Urteil des OLG Düsseldorf vom 09.06.2009

OLG Düsseldorf: eigene mittel, erwerbstätigkeit, trennung, rentenalter, vergleich, beweiswürdigung, zugehör, rechtskraft, teilklage, bruttoeinkommen

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 133/08
Datum:
09.06.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-24 U 133/08
Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 7 O 159/07
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivil-kammer des
Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichterin – vom 3. Juni 2008 wird
zurückgewiesen.
Der Tenor des vorgenannten Urteils wird im Hauptausspruch wie folgt
neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägeri 75.567,11 € nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz von
59.392,00 € für die Zeit vom 6. Dezember 2006 bis zum 6. Juli 2007
sowie von 75.567,11 € seit dem 7. Juli 2007 zu zahlen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Be-klagten
auferlegt.
G r ü n d e
1
Nachdem die Klägerin ihre Klage wegen der Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz von 16175,11 € für die Zeit vom 6. Dezember 2006
bis zum 6. Juli 2007 zurückgenommen und der Beklagte dem nicht binnen der Frist des
§ 269 Abs. 2 S. 4 ZPO widersprochen hat, bleibt die weitergehende Berufung des
Beklagten in der Sache ohne Erfolg.
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Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ist zwar zulässig. Sie ist
aber gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil die
Berufung in der Sache keinen Erfolg, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung
hat und eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil auch zur Fortbildung des
Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist.
3
I.
4
Zu Recht und mit zutreffenden Gründen, auf die verwiesen wird, hat das Landgericht ihn
zur Zahlung eines Schadensersatzbetrages von 75.567,11 € nebst Zinsen in dem in der
Berufungsinstanz noch geltend gemachten Umfang verurteilt.
5
Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, eine für den Beklagten günstigere
Entscheidung zu rechtfertigen. Der Beklagte haftet der Klägerin auf Schadensersatz in
Höhe des vom Landgericht zuerkannten Betrages wegen der Verletzung der ihn
treffenden Pflichten aus dem mit der Klägerin geschlossenen Rechtsbesorgungsvertrag
gemäß §§ 675, 611, 276, 280 Abs. 1 S. 1, 249 ff. BGB:
6
1.
7
Grundsätzlich ist der Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrags in den Grenzen des ihm
erteilten Mandats (BGH MDR 1998, 1378; MDR 1996, 2648 f.; Vollkommer/Heinemann,
Anwaltshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 665) verpflichtet, die Interessen seines Mandanten
nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen und Schädigungen seines
Auftraggebers, mag deren Möglichkeit auch nur von einem Rechtskundigen
vorausgesehen werden können, zu vermeiden. Soweit der Mandant nicht eindeutig zu
erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der
Rechtsanwalt grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst
erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. In den Grenzen des Mandats
hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu
führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche
voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und
gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit
der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH WM 1993,
1376; WM 1996, 1824; WM 2006, 927; WM 2007, 419; NJW 2007, 2485; WM 2008,
1560). Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich nach dem erteilten
Mandat und den Umständen des einzelnen Falles (BGH WM 1996, 1824; 2008, 1560).
Ziel der anwaltlichen Rechtsberatung ist es, dem Mandanten eigenverantwortliche,
sachgerechte (Grund-) Entscheidungen ("Weichenstellungen") in seiner
Rechtsangelegenheit zu ermöglichen (BGH NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560; Zugehör
in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 558).
8
2.
9
Seine so umrissenen Pflichten hat der Beklagte bei Ausführung des ihm übertragenen
Mandats, den Anspruch der Klägerin gegen ihren damaligen Ehemann auf Zahlung von
Trennungsunterhalt (§ 1361 Abs. 1 BGB) durchzusetzen, verletzt. Sein Verschulden
wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet.
10
a)
11
Er hat die Klägerin bei der Übernahme des Mandats wie auch bei der auf die Zahlung
von Trennungsunterhalt gerichteten Klageerhebung nicht darauf hingewiesen, dass sie
neben der Zahlung von Elementarunterhalt auch die Zahlung von
Altersvorsorgeunterhalt beanspruchen kann. Der nach § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. -
für den Nachscheidungsunterhalt - nach § 1578 Abs. 3 BGB geschuldete
Vorsorgeunterhalt ist dazu bestimmt, als Teil des einheitlichen, den gesamten
Lebensbedarf des Berechtigten umfassenden Unterhaltsanspruchs Nachteile
auszugleichen, die dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aus der Hinderung seiner
12
Erwerbstätigkeit erwachsen. Für die Zeit ab Rechtshängigkeit des
Scheidungsverfahrens zieht ein Anspruch auf Elementarunterhalt nach § 1361 Abs. 1
BGB bzw. nach §§ 1570 bis 1573 oder 1576 BGB deswegen in der Regel auch einen
Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt nach sich (BGH FamRZ 2007, 117; 1988, 145;
1982, 781). Nach dem Zweck der gesetzlichen Regelungen über den Vorsorgeunterhalt
soll dem Ehegatten, der nach Trennung und Scheidung aus den im Gesetz aufgeführten
Gründen gehindert ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und so auf den ihm durch
den Versorgungsausgleich übertragenen Versorgungsanrechten aufzubauen, die
Möglichkeit verschafft werden, seine Versorgung im Wege der freiwilligen
Weiterversicherung zu erhöhen, um damit die ansonsten entstehende Lücke in seiner
"sozialen Biographie" zu schließen. Hierüber hatte der Beklagte, den die Klägerin ohne
Einschränkungen mit der Verfolgung und Durchsetzung des ihr für die Trennungszeit
zustehenden Unterhaltsanspruchs mandatiert hatte, bereits vor Erhebung der Klage im
Januar 2001 unaufgefordert zu belehren und die Entscheidung der Klägerin
abzuwarten. Dies hat er unstreitig verabsäumt.
b)
13
Der Beklagte ist überdies pflichtwidrig der ausdrücklichen Weisung der Klägerin, auch
für den Zeitraum zwischen Trennung und Scheidung Altersvorsorgeunterhalt geltend zu
machen, nicht nachgekommen. Bereits im Jahre 2003 und damit lange vor Abschluss
Trennungsunterhaltsverfahrens hatte die Klägerin den Beklagten schriftlich (undatiertes
Schreiben) aufgefordert, ihren Ehemann auf Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt in
Anspruch zu nehmen. Dem ist der Beklagte nicht gefolgt. Nachvollziehbare Gründe
dafür, Altersvorsorgeunterhalt für die Trennungszeit nicht zu beanspruchen, sind weder
dargetan noch sonst ersichtlich. Die Klägerin hatte aus der Einbeziehung von
Altersvorsorgeunterhalt in ihren Klageantrag nicht die Kürzung der laufenden Zahlungen
für den Elementarbedarf zu gewärtigen. Angesichts der sehr guten wirtschaftlichen
Verhältnisse der Eheleute war zu erwarten, dass der Vorsorgebedarf von dem
Unterhaltsschuldner neben dem wegen seiner Höhe nicht nach der Quotenmethode,
sondern konkret berechneten Elementarbedarf befriedigt werden konnte. Nachteile aus
der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt waren auch nicht etwa deswegen zu
befürchten, weil im Rentenalter mit Mitteln des gezahlten Vorsorgunterhalts
erwirtschaftete Rentenzahlungen von dem laufenden Unterhalt nach der
Anrechnungsmethode in Abzug zu bringen sind (vgl. BGH FamRZ 2003, 848). Denn
hieraus erwächst dem Unterhaltsberechtigten im Vergleich mit einem Verzicht auf
Altersvorsorgeunterhalt kein Nachteil. Da überdies im Zeitpunkt der Geltendmachung
von Altersvorsorgeunterhalt vielfach noch gar nicht abzusehen ist, wie lange der
Anspruch auf Zahlung von Elementarunterhalt überhaupt bestehen wird und
durchgesetzt werden kann, ist es der für den Unterhaltsberechtigten sicherere Weg,
durch das Verlangen von Altersvorsorgeunterhalt sich eigene Mittel für die Deckung des
Lebensbedarfs im Alter zu beschaffen. Denn der Unterhaltsberechtigte muss in seine
Kalkulation einbeziehen, dass der Unterhaltsverpflichtete entweder bereits vor ihm
verstirbt oder leistungsunfähig wird. Diese fortdauernde Abhängigkeit von dem
Unterhaltsberechtigten und seinen wirtschaftlichen Verhältnissen soll gerade durch die
Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt reduziert werden.
14
3.
15
Der Klägerin ist infolge der Pflichtverletzung des Beklagten der mit der Klage geltend
gemachte Schaden entstanden.
16
a)
17
Der Beklagte war - wie ausgeführt - verpflichtet, die Klägerin über die Möglichkeit, auch
in der Trennungszeit Altersvorsorgeunterhalt zu beanspruchen, zu belehren und ihr die
Erstreckung des Klageauftrags auch auf diesen Teil des einheitlichen
Unterhaltsanspruchs anzuraten. Wie sich der Mandant bei vertragsgerechter Beratung
verhalten hätte, zählt zur haftungsausfüllenden Kausalität, die der Mandant nach § 287
ZPO zu beweisen hat (BGH WM 2006, 1736 und BGH MDR 2009, 656 Urt. v.
05.02.2009 - IX ZR 6/06 zur Steuerberaterhaftung – auch bei
www.bundesgerichtshof.de). Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin diesem Rat
gefolgt wäre; insoweit gilt die Vermutung beratungsrichtigen Verhaltens (BGH NJW
2002, 593).
18
b)
19
Bei rechtzeitiger Beanspruchung auch von Altersvorsorgeunterhalt, und zwar bereits mit
Erhebung der Klage auf Zahlung von Trennungsunterhalt im Januar 2002, wäre der
frühere Ehemann der Klägerin zur Zahlung folgender Monatsbeträge allein für den
Altersvorsorgeunterhalt verurteilt worden:
20
Januar bis Dezember 2002: 1.501,96 €,
Januar bis März 2003: 1.568,04 €,
April bis Dezember 2003: 1.262,62 €,
Januar bis Dezember 2004: 1.214,68 €,
Januar bis Dezember 2005: 1.170,07 €,
Januar bis November 2006: 1.168,99 €.
21
22
Hieraus errechnet sich der mit der Klage verfolgte Gesamtbetrag von 75.567,11 €.
Wegen der Einzelheiten der Unterhaltsberechnung, deren Daten zwischen den Parteien
nicht streitig sind, wird auf die Klageschrift (GA 7 - 11) verwiesen.
23
Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, die Bemessung des Altersvorsorgeunterhalts
dürfe sich nicht an der Höhe des titulierten Elementarunterhalts ausrichten, da die
eigentliche Altersvorsorge der Eheleute - neben der Beitragszahlung des früheren
Ehemannes der Klägerin in eine Ärzteversorgung - durch Vermögensbildung praktiziert
worden sei. Der Bundesgerichtshof hat es nämlich abgelehnt, den Vorsorgeunterhalt an
der Höhe einer später zu erwartenden, den Lebensbedarf des Berechtigten sodann in
angemessener Weise deckenden Versorgungsleistung auszurichten und zu bemessen,
zumal es in der Regel mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein dürfte, den
angemessenen Lebensbedarf für den Zeitpunkt des Versicherungsfalls zu beurteilen
(BGH FamRZ 2007, 117; 1981, 442). Im Hinblick auf die Zielsetzung des
Vorsorgeunterhalts ist es vielmehr gerechtfertigt, den Elementarunterhalt zu dem Entgelt
aus einer Erwerbstätigkeit und den Vorsorgeunterhalt zu den Versicherungsbeiträgen in
Beziehung zu setzen, die im Hinblick auf ein derartiges Erwerbseinkommen zu
entrichten wären, und damit den Berechtigten hinsichtlich der Altersvorsorge so zu
24
behandeln, wie wenn er aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Einkünfte in
Höhe des ihm an sich zustehenden Elementarunterhalts hätte (BGH FamRZ 2007, 117;
1999, 372, 373 f.). Diesen Maßgaben entspricht die Berechnung der Klägerin, indem sie
den als Elementarunterhalt rechtskräftig zugesprochenen Betrag dem
Nettoarbeitsentgelt gleichgestellt und dieses zur Ermittlung der darauf entfallenden
Vorsorgebeiträge in ein fiktives Bruttoeinkommen umgerechnet hat.
c)
25
Mit der Scheidung der Eheleute S. am 28.11.2006, rechtskräftig seit diesem Tage, ist der
Schaden endgültig entstanden.
26
aa)
27
Mit Eintritt der Rechtskraft der Scheidung war der Zeitraum, für den die Klägerin nach §
1361 Abs. 1 S. 2 BGB Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt in der Trennungszeit
beanspruchen konnte, beendet. Die Möglichkeit, den von dem Beklagten pflichtwidrig
nicht geltend gemachten Altersvorsorgeunterhalt nachzufordern, war der Klägerin
bereits seit dem rechtskräftigen Abschluss des Trennungsunterhaltsverfahrens durch
Urteil des Amtsgerichts Ratingen vom 14.12.2004 (5 F 26/02, rechtskräftig seit dem
05.10.2005) verschlossen. Denn der Unterhaltsberechtigte kann bezogen auf den
Zeitpunkt der ersten Verurteilung zum Unterhalt eine Nachforderungsklage nur dann
erheben, wenn er sich dies im Erstverfahren - z.B. in der Begründung der Klage -
vorbehalten hat (BGH FamRZ 1985, 690; 1987, 368).
28
bb)
29
Ist wie hier kein Vorbehalt erfolgt, so spricht die Vermutung gegen eine Teilklage (vgl.
BGH FamRZ 2003, 444; OLG Naumburg FamRZ 2006, 1046). Denn bei dem Anspruch
auf Zahlung von Vorsorgeunterhalt handelt es sich nicht um einen eigenständigen
Anspruch im Sinne eines anderen prozessualen Streitgegenstandes. Der
Vorsorgeunterhalt ist nach allgemeiner Auffassung nur unselbstständiger Teil eines
einheitlichen Unterhaltsanspruchs (BGH FamRZ 1982, 1187). Ist aber - wie es hier der
Fall war - der klagenden Partei im Vorprozess entsprechend ihrem Antrag die ihr nach
ihrer Vorstellung zustehende volle Unterhaltsrente zugebilligt worden, so ist ihr der Weg
der Leistungsklage auf Zahlung zusätzlichen Vorsorgeunterhalts verschlossen. Der
"vergessene" Altersvorsorgeunterhalt kann dann nur noch zusätzlich geltend gemacht
werden, wenn sonstige Abänderungsgründe vorliegen (BGH FamRZ 1985, 690; OLG
Karlsruhe NJW 1995, 2795; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 323 Rn. 20;
Eschenbruch/Klinkhammer, der Unterhaltsprozess, 5. Aufl., Rn. 987; Kalthoener/Büttner,
Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rn. 425;
Wendl/Staudigl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7.
Aufl., § 4 Rn. 456, 457, 490). Solche Abänderungsgründe sind hier unstreitig bis zur
Rechtskraft der Ehescheidung nicht eingetreten.
30
cc)
31
Die von der Berufung herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom
07.11.1990 (FamRZ 1991, 320) gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Denn
jener Entscheidung lag eine Teilklage auf Zahlung eines unstreitig über einen freiwillig
gezahlten Sockelbetrag hinausgehenden Spitzenbetrags zugrunde mit der Folge, dass
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der Unterhaltsanspruch noch nicht insgesamt tituliert war. Damit war für eine erneute
Klage auf Altersunterhalt noch Raum, ohne dass die Voraussetzungen einer
Abänderungsklage hätten erfüllt sein müssen. Hier aber war der Anspruch der Klägerin
durch die notarielle Urkunde vom 27.06.2002 und das Urteil des Amtsgerichts Ratingen
vom 14.12.2004 bereits im Ganzen tituliert. Eine Nachforderungsklage war deswegen
nur unter den Voraussetzungen des § 323 Abs. 1 ZPO, die nach §§ 323 Abs. 4, 794
Abs. 1 Nr. 5 ZPO auch für die Abänderung notarieller Urkunden gelten, möglich.
d)
33
Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme geht auch der
Senat in Anwendung von § 287 ZPO davon aus, dass sich die Pflichtverletzung des
Beklagten für die Klägerin in der Bemessung des im Prozessvergleich der Eheleute S.
vom 28.11.2006 zur Unterhaltsabgeltung vereinbarten Betrags von 450.000,00 € nicht
vorteilhaft (im Sinne der Grundsätze der Vorteilsausgleichung) ausgewirkt hat. Zwar ist
es zutreffend, dass mit Mitteln des Vorsorgeunterhalts erworbene Rentenleistungen zur
Kürzung der im Rentenalter geschuldeten Unterhaltszahlungen führen, da sie nach der
Anrechnungsmethode in Abzug zu bringen sind (vgl. BGH FamRZ 2003, 848). Hätte der
frühere Ehemann der Klägerin für die Trennungszeit seit Januar 2002 laufenden
Altersvorsorgeunterhalt gezahlt, so hätte es durchaus nicht fern gelegen, dies in die
Erörterungen zur Höhe der Unterhaltsabfindung mit dem Ziel einfließen zu lassen, den
zu zahlenden Betrag zu ermäßigen. Mit Recht aber hat das Landgericht festgestellt,
dass die Parteien des Ehescheidungsverfahrens den tatsächlich geschlossenen
Vergleich auch dann nicht anders geschlossen hätten. Denn nach den Bekundungen
des Zeugen Rechtsanwalt K. hat Altersvorsorgeunterhalt, der im Rahmen der
Folgesache UE durchaus bereits geltend gemacht war, keine Rolle gespielt. Hierauf
deutet auch der rechnerisch nicht nachvollzogene, gleichsam gegriffene Betrag der
Abfindung hin.
34
e)
35
Die Klägerin ist auch nicht auf eine bloße Feststellung der Schadensersatzverpflichtung
zu verweisen. Denn mit dem Abschluss des Vergleichs vom 28.11.2006 wäre, wenn
Altersvorsorgeunterhalt für die Trennungszeit beansprucht und gezahlt worden wäre,
auch die Zweckbindung dieser Zahlungen entfallen. Der gezahlte
Altersvorsorgeunterhalt hätte der Klägerin zur freien Verfügung gestanden.
36
II.
37
Auf sämtliche Erwägungen unter I. ist der Beklagte durch Beschluss des Senats vom 2.
April 2009 hingewiesen worden. Seine Einwendungen im Schriftsatz vom 14. Mai 2009
enthalten nicht irgendwelche Gesichtspunkte, die der Beklagte nicht schon in der
Berufungsbegründung geltend gemacht hatte. Diese hat der Senat bereits vollständig
berücksichtigt. Die davon abweichenden rechtlichen Schlüsse des Beklagten vermag
der Senat auch nach erneuter Prüfung nicht zu ziehen.
38
Soweit der Beklagte die Beweiswürdigung des Landgerichts angreift, hat der Senat
ebenfalls Stellung genommen (vgl. unter I.2.d). Ergänzend wird darauf hingewiesen,
dass die Beweiswürdigung des Landgerichts ohnehin nur eingeschränkt vom
Berufungsgericht überprüft werden darf. Die vom Landgericht geschaffene
Tatsachengrundlage bindet grundsätzlich auch das Berufungsgericht. Lediglich die
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fehlerhafte Erfassung von Tatsachen durch die Verletzung materiellen Rechts (z.B. die
Verkennung der Beweislast), die fehlerhafte Tatsachenfeststellung aufgrund von
Verfahrensfehlern (z.B. die Verletzung der Hinweispflicht) oder die sonstige
Fehlerhaftigkeit des Beweisergebnisses (beispielsweise eine nicht erschöpfende
Beweisaufnahme oder Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den
Urteilsgründen) können die Notwendigkeit erneuter Feststellungen gebieten (vgl.
Zöller/Heßler, ZPO, 27. Auflage, § 529 Rn. 2 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen
hier jedoch nicht vor.
III.
40
Auch die weiteren in § 522 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen der
Berufungszurückweisung im Beschlussverfahren liegen vor.
41
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 ZPO ZPO.
42
Streitwert des Berufungsverfahrens: 75.567,11 €
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