Urteil des OLG Düsseldorf vom 06.10.2005

OLG Düsseldorf: ablauf der frist, unparteilichkeit, beweisverfahren, sachverständiger, objektivität, befangenheit, beauftragter, zwangsgeld, gutachter, minderung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-5 W 25/05
Datum:
06.10.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-5 W 25/05
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 09.09 2005 gegen
den Be-schluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom
18.08 2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
Im Rahmen des von der Antragstellerin, Verwalterin der WEG ... , 40472 Düsseldorf, mit
Antrag vom 02.07.2002 angestrengten selbständigen Beweisverfahrens ordnete das
Landgericht mit Beschluss vom 23.08.2002 die Beweiserhebung durch Einholung eines
schriftlichen Sachverständigengutachtens an. Der Sachverständige sollte
Feststellungen zu 99 sich auf das Gemeinschaftseigentum betreffende Fragen treffen
und sich weiterhin zu jeder einzelnen Frage dazu äußern, ob insoweit ein Mangel
besteht, wie die Mängel ggfls zu beseitigen seien, wie hoch die
Mängelbeseitigungskosten zu bewerten seien, und falls eine Mangelbeseitigung nicht
möglich ist, wie hoch eine Minderung zu bewerten sei. Dem zum Sachverständigen
bestimmten Dipl. Ing. ... wurden die Akten Anfang Oktober 2002
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übersandt. Mit Beschluss vom 24.01.2003 wurde das Beweisverfahren um 5 weitere
Fragen ergänzt.
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Nachdem am 01.10.2003 der letzte von insgesamt 5 Ortsterminen stattgefunden hatte,
setzte das Landgericht dem Sachverständigen mit Beschluss vom 16.03.2005 eine
Nachfrist zur Vorlage des Gutachtens bis zum 06.04.2005, mit Beschluss vom
06.04.2005 um eine Woche verlängert, und kündigte gleichzeitig bei fruchtlosem Ablauf
der Frist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Sachverständigen an.
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Am 14.04.2005 überreichte der Sachverständige schließlich das Gutachten vom
06.04.2005, das sich über 110 Seiten zuzüglich 37 Seiten Anlagen und einer
Fotodokumentation von 13 Seiten erstreckt.
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Mit Schriftsatz vom 13.06.2005 beanstandete die Antragstellerin dass der Gutachter die
Fragen I. 78 und I. 85 bis 88 nicht beantwortet habe, sondern lediglich darauf verwiesen
habe, dass hier weitere Untersuchungen erfolgen müssten und lehnte den
Sachverständigen ab.
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Zur Begründung ihres Ablehnungsantrages verwies die Antragstellerin auf die lange
Bearbeitungszeit des Sachverständigen.
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Mit der Antragstellerin am 30.08.2005 zugestellten Beschluss vom 18.08.2005 hat das
Landgericht das Gesuch der Antragstellerin vom 13.06.2005, den Sachverständigen
wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zurückgewiesen.
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Hiergegen richtet sich die – bei Gericht am 09.09.2005 eingegangene - sofortige
Beschwerde vom selben Tage.
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II.
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1. Die gemäß § 406 Abs. 5 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig. Auch im
selbständigen Beweisverfahren kann ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger
wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden (vgl. Senat, Beschluss vom
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23.08.2005, I-5 W 18/05; OLG Koblenz, Beschluss vom 13.11.2000, 4 W 687/00, OLGR
Koblenz 2001, 141).
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2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
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Ein Sachverständiger kann nach § 406 ZPO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO abgelehnt werden,
wenn vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus hinreichende objektive Gründe
vorliegen, die in den Augen einer vernünftigen Partei geeignet sind, Zweifel an seiner
Unparteilichkeit zu wecken in dem Sinne, dass der Sachverständige der Sache nicht
unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber stehe, bzw. wenn
Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit aufkommen
lassen, vgl. § 1036 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
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Das ist hier nicht der Fall.
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Der von der Antragstellerin zur Begründung des Befangenheitsgesuchs herangezogene
Gesichtspunkt der von dem Sachverständigen bis zur Vorlage des Gutachtens vom
06.04.2005 benötigten langen Bearbeitungsdauer rechtfertigt auch aus der Sicht der
Antragstellerin bei vernünftiger Betrachtungsweise nicht Zweifel daran, dass es der
Sachverständige bei seinem weiteren Wirken im Rahmen des vorliegenden
Beweisverfahrens an der nötigen Objektivität und Unparteilichkeit missen lassen
werden. Zwar ist die Befürchtung der Antragstellerin verständlich, dass der
Sachverständige bei eventuell erforderlich werdenden Ergänzungsgutachten erneut
allzu lange Bearbeitungszeiten brauchen werde. Die Sorge um eine schnelle
Arbeitsweise des Sachverständigen ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der Sorge um
die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Sachverständigen. Dass die
Kammer dem Sachverständigen ein Zwangsgeld hat androhen müssen, ist ebenfalls
kein Grund zur Besorgnis, der Sachverständige werde es nunmehr an der Objektivität
und Unvoreingenommenheit fehlen lassen.
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III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine
grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichtes erfordert, § 574 Abs. 2 ZPO.
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Den Streitwert setzt der Senat in Fortführung seiner neueren Rechtsprechung auf den
Hauptsachestreitwert, hier des selbständigen Beweisverfahrens, mit 150.000 € (siehe
GA 489 und 511) fest (vgl. OLG Koblenz, a.a.O.). Soweit der Senat in seinen
Entscheidungen vom 11.12.2003 I – 5 W 48/03, OLGR 2004, 372, sowie vom
08.09.2004, I – 5 W 36/04, OLGR 2005, 64 bei der Festsetzung des Streitwerts des
Beschwerdeverfahrens gegen die Ablehnung des gegen einen Sachverständigen
gerichteten Befangenheitsgesuches 1/3 des Hauptsachestreitwertes angesetzt hatte, ist
dies auf das vorliegende Verfahren nicht unmittelbar zu übertragen, da es sich hier
lediglich um ein selbständiges Beweisverfahren handelt. Wegen der besonderen
Bedeutung der Sachverständigenbestellung im Rahmen des selbständigen
Beweisverfahrens erscheint hier die Heranziehung des Hauptsachestreitwertes
sachgerecht (vgl. auch Senatsbeschluss vom 23.08.2005, I-5 W 18/05).
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J... Dr. C... B...
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