Urteil des OLG Düsseldorf vom 27.04.2006

OLG Düsseldorf: mietsache, treu und glauben, vermieter, rückgabe, kündigung, unmittelbarer besitz, mietobjekt, anwaltskosten, vertretungsbefugnis, ausdehnung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 152/05
Datum:
27.04.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-24 U 152/05
Vorinstanz:
Landgericht Wuppertal, 7 O 157/01
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das am 8. September 2005 verkündete
Urteil der 7. Zivilkammer des Landge-richts Wuppertal wird auf ihre
Kosten zurückgewiesen.
Berufungsstreitwert: 265.099,64 €.
G r ü n d e:
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Die Berufung der Kläger gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist gemäß
§ 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung in der Sache
keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und
eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch zur Fortbildung des Rechts oder zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist.
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I.
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Zur Begründung und zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf die
Erwägungen des Senats in seinem Hinweisbeschluss vom 16. März 2006 Bezug
genommen. Dort hat der Senat ausgeführt:
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Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Im
Ergebnis hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen:
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I. Mietzinsanspruch
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Den Klägern steht für die Zeit von Januar 2001 bis April 2002 ein Anspruch auf
Zahlung von Mietzins - § 535 S. 2 BGB a.F. - gegen die Beklagte nicht zu. Zu Recht
ist das Landgericht von einer Beendigung des Mietverhältnisses zum 30. April 2000
(Schreibfehler im angefochtenen Urteil "2004") auf Grund der außerordentlichen
Kündigung der Beklagten vom 20. Oktober 1999 ausgegangen.
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1.) Die Beklagte war nach § 3 Abs. 4 des zwischen ihr und den Rechtsvorgängern
der Kläger geschlossenen Mietvertrags vom 21. Mai / 22. Juni 1979 (MV) berechtigt,
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ab dem 9. Mietjahr den Mietvertrag mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende des
Mietjahrs zu kündigen. Die Mietzeit begann, wie im Nachtrag Nr. 1 zum MV
vereinbart, am 1. Mai 1982; das Mietjahr endete mithin am 30. April eines jeweiligen
Jahres. Durch ihre Kündigungserklärung vom 20. Oktober 1999 hat die Beklagte von
ihrem Kündigungsrecht rechtzeitig zum Ablauf des Mietjahres am 30. April 2000
Gebrauch gemacht.
Das Recht der Beklagten zur Kündigung war im Oktober 1999 nicht durch § 3 Abs. 4
MV infolge der Eröffnung einer Filiale der P.-GmbH in R. im April 1999
ausgeschlossen. Nach jener Klausel war das außerordentliche Kündigungsrecht
nur dann nicht gegeben,
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"wenn oder weil der Mieter im Einzugsbereich (Stadtteil Wuppertal-
Ronsdorf) eine andere Filiale eröffnen will oder eine andere, bestehende
Filiale erweitern will".
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Es kann hier dahingestellt bleiben, ob diese Bestimmung über ihren Wortlaut ("...
eröffnen will oder ... erweitern will") hinaus auch auf eine erst nach Eröffnung einer
anderen Filiale ausgesprochene Kündigung Anwendung findet. Denn der
Regelungsgehalt jener Bestimmung beschränkte sich auf Filialen der Beklagten,
wozu Filialen der P.-GmbH nicht zählen.
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§ 3 Abs. 4 MV ist insoweit eindeutig formuliert. Die Klausel bezieht sich auf eine
Filialeröffnung/-erweiterung durch den "Mieter", nämlich die Beklagte. Die P.-GmbH
ist mit der Beklagten aber weder in ihrer Rechtsperson noch in ihrer
unternehmerischen Struktur identisch. Beide Unternehmungen verfügen jeweils
über einen eigenständigen Einkauf, eine eigenes Marketing und einen eigenen
Vertrieb. Es ist allgemeinkundig, dass sich auch die unternehmerische Ausrichtung
unterscheidet: Während die Beklagte Lebensmitteleinzelhandel im herkömmlichen
Sinn betreibt, tritt die P.-GmbH als Discounter am Markt auf. So liegen z.B. in M.-B.
Filialen beider Unternehmungen im selben Einkaufszentrum dicht beieinander.
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Die gem. §§ 133, 157 BGB an Treu und Glauben unter Berücksichtigung der
Verkehrssitte und mithin auch an der Interessenlage der Vertragschließenden
orientierte Auslegung der Klausel lässt eine Erstreckung auf Filialen anderer
Unternehmen der T.-Gruppe selbst mit Blick auf den Zweck der
Kündigungsbeschränkung nicht erkennen. Entsprechend liegt in der Kündigung
trotz relativ zeitnah zuvor erfolgter Eröffnung eines P.-Marktes in R. auch keine
Umgehung der vertraglichen Kündigungsbeschränkung. Es mag sein, dass die T.-
KG beherrschenden Einfluss auf beide Unternehmen auszuüben vermag und
tatsächlich auch unternehmerische Entscheidungen für die Beklagte wie die P.-
GmbH trifft oder getroffen hat. Dem Mietvertrag ist aber nicht zu entnehmen, dass die
Vertragschließenden eine Ausdehnung der wettbewerbsbeschränkenden
Bestimmung auf den ganzen T.-Konzern gewollt hätten, obwohl die Beklagte schon
vor Abschluss des Mietvertrages, nämlich seit 1971, zur T.-Gruppe gehörte (vgl.
www.krefeld-ihk.de).
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Ersichtlicher Zweck der Kündigungsbeschränkung war es, den Bestand des
Mietvertrages zwischen dem Ende des 9. Mietjahres und dem Ablauf der 20-
jährigen Mietzeit vor Konkurrenzangeboten örtlicher Vermieter zu schützen. Die
Klausel diente allein den Interessen der Vermieter und beschränkte zugleich die
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unternehmerische Dispositionsfreiheit der Mieterin. Fraglos käme eine Erstreckung
der Bestimmung auf Filialen anderer Unternehmen der T.-Gruppe den
wirtschaftlichen Interessen der Kläger entgegen. Verbunden wäre dies allerdings mit
einem noch weitergehenden Eingriff in die Dispositionsfreiheit der Beklagten und
damit in den Wettbewerb. Für einen entsprechenden Willen der
Vertragschließenden fehlt indes jeder Anhalt im Vertrag. Insbesondere ergibt ein
solcher Wille der Vertragsparteien nicht aus § 9 S. 2 MV, wonach der Mieter
berechtigt ist, "die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten auf eine
andere Firma der Unternehmensgruppe überzuleiten". Diese Bestimmung enthält
lediglich eine Erweiterung der Befugnisse der Mieterin, ohne ihr allerdings jenseits
der Ausübung dieses Rechts irgendwelche Beschränkungen aufzuerlegen. Von der
ihr durch § 9 S. 2 MV eröffneten Befugnis hat die Beklagte nicht Gebrauch gemacht.
Begleitumstände des Vertragschlusses, die eine andere Beurteilung rechtfertigen
könnten, sind nicht dargetan.
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2.) Die Kündigung ist auch formell ordnungsgemäß erfolgt: Die Beklagte ist bei
Ausspruch der Kündigung entsprechend der gesellschaftsvertraglichen
Vertretungsregelung vom 25. Januar 1966 durch ihren Vorstandsvorsitzenden K.
und den Prokuristen S. vertreten worden. Die Vertretungsbefugnis der beiden
Unterzeichner der Kündigungserklärung ist durch Vorlage des
Handelsregisterauszugs der Beklagten belegt; die Kläger sind dem ergänzenden
Vortrag der Beklagten nicht entgegengetreten. Auf die Lesbarkeit der beiden
Unterschriften, die hier jedenfalls Andeutungen von Buchstaben erkennen lassen,
kommt es nicht an (vgl. BGH NJW 1987, 1334; Palandt-Heinrichs, 65. Aufl., § 126
BGB Rn. 9 m.w.N.).
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Sollten die Kläger den Vortrag der ergänzenden Beklagten zur Identität der
Unterzeichner oder zur deren Vertretungsbefugnis noch bestreiten, so ist dies gem.
§ 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Kläger in erster Instanz die
Vertretungsbefugnis der beiden Unterzeichner der Kündigung nicht bestritten haben.
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II. Nutzungsentschädigung
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Mit Recht ist das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung von einer vor
Januar 2001 erfolgten Rückgabe der Mietsache ausgegangen und hat entsprechend
einen Anspruch der Kläger auf Zahlung von Nutzungsentschädigung wegen
Vorenthaltens der Mietsache ab Januar 2001 - der Zeitraum Mai bis Dezember 2000
ist nicht im Streit - verneint.
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1.) Gibt der Mieter die gemietete Sache nach der Beendigung des Mietverhältnisses
nicht zurück, so kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung als
Entschädigung den vereinbarten Mietzins verlangen (§ 557 Abs.1 S. 1 a.F. BGB).
Der Begriff des "Vorenthaltens" besagt, dass der Mieter die Mietsache nicht
zurückgibt und das Unterlassen der Herausgabe dem Willen des Vermieters
widerspricht (vgl. BGH NJW 1983, 112; NJW 1984, 1527; Senat MDR 2005, 744 =
DWW 2005, 156 m.w.N.). § 557 Abs. 1 a.F. BGB steht in engem Zusammenhang mit
§ 556 a.F. BGB. Rückgabe bedeutet Verschaffung des unmittelbaren Besitzes. Sind
Grundstücke oder Räume zurückzugeben und befinden sich dort Sachen des
Mieters, sind diese zu entfernen. Zur Rückgabe von Mieträumen gehört daher außer
der Verschaffung der tatsächlichen Gewalt auch die Räumung, die vorliegend aber
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unstreitig vor dem 19. Dezember 2000 erfolgt ist.
In welchem Zustand sich die Mietsache bei der Rückgabe befindet, ist für die
Rückgabe selbst prinzipiell ohne Bedeutung (BGH WM 1974, 260; Senat
Grundeigentum 2005, 796; OLG Düsseldorf - 10. Zivilsenat - ZMR 2003, 105). Nach
der vom Gesetz getroffenen Regelung kann der Vermieter wegen Veränderungen
oder Verschlechterungen der Mietsache und wegen Abweichung vom
vertragsgemäßen Rückgabezustand zwar Schadensersatz verlangen, nicht aber die
Rücknahme der Mietsache ablehnen (BGHZ 86, 204 ff. und 104, 285 ff.). Deshalb
kann allein darin, dass der Mieter dem Vermieter die Räume in verwahrlostem
Zustand oder mit von ihm zu beseitigenden Einrichtungen versehen überlässt, an
sich keine Vorenthaltung gesehen werden (BGH a.a.O.; OLG Düsseldorf ZMR 2003,
105). Hat die Räumung stattgefunden, befindet sich die Mietsache aber nicht in
vertragsgerechtem Zustand, so gerät der Vermieter in Annahmeverzug, wenn er die
Rücknahme verweigert (BGH WPM 1974, 260; OLG Hamburg MDR 1990, 247;
Senat 24 U 133/01 = NZM 2002,742; OLG Hamm NZM 2003, 26;
Bub/Treier/Scheuer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Anm.
V Rn.71; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und
Leasingrechts, 9. Aufl., Rn.1033, 5. Spiegelstrich; insoweit auch OLG Düsseldorf -
10. ZS - MDR 1997, 342 und 1999, 538). Der Annahmeverzug des Gläubigers hat
aber nicht nur eine Verschiebung des Haftungsrisikos zu seinen Lasten zur Folge (§
300 Abs. 1 BGB), sondern auch, dass der rückgabewillige Mieter die Mietsache dem
Vermieter nicht (mehr) vorenthält.
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2.) Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht
fest, dass die Beklagte die gemieteten Räumlichkeiten den Klägern bereits am 4.
Mai 2000 zurückgegeben hat:
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Die Beklagte hat die Rückgabe der Mieträume am 4. Mai 2000 durch vollständige
Aufgabe des Besitzes an den Mieträumen und durch Übergabe der Schlüssel zum
Mietobjekt an den Zeugen B. bewirkt. Zwar hat die Übergabe der Mietsache
grundsätzlich dergestalt zu erfolgen, dass dem Vermieter der unmittelbare Besitz
eingeräumt wird, wobei allerdings auch durch Übergabe an einen Besitzdiener i.S.d.
§ 855 BGB unmittelbarer Besitz des Vermieters begründet wird. Der Zeuge B., an
den die Schlüssel übergeben worden sind, war nach seinem Bekunden für die
Klägerin als Betreuer des Mietobjekts tätig und hat genau in dieser Funktion sowohl
am 28. April, am 4. Mai wie auch später am 19. Dezember 2000 an den jeweiligen
Übergabeverhandlungen mitgewirkt. Es kann offen bleiben, ob dies bereits eine
Weisungsabhängigkeit i.S.d. § 855 BGB erkennen lässt. Denn ein Vorenthalten der
Mietsache scheidet aus, wenn der Mieter die Schlüssel und damit die Möglichkeit,
über die Mietsache zu verfügen, nicht an den Vermieter, sondern an eine
absprachegemäß zum Empfang berechtigte dritte Person - Makler, Nachmieter etc. -
weitergibt (OLG Hamm NZM 2003, 26; OLG Saarbrücken NJW-RR 2001, 993; Senat
Gut 2003, 317; Palandt-Weidenkaff, 65. Aufl., § 546 BGB Rn. 4;
Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 557 BGB Rn. 6). Dies ist hier erst recht
der Fall: Der Zeuge B. war auf Grund schlüssig erklärten Einverständnisses der
Kläger am 4. Mai 2000 - wie auch später am 19. Dezember 2000 - zum Empfang der
Schlüssel für die Kläger zuständig, weil er wiederholt als Betreuer des Objekts für
die Kläger und mit deren Wissen aufgetreten war.
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Der Zeuge B. war bei den Übergabeverhandlungen für die Kläger tätig und von ihr
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hierzu auch eingesetzt. Jedenfalls für die Übergabeverhandlung vom 28. April 2000
war der Zeuge sogar von den Klägern bevollmächtigt, wie sich aus der
Bezugnahme auf eine Vollmacht vom 14. April 2000 im Übergabeprotokoll ergibt.
Der Zeuge ist bei jener Übergabeverhandlung ausdrücklich als Bevollmächtigter der
Kläger aufgetreten. Dies geschah überdies in Anwesenheit des jetzigen
Prozessbevollmächtigten der Kläger, der nach dem Vortrag der Kläger auch bereits
im April 2000 von ihnen bevollmächtigt war. Erneut ausdrücklich als
Bevollmächtigter der Kläger ist der Zeuge B. sodann bei der Übergabeverhandlung
vom 4. Mai 2000 aufgetreten und hat in dieser Funktion die Schlüssel (zum ersten
Mal) entgegen genommen. Die Beklagte durfte der Bevollmächtigung des Zeugen
B. für die Übergabeverhandlung vom 28. April 2000 und seinem erneuten Einsatz
durch die Kläger im Mai - wobei der Zeuge wiederum ausdrücklich als
"Bevollmächtigter" auftrat und so auch das Übergabeprotokoll vom 4. Mai 2000
unterzeichnete - die schlüssige Erklärung der Kläger entnehmen, der Zeuge B. sei
für die Entgegennahme der Schlüssel zuständig.
Nach den Bekundungen des Zeugen B. hat er von der Beklagten am 4. Mai 2000
eine ganze Tüte mit Schlüsseln erhalten, in welcher sich für das mit einer
Schließanlage ausgestattete Mietobjekt auch die zur Nachfertigung von Schlüsseln
erforderlichen Berechtigungsscheine befanden. Dies deckt sich mit dem Inhalt des
Übergabeprotokolls vom 4. Mai 2000 (Bl. 53 GA), in welchem die
Schlüsselübergabe bestätigt ist.
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3.) Ein Vorenthalten der Mietsache lag nicht etwa darin begründet, dass die Kläger
weder am 4. Mai noch - später - am 19. Dezember 2000 von der Beklagten einen
Schlüssel für das hintere Tor des Mietobjekts (zur Rampe) erhalten haben. Das
Mietobjekt verfügt über mindestens drei Außeneingänge (vgl. Gutachten L. in der
Beiakte 7 OH 6/01). Der Zutritt der Kläger zum Gesamtobjekt war durch Übergabe
der Schlüssel für die anderen Türen sichergestellt; sie hatten auch die Möglichkeit,
die sie dann auch tatsächlich genutzt haben, durch Auswechseln des Schlosses
des hinteren Tors den dortigen Zugang zu kontrollieren.
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Zwar ist zur Rückgabe der Mietsache i.S.d. § 556 Abs. 1 BGB a.F. grundsätzlich die
Übergabe sämtlicher Schlüssel erforderlich (vgl. BGHZ Bd. 86, 204; OLG Hamm
NZM 2003, 26; Palandt-Weidenkaff, 65. Aufl., § 546 BGB Rn. 4). Aus dem Fehlen
des Schlüssels für das hintere Tor lässt sich aber nicht schließen, dass die Beklagte
diesen Schlüssel zurückgehalten und auf diese Weise ihren Besitz nicht vollständig
aufgegeben hätte. Es liegt mangels irgendwelcher Anhaltspunkte für einen
Besitzwillen der Beklagten viel näher, dass jener Schlüssel im Zuge des Auszugs
der Beklagten in Verlust geraten ist. Herauszugeben nach § 556 BGB a.F. hatte die
Beklagte aber nur diejenigen Schlüssel, in deren Besitz sie sich bei Übergabe noch
befand. Überdies wäre es gerade in einem solchen Fall verfehlt, rein formal auf die
Übergabe aller für das Objekt angefertigten Schlüssel abzustellen, obwohl es für ein
bewusstes Zurückhalten des vermissten Schlüssels durch die Beklagte nach dem
Sachvortrag der Parteien keine Anhaltspunkte gibt. Entscheidend muss hier
vielmehr sein, ob die Beklagte bei wertender Betrachtung den Besitz am Mietobjekt
aufgegeben und den Klägern als Vermietern (bzw. dem Zeugen B.) verschafft hat
(vgl. OLG Brandenburg, ZMR 2000, 463; OLG Düsseldorf MDR 1987, 499; OLG
Hamburg ZMR 1995, 18).
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4.) Für die Zeit ab Übergabe der Schlüssel an den Zeugen B. ist kein Raum mehr für
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einen Anspruch der Kläger auf Nutzungsentschädigung aus § 557 Abs. 1 BGB a.F.
Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagten nach Übergabe der Schlüssel
zumindest ein Schlüssel noch am 4. Mai 2000 zum Zwecke der Durchführung von
Instandsetzungsarbeiten/Schönheitsreparaturen wieder ausgehändigt worden ist.
Denn ein Vorenthalten scheidet aus, wenn - wie hier - der Mieter mit Zustimmung
des Vermieters nach Beendigung des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen in
den Mieträumen vornimmt und zu diesem Zweck die Schlüssel wieder ausgehändigt
bekommt (vgl. OLG Hamburg DWW 1990, 50; Schmidt-Futterer-Gather, Mietrecht, 8.
Aufl., § 546 a BGB Rn. 20; Münchner-Kommentar-Schilling, 4. Aufl., § 546 a BGB
Rn. 6; Staudinger-Sonnenschein, 13. Aufl., § 557 BGB a.F. Rn. 13 - jeweils m.w.N.).
III. Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen
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Diesem Anspruch steht, wie in der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis
zutreffend gesehen, die Einrede der Verjährung entgegen:
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Nach § 558 Abs. 1 und 2 BGB a.F. verjährten die Ersatzansprüche des Vermieters,
wozu auch sein Anspruch auf Wiederherstellung des früheren Zustands zählt,
innerhalb von 6 Monaten nach Rückerhalt der Mietsache. Die Verjährung begann in
dem Zeitpunkt, in welchem der Vermieter die Sache zurückerhielt. Für den Fall des
Schadensersatzanspruchs aus § 326 BGB a.F. wegen unterlassener
Schönheitsreparaturen oder Instandsetzungsarbeiten begann die Verjährung zwar
nicht vor dem fruchtlosen Ablauf der dem Mieter gesetzten Nachfrist bzw. einer die
Nachfristsetzung überflüssig machenden Erfüllungsverweigerung (OLG Hamburg
ZMR 1995, 18; Wolf/Eckert/Ball, a.a.O. Rn. 1120 m.w.N.). War allerdings bereits der
primäre Anspruch auf Vornahme der
Schönheitsreparaturen/Instandsetzungsarbeiten verjährt, so war für die
Umwandlung dieses Anspruchs nach § 326 BGB a.F. in einen
Schadensersatzanspruch kein Raum mehr (vgl. BGHZ 104, 6). So ist es hier:
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Die Verjährung des Wiederherstellungsanspruchs begann vorliegend mit der - wie
ausgeführt - am 4. Mai 2000 erfolgten Rückgabe des Mietobjekts. Entsprechend
§ 639 Abs. 2 BGB a.F. war der Verjährungslauf dann allerdings vom 4. Mai 2000 bis
zum 19. Dezember 2000 gehemmt, da die Beklagte in jener Zeit
Instandsetzungsarbeiten an dem Mietobjekt durchführte. Erneut trat Hemmung der
Verjährung entsprechend § 852 Abs. 2 BGB a.F. durch Verhandlungen der Parteien
ein, wobei dahinstehen kann, ob diese Hemmung bereits mit dem Schreiben des
Bevollmächtigten der Kläger vom 30. Januar 2001 oder erst mit dem
Antwortschreiben der Beklagten vom 15. Februar 2001 begonnen hat. Denn auch
bei einem Beginn der Hemmung am 30. Januar 2001 ist der Anspruch verjährt. Die
Hemmung endete jedenfalls mit Schreiben des Bevollmächtigten der Kläger vom 6.
März 2001. Ohne Einrechnung (§ 205 BGB a.F.) der genannten Zeiträume lief die 6-
monatige Verjährung spätestens am 26. Juli 2001 ab.
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Die Verjährung des Wiederherstellungsanspruchs hat sich vor ihrem Ablauf nicht
gem. § 326 BGB a.F. in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt und ist auch
nicht gem. § 209 Abs. 1 BGB a.F. durch Klageerhebung unterbrochen worden:
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a) Eine Frist zur Vornahme der Instandsetzungsarbeiten verbunden mit der nach
§ 326 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. erforderlichen Ablehnungsandrohung ist der Beklagten
nicht gesetzt worden; jedenfalls ist derartiges nicht vorgetragen. Eine endgültige und
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ernsthafte Erfüllungsverweigerung der Beklagten, die eine solche Fristsetzung
erübrigt hätte, lässt sich ebenfalls nicht feststellen. An deren tatsächliche
Voraussetzungen sind strenge Anforderungen zu stellen. Sie liegt nur vor, wenn der
Schuldner eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten nicht
nachkommen, und es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer
Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung umstimmen ließe (BGHZ 104,13).
Hierfür sind zureichende Anhaltspunkte nicht erkennbar, zumal sich die Beklagte
noch im Schreiben vom 15. Februar 2001 auf die Erörterung von Einzelpunkten
eingelassen und Kompromissbereitschaft (Vornahme von "Kleinarbeiten"; Zahlung
einer Abstandssumme ) ausdrücklich erklärt hatte.
b) Die von den Klägern vor Ablauf der Verjährungsfrist eingeleiteten gerichtlichen
Schritte waren nicht geeignet, den Lauf der Verjährung zu unterbrechen. Weder mit
der am 2. April 2001 anhängig gemachten Klage noch mit der am 25. Juli 2001
eingegangenen Klageerweiterung sind die Ansprüche der Kläger auf Vornahme von
Schönheitsreparaturen/Instandsetzungsarbeiten geltend gemacht worden: Mit der
Klage sind Zahlungsansprüche und mit der Klageerweiterung
Schadensersatzansprüche infolge nicht ordnungsgemäßer Rückgabe des
Mietobjekts anhängig erhoben worden, mit beidem aber nicht der (primäre)
Wiederherstellungsanspruch.
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IV. Vorgerichtliche Anwaltskosten
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Den Klägern steht ferner auch kein Anspruch aus Verzug - §§ 283, 286 BGB a.F. -
auf Zahlung der mit Kostenrechnungen ihres Prozessbevollmächtigten vom 17. Juli
2000 (Bl. 286 - 288 GA) abgerechneten Anwaltskosten in Höhe von 3 x 1.830,01 DM
= 5.490,03 DM = 2.870,01 EUR zu. Ob für die Monate Mai bis Juli 2000 überhaupt
die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 557 Abs. 1 BGB a.F. auf Zahlung von
Nutzungsentschädigung vorgelegen haben, bedarf keiner Entscheidung. Denn die
Kläger haben jene Anwaltskosten unstreitig bisher nicht an ihren Anwalt bezahlt und
sind mithin wegen der Inanspruchnahme anwaltlicher Dienste allenfalls mit einer
Verbindlichkeit belastet. Bei einer solchen Fallgestaltung geht der Ersatzanspruch
des Gläubigers - hier der Kläger - gem. § 249 Abs. 1 BGB zunächst nur auf
Befreiung von der fortbestehenden Haftung, nicht aber auf Zahlung an sich selbst
(vgl. BGH NJW 1971, 2218; BGH NJW-RR 1987, 43; BGH NJW 1992, 2221 f.;
Staudinger-Schiemann, Aufl. 1998, § 249 BGB Rn. 202; Palandt-Heinrichs, 65. Aufl.,
Vor § 249 Rn. 46). Freistellung verlangen die Kläger indessen nicht, sondern
ausdrücklich - trotz des Hinweises der angefochtenen Entscheidung auf den
Freistellungsanspruch - allein Zahlung an sich.
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Der Freistellungsanspruch ist auch nicht nach § 250 BGB in einen
Zahlungsanspruch übergegangen. Nach dieser Norm setzt der Übergang des
Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch voraus, dass der Geschädigte
dem Schädiger erfolglos eine Frist zur Herstellung (also hier zur Freistellung)
verbunden mit einer Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Derartiges ist nicht
vorgetragen oder sonst den Akten zu entnehmen. Die Fristsetzung mit
Ablehnungsandrohung ist auch nicht etwa deswegen überflüssig, weil die Beklagte
jede Schadensersatzleistung ernsthaft und endgültig abgelehnt hätte (vgl. BGH
NJW 1996, 2310; BGH NJW 1999, 1542; Staudinger-Schiemann, Aufl. 1998, § 250
BGB Rn. 7 m.w.N.). Weder im Schriftsatz vom 11. Januar 2005 (Bl. 309 f. GA) noch
in der Berufungserwiderung bestreitet die Beklagte ihre Haftung dem Grunde nach.
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Sie wendet sich lediglich gegen Einzelheiten der Berechnung und macht geltend,
den Klägern stünde lediglich ein Freistellungsanspruch zu.
Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO liegen ebenfalls vor.
39
II.
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Die mit Schriftsatz vom 3. April 2006 gegen die angekündigte Verfahrensweise
erhobenen Einwendungen der Kläger sind nicht geeignet, eine für sie günstigere
Entscheidung zu rechtfertigen:
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1. Die Auffassung der Kläger, der in § 3 Abs. 4 MV geregelte Ausschluss des
Sonderkündigungsrechts der Beklagten umfasse auch die Eröffnung der Filialen
anderer rechtlich selbständiger Unternehmen der T.-Gruppe, geht fehl. Der Wortlaut der
Vertragsbestimmung trägt eine solche Auslegung nicht. Ebenso wenig lässt sich diese
Auffassung auf § 9 S. 2 MV stützen, da die Beklagte von der dort vorgezeichneten
Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Eine Ausdehnung der Regelung des § 3
Abs. 4 MV auf den T.-Konzern ist auch nicht durch die Interessenlage der Parteien
gerechtfertigt, da eine solche Ausdehnung allein den Klägern vorteilhaft wäre und
zureichende Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen der Vertragschließenden
nicht dargetan sind.
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2. Soweit die Kläger erstmals in der Berufungsinstanz die formelle Ordnungsmäßigkeit
der Kündigung bestreiten (nämlich die Identität der Unterzeichner des
Kündigungsschreibens), ist dieser Vortrag nicht zuzulassen. Die Kläger haben nicht
dargetan, dass sie ihr neues Angriffsmittel in erster Instanz nicht geltend gemacht
haben, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO
beruhte. Durch den oben zitierten Beschluss vom 16. März 2006 sind die Kläger auf §
531 ZPO hingewiesen, haben aber zur Entschuldigung ihrer Verspätung auch jetzt noch
nichts vorgebracht.
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3. Auch die Ausführungen der Kläger zu einer der Beklagten nach § 326 BGB a.F.
gesetzten Frist tragen nicht. Das Anwaltsschreiben vom 30. Januar 2001 erfüllte die
Anforderungen des § 326 Abs. 1 BGB a.F. gerade nicht, weil es an der nach damaligem
Recht erforderlichen Ablehnungsandrohung fehlte. Eine Erfüllungsverweigerung, die
eine solche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung erübrigt hätte, ist aus den Gründen
des Hinweisbeschlusses des Senats nicht erkennbar.
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4. Die Einwendungen der Kläger zu Ziff II.2.), II.3.) und IV.)des Senatsbeschlusses vom
16. März 2006 enthalten keine neuen Gesichtspunkte und geben deswegen keinen
Anlass zu ergänzenden Ausführungen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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