Urteil des OLG Düsseldorf vom 03.07.2007

OLG Düsseldorf: werbung, körperliche integrität, anzeige, entschädigung, unentgeltlichkeit, wiedergabe, gefahr, werbeverbot, berufsausübung, anpreisung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-20 U 19/07
Datum:
03.07.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
20. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-20 U 19/07
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. Januar 2007 verkünde-te
Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal
wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstre-
ckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,- Euro abwenden,
wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
2
Die Parteien sind Blutspendedienste, die Blutspender werben und das gespendete But
zu Blutprodukten aufarbeiten, um es sodann zu verkaufen. Die Klägerin beanstandet die
im Tenor des angefochtenen Urteils wiedergegebene, am 19.10.2005 in der Zeitschrift
"W." erschienene Werbeanzeige der Beklagten wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 3
HeilMWerbG als wettbewerbsrechtlich unlauter. Dem jetzigen Hauptsacheverfahren
vorausgegangen ist ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, in welchem
der Senat die Untersagung der beanstandeten Werbung durch das Landgericht
Wuppertal für die im Tenor wiedergegebene konkrete Verletzungsform bestätigt hat (20
U 30/06 OLG Düsseldorf = 15 O 149/05). Gegen die gleichlautende Verurteilung durch
das Landgericht im Hauptsacheverfahren wendet sich die zulässige Berufung der
Antragsgegnerin, mit der sie im wesentlichen geltend macht, von dem in ihrer
Werbeanzeige enthaltenen Hinweis auf die Aufwandsentschädigung für eine
Blutspende durch die Wiedergabe des Wortlauts von § 10 S. 2 Transfusionsgesetz
(TFG) gehe - auch unter Berücksichtigung der grafischen Gestaltung des Hinweises und
des einleitenden Worts "übrigens" - keine Anlockwirkung auf potentielle Blutspender
aus. Es handele sich um eine sachliche Information, die bei der mit Blick auf Art. 12 Abs.
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aus. Es handele sich um eine sachliche Information, die bei der mit Blick auf Art. 12 Abs.
1 GG gebotenen einschränkenden Auslegung nicht unter das Verbot des § 7 Abs. 3
HeilMWerbG falle. Durch die Gewährung einer Aufwandsentschädigung oder die
Werbung hiermit werde die Sicherheit der Blutspenden nicht gefährdet, das Risiko für
Infektionen werde dadurch nicht erhöht.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 17.01.2007 abzuändern
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und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung der Beklagte zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf den Tatbestand
des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen Bezug genommen.
10
II.
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Die Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Der Unterlassungsanspruch ist aus den § 8 Abs. 3, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 7 Abs.
3 HeilMWerbG begründet. Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 30.05.2006 – 20 U
30/06 – ausgeführt:
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1. Nach § 7 Abs. 3 HeilMWerbG ist es unzulässig, für die Entnahme oder sonstige
Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und
Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der
Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben. Der
Senat folgt der Auffassung der Berufung dahin, dass § 7 Abs. 3 HeilMWerbG seinem
Sinn und Zweck nach einschränkend auszulegen ist und nicht schlechthin jede Form
der Werbung erfassen kann…
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Der Wortlaut des § 7 Abs. 3 HeilMWerbG verbietet zwar jede Werbung "mit der Zahlung
einer ... Aufwandsentschädigung". Nach der Ansicht des Senats kann dies aber nicht
einschränkungslos gelten, sondern muss sich auf die reklamehafte, anpreisende, die
Aufwandsentschädigung als Anlockmittel in den Vordergrund stellende oder gar
reißerische Werbung beschränken. Die bloße sachliche Information dagegen darüber,
dass eine bestimmte Aufwandsentschädigung gezahlt wird, kann nicht verboten sein,
mag sie auch in einen werblichen Zusammenhang eingebettet sein.
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Auszugehen ist davon, dass gemäß § 10 Satz 2 Transfusionsgesetz (TFG) der
spendenden Person eine Aufwandsentschädigung gewährt werden kann, die sich an
dem unmittelbaren Aufwand je nach Spendenart orientieren soll. Das steht nach der
Auffassung des Gesetzgebers in Einklang mit der grundsätzlich erwünschten
Unentgeltlichkeit der Spende, wie sie § 10 Satz 1 TFG entsprechend international
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anerkannten Grundsätzen vorsieht. Dabei handelt es sich um für jedermann geltendes
Recht, über das sachlich zu informieren schlechterdings nicht verboten sein kann. Vor
diesem Hintergrund ist das Werbeverbot des § 7 Abs. 3 HeilMWerbG zu sehen, das auf
die Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages
(BT-Drs. 15/4174, S. 9) zu dem Regierungsentwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung
des Transfusionsgesetzes und arzneimittelrechtlicher Vorschriften (BT-Drs. 15/3593) in
das Gesetz aufgenommen wurde. Die Begründung des Gesundheitsausschusses hierzu
lautet auszugsweise (BT-Drs. 15/4174, S. 14):
"Die Vorschrift verbietet, mit finanziellen Zuwendungen, aber auch mit der
Aufwandsentschädigung, Werbung zu betreiben, um Personen für die Entnahme
von Blut ... zu gewinnen ... Es soll der Eindruck vermieden werden, dass mit der
Entnahme der genannten Materialien oder ihrer Beschaffung ein finanzieller
Gewinn gemacht werden kann. Zwar ist ... nach dem Transfusionsgesetz ... die
Zahlung einer Aufwandsentschädigung zulässig, gleichwohl ist die
Aufwandsentschädigung für Werbezwecke ungeeignet. Es darf nicht der Eindruck
entstehen, dass der menschliche Körper oder seine Teile bloße Handelsobjekte
sind. Die Gewährung einer Aufwandsentschädigung entspricht legitimen
Interessen der spendenden Personen und dient der Gewinnung von und der
Versorgung der Bevölkerung mit Blut ... Sie verfolgt keinen kommerziellen
Zweck."
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An dem hier zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers hat sich das
Verständnis des Werbeverbots in § 7 Abs. 3 HeilMWerbG zu orientieren. Danach soll
der Eindruck vermieden werden, dass mit der Blutspende ein finanzieller Gewinn
gemacht werden kann und dass Teile des menschlichen Körpers bloße Handelsobjekte
sind. Dass der zuletzt genannte Gesichtspunkt nur mit Einschränkungen zu
berücksichtigen sein kann, zeigt sich bereits daran, dass das Blut nach der Entnahme –
wie allgemein bekannt ist – sehr wohl gehandelt wird; das zeigt nicht zuletzt die
Wettbewerbssituation des vorliegenden Verfahrens. Der Eindruck eines finanziellen
Gewinns unter Einsatz eigener Körperteile, den der Gesetzgeber vermeiden wollte,
kann aber von vornherein nicht entstehen, wenn in sachlicher Weise über die
gesetzliche Regelung des § 10 TFG informiert wird, und zwar auch dann nicht, wenn
diese Information in einen werblichen Zusammenhang gestellt wird. Ganz im Gegenteil
können mit einer sachlichen Information über den sehr beschränkten Umfang einer
Aufwandsentschädigung (die seinerzeitige Begründung des Regierungsentwurfs zu §
10 TFG nannte eine Größenordnung von 50,-- DM, vgl. BT-Drs. 13/9594, S. 20) diffuse,
unter Umständen auf Gerüchten beruhende Vorstellungen in der Bevölkerung über die
finanziellen Vorteile einer Spende zu Recht gerückt werden. Daran ändert sich nichts
dadurch, dass eine sachliche Information im Zusammenhang mit einer Werbung erfolgt,
zumal letzteres in aller Regel der Fall sein dürfte. Man wird nämlich kaum einer
Informationsschrift eines Wettbewerbers zu Blutspenden jeglichen werbenden
Charakter absprechen können, auch wenn lediglich sachlich der Ablauf des
Spendentermins geschildert wird. Hierzu muss auch der Hinweis auf die Zahlung einer
Aufwandsentschädigung gehören dürfen. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass
der Gesetzgeber derartige sachliche Informationen verbieten wollte, die lediglich auf ein
Verhalten hinweisen, das der Gesetzgeber selbst in § 10 TFG ausdrücklich zugelassen
hat.
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2. Die im vorliegenden Fall beanstandete Anzeige der Antragsgegnerin vom 19.10.2005
verstößt allerdings gegen § 7 Abs. 3 HeilMWerbG auch mit dem einschränkend
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ausgelegten Inhalt. … Die Anzeige informiert nicht allein sachlich über die Zahlung
einer Aufwandsentschädigung, sondern stellt sie besonders heraus. Sie gewinnt
dadurch die Funktion, mit dem finanziellen Anreiz Spender anzulocken.
Die Werbung mit der Zahlung einer Aufwandsentschädigung geschieht durch die
Wiedergabe des Wortlauts des § 10 Satz 2 Transfusionsgesetz (TFG) am Ende der
Anzeige. Dies ist gestalterisch gegenüber dem sonstigen Anzeigentext, der auch
Informationen über Ablauf, Daten u.ä. der Spendentermine enthält, besonders
herausgehoben. Erreicht wird das durch die Einleitung mit "übrigens" und die
Verwendung des Fettdrucks. Zudem ist der Druck über die gesamte Breite der Anzeige
verteilt, was den Hinweis zusätzlich betont. Der anlockende, reklamehafte Aspekt wird
auch durch den Bezug zu dem übrigen Werbetext hervorgerufen, in dem das Spenden z.
B. als "völlig unkompliziert" und "entspannend" geschildert wird; unmittelbar über der
Wiedergabe der Gesetzestextes findet sich zudem als Bildunterschrift der Werbespruch
"Spende Blut. Fühl Dich gut". Auf diese Weise stellt die Anzeige die Gewährung einer
Entschädigung in den Vordergrund und weckt entsprechende Erwartungen beim Leser.
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Ob eine Zitierung des § 10 Satz 2 TFG in einem sachlichen Zusammenhang stets
zulässig wäre, braucht angesichts des – wie ausgeführt – reklamehaft
herausgehobenen Zitats nicht entschieden zu werden. Ob die entsprechende
Auffassung der Kommentierung von Auer zum TFG, die die Antragsgegnerin vorgelegt
hat, zutrifft, kann daher dahin stehen. Sie ist aber nicht zweifelsfrei, wie gerade auch der
vorliegende Fall zeigt. Auer hält ebenfalls eine sachliche Information über die
Gewährung einer Aufwandsentschädigung im gesetzlichen Rahmen für zulässig, was
seiner Ansicht nach durch eine Zitierung des § 10 Satz 2 TFG erfolgen kann (Auer/Seitz,
TFG, § 10 Rn. 11, Bl. 253 GA). Die Nennung eines bestimmten Geldbetrags hält er
dagegen für unzulässig. Das ist deshalb zweifelhaft, weil mit der – wie hier – bloßen
Wiedergabe des Gesetzeswortlauts Irreführungsgefahren verbunden sind. Der Leser
wird zwar darüber informiert, dass er eine Aufwandsentschädigung erhält, nicht aber,
wie hoch diese ausfällt. Aus dem Gesetzesauszug folgt lediglich, dass die Höhe sich an
dem "unmittelbaren Aufwand ... orientieren soll". Das kann aber unterschiedliche, zum
Teil je nach Vorverständnis des Lesers auch sehr weitgehende Erwartungen wecken.
So erscheint es für einen durchschnittlichen, mit den näheren Hintergründen der
gesetzlichen Regelung nicht vertrauten Leser nicht ausgeschlossen, dass die gewährte
Entschädigung deutlich über einen Fahrtkostenersatz o. ä. hinausgeht. Eine
Entschädigung könnte grundsätzlich nämlich auch für die aufgewandte Zeit, für die
Arbeitskraft oder den Verdienstausfall des Spenders gezahlt werden. Dass die
Aufwandsentschädigung nicht so weit geht, ist bei einer Subsumtion unter
Berücksichtigung der Hintergründe zur grundsätzlichen Unentgeltlichkeit von
Blutspenden ohne weiteres anzunehmen. Die Gefahr eines Fehlverständnisses des
Gesetzes und ein daraus folgender besonderer Anlockeffekt der Werbung ist aber nicht
von der Hand zu weisen.
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3. Mit dem einschränkend ausgelegten Inhalt verstößt § 7 Abs. 3 HeilMWerbG nicht
gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die Vorschrift ist weder weitergehend verfassungskonform
auszulegen noch ist eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100
Abs. 1 GG veranlasst.
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Die Verurteilung zur Unterlassung eines Verhaltens im Wettbewerb einschließlich der
Werbung berührt den Schutzbereich der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfG
NJW 1993, 1969 m. w. Nachw.). Der Eingriff betrifft die Berufsausübung, nicht die
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Berufswahl (BVerfG a.a.O.). Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen
gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, hier § 7 Abs. 3
HeilMWerbG. Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung erfordern aber nicht nur eine
gesetzliche Grundlage, sondern sind nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie
durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden, wenn die
gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich
sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und
dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch
gewahrt wird (BVerfG NJW 2000, 2736 m. w. Nachw.).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Werbeverbot ist vor dem Hintergrund zu
sehen, dass nach allgemein, auch international anerkannten Grundsätzen eine
Unentgeltlichkeit der Blutspende erreicht werden soll. So ist die Bundesrepublik
beispielsweise nach Art. 20 Abs. 1 Richtlinie 2002/98/EG (Amtsblatt der Europäischen
Union vom 8.2.2003, L 33 S. 30 = Bl. 220 ff. GA) verpflichtet, die notwendigen
Maßnahmen zu ergreifen, um freiwillige, unbezahlte Blutspenden zu fördern, damit
erreicht wird, dass Blut und Blutbestandteile so weit wie möglich aus solchen Spenden
stammen. Nach dem Erwägungsgrund 23 der Richtlinie (Bl. 222 GA) sind freiwillige,
unbezahlte Blutspenden nämlich ein Faktor, der zu hohen Qualitäts- und
Sicherheitsstandards für Blut und Blutbestandteile und somit zum Gesundheitsschutz
beitragen kann. Darin kommt das hohe Gut einer Qualitätssicherung der Blutspenden
zum Ausdruck, dass mit der Unentgeltlichkeit gefördert werden soll. Es soll, worauf auch
die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 10 TFG abhebt (BT-Drs. 13/9594, S. 20),
vermieden werden, dass wegen eines finanziellen Anreizes unerwünschte
Spendenwillige angelockt werden, nämlich Personen, die zu Risikogruppen
(Drogenabhängige z. B.) gehören und bei denen die Gefahr besteht, dass sie ihre
Zugehörigkeit zu einer derartigen Gruppe verschweigen, weil sie dringend auf das Geld
aus der Blutspende angewiesen sind. Darüber hinaus spielen auch ethische
Erwägungen, wie sie etwa in der Richtlinie der EU, gestützt auf Grundsätze des
Europarats, zum Ausdruck kommen, eine Rolle.
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Diesem Ziel dient auch das Werbeverbot in § 7 Abs. 3 HeilMWerbG, zumal wenn man
es, wie oben geschehen, auf die reißerische, reklamehafte Anpreisung finanzieller
Vorteile einer Blutspende beschränkt. Letztere kann dazu führen, einen Personenkreis
anzulocken, der von Blutspenden ferngehalten werden soll. Demgegenüber ist der
Eingriff auf Seiten der Antragsgegnerin sehr gering. Ihr ist keineswegs jede Werbung für
Blutspenden untersagt, auch nicht die sachliche Information über die Zahlung einer
Aufwandsentschädigung, sondern lediglich die reklamehafte Herausstellung und
Anpreisung der finanziellen Vorteile."
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Hieran hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung unter Berücksichtigung der im
Hauptsacheverfahren von den Parteien vorgebrachten Argumente fest. Die Feststellung
der von der Beklagten weiterhin in Abrede gestellten werblichen Anlockwirkung des
Hinweises auf die Aufwandsentschädigung durch die Art seiner Gestaltung, seine
Einleitung und den Zusammenhang mit den im vorstehend zitierten Auszug
wiedergegebenen Textelementen und dem Bild konnte der Senat, dessen Mitglieder zu
den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, selbst treffen. Dass neben der
Aufwandsentschädigung auch andere Motive, insbesondere das von der Beklagten
erwähnte, in der Anzeige ebenfalls angesprochene "gute Gefühl", anderen Menschen
durch eine Blutspende zu helfen, für eine Vielzahl potentieller Blutspender im
Vordergrund stehen mag, ändert nichts daran, dass durch die Hervorhebung des
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Hinweises auf die Aufwandsentschädigung diese ein besonderes Gewicht erhält und –
anders als der Fließtext - auch von dem flüchtigen Leser wahrgenommen wird. Dass
trotz der besonderen Hervorhebung der Aufwandsentschädigung keinerlei
Anhaltspunkte auf ihre Höhe in dem Werbetext enthalten sind, ist geeignet, bei einem
Teil der angesprochenen Verkehrskreise zu übertriebenen Erwartungen zu führen. Zwar
hat die Klägerin die Anzeige nicht unter dem Gesichtspunkt einer möglichen
Irreführungsgefahr in Bezug auf die Höhe der Entschädigung angegriffen; eine
Gewinnerwartung kann aber bei bestimmten potentiellen Spendern die werbliche
Wirkung der Inaussichtstellung einer Aufwandsentschädigung steigern, was durch § 7
Abs. 3 HeilMWerbG gerade verhindert werden soll.
Der unter Beweis gestellte Vortrag der Beklagten, die Gewährung einer
Aufwandsentschädigung besitze "keinen eigenständigen Einfluss auf das
Sicherheitsrisiko" bei Blutspenden, ist unerheblich. Im Streitfall geht es nicht um die
Zulässigkeit der Gewährung einer Aufwandsentschädigung für Blutspender, sondern
allein um die besondere werbliche Hervorhebung, durch welche die
Aufwandsentschädigung bei der Motivierung zu Blutspenden ein unangemessen hohes
Gewicht erhält und entgegen dem Willen des Gesetzgebers der Eindruck entstehen
kann, dass der Spender sein Blut gewissermaßen "verkaufen" kann. Dem Eindruck
entgegenzuwirken , dass die körperliche Integrität des Einzelnen, in die bei einer
Blutspende - in wenn auch geringfügiger und im Regelfall nicht gesundheitsschädlicher
Weise - eingegriffen wird zum Handelsobjekt gemacht werden soll, ist als eine auf Art. 1
GG beruhende Wertentscheidung des Gesetzgebers anzusehen, die bei der im
vorstehend zitierten Urteilsauszug dargelegten restriktiven Auslegung des § 7 Abs. 3
HeilMWerbG nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt. Dass bei einer besonderen
werblichen Hervorhebung der Aufwandsentschädigung wie im Streitfall die Gefahr
besteht, dass entgegen der Zielsetzung des Transfusionsgesetzes Risikogruppen wie
z.B. drogenabhängige Personen in besonderer Weise angesprochen werden und
hierdurch ein erhöhtes Risiko geschaffen wird, infiziertes Blut zu gewinnen und in den
Verkehr zu bringen, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erläuterung.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Ein Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 25.000,-- €.
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Die Revision wird im Hinblick auf die von grundsätzlicher Bedeutung erscheinende,
höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage zugelassen, wie § 7 Abs. 3 HeilMWerbG mit
Blick auf § 10 S. 2 Transfusionsgesetz auszulegen ist.
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