Urteil des OLG Düsseldorf vom 18.03.1999

OLG Düsseldorf (zedent, betrag, gegen die guten sitten, höhe, aufklärung, zeuge, culpa in contrahendo, treu und glauben, unterlagen, 1995)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-6 U 101/95
Datum:
18.03.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-6 U 101/95
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. März 1995 verkündete
Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter
Zurückweisung der weitergehenden Beru-fung teilweise abgeändert und
wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner 77.415,15 DM
zuzüglich
4 % p.a. aus 28.244,80 DM vom 30. September 1992 bis 2. Dezember
1992,
4 % p.a. aus 53.082,37 DM vom 3. Dezember 1992 bis
11. Januar 1993,
4 % p.a. aus 45.032,27 DM vom 12. Januar 1993 bis
20. Januar 1993,
4 % p.a. aus 69.281,37 DM vom 21. Januar 1993 bis
18. Februar 1993,
4 % p.a. aus 76.989,84 DM für den 19. Februar 1993,
4 % p.a. aus 78.789,99 DM vom 20. Februar 1993 bis
24. Februar 1993,
4 % p.a. aus 82.055,99 DM vom 25. Februar 1993 bis
13. Juli 1994 und
4 % p.a. aus 77.485,15 DM seit 14. Juli 1994
an die Klägerin zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 3/10
und die Beklagten 7/10. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu
2/10 der Klägerin und zu 8/10 den Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung von 126.000 DM abzuwenden, wenn nicht die
Klägerin vor Beginn der Zwangsvollstre-ckung Sicherheit in
entsprechender Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleis-tung in Höhe von 9.000 DM abwenden, wenn nicht die
Be-klagten zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.
Die Sicherheitsleistungen können auch durch Beibringung einer
selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder eines
öffentlich-rechtlichen Kreditinsti-tuts erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin nimmt die Beklagten aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns, B., auf
Schadensersatz für Verluste aus Börsentermingeschäften in Anspruch.
2
Der Zedent, der im Hauptberuf im technischen Dienst der T. AG beschäftigt ist und sich
nebenberuflich als Finanz- und Versicherungsmakler betätigt, stand im Rahmen seiner
letztgenannten Tätigkeit in geschäftlichem Kontakt mit der im Jahre 1992 gegründeten
F. Aktiengesellschaft (im folgenden F. AG). Diese stellte sich in ihrer während des
Gründungsstadiums erstellten Werbebroschüre (Anl. B 08 zur Klageerwiderung) als
zukunftsorientierte Interessengemeinschaft für Versicherungsmakler,
Finanzdienstkaufleute und Mehrfachagenten vor, die ihre Aktionäre u.a. bei schwierigen
Fragen mit Beratungen durch Fachleute unterstütze, ihnen ein Datenbank-Management-
System zur Verfügung stelle, eigene Produkte im Investment- und Immobilienbereich
sowie eine eigene Unterstützungskasse für den Bereich der betrieblichen
Altersversorgung anbiete und zudem über ihre Kundenzeitung "........." aktuelle Finanz-
und Versicherungstips gebe. Ihre Finanzierung erfolge über einen Bonus der
Produktpartner, zu denen auch die Beklagte zu 1) gehörte.
3
Aufgrund der Empfehlung eines Mitarbeiters der F. AG nahm der Zedent im Juli 1992
Kontakt zur Beklagten zu 1) auf, um mit deren Hilfe private Geldanlagen zu tätigen. Auf
den ersten Kontakt hin antwortete die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 10.07.1992 (Bl.
14, 15 GA), in dem sie u.a. folgendes hervorhob:
4
"...
5
Die Schwerpunkte unserer Geschäftstätigkeit liegen in den USA, Ungarn und
Deutschland.
6
Für den US-Aktien- und Aktienoptionshandel steht uns mit P. die größte
Abwicklungsstelle in den USA zur Verfügung. P. tätigt beispielsweise über 10 %
des Volumens der New Yorker Börse.
7
Die Warentermingeschäfte wickeln wir für unsere Kunden über B. Inc. ab. Dieses
Unternehmen zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass es keine
Eigengeschäfte tätigt und somit völlige Objektivität für seine Kunden garantiert. Das
Konto kann ab 20.000 US-Dollar eingerichtet werden. Die Kosten für den An- und
Verkauf von Optionen und Kontrakten belaufen sich auf 99 US-Dollar.
8
Mit aktuellstem Research, der Erarbeitung individueller Anlagestrategien und der
Abwicklung über die genannten Depotstellen, die weltweit zu den renommiertesten
zählen, können wir unseren Kunden einen entscheidenden Vorsprung sichern.
9
..."
10
In der Folgezeit kam es zu mehreren telefonischen und persönlichen Kontakten
zwischen dem Zedenten einerseits und Mitarbeitern der Beklagten zu 1) andererseits, in
denen verschiedene Anlagemöglichkeiten erörtert wurden. Im Rahmen dieser
vorvertraglichen Verhandlungen unterzeichnete der Zedent zahlreiche ihm von der
Beklagten zu 1) entweder übermittelten oder vorgelegten Schriftstücke in deutscher und
englischer Sprache:
11
U.a. unterzeichnete der Zedent das handschriftlich mit dem Datum vom 06.09.1992
versehene Formularschreiben der Beklagten zu 1) mit der Überschrift "Verlustrisiken bei
Börsentermingeschäften" (Anl. B 02 zur Klageerwiderung), welches den
abschließenden Hinweis enthält, nach § 53 Abs. 2 S. 2 BörsenG sei diese
Unterrichtungsschrift vom Anleger zu unterzeichnen, wenn er Börsentermingeschäfte
abschließen wolle.
12
Ferner unterzeichnete der Zedent unter dem handschriftlich eingesetzten Datum vom
06.09.1992 ein weiteres Informationsschreiben der Beklagten zu 1), in welchem der
Zedent auf die Höhe der von den Abwicklungs- und Depotstellen üblicherweise in
Rechnung gestellten 99 US-Dollar pro Kontrakt/Option sowie die zusätzlichen
Provisionen und Börsengebühren von 2 US-Dollar hingewiesen und ihm an
Rechenbeispielen die Gewinnchancen erläutert wurden (Anl. B 01 zur
Klageerwiderung). Dabei wurde auch darauf hingewiesen, bei "aktiven Terminkonten"
könnten im Extremfall, d.h. bei starken Kursschwankungen mehrmals täglich An- und
Verkäufe je Kontrakt getätigt werden, bei 20 Börsentagen pro Monat 20 oder 30 mal und
mehr. Die Anzahl der zu leistenden Kommissionszahlungen erhöhe sich mit der Anzahl
der getätigten Geschäfte. Dies sei dem Anleger bekannt, er wünsche diese Aktivitäten
und erkläre sich damit einverstanden. Abschließend enthält das Schreiben die an den
Zedenten gerichtete Bitte zu bestätigen,
13
"dass ein ausführliches Beratungsgespräch vor Kontoeröffnung stattgefunden hat,
in dem nicht nur über Chancen, sondern insbesondere und ausführlich über die
vorhandenen Risiken gesprochen wurde."
14
Darüber hinaus bestätigte der Zedent durch Unterschrift jeweils mit den
handschriftlichen Datum vom 06.09.1992, weitere Formularerklärungen in englischer
Sprache erhalten, gelesen und verstanden zu haben sowie mit dem Inhalt
einverstanden zu sein; zusätzlich unterzeichnete er diese in bezug genommenen
Erklärungen (Anlagenkonvolut B 03 zur Klageerwiderung).
15
Schließlich unterzeichnete der Zedent ebenfalls unter dem Datum vom 06.09.1992 das
16
Formular der Beklagten zu 1) mit dem Titel "Hinweise zur Kontoeröffnung" (Anl. B 05 zur
Klageerwiderung), nach deren Inhalt er die Beklagte zu 1) formularmäßig beauftragte,
die durch Ankreuzen gemachten Angaben betreffend seine Anlageerfahrung und seine
Anlagewünsche sowie zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen an die N.,
Inc. und/oder die Depot- bzw. Abwicklungsstellen weiterzugeben. Gleichzeitig
beauftragte er die Beklagte zu 1) formularmäßig zur Weiterleitung seines - gesondert
unterschriebenen - Kontoeröffnungsantrages an die Depotstelle als "direkter
Vertragspartner". Unter der Überschrift "Meine Anlageerfahrung" sind die Rubriken
"Aktien", "Anleihen", und "Börsentermingeschäfte" angekreuzt, wobei ebenfalls durch
entsprechendes Ankreuzen bestätigt wird, bereits ein Konto für Aktien, Anleihen,
Aktienoptionen und Börsentermingeschäfte unterhalten zu haben. Ferner enthält das
Formular folgende vorgedruckte Versicherung:
"Vor Eintritt in die Geschäftsbeziehungen mit einer der Depotstellen versichere ich,
den unten aufgeführten "Risikohinweis zu Börsengeschäften" gelesen zu haben,
da sich mir die Risiken von Börsentermingeschäften, insbesondere im Falle von
Termingeschäften, deren rechtlicher Bedeutung und der von diesen verlangten
Einlagen und Einschüssen ... voll bewusst bin ...".
17
Am 23.09.1992 unterschrieben der Zedent und die Beklagte zu 1) sodann den für die
streitgegenständliche Geschäftsbeziehung maßgebenden
Vermögensverwaltungsvertrag, durch den der Zedent die Beklagte zu 1) beauftragte, in
seinem Namen und für seine Rechnung den An- und Verkauf von in- und ausländischen
Wertpapieren aller Art sowie von Bezugsrechten zu betreiben und
Börsentermingeschäfte zu tätigen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird
auf die bei den Akten befindliche Ablichtung (Bl. 12, 13 GA) Bezug genommen.
18
In Vollzug dieser Vereinbarung stellte der Zedent am 30.09.1992 der Beklagten zu 1)
einen ersten Anlagebetrag in Höhe von 19.985 US-Dollar zur Verfügung, mit dem diese
über das als Depotstelle bezeichnete Brokerhaus B. Inc. in New York
Börsentermingeschäfte, insbesondere Termindirektgeschäfte in Devisen und Treasury
Bonds (T-Bonds = US-Staatsanlei-hen) tätigte. Diese erbrachten in den ersten Monaten
erheblichen Gewinn, was die Beklagte zu 1) zunächst veranlasste, den Zedenten mit
Schreiben vom 20.10.1992 (Anl. B 06 zur Klageerwiderung = Bl. 19 GA) u.a. auf
folgendes hinzuweisen:
19
"...
20
Das Konto wird sehr aktiv gehandelt und wir möchten der guten Ordnung halber
nochmals darauf hinweisen, dass selbstverständlich auch extrem hohe Risiken im
Börsenterminmarkt vorhanden sind.
21
..."
22
Mit Schreiben vom 28.10.1992 (Anl. B 07 zur Klageerwiderung) wandte sich die
Beklagte zu 1) erneut an den Zedenten und wies ihn darin u.a. auf folgendes hin:
23
"Gerade in die Vermögensverwaltung bei verwalteten Börsentermin-Konten
möchten wir sicher stellen, dass der Anleger über die Risiken der
Börsentermingeschäfte informiert ist sowie sichergestellt ist, dass die Auszüge
kontinuierlich bei dem Kunden eintreffen und dass der Kunde weiß, dass pro
24
Transaktion (An- und Verkauf) je 48,50 US-Dollar, somit 99 US-Dollar plus
Börsengebühren anfallen. Die gesamten Gebühren, die Anzahl der Transaktionen
und die Gewinne/Verluste sind auf den Ihnen jeweilig überstellten Kontoauszügen
der depotführenden Stelle, B., ersichtlich.
Ferner ist für uns wichtig, dass Sie uns bestätigen, dass die Anlagestrategie, die
Zahl der vorgenommenen Transaktionen (z.B. am 23.10.1992 sechs Kauf- und
Verkaufstransaktionen, Kontostand am 23.10. = 27.103 US-Dollar) und die
Abwicklung Ihren Zielsetzungen entspricht und Sie auch zukünftig wünschen, dass
ein in unserem Ermessen entsprechend aktiver Handel erfolgt.
25
Bitte beachten Sie, dass wir uns nicht nur mit der spekulativen
Vermögensverwaltung, sondern auch insbesondere mit der Vermögensverwaltung
im Aktien- und Anleihebereich befassen.
26
Wir bitten Sie, obiges mit Ihrer Unterschrift zu bestätigen und die Kopie dieses
Schreibens an uns zurückzureichen."
27
Der Zedent unterzeichnete eine Ablichtung dieses Schreibens am 29.10.1992 und
sandte diese an die Beklagte zu 1) zurück.
28
In der Folgezeit stellte der Zedent der Beklagten zu 1) bis zum 30.06.1993 weitere
Anlagebeträge zur Verfügung, deren Gesamtsumme zwischen den Parteien streitig ist.
Unstreitig hat der Zedent jedoch folgende Beträge auf das bei der Depotstelle der
Beklagten zu 1), dem Brokerhaus B. Inc., geführten Terminkonto transferieren lassen:
29
30.09.1992: US $ 19.985,00 x UK v. 1,4133 = DM 28.244,80 03.12.1992: US $
15.669,40 x UK v. 1,5851 = DM 24.837,57 21.01.1993: US $ 15.000,00 x UK v. 1,6166 =
DM 24.249,00 19.02.1993: US $ 4.700,00 x UK v. 1,6401 = DM 7.708,47 20.02.1993:
US $ 1.100,00 x UK v. 1,6365 = DM 1.800,15 25.02.1993: US $ 2.000,00 x UK v. 1,6330
= DM 3.266,00 US $ 58.454,40 DM 90.105,99
30
Diese Anlagebeträge gerieten im Rahmen der Börsentermingeschäfte weitgehend in
Verlust, wobei wegen der Einzelheiten auf die "Monthly commodity Statements" der B.,
Inc. (monatliche Kontoauszüge; Bl. 24-53 GA) sowie die "Combined commodity
Statements" der B. Inc. (Bl. 187-279 GA) Bezug genommen wird. Von den der Beklagten
zu 1) überlassenen Beträgen erhielt der Kläger schließlich nur folgende Zahlungen
zurück:
31
11.01.1993: US $ 5.000,00 x UK v. 1,6100 = DM 8.050,00 13.07.1994: US $ 2.993,74 x
UK v. 1,5267 = DM 4.570,84 US $ 7.993,74 DM 12.620,84
32
Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin, der der Zedent mit schriftlichem
Vertrag vom 06.02.1995 (Bl. 120 GA) alle Ansprüche gegen die Beklagten abgetreten
hat, Schadensersatz, den sie nunmehr in der Berufungsinstanz mit 89.612,66 DM
beziffert. In erster Instanz hat sie darüber hinaus noch mehrere Auskunftsansprüche
geltend gemacht.
33
Zur Stützung ihrer Klageforderung hat die Klägerin folgendes vorgetragen:
34
Die Beklagte zu 1) sei zum Schadensersatz verpflichtet, und zwar insbesondere
35
deshalb, weil sie ihren Ehemann, den Zedenten, nicht sachgerecht über die Risiken der
beabsichtigten und auch durchgeführten Börsentermingeschäfte informiert habe. Eine
schriftliche Aufklärung sei praktisch nicht erfolgt. Die von den Beklagten vorgelegte
Broschüre "Basisinformation über Börsentermingeschäfte des deutschen Bankverlages"
(Anl. B 04 zur Klageerwiderung) habe der Zedent gar nicht erhalten. Die übrigen
Vertragsunterlagen (Anl. B 01 bis B 03 und B 05 zur Klageerwiderung) seien dem
Zedenten vor Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrages vom 23.09.1992 lediglich
zur Unterschrift vorgelegt, aber nicht ausgehändigt worden. Diese Aufklärung sei auch
nicht etwa deshalb entbehrlich gewesen, weil er mit Geschäften der vorgenommenen
Art vertraut gewesen sei. Das Gegenteil sei vielmehr der Fall gewesen.
Ferner hafte die Beklagte zu 1) auf Schadensersatz, weil der Zeuge Z., ein Mitarbeiter
der Beklagten zu 1), dem Zedenten im Verlauf der Vertragsverhandlungen vorgespiegelt
habe, durch das Setzen einer sogenannten "stop-loss-order" lasse sich auf jeden Fall
ein Totalverlust der Anlagegelder vermeiden. Trotz der daraufhin erfolgten Vereinbarung
einer solchen Risikobegrenzung sei dann der Terminhandel von der Beklagten zu 1)
schrankenlos vorgenommen worden. Auch an die im schriftlichen Vertrag enthaltene
Weisung, nur nach Absprache Geschäfte vorzunehmen, habe sich die Beklagte zu 1)
nicht gehalten.
36
Schließlich hafte die Beklagte zu 1) aus unerlaubter Handlung, weil sie dem Zedenten
die Höhe der Rückvergütungen auf die Kommissionen verheimlicht und ihn dadurch
daran gehindert habe, diese aus Auftragsrecht herauszuverlangen. Wäre er über die
überzogenen Kommissionen und die dadurch erfolgte Schmälerung der
Gewinnchancen aufgeklärt worden, hätte der Zedent der Beklagten zu 1) die
Spekulationsgelder nicht zur Verfügung gestellt und demzufolge auch den
Gesamtverlust nicht erlitten.
37
Der Beklagte zu 2) hafte als Vorstandsmitglied der Beklagten zu 1) ebenfalls auf
Schadensersatz, weil er deren Verhalten veranlasst bzw. jedenfalls nicht verhindert
habe, dass der Zedent nicht sachgerecht aufgeklärt worden sei.
38
Der Höhe nach belaufe sich der Schadensersatzanspruch auf 102.233,50 DM. Denn
neben den von den Beklagten eingeräumten Geldeinlagen seien der Beklagten zu 1)
folgende weitere Beträge zur Verfügung gestellt worden:
39
04.11.1992: US $ 325,00 x UK v. 1,5685 = DM 509,76 24.11.1992: US $ 200,00 x UK v.
1,6040 = DM 320,80 14.01.1993: US $ 1.835,99 x UK v. 1,6282 = DM 2.989,36
07.04.1993: US $ 493,83 x UK v. 1,6141 = DM 797,09 07.04.1993: US $ 800,00 x UK v.
1,6141 = DM 1.291,28 19.04.1993: US $ 460,53 x UK v. 1,6189 = DM 745,55
19.04.1993: US $ 738,00 x UK v. 1,6189 = DM 1.194,75 26.04.1993: US $ 201,22 x UK
v. 1,5746 = DM 127,79 26.04.1993: US $ 314,92 x UK v. 1,5746 = DM 200,00
08.06.1993: US $ 212,00 x UK v. 1,6245 = DM 344,39 30.06.1993: US $ 124,16 x UK v.
1,6922 = DM 210,10 DM 8.730,87
40
Der sich insgesamt ergebende Schadensbetrag sei von den Beklagten in Höhe von
Anlagezinsen für Festgeldanlagen zu verzinsen.
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Die Klägerin hat beantragt,
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1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihr Auskunft darüber zu erteilen und Rechnung
43
zu legen, a. welche konkreten Kommissionsbelastungen für die getätigten Käufe
und Verkäufe der Options- und Futureskontrakte in Deutschmark und Treasury
Bonds auf dem Konto Nr. ....... bei der Depotstelle B. Inc. angefallen sind, b. welche
Rückvergütung und sonstige transaktionsunabhängigen Vergütungen die Beklagte
zu 1) von B. Inc. direkt bzw. über die N. Inc. erhalten hat und c. erforderlichenfalls
die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Angaben an Eides Statt durch den
Beklagten zu 2) zu versichern,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 102.233,50 DM nebst 4
% Zinsen aus einem Betrag von 28.244,80 DM seit dem 30.09.1992, aus einem
weiteren Betrag von 509,76 DM seit dem 04.11.1992, aus einem weiteren Betrag
von 320,80 DM seit dem 24.11.1992, aus einem weiteren Betrag von 24.837,47 DM
seit dem 03.12.1992, aus einem weiteren Betrag von 7.879,50 DM seit dem
15.12.1992, aus einem weiteren Betrag von 2.989,36 DM seit dem 14.01.1993, aus
einem weiteren Betrag von 24.249 DM seit dem 19.02.1993, aus einem weiteren
Betrag von 7.708,47 DM seit dem 20.02.1993, aus einem weiteren Betrag von
3.266 DM seit dem 25.02.1993, aus einem weiteren Betrag von 2.088,37 DM für die
Zeit vom 07.04.1993 bis zum 13.07.1994, aus einem weiteren Betrag von 340,11
DM seit dem 14.07.1994, aus einem weiteren Betrag von 1.939,55 DM für die Zeit
vom 19.04.1993 bis zum 13.07.1994, aus einem weiteren Betrag von 327,79 DM für
die Zeit vom 26.04.1993 bis zum 13.07.1994, aus einem weiteren Betrag von
344,39 DM für die Zeit vom 08.06.1993 bis zum 13.07.1994 sowie aus einem
weiteren Betrag von 210,10 DM für die Zeit vom 30.06.1993 bis zum 13.07.1994 zu
zahlen.
44
Die Beklagten beantragen,
45
die Klage abzuweisen.
46
Sie haben folgendes geltend gemacht:
47
Vor Durchführung des ersten Anlagegeschäftes sei der Zedent umfassend schriftlich
über die Risiken des Börsenterminhandels informiert worden. Die Beklagte zu 1) habe
dem Zedenten die im Prozess vorgelegten Vertragsunterlagen und
Aufklärungsbroschüren mit Schreiben vom 03.09.1992 übersandt. Dieser habe sie
sodann am 06.09.1992 unterzeichnet zurückgesandt. Die schriftlichen Unterlagen
enthielten die notwendige Risikoaufklärung, die der Zedent folglich in Ruhe habe zur
Kenntnis nehmen können. Außerdem sei der Zedent als Versicherungs- und
Finanzmakler börsenerfahren gewesen und habe einer Belehrung nicht bedurft. Dies
gelte um so mehr, als der Zedent auch Vertriebspartner der F. AG gewesen sei und in
dieser Funktion selbst Anlagegeschäfte vermittelt habe. Jedenfalls habe der Zedent sich
als mit Börsentermingeschäften der vorliegenden Art erfahren geriert. Er sei gegenüber
der Beklagten zu 1) nicht nur als selbständiger Finanzmakler aufgetreten, wobei er
bereits bei den ersten Gesprächen - wie unstreitig ist - auch auf seine diesbezüglichen
Geschäftsbeziehungen zur B. GmbH bzw. dem Brokerhaus R. hingewiesen habe.
Vielmehr habe der Zedent darüber hinaus auch in Geschäftsbeziehung zur F. AG
gestanden und auch in diesem Rahmen Erfahrungen u.a. mit Börsentermingeschäften
gesammelt. Auch als Vertriebspartner der I. AG habe der Zedent - wie unstreitig ist -
Anlagen vermittelt, darunter auch die von der Beklagten als Initiatorin entwickelten
Investmentfonds "Fonds-Select" und "Fonds-Select plus", bei denen es sich um eine
Kombination zwischen Investment- und Börsentermingeschäften handele. Im Rahmen
48
dieser aufgrund der Vereinbarung vom 14.08.1993 (Bl. 105 GA) zustandegekommenen
Geschäftsbeziehung sei der Kläger sowohl schriftlich (Bl. 104-106 GA) als auch
mündlich über die Zusammenhänge sowie die Gefahren und Risiken des
Börsenterminhandels unterrichtet worden.
Auch irgendwelche Zusicherungen in bezug auf eine "stop-loss-order" habe es seitens
ihrer Mitarbeiter nicht gegeben. Auch habe sie nicht irgendwelche Rückerstattungen von
Kommissionen oder sonstigen Gebühren erhalten, so dass auch insofern eine irgendwie
geartete Aufklärung obsolet gewesen sei.
49
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und seine Entscheidung in bezug auf das
jetzt noch streitgegenständliche Schadensersatzbegehren wie folgt begründet:
50
Im vorliegenden Fall könne offen bleiben, ob der Zedent über die wirtschaftlichen
Zusammenhänge des Börsenterminhandels aufgeklärt worden sei. Eine darauf
beruhende Schadensersatzpflicht der Beklagten sei jedenfalls deshalb zu verneinen,
weil der Zedent börsenerfahren und deshalb nicht aufklärungsbedürftig gewesen sei.
Eine Schadensersatzpflicht wegen Nichtbeachtung einer angeblich erteilten "stop-loss-
order" oder wegen der angeblichen Verheimlichung von Kommissionsrückvergütungen
habe der Kläger ebenfalls nicht schlüssig dargetan.
51
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Berufung, mit
der sie unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung seines erstinstanzlichen
Vorbringens sein Klagebegehren teilweise - nämlich hinsichtlich des Zahlungsantrags -
weiterverfolgt und - nach einer teilweisen Rücknahme auch des sich darauf
beschränkenden Rechtsmittels - nunmehr noch Zahlung in Höhe von 89.612,66 DM
verlangt. Dabei führt sie ergänzend zu ihrem früheren Vorbringen insbesondere
folgendes aus:
52
Der Zedent sei von der Beklagten zu 1) vor Abschluss des in Rede stehenden
Anlagevermittlungsvertrages nicht sachgerecht über die Risiken des
Börsenterminhandels aufgeklärt worden. Die Broschüre "Basisinformationen über
Börsentermingeschäfte" (Anl. B 04 zur Klageerwiderung) habe er gar nicht und alle
übrigen von den Beklagten überreichten Unterlagen erst nach Aufnahme der
Geschäftsbeziehung erhalten.
53
Zu Unrecht habe das Landgericht auch seine Aufklärungsbedürftigkeit verneint. Er sei
bei der T. AG im technischen Dienst beschäftigt und betätige sich nebenberuflich als
Finanzkaufmann. An die Beklagte sei er herangeführt worden durch eine Empfehlung
eines Vorstandsmitglieds der F. AG. Im Vertrauen auf diese Empfehlung sowie das
gewandte Auftreten des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten habe er mit dieser die
Geschäftsbeziehung begonnen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er selbst keinerlei
berufliche Erfahrungen mit Börsenspekulationsgeschäften gehabt. Persönlich sei er
seinerzeit mit Börsenspekulationsgeschäften insofern konfrontiert worden, als er auf
Vermittlung der B. GmbH Kontakt zum Brokerhaus R. gehabt und über diese
entsprechende Geldanlagen getätigt habe. Bei diesen Geschäften, über die der Zedent
jedoch im einzelnen nicht informiert gewesen sei, hätten sich Mitte 1992 Verluste in
einer Größenordnung von ca. 20.000 US-Dollar abgezeichnet, die er durch den
geschäftlichen Kontakt mit der Beklagten wieder habe ausgleichen wollen. Im Rahmen
des geschäftlichen Kontakts zur B. GmbH bzw. zum Brokerhaus R. sei er über die
Zusammenhänge bei Börsenspekulationsgeschäften ebenfalls nicht aufgeklärt worden.
54
Vielmehr seien die einzelnen Anlageentscheidungen jeweils von der B. GmbH getroffen
worden.
Ähnliches gelte auch für seine Tätigkeit als Vertriebspartner der F. AG, in deren Auftrag
er auch mit der Vermittlung von Anlagegeschäften beschäftigt gewesen sei. Bei den
vermittelten Anlagen habe es sich um Fonds-Konstruktionen gehandelt, die jedoch
weder dem Kunden noch ihm als Vermittler Einblick in die Funktionsweise der von dem
Fonds getätigten Anlagegeschäfte gewährten.
55
Die Kontoeröffnungsunterlagen habe er nicht verstehen können, weil er der englischen
Sprache nicht mächtig sei. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) hätten ihn veranlasst, die
unausgefüllten Formulare zu unterschreiben. Dementsprechend sei auch die Eintragung
in dem Formular, die auf seine angebliche fünfjährige Erfahrung mit Optionsgeschäften
hinweise, ohne sein Wissen nachträglich in das Formular eingetragen worden. Auch
sonst habe der Zedent nichts getan, was den Schluss zuließe, er geriere sich als
jemand, der Erfahrung mit Börsenspekulationsgeschäften habe und mit deren Risiken
vertraut sei.
56
Darüber hinaus sei der Zedent im Vorfeld der Anlagegeschäfte von der Beklagten zu 1)
auch über die Existenz und die verlustausschließende Wirkung einer "stop-loss-order"
getäuscht worden. Die Anlagegeschäfte hätte der Zedent nicht geschlossen, wenn ihm
bekannt gewesen sei, dass solche ihm zugesicherten Mechanismen keineswegs einen
Totalverlust des Anlagekapitals verhindern würden. Im übrigen habe die Beklagte zu 1)
auch transaktionsabhängige Rückerstattungen von den Provisionen und Gebühren
erhalten, die bei Abschluss der einzelnen Terminkontrakte aufgewandt worden seien.
Wenn dem Zedenten dies bekannt gewesen sei, hätte er die Geschäftsbeziehung zur
Beklagten zu 1) ebenfalls nicht begründet.
57
Die Beklagte habe darüber hinaus in völlig unangemessener Häufigkeit
Termingeschäfte abgeschlossen und wieder beendet, wobei sie nur das Ziel verfolgt
habe, möglichst häufig Provisionen und Gebühren zu vereinnahmen. Die getätigten
Geschäfte ließen keinerlei Gewinnstrategie erkennen - ein Umstand, der ebenso wie die
Tatsache, dass die angefallenen Gebühren mehr als ein Drittel der Anlagebeträge
ausmachten, ein Indiz für die praktizierte Gebührenschneiderei sei.
58
Die Klägerin beantragt,
59
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagten als
Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 89.612,66 DM nebst 4 % Zinsen p.a. aus
einem Betrag von 28.244,80 DM seit dem 30.09.1992, aus einem weiteren Betrag
von 509,76 DM seit dem 04.11.1992, aus einem weiteren Betrag von 320,80 DM
seit dem 24.11.1992, aus einem weiteren Betrag von 24.837,47 DM seit dem
03.12.1992, aus einem weiteren Betrag von 7.879,50 DM seit dem 15.12.1992, aus
einem weiteren Betrag von 2.989,36 DM seit dem 14.01.1993, aus einem weiteren
Betrag von 24.249 DM seit dem 19.02.1993, aus einem weiteren Betrag von
7.708,47 DM seit dem 19.02.1993, aus einem weiteren Betrag von 1.800,15 DM
seit dem 20.02.1993, aus einem weiteren Betrag von 3.266 DM seit dem
25.02.1993, aus einem weiteren Betrag von 2.088,37 DM für die Zeit vom
07.04.1993 bis zum 13.07.1994, aus einem weiteren Betrag von 340,11 DM seit
dem 14.07.1994, aus einem weiteren Betrag von 1.939,55 DM für die Zeit vom
19.04.1993 bis zum 13.07.1994, aus einem weiteren Betrag von 327,79 DM für die
60
Zeit vom 26.04.1993 bis zum 13.07.1994, aus einem weiteren Betrag von 344,39
DM für die Zeit vom 08.06.1993 bis zum 13.07.1994 sowie aus einem weiteren
Betrag von 210,10 DM für die Zeit vom 30.06.1993 bis zum 13.07.1994 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
61
die Berufung zurückzuweisen.
62
Sie verteidigen unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen
Vorbringens das angefochtene Urteil gegen die Angriffe der Berufung und treten in
diesem Zusammenhang auch den ergänzenden Ausführungen der Klägerin entgegen.
63
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den zwischen
den Parteien geführten Schriftwechsel sowie die zu den Akten gereichten Urkunden und
Unterlagen Bezug genommen.
64
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Z. und B.. Für den Inhalt
und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.
September 1998 Bezug genommen.
65
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
66
Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet. Die Beklagten haften der Klägerin
wegen unzureichender Risikoaufklärung auf Schadensersatz.
67
I.
68
Gegen die Beklagte zu 1) steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch aus culpa in
contrahendo in Verbindung mit § 398 BGB zu. Die Beklagte zu 1) hat ihre
vorvertraglichen Aufklärungspflichten dadurch verletzt, dass sie den Zedenten, den
Ehemann der Klägerin, über die mit den getätigten Börsentermingeschäften
verbundenen Risiken nicht sachgerecht informiert hat.
69
1. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie der ständigen
Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Vermittler von ungewöhnlichen
Anlagegeschäften die mit besonderen, über das übliche Maß hinausgehenden Risiken
behaftet sind, seinen Kunden über die wirtschaftlichen Zusammenhänge und Risiken
des Geschäfts aufklären, sofern der Kunde nicht ausnahmsweise als erfahrener Anleger
einer Aufklärung nicht bedarf. Diese Grundsätze gelten zum einen sowohl für
Warentermingeschäfte (vgl. BGHZ 80, 83 f = WM 1981, 374; BGH WM 1995, 81, 82;
BGH WM 1986, 734; BGH WM 1987, 103; BGH WM 1988, 291, 292; BGHZ 105, 108,
110 = NJW 1988, 2882; BGH WM 1991, 1410, 1411; BGH NJW 1992, 1879, 1880; OLG
Düsseldorf - Senat -, Urteil vom 09.01.1992 - 6 U 192/91 -) als auch für
Börsentermingeschäfte (vgl. BGH WM 1991, 127, 128; BGH NJW 1994, 512 = WM
1994, 149, 150; BGH NJW 1994, 997; BGH WM 1994, 1746, 1747; OLG Düsseldorf -
Senat -, Urteil vom 15.10.1992 - 6 U 18/92 -; OLG Düsseldorf - Senat -, Urteil vom
27.10.1994 - 6 U 172/93 -; OLG Düsseldorf - Senat -, Urteil vom 19.01.1995 - 6 U 287/93
-; OLG Düsseldorf - Senat -, Urteil vom 27.07.1994 - 6 U 12/95 -; OLG Düsseldorf - Senat
-, Urteil vom 07.09.1995 - 6 U 166/94 -; OLG Düsseldorf - Senat -, Urteil vom 28.11.1996
- 6 U 216/95 -).
70
Nach diesen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie der Rechtsprechung
des erkennenden Senats aufgestellten Grundsätzen hat der Vermittler solcher
Geschäfte, dem Anlageinteressenten ein zutreffendes Bild von den Gefahren und
Chancen der vermittelten Geschäfte in der Weise zu verschaffen, dass der Käufer seine
Investitionsentscheidung sachgerecht treffen kann. Bei Waren- und
Börsentermingeschäften, bei denen es sich um hochspekulative Geldanlagen handelt,
hat der Anlagevermittler seine mit diesen Geschäften nicht vertrauten Kunden über die
wesentlichen Grundlagen des Geschäftes, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und
die dem Termingeschäft innewohnenden Risiken und deren Verhältnis zu den
tatsächlichen Gewinnaussichten auch unter Berücksichtigung der Provisionen
umfassend aufzuklären. Er hat dem potentiellen Kunden ein zutreffendes Bild von
Termingeschäften zu verschaffen, ihm vor Vertragsschluss also die Kenntnisse zu
vermitteln, die ihn in die Lage versetzen, den Umfang des ihm aufgebürdeten
Verlustrisikos und die durch die Höhe von Vermittlungsprämien und Gebühren
eingetretene Verringerung ihrer Gewinnchancen zutreffend einschätzen zu können.
71
Was die Form der notwendigen Aufklärung angeht, so ist anerkannt, dass sie, wenn sie
ihren Zweck nicht verfehlen soll, grundsätzlich nur schriftlich und nicht ausschließlich
mündlich oder fernmündlich erfolgen kann (vgl. BGHZ 105, 108, 110 f = NJW 1988,
2882 = WM 1988, 1255; BGH NJW 1991, 1947, 1948; BGH NJW 1992, 1879, 1880;
OLG Düsseldorf - Senat -, a.a.O.). Dabei muss die Darstellung zutreffend, vollständig,
gedanklich geordnet und auch von der Gestaltung her geeignet sein, einem
unbefangenen, mit derartigen Geschäften nicht vertrauten Leser einen realistischen
Eindruck von den Eigenarten und Risiken solcher Geschäfte zu vermitteln (vgl. BGH
WM 1991, 1410, 1411; BGH NJW 1992, 1879, 1880). Wichtige Hinweise, wie etwa
solche auf die geschäftsspezifischen Risiken, dürfen nicht drucktechnisch oder durch
ihre Plazierung in den Hintergrund treten (vgl. BGHZ 105, 108, 114; BGH NJW 1992,
1879, 1880), sondern müssen schriftlich und in einer für den flüchtigen Leser auffälligen
Form erfolgen, wobei die Hinweise weder durch Beschönigungen noch durch
Werbeaussagen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden dürfen (BGH NJW 1994,
512 = WM 1994, 149, 150; BGH WM 1994, 453, 455; BGH WM 1994, 492, 493; BGH
NJW 1994, 997; BGH NJW-RR 1996, 947, 948 = WM 1996, 1214, 1215 m.w.Nachw.;
BGH, Urteil vom 24.09.1996 - XI ZR 244/95 -).
72
Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ergibt, dass die dem
Zedenten tatsächlich oder behauptungsweise überlassenen Unterlagen nicht geeignet
sind, einem mit Termindirektgeschäften nicht vertrauten Leser einen realistischen
Eindruck von den Eigenarten und spezifischen Risiken solcher Geschäfte zu vermitteln.
Das dem Zedenten von der Beklagten zu 1) angeblich übermittelte Informationsmaterial
stimmt inhaltlich weitestgehend mit den Unterlagen überein, die dem Senat bereits in
den Verfahren 6 U 147/94 OLG Düsseldorf = 8 0 33/94 LG Düsseldorf und 6 U 166/94
OLG Düsseldorf = 6 0 585/93 LG Düsseldorf zur Entscheidung vorlagen. Bereits in
jenen Verfahren hat der Senat die in diesen Unterlagen enthaltenen Informationen nicht
für ausreichend angesehen um einem mit Termindirektgeschäften nicht vertrauten Leser
einen realistischen Eindruck von den Eigenarten und spezifischen Risiken solcher
Geschäfte zu vermitteln (vgl. Urteil des Senats vom 8. Juni 1995 - 6 U 147/94 = WM
1995, 1710 ff und Urteil des Senats vom 7. September 1995 - 6 U 166/94 -). Diese
Auffassung ist vom Bundesgerichtshof in beiden Verfahren ausdrücklich bestätigt
worden (vgl. Urteil des BGH vom 14.05.1996 - XI ZR 188/95 = WM 1996, 1214 ff = NJW-
RR 1996, 947 f und Urteil des BGH vom 24. September 1996 - XI ZR 244/95 -). An
dieser Ansicht hält der erkennende Senat auch nach erneuter Überprüfung fest, wobei
73
wegen der Einzelheiten der Begründung sowohl auf die eigenen Ausführungen des
Senats in den vorgenannten Urteil sowie auf die bestätigenden und ergänzenden
Erwägungen des Bundesgerichtshofs in den ebenfalls genannten Entscheidungen, die
den Beklagten sowie den Prozessbevollmächtigten der Klägerin sämtlich vorliegen,
Bezug genommen werden kann.
2. Die vorbeschriebene, grundsätzlich notwendige Aufklärung über die wirtschaftlichen
Zusammenhänge und Risiken von Börsentermingeschäften waren vorliegendend auch
nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Zedent keiner Aufklärung bedurfte.
74
Der Umfang der Aufklärungspflichten hängt im Einzelfall von der
Aufklärungsbedürftigkeit des potentiellen Kunden ab. Maßgebend wird er dabei in erster
Linie dadurch bestimmt, ob der potentielle Kunde Erfahrungen mit Geschäften der
angebahnten Art hat (vgl. BGH WM 1991, 982, 984; BGH WM 1992, 479, 481). Aber
auch wenn eine solche Erfahrung objektiv nicht gegeben ist, kann eine
Aufklärungspflicht dann entfallen, wenn der potentielle Kunde entweder keine Beratung
wünscht oder sich als termingeschäftserfahren geriert. Ein solcher Kunde, der nach
eigenen, nicht ersichtlich unglaubwürdigen Angaben umfangreiche Erfahrungen mit
Termingeschäften gesammelt hat, dies sogar schriftlich bestätigt und den Abschluss
solcher Geschäfte wünscht, ist grundsätzlich nicht schutzwürdig. Er kann nach Treu und
Glauben, der Grundlage vorvertraglicher Aufklärungspflichten, berechtigterweise nicht
erwarten, gleichwohl über die Funktionsweise und die besonderen Gefahren solcher
ihm angeblich vertrauter Geschäfte eingehend aufgeklärt zu werden. Ein Kunde der sich
als erfahren geriert, tut vielmehr kund, dass er Aufklärung nicht braucht und nicht
wünscht (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.1996 - XI ZR 188/95 = WM 1996, 1214, 1216 =
NJW-RR 1996, 947, 948; BGH, Urteil vom 28.09.1996 - XI ZR 244/95 -;
Palandt/Thomas, BGB, 57. Aufl., § 764 BGB, Rdn. 14 m.w.Nachw.).
75
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gesichtspunkte bestand auch im
vorliegenden Fall die Notwendigkeit einer umfassenden Aufklärung.
76
Soweit die Beklagten geltend machen, der Zedent habe bei Aufnahme der
Geschäftsbeziehung zur Beklagten zu 1) bereits über ausreichende Kenntnisse und
Erfahrungen in Börsentermingeschäften verfügt, ist ihr Vorbringen unsubstantiiert.
Entgegen der Ansicht der Beklagten können solche Vorkenntnisse nicht schon deshalb
angenommen werden, weil der Zedent beruflich bzw. nebenberuflich als Versicherungs-
und Finanz- makler tätig war. Dass er in dieser Funktion jemals ein Termingeschäft
vermittelt hätte, haben die Beklagten nicht konkret dargetan. Dies gilt auch, soweit die
Beklagten auf die Tätigkeit des Zedenten als Vertriebspartner der F. AG hinweisen.
Auch wenn jene Gesellschaft in geringem Umfang auch Börsentermingeschäfte sowie
Beteiligungen an Anlagefonds anbot, die ihrerseits auch in Börsentermingeschäfte
investierten, ergibt sich aus diesen Umständen noch nicht, dass der Zedent durch die
Geschäftsbeziehung zu jenem Unternehmen nähere Kenntnisse über die Mechanismen
und Risiken von Börsentermingeschäften gewonnen hat. Konkrete Anhaltspunkte dafür,
dass der Zedent im Rahmen dieses geschäftlichen Kontakts konkret mit solchen
Geschäften zu tun hatte, sind weder von den Beklagten dargetan worden noch sonst
ersichtlich. Ebenso wenig lässt sich diesbezüglich etwas daraus herleiten, dass der
Zedent bereits vor Abschluss des streitgegenständlichen, mit der Beklagten zu 1)
geschlossenen Vermittlungsvertrages ähnliche Spekulationsgeschäfte auf Vermittlung
der B. GmbH getätigt und dabei rund 20.000 US-Dollar verloren hatte. Wie die Klägerin
unwidersprochen vorgetragen hat, sind auch jene Spekulationsgeschäfte im Detail nicht
77
vom Zedenten selbst abgeschlossen, sondern in seinem Auftrag von der B. GmbH in
Zusammenarbeit mit dem Brokerhaus R. vorgenommen worden, ohne dass der Zedent
von seinen Geschäftspartnern zuvor über die Zusammenhänge und Risiken des
Terminhandels aufgeklärt worden ist. Aus jener Geschäftsbeziehung hat der Zedent
also allenfalls die allgemeine Erfahrung gewinnen können, dass solche Geschäfte
verlustreich enden konnten; dass er jedoch dabei auch Kenntnisse über die Ursachen
der Gefahren und Risiken des Terminhandels gewonnen hätte, dafür sind
Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass der Zedent
unmittelbar nach Eintritt jener Verluste sogleich Kontakt zur Beklagten zu 1) aufnahm,
um durch gleichartige oder ähnliche Spekulationsgeschäfte seine Verluste wieder
auszugleichen, dafür, dass der Zedent die Verluste nicht auf die typischen mit jenen
Geschäften verbundenen Gefahren und Risiken, sondern auf eine wenig geschickte
Geschäftstätigkeit der B. GmbH bzw. des Brokerhauses R. zurückführte und die
Hoffnung hegte, bei der Beauftragung der Beklagten zu 1) ließen sich die Risiken
besser beherrschen. Unter diesen Umständen lässt sich aus der Tatsache, dass der
Zedent bereits einmal ähnliche Spekulationsgeschäfte getätigt hat, noch nicht auf seine
Vorkenntnisse oder Erfahrungen mit Termingeschäften der vorliegenden Art schließen.
Nichts anderes gilt im Ergebnis schließlich auch in bezug auf die Tätigkeit des
Zedenten für die I. AG, in deren Zusammenhang der Zedent nach der Behauptung der
Beklagten über Börsentermingeschäfte aufgeklärt worden sein soll. Dabei kann
dahinstehen, ob letzteres tatsächlich in einem solchen Umfang geschehen ist, um den
Zedenten anschließend als termingeschäftserfahren ansehen zu können. Denn auf
diese Umstände können sich die Beklagten schon deshalb nicht erfolgreich berufen,
weil der geschäftliche Kontakt des Zedenten zur I. AG ausweislich der vorgelegten
Unterlagen erst im Herbst 1993 und damit etwa ein Jahr nach Abschluss des
streitgegenständlichen Vermögensverwaltungsvertrages vom 23.09.1992
zustandegekommen ist.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte der Senat schließlich auch nicht zu
der Überzeugung gelangen, dass der Zedent im Rahmen der zur Begründung des im
Streit stehenden Vertragsverhältnisses führenden Verhandlungen als
termingeschäftserfahren aufgetreten ist, so dass es einer Aufklärung im oben genannten
Sinne nicht bedurft hätte. Ein solches Verhalten des Zedenten hat weder der dazu
vernommene Zeuge Z. bestätigt noch ergibt es sich aus den Vertragsunterlagen.
78
Die Aussage des Zeugen ist insoweit schon deshalb unergiebig, weil er sich an
konkrete Einzelheiten nicht mehr erinnern konnte. Seine Erklärungen erschöpfen sich in
wesentlichen Teilen erkennbar in der Wiedergabe der üblichen Gepflogenheiten bei der
Anbahnung geschäftlicher Beziehungen. So hat der Zeuge zwar bekundet, der Zedent
sei nach seinem Kenntnisstand als Finanzdienstleister einschlägig tätig gewesen, doch
konnte der Zeuge nicht mehr angeben, woher ihm dieser Umstand bekannt war.
Insbesondere wusste er auch nicht zu sagen, ob der Zedent selbst Entsprechendes
geäußert hat. Gleiches gilt bezüglich angeblicher Erklärungen des Zedenten zu seinen
Erfahrungen mit Spekulations- und Termingeschäften. Auch hierzu konnte der Zeuge
keine aussagekräftigen Angaben machen, sondern nur auf seine ihm nicht vorliegenden
Gesprächsnotizen verweisen.
79
Das von den Beklagten behauptete Auftreten des Zedenten als informierter Anleger im
Bereich von Börsentermingeschäften lässt sich im Ergebnis auch nicht aus den seitens
der Beklagten vorgelegten Vertragsunterlagen entnehmen. Zwar weisen diese den
Zedenten als "Financial Consultant" mit fünfjähriger Erfahrung bei "Commodity Futures
80
or Options Trading" (Anl. B 03) sowie Erfahrungen bei Aktien, Anleihen und
Börsentermingeschäften (Anl. B 05) aus, doch lässt sich nach Durchführung der
Beweisaufnahme nicht feststellen, dass diese Angaben tatsächlich vom Zedenten
stammen. Die in analoger Anwendung des § 416 ZPO dahingehende Beweiswirkung ist
nämlich widerlegt. Während sich der Zeuge Z. auch hier nicht mehr an die konkreten
Vorgänge erinnern konnte, dennoch aber aus grundsätzlichen - wenn auch nicht näher
begründeten - Erwägungen nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen als
ausgeschlossen bezeichnet hat, hat der Zedent, der Zeuge B., erklärt, in beiden in Rede
stehenden Formularen seien bei Unterzeichnung lediglich die Personalien in Form von
Name und Anschrift ausgefüllt gewesen. Er habe die Unterlagen, obwohl er der
englischen Sprache nicht richtig mächtig sei, im übrigen blanko unterschrieben, weil ihm
in zahlreichen Telefonaten immer wieder erklärt worden sei, es handele sich nur um
Formalitäten, er solle Vertrauen haben. Was den Kontoeröffnungsantrag anbelange
(Anl. B 05), könne er nicht ausschließen, dass er darin zu einem späteren Zeitpunkt,
nämlich bei Unterzeichnung des Vermögensverwaltungsvertrages als Berufsangabe in
seiner Handschrift "Finanzmakler" eingesetzt habe. Er habe sich noch gewundert, was
das sei, sich dann aber mit der Erklärung, ohne eine solche Angabe sei eine
Kontoeröffnung nicht möglich, zufrieden gegeben und die Eintragung wunschgemäß
vorgenommen. Ansonsten stammten die handschriftlichen Ergänzungen in beiden
Formularen aber nicht von ihm. Aufgrund dieser Aussage steht aus Sicht des Senats
nicht nur fest, dass die die Erfahrungen des Zeugen betreffenden Wissensangaben in
den fraglichen Unterlagen bei deren Unterzeichnung nicht enthalten waren, sondern das
sie - mit Ausnahme der Berufsangabe im Kontoeröffnungsantrag - auch nicht auf
entsprechende Vorgaben des Zeugen zurückzuführen sind. Obwohl der Zeuge wegen
seiner unmittelbaren Beteiligung an den fraglichen Geschäften der Sache nach als
Partei anzusehen ist, die ihre Zeugenstellung nur wegen der Zession der Ansprüche an
die Klägerin erlangt hat, sieht der Senat nämlich keinen Anlas, an der Richtigkeit der
Angaben zu zweifeln. Die in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Bekundungen
des Zeugen werden nämlich durch sonstige Umstände gestützt. So spricht zunächst
auch nach der Aussage des Zeugen Z. alles dafür, dass die handschriftlichen
Ergänzungen in den beiden Formularen tatsächlich nicht vom Zeugen B. stammen. Der
Zeuge Z. hat es nämlich unter Hinweis auf die üblichen Gepflogenheiten für eher
unwahrscheinlich gehalten, dass der Zeuge B. die Unterlagen selbst ausgefüllt hat, da
diese regelmäßig von Mitarbeitern der Beklagten so weit wie möglich vorbereitet
würden. Im übrigen hat der Zeuge Z. zwar dann eine mögliche Blankounterzeichnung in
dem vom Zeugen B. behaupteten Umfang in Abrede gestellt, doch auch hier folgt der
Senat der Darstellung des Zeugen B.. Abgesehen davon, dass sich die Erklärungen des
Zeugen Z. nicht auf den konkreten Fall des Zeugen B., sondern auf die generelle
Handhabung beziehen, belegt vor allen Dingen der Umstand, dass die in der
Beweisaufnahme vom Zeugen B. vorgelegte Durchschrift des Kontoeröffnungsantrages
(Anl. B 05) ein anderes Aussehen hat als die von den Beklagten vorgelegte Kopie
dieses Eröffnungsantrages, dass es nachträgliche Eintragungen in diesem Antrag
gegeben haben muss. Ein Vergleich der beiden relevanten Schriftstücke zeigt, dass von
den in der Durchschrift unter der Überschrift "Ich habe bereits ein Konto unterhalten für"
vorgesehenen Rubriken keine einzige angekreuzt ist, während die Kopie dort bei allen
vorgegebenen Möglichkeiten ein Kreuz aufweist. Unabhängig davon, dass schon dieser
Umstand allein die eingangs der diesbezüglichen Beweiswürdigung erwähnte
Beweiswirkung beseitigt, spricht er insbesondere auch dafür, dass die Dinge im Fall des
Zeugen B. eben doch seiner Darstellung gemäß abgelaufen sind, seine Angaben also
insgesamt der Wahrheit entsprechen. Dies gilt um so mehr, als der bei der
Beweisaufnahme anwesende Beklagte zu 2), der zugleich die Beklagte zu 1) vertritt,
keinerlei Erklärung für die aufgetretene Diskrepanz abgeben konnte. Aus den
vorgenannten Gründen konnte der Senat auch nicht zu der Überzeugung gelangen,
dass die für die Entscheidung relevanten Angaben zur Anlagenerfahrung in den
Unterlagen auf entsprechende mündliche Äußerung des Zeugen zurückgehen, die dann
Eingang in die beiden fraglichen Anlagen B 03 und B 05 gefunden hätten. Wie bereits
dargelegt, hat nicht einmal der Zeuge Z. Entsprechendes bestätigt, geschweige denn
lässt die Sachdarstellung des Zeugen B. Anhaltspunkte dafür erkennen. Daran ändert
auch die im Kontoeröffnungsantrag von ihm selbst stammende Berufsbezeichnung
"Finanzmakler" nichts, denn abgesehen davon, dass dieser Bezeichnung wegen der
näheren Umstände, die zu ihrer Verwendung geführt haben, vorliegend keine
Aussagekraft zukommt, lässt eine solche Berufsangabe ohne nähere Erläuterung der
daraus resultierenden Erfahrungen des Einzelnen die Aufklärungspflicht auch ohnehin
noch nicht entfallen.
3. Da es sich bei der Beklagten zu 1) um ein im Börsengeschäft tätiges kaufmännisches
Unternehmen handelt, dass sich insbesondere auch mit Börsentermingeschäften der
vorliegenden Art gewerblich beschäftigt, wussten die vertretungsberechtigten Mitglieder
ihres Vorstands um die wesentlichen Grundlagen sowie die wirtschaftlichen und
technischen Zusammenhänge von Termingeschäften sowie um die Auswirkungen der
Provisionen und Gebühren auf die Gewinnerwartungen für den Anleger. Da sie
gleichwohl dem Zedenten die in Rede stehenden Terminkontrakte, US-Staatsanleihen
und Optionen vermittelt haben, ohne ihn zuvor in hinreichender Weise aufzuklären, liegt
ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Aufklärungspflichten vor.
81
4. Rechtsfolge ist, dass die Beklagte zu 1) Schadensersatz zu leisten hat. Dabei ist vor
dem geschilderten Hintergrund darauf rückzuschließen, dass der Zedent von den in
Rede stehenden Anlagegeschäften abgesehen hätte, wenn er von der Beklagten zu 1)
in der gebotenen Weise aufgeklärt worden wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 61, 118, 121; BGH NJW 1984, 1688, 1689 = WM 1984,
221 ff; BGH WM 1991, 127, 130; BGH WM 1992, 770, 773 = NJW 1992, 1879; BGH WM
1992, 1935, 1937 = NJW 1993, 257; BGH WM 1993, 1457, 1458; BGH WM 1994, 149,
153 = NJW 1994, 512, 513), der der Senat - ebenfalls in ständiger Rechtsprechung -
folgt (vgl. u.a. OLG Düsseldorf - Senat -, Urteil vom 24.06.1993 - 6 U 198/92 -; OLG
Düsseldorf - Senat -, Urteil vom 17.03.1994 - 6 U 283/92 -; OLG Düsseldorf - Senat -,
Urteil vom 19.01.1995 - 6 U 287/93 -; OLG Düsseldorf - Senat -, Urteil vom 27.07.1995 -
6 U 12/95 -; OLG Düsseldorf - Senat -, Urteil vom 28.11.1996 - 6 U 216/95 -), ist
derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, dafür
beweispflichtig, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß
verhalten hätte, der Geschädigte also dann den Rat oder den Hinweis nicht befolgt
hätte. Diese Kausalitätsvermutung ist im vorliegenden Fall weder von der Beklagten zu
1) noch vom Beklagten zu 2) widerlegt worden. An einem entsprechend substantiierten
Vortrag der Beklagten des Inhalts, dass der Zedent auch bei ordnungsgemäßer
Aufklärung die Anlagegeschäfte getätigt hätte, fehlt es vollständig.
82
Nach alledem hat die Beklagte zu 1) den Zedenten und nunmehr aufgrund der
Abtretung die Klägerin so zu stellen, wie diese stünde, wenn sie - die Beklagte zu 1) -
als Vermittlerin der Anlagegeschäfte die ihr obliegenden Schutzpflichten nicht verletzt,
d.h. ihren Vertragspartner von Anfang an ordnungsgemäß aufgeklärt hätte (vgl. BGH
WM 1985, 81, 82; BGH WM 1991, 1410, 1412). In diesem Fall hätte der Zedent bereits
vom Abschluss der streitgegenständlichen Anlagegeschäfte Abstand genommen, so
dass ihm alle Verluste zu ersetzen sind, die ihm durch die Börsentermingeschäfte
83
entstanden sind.
Im Ergebnis kann die Klägerin also den vom Zedenten für die Börsentermingeschäfte
aufgewandten Geldeinsatz abzüglich der an ihn ausgezahlten Beträge verlangen.
Danach hat die Klägerin einen Schaden in Höhe von 77.485,15 DM erlitten. Trotz eines
entsprechenden Hinweises des Senats in seinem Hinweis-, Aufklärungs- und
Beweisbeschluss vom 27. Mai 1998 hat die Klägerin einen darüber hinausgehenden
Schaden nicht schlüssig dargetan.
84
5. Im Umfang des der Klägerin zustehenden Schadensersatzanspruchs kann die
Klägerin auch eine Verzinsung der der Beklagten zu 1) überlassenen Anlagebeträge in
Höhe von 4 % ab dem jeweiligen Zeitpunkt der Überlassung der Anlagebeträge
verlangen. Dieser Anspruch folgt aus §§ 249 Abs. 1, 252 BGB in Verbindung mit § 398
BGB, wonach die Klägerin den entgangenen Gewinn beanspruchen kann.
85
Nach den vorgenannten Vorschriften hat die Beklagten zu 1) im Rahmen des von ihr zu
leistenden Schadensersatzes dem Zedenten auch den entgangenen Gewinn zu
ersetzen, also die Vermögensvorteile, die im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses
noch nicht zum Vermögen des Verletzten gehörten, die ihm ohne dieses Ereignis aber
zugeflossen wären (vgl. Palandt/ Heinrichs, a.a.O., § 252 BGB, Rdn. 1;
MünchKommBGB/Grunsky, BGB, 3. Aufl., § 252 BGB, Rdn. 3). Nach § 252 S. 2 BGB gilt
dabei der Gewinn als entgangen, welcher nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge
oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten
und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Im vorliegenden Fall
hat die Klägerin im einzelnen dargelegt, dass der Zedent bzw. sie - die Klägerin - den für
die getätigten Anlagegeschäfte verwendeten Geldbeträge, hätte der Zedent sie nicht in
dieser Weise investiert, anderweitig durch Errichtung eines Festgeldkontos angelegt
hätte. Hierfür spricht in der Tat eine Wahrscheinlichkeit, da der Zedent ersichtlich mit
den vorgenannten Geldbeträgen eine verzinsliche Anlage erwerben wollte. Kraft der
gesetzlichen Vermutung des § 252 S. 2 BGB ist daher davon auszugehen, dass der
Zedent die Geldbeträge als Festgeld angelegt und dabei einen Zinsertrag erzielt hätte,
der der Marktlage entsprach (zur Rechtsnatur des § 252 S. 2 BGB vgl. BGHZ 29, 393,
398; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 252 BGB, Rdn. 5 m.w.Nachw.;
MünchKommBGB/Grunsky, a.a.O., § 252 BGB, Rdn. 9 m.w.Nachw.;
Staudinger/Medicus, BGB, 12. Aufl., § 252 BGB, Rdn. 3 ff). Diese Vermutung ist auch
durch die Beklagten nicht widerlegt worden. Sie haben keinerlei Umstände vorgetragen,
die die Vermutung entkräften könnten. Den entgangenen Gewinn schätzt der Senat mit
einem Durchschnittssatz von 4 % Zinsen p.a. bezogen auf die jeweiligen Zeiträume, in
denen der Klägerin die der Beklagten zu 1) überlassenen Beträge nicht zur Verfügung
standen.
86
II.
87
1. Gegen den Beklagten zu 2) steht der Klägerin der geltend gemachte
Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB wegen einer von diesem vorsätzlich
begangenen sittenwidrigen Schädigung in gleicher Höhe zu wie gegen die Beklagte zu
1).
88
a. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der Senat folgt, fügt das
Organ einer juristischen Person, die Anlagegeschäfte der vorliegenden Art vermittelt,
dem Kunden in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise dann vorsätzlich
89
Schaden zu, wenn er veranlasst oder bewusst nicht verhindert, dass die Gesellschaft
den in den Einzelheiten nicht eingeweihten Anleger über die wirtschaftlichen
Zusammenhänge und Risiken des Börsenterminhandels nicht ordnungsgemäß aufklärt
(vgl. BGH NJW 1982, 2815; BGHZ 105, 108, 109; BGH WM 1988, 291, 292; BGH WM
1992, 1935; OLG Düsseldorf - Senat -, Urteil vom 19.01.1995 - 6 U 287/93 -
m.w.Nachw.; OLG Düsseldorf - Senat -, Urteil vom 04.05.1995 - 6 U 175/94 -). Der
Beklagte zu 2) war und ist unstreitig Vorstandsmitglied der Beklagten zu 1) und war als
solches dafür verantwortlich, dass die Kunden der Beklagten zu 1) entsprechend den
rechtlichen Grundsätzen über die mit Börsentermingeschäften verbundenen Risiken
aufgeklärt wurden. Er hatte und hat insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die
Aufklärung in den Informationsschriften der Beklagten zu 1) umfassend und
entsprechend den rechtlichen Anforderungen erfolgte und erfolgt. Diesen letztgenannten
Verpflichtungen, denen sich der Beklagte zu 2) als vertretungsberechtigtes
Vorstandsmitglied der Beklagten zu 1) unter keinen Umständen entziehen kann, ist er
nicht nachgekommen. Hinsichtlich der notwendigen schriftlichen Kundeninformation
ergibt sich dies daraus, dass weder die vom Beklagten zu 2) als Verantwortlichem in
Verkehr gebrachten Vertragsunterlagen noch die im Kundenkreis verteilte und
angeblich auch dem Zedenten übermittelte Broschüre eine sachgerechte und
umfassende Risikoaufklärung über die Anlagegeschäfte enthielten, sondern dass - im
Gegenteil - in diesen Unterlagen die mit Börsentermingeschäften verbundenen Risiken
verharmlosend und verschleiernd dargestellt wurden.
b. Durch dieses Verhalten hat der Beklagte zu 2) es bewusst veranlasst, dass der
Vertragspartner der Beklagten zu 1) nicht in gehöriger Weise aufgeklärt worden ist. Er
hat damit seinen Wissens- und Erfahrungsvorsprung im Hinblick auf
Börsentermingeschäfte an den Zedenten als Kunden der Beklagten zu 1) nicht
weitergegeben und seine daraus folgende überlegende Stellung auf grob anstößige
Weise dadurch missbraucht, dass er im Vertrauen auf die Unkenntnis und
unzureichende Aufklärung des Zedenten den Geschäftsabschluss mit ihm veranlasst
bzw. nicht verhindert hat. Daraus folgt zugleich, dass er eine Schädigung des Zedenten
durch das mit ihm abgeschlossene Geschäft billigend in Kauf genommen hat.
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c. Der Beklagte zu 2) hat deshalb - ebenso wie die Beklagte zu 1) - den Zedenten bzw. -
nach Abtretung - die Klägerin so zu stellen, als ob die Geschäfte nicht abgeschlossen
worden wären (vgl. BGH NJW 1984, 1688 = WM 1984, 221, 222; BGH WM 1984, 960,
961, BGH NJW 1994, 512, 514 = WM 1994, 149, 153). Im Ergebnis ist deshalb der
Beklagte zu 2) ebenfalls verpflichtet, der Klägerin Schadensersatz in der Höhe zu
leisten, wie ihn auch die Beklagte zu 1) zu leisten verpflichtet ist.
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2. Daneben hat die Klägerin auch Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen. Auch
insoweit kann auf das zuvor bei der Prüfung der Ersatzansprüche der Beklagten zu 1)
Gesagte Bezug genommen werden.
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3. Die beiden Beklagten haften für den von ihnen angerichteten Schaden nach § 840
BGB als Gesamtschuldner, da zwischen den Verbindlichkeiten ein innerer
Zusammenhang im Sinne einer rechtlichen Zweckgemeinschaft besteht, so dass § 840
BGB auch auf das hier vorliegende Konkurrenzverhältnis zwischen vertraglicher und
deliktischer Haftung anwendbar ist (vgl. BGH VersR 1956, 160, 161; BGH VersR 1969,
737, 738; Palandt/ Thomas, a.a.O., § 840 BGB, Rdn. 3; MünchKommBGB/Selb, a.a.O., §
421 BGB, Rdn. 26 m.w.Nachw.).
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III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
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Die Beklagten sind mit 77.485,15 DM beschwert. Die Beschwer der Klägerin beläuft
sich auf 12.127,51 DM. Insoweit liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der
Revision nicht vor (§ 546 Abs. 1 S. 2 ZPO).
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