich solcher Bauteile geschuldet wird, die von der
Sanierungsmaßnahme erkennbar nicht erfasst sind, die also erkennbar nach altem
Standard errichtet worden sind und unverändert angeboten werden. Es kommt
darauf an, inwieweit sich aus dem Vertrag und den ihm zugrunde liegenden
Umständen ergibt, dass gerade das beanstandete Gewerk nach den aktuellen
allgemein anerkannten Regeln der Technik herzustellen ist. Insbesondere ist zu
berücksichtigen, dass bei Altbauten unter Umständen ein Eingriff in die alte
Bausubstanz von den Erwerbern nicht erwartet wird und sie sich darüber im Klaren
sind, dass sie einen Altbau mit den Nachteilen seiner alten Bausubstanz erwerben
(vgl. OLG Hamm, BauR 1995, 846, 847; Riedl in Heiemann/Riedl/Rusam, VOB, 8.
Aufl., § 13, 38; Köble, Rechtshandbuch Immobilien, Band 1, Kapitel 26, Rdnr. 42 a,
45 b; Riedl in Festschrift für Soergel, Seite 247).
118
Hier hatte die Beklagte sich verpflichtet, das Objekt in schlüsselfertiger Bauweise
mit guter Ausstattung zu sanieren, und u.a. auch die gesamte Fassade des
Vorderhauses zu renovieren. Dann aber durften die Erwerber zu Recht erwarten,
dass auch die Balkone und deren Abdichtung nach den Regeln des
Dachdeckhandwerkes und dem Stand der Technik im Zeitpunkt der Sanierung
überarbeitet würden und zwar unabhängig davon, ob die vorhandene Konstruktion
bis zur Sanierung ihre Funktion erfüllt hatte oder nicht. Denn nach den
Ausführungen des Sachverständigen R... ließ der alte Aufbau der Balkone
Schäden an der Unterseite der Balkone (abblätternden Anstrich und abtropfendes
Wasser) befürchten und Durchfeuchtungen an den Anschlüssen zwischen
Wänden und Balkonen.
119
Die erst im Senatstermin aufgestellte Behauptung der Beklagten, sie habe dem
Erwerber der Wohnung in der 2. Etage zur Abdichtung des Balkones 1994 Geld
gegeben und er habe den Balkon abgedichtet - dann wäre der Mangel an diesem
Balkon beseitigt - hat die Klägerin bestritten. Beweis hat die Beklagte nicht
angetreten. Der Vortrag der Beklagten aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz
vom 14.05.2003 war nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr zu
120
berücksichtigt. Anlass zur Wiedereröffnung der ordnungsgemäß geschlossenen
mündlichen Verhandlung besteht nicht.
1. Balkongeländer 2.020,00 EUR
121
Die überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen
122
R... greift die Beklagte in diesem Punkt nicht an.
123
1. Fenster- und Türanlagen
124
125
Der Sachverständige hat hier Mangelbeseitigungskosten angesetzt in Höhe von
1.480 EUR, weil verschiedene Fenster- und Türanlagen nicht funktionierten.
126
Insoweit steht der Klägerin ein Schadenersatzanspruch nicht zu. Denn es kann
nicht festgestellt werden, dass hier ein Mangel der Werkleistung der Beklagten
vorliegt, wofür die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. Palandt/Sprau,
a.a.O., § 635, 9 und § 634, 10).
127
Der Sachverständige hat ausgeführt, es sei nicht feststellbar, wer für diesen Mangel
verantwortlich ist; unter Umständen beruhe er auf Wartungsfehlern. Da Fenster-
und Türanlagen bewegliche Bauteile darstellten, bedürften sie regelmässiger
Pflege und Wartung.
128
1. Balkonbelag (Holz/Balkonabdichtung) 600,00 EUR
129
Die Feststellungen des Sachverständigen R... greift die
130
Beklagte in diesem Punkt nicht an.
131
132
1. Risse und Fugen in Innenwänden und Estrich
133
Die Klägerin kann insoweit Schadenersatz verlangen
134
in Höhe von 4.730,00 EUR
135
Der Sachverständige R... hat hinsichtlich der Punkte 132, 133, 134 und 136 sowie
135 empfohlen, die von ihm festgestellten Mörtel- und Spachtelpartikel, die vor dem
Ausbesserungsanstrich nicht entfernt worden sind, im Zuge einer späteren
Treppenhausrenovierung zu überarbeiten. Dafür hat er Kosten veranschlagt mit
400 EUR und 80 EUR.
136
Diese Beträge sind gerechtfertigt. Der Einwand der Beklagen, es sei doch nach
den Ausführungen des Sachverständigen bei der früheren Ausbesserung "im
Rahmen des Möglichen" gehandelt worden, greift nicht durch. Denn nach der
Erläuterung des Sachverständigen sind die Mörtelreste und Spachtelpartikel früher
gerade nicht ordnungsgemäß beseitigt worden.
137
Weiter hat der Sachverständige 800 EUR angesetzt für mangelhaften Anstrich in
den Punkten 142, 143, 145, 150, 157. Hiergegen wendet die Beklagte sich nicht.
138
Sie beanstandet lediglich die weiter vom Sachverständigen berücksichtigten
Kosten für zusätzliche Risse im Treppenhausbereich in Höhe von 3.450 EUR und
behauptet, diese Risse seien nachträglich entstanden. Hierzu hat ihr
Geschäftsführer im Senatstermin ausgeführt, er habe ganz bewusst für das
Treppenhaus einen Anstrich gewählt - anstelle des vom Sachverständigen
empfohlenen Malervlies oder Gewebes. Zugleich hat er aber eingeräumt, es sei -
wegen des Aufzuges - mit Bewegungen zu rechnen, die auch zu Rissen führen
könne. Dann aber hätte er die vom Sachverständigen genannten Vorkehrungen
treffen müssen.
139
Ein Abzug neu für alt ist nicht geboten, weil - wie der Sachverständige
überzeugend dargelegt hat - auch bei einem Neuanstrich des Treppenhauses die
genannten Kosten zusätzlich anfallen würden.
140
1. Putzschäden Bauteile/Marmorschäden 400,00 EUR
141
Die überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen
142
R... greift die Beklagte in diesem Punkt nicht an.
143
1. Kellergeschossdecken, -wand, Türschwellen-
144
öffnungen
145
Der Sachverständige hat hier Kosten ermittelt in Höhe von 2.080,00 EUR. Die
Parteien haben übereinstimmend erklärt, dass dieser Betrag sich um die Kosten für
2 Arbeitsstunden reduziert, das sind 80 EUR. Mithin sind als Schaden zu
berücksichtigen noch
146
2.000,00 EUR
147
1. Kellergeschosswände
148
149
Die Klägerin kann wegen feuchter Kellerwände und
150
Außenwandfeuchtigkeitsschäden Schadenersatz verlangen
151
in Höhe von 43.777,90 EUR
152
Der Sachverständige hat insoweit Außenwand-Feuchtigkeitsschäden festgestellt,
die auf unzureichende bzw. nicht vorhandene Kelleraußenwand-Isolierungen oder
auch Sperrschichten zurückzuführen sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten
kommt es nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Besichtigung durch den
Sachverständigen - akute - Feuchtigkeit vorhanden war. Es genügt, dass -
unstreitig - die Isolierung unzureichend bzw. nicht vorhanden ist.
153
Darin liegt ein Mangel der Werkleistung der Beklagten.
154
Ob eine Werkleistung mangelhaft ist, hängt davon ab, inwieweit das Werk von der
vertraglich geschuldeten Leistung abweicht; im Rahmen der
getroffenen
Vereinbarungen
zweckentsprechendes Werk (BGH BauR 2000, 411, 412).
155
Daher ist zunächst festzustellen, welche Beschaffenheit des Kellers die Parteien
vertraglich vereinbart haben.
156
Richtig ist, dass üblicherweise Kellerräume von Häusern um die Jahrhundertwende
nicht isoliert wurden. Die gängigen Isolierungstechniken, die heute beim Neubau
verwendet werden, waren seinerzeit nicht bekannt. Vielmehr wurden die
Kellerräume bewusst nicht isoliert, damit in ihnen verderbliche Ware frischgehalten
werden konnte. Richtig ist andererseits, dass eine solche - unzureichende bzw.
fehlende - Kellerisolierung regelmäßig nicht den heute allgemein anerkannten
Regeln der Technik entspricht.
157
Welche Werkleistung die Beklagte schuldete, hängt auch hier von Umfang und
Inhalt ihrer Errichtungspflicht ab, die sich nach den vertraglichen Vereinbarungen
richtet. Dabei kann auch in diesem Punkt die Frage, inwieweit bei der Veräußerung
sanierter und modernisierter Altbauten die im Zeitpunkt der Modernisierung
geltenden Regeln der Technik einzuhalten sind, nicht allgemein, sondern nur
anhand der konkreten Vertragspflichten beurteilt werden. Finden sich keine
ausdrücklichen Vereinbarungen, so sind die Vertragspflichten des
Werkunternehmers durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Auch hier gelten
die bereits zuvor - zu Punkt 4.6 (Abdichtung der Balkone) - dargestellten
Grundsätze.
158
Hier hatten die Parteien die von der Beklagten geschuldete Leistung im notariellen
Vertrag näher beschrieben. Die Beklagte hatte sich verpflichtet, das
"Wohnungseigentum ... entsprechend ... den vorerwähnten Anlagen ..." fertig zu
stellen. Zu den vorerwähnten Anlagen zählt u.a. die Baubeschreibung. Aus dieser
Baubeschreibung ergibt sich zwar nicht ausdrücklich, dass der Keller umfassend
saniert werden sollte. Vielmehr ist eine Kellersanierung in dem "Überblick über die
durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen" nicht vorgesehen gewesen.
159
Dennoch konnten die Erwerber von der Beklagten erwarten, dass diese im
Rahmen der Sanierung des Objektes auch die Kelleraußenwände nachträglich
ordnungsgemäß isolieren würde. Denn unstreitig war in der Baubeschreibung
festgelegt, dass die gesamten Kellerräume einen Verbundestrich erhalten sollten.
Außerdem war für jede Wohnung im Keller des Wasch- und Trockenraumes ein
Waschmaschinenanschluß vorgesehen. Insgesamt ergibt sich daraus, dass die
Beklagte die Kellerräume im Rahmen der Sanierung des Altbaues so ausbaute,
wie es heutigen Nutzungszwecken und Gewohnheiten entspricht. Dann aber liegt
bei einem Gebäude aus dem Jahre um 1900 die Notwendigkeit einer
Kellerabdichtung auf der Hand, so dass die Erwerber von entsprechenden
Maßnahmen der Beklagten ohne weiteres ausgehen durften (vgl. BGH BauR 1987,
439 = NJW 1988, 490; im Ergebnis ebenso OLG München BauR 2003, 396,
rechtskräftig durch Nichtannahmebeschluß des BGH vom 24. Okt. 2002 - VII ZR
249/01).
160
Bestätigt wird diese Auslegung durch den Hinweis auf Seite 2 der
Baubeschreibung unter der Rubrik "Innentüren", wo es heißt, die "Türen der
Wohnungsabstellräume
zu der zu sanierenden Eigentumswohnung im Keller ein Abstellraum gehört,
schuldet jedenfalls solche Sanierungsmaßnahmen, die geeignet sind, die Sachen
etwas vor Feuchtigkeit zu schützen (OLG München, Urteil vom 7. April 1992, 9 U
6553/91, zitiert nach Riedl in Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O.).
161
Die Höhe der Kosten für die Beseitigung dieses Mangels hat der Sachverständige
R... in seinem Gutachten ermittelt mit 40.000 EUR. Zu den von der Klägerin unter
Berufung auf den Kostenvoranschlag der Firma R... behaupteten Kosten in Höhe
von netto 43.777,90 EUR hat der Sachverständige bei seiner Anhörung vor dem
Senat erklärt, diese Abweichung von seiner Kostenermittlung halte sich im zu
erwartenden Rahmen und sei nicht zu beanstanden.
162
1. Außenlampe, Kabelverlegung, Ausgussbecken 160,00 EUR
163
164
Zusätzlich gerechtfertigt sind die vom Sachverständigen
165
angesetzten 3.500,00 EUR
166
für das nachträgliche Anbringen eines Bodenablaufes.
167
Entscheidend für die Frage, ob der fehlende Bodenablauf einen Mangel der
Werkleistung der Beklagten darstellt, sind auch hier die vertraglichen
Vereinbarungen, die ggf. durch Auslegung zu bestimmen sind. Maßgebend ist hier,
dass nach der Baubeschreibung für jede Wohnung im Keller des Wasch- und
Trockenraumes ein Waschmaschinenanschluss vorgesehen war. Dann aber
entspricht es den Regeln der Technik und kann von den Erwerbern erwartet
werden, dass die Waschküche mit einem Bodenablauf versehen wird.
168
1. Wohnungseingangstüren
169
170
Hier hat der Sachverständige an Kosten der Mängelbeseitigung 8.720 EUR
angesetzt, weil es sich bei den Wohnungseingangstüren um normale Zimmertüren
und nicht um Wohnungsabschlusstüren gehandelt habe.
171
Darin liegt jedoch kein Mangel der Werkleistung der Beklagten. Denn aus der
Baubeschreibung ergibt sich, dass die Erwerber gerade damit geworben wurden,
dass die Innentüren, zu denen auch die Wohnungseingangstüren im Hause
zählen, aus den wiederhergerichteten alten Holzkassettentüren bestehen sollten.
Dann aber können sich die Erwerber nicht darauf berufen, dass sie keine
Wohnungseingangstüren nach heutigem Maßstab erhalten haben.
172
1. Bodenbeläge der Räume 380,00 EUR
173
174
Position von der Beklagten nicht beanstandet.
175
176
1. Kelleraußentreppe und Keller 300,00 EUR
177
Position von der Beklagten nicht beanstandet.
178
1. Fluchtwege (Dachflächen und Treppen)
179
Die Klägerin kann von der Beklagten in diesem Punkt
180
Schadenersatz verlangen für das Tieferlegen des Dach-
181
fensters in Höhe von 3.000,00 EUR
182
Unstreitig liegt das Fluchtwegfenster zu hoch und muss tiefergelegt werden, was
3.000 EUR kostet. Warum er den Betrag verdoppelt hat, vermochte der
Sachverständige nicht zu erklären.
183
Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe ursprünglich ein
Podest eingebaut, so dass die Höhe überbrückt gewesen sei. Denn die Anbringung
eines solchen Podestes ist - wie bereits der Sachverständige ausgeführt hatte -
wegen der beengten Raumnutzung nicht möglich. Dies bestätigt die von der
Klägerin mit dem nachgelassenen Schriftsatz vorgelegte Erklärung des
Eigentümers C...
184
Auch hier gibt der Vortrag der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom
14.05.2003 zu einer Wiedereröffnung der ordnungsgemäß geschlossenen
mündlichen Verhandlung keinen Anlass.
185
Gerechtfertig ist weiter das Schadenersatzbegehren der Klägerin in den Punkten
040 und 041 sowie 165 wegen nicht ausreichender Stabilität der oberen Holme
und Verletzungsgefahr an den Schweißstellen pp. Dass diese Mängel auf die
Eigenlösung eines Eigentümers zurückzuführen sein sollen, ist nicht hinreichend
dargetan.
186
700,00 EUR
187
2.760,00 EUR
188
1. Flachdächer, Satteldach und Schieferflächen 5.750,00 EUR
189
190
Die unzureichende Abdichtung der Schieferverkleidung pp. stellt einen Mangel der
Werkleistung der Beklagten dar, auch wenn - wie sie behauptet - seit inzwischen
neun Jahren keine Schäden aufgetreten sind. Die Kosten der Mangelbeseitigung
hat der Sachverständige ermittelt mit 2.400 EUR, 2.650 EUR sowie 700 EUR. Es
liegen - wie der Sachverständige auf den Einwand der Beklagten ausgeführt hat -
augenscheinlich Altschäden am Putz vor und keine Putzschäden, die nach
Fertigstellung der Gesamt-Sanierungsarbeiten entstanden sind.
191
1. Messingkäfer
192
193
Da nicht festgestellt werden kann, dass die Messingkäfer wegen baulicher Mängel
aufgetreten sind, sondern sie auch durch Waren eingeschleppt worden sein
können, kann ein Mangel der Werkleistung der Beklagten nicht festgestellt werden.
194
1. zusätzliche Mängel
195
196
Nicht gerechtfertigt ist der Betrag für die Freiterrasse in Höhe von 640 EUR, weil
diese Freiterrasse im Erdgeschoss von einem Wohnungseigentümer nachträglich
neu ausgeführt worden ist (Seite 66 des Sachverständigengutachtens).
197
Ebenfalls nicht gerechtfertigt ist die Position Holzbohlenbeläge, weil der
Sachverständige dem Einwand der Beklagten Recht gegeben hat, es könne
durchaus sein, dass die Fäulnis auf unzureichender Pflege beruhe.
198
Zu berücksichtigen ist aber die weitere Position Dachrinne 2. OG in Höhe von -
unverhältnismäßig ist der Aufwand nicht -
199
750,00 EUR
200
Zwischensumme Mängelbeseitigungskosten 120.325,90 EUR
201
Hinzuzurechnen sind nach dem Gutachten des Sachver-
202
ständigen R... 15 % für Baunebenkosten (Ausschrei-
203
bung, Bauüberwachung, Abrechnung) in Höhe von 18.048,89 EUR
204
Zwischensumme 138.374,79 EUR
205
zuzüglich Minderwert Türschwellenhöhe 3.000,00 EUR
206
Zwischensumme 141.374,79 EUR
207
zuzüglich 16 % Umsatzsteuer 22.619,97 EUR
208
insgesamt 163.994,76 EUR
209
Die Zinsen sind als Prozesszinsen gerechtfertigt.
210
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 344 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
211
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert, §
212
543 Abs. 2 ZPO.
Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren: 306.775,13 EUR
213
Beschwer für beide Parteien: über 20.000 EUR
214
a. B... Dr. C...
215
216