Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.04.2003

OLG Düsseldorf: anteil, schriftstück, patentanwalt, auszug, ergänzung, vertretungsmacht, dekret, urkunde, glaubhaftmachung, abgabe

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-2 W 9/03
Datum:
25.04.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-2 W 9/03
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der
Kostenfestsetzungs-beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 8. März
2002 aufgehoben, so-weit darin Übersetzungskosten in Höhe von
insgesamt 3.284,75 € festge-setzt worden sind; insoweit wir der Antrag
der Klägerin auf Kostenfestset-zung zurückgewiesen.
Im übrigen - bezüglich weiterer Übersetzungskosten in Höhe von
1.237,70 € - wird die sofortige Beschwerde der Beklagten
zurückgewiesen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beklagten 22,5
% und die Klägerin 77,5 % zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.513,37 €
für die Zeit bis zum 10. Dezember 2002; für die Zeit seit dem 11.
Dezember 2002 beträgt er 4.522,45 €.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den angefochtenen
Kostenfestsetzungsbeschluss ist zulässig und zum überwiegenden Teil auch begründet.
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Nachdem die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 10. Dezember 2002 (Bl. 114, 115 d.A.)
ihren Kostenfestsetzungsantrag in Höhe von 990,92 € (Rechnung des Büros W. vom
31. August 2001 für die Übersetzung des landgerichtlichen Urteils in die englische
Sprache) zurückgenommen und die Rechtspflegerin daraufhin insoweit durch
Beschluss vom 8. Januar 2003 (Bl. 117 d.A.) der sofortigen Beschwerde abgeholfen
hatte, war noch darüber zu entscheiden, ob der verbleibende Betrag von 4.522,45 € zu
Recht gegen die Beklagten festgesetzt worden ist. Zum überwiegenden Teil ist das nicht
der Fall.
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1. Begründet ist die sofortige Beschwerde in Höhe eines weiteren Betrages von
insgesamt 3.284,75 €, der sich aus der Summe der nachstehend zu a) bis e)
aufgeführten Einzelbeträge zusammensetzt. Es war für die Klägerin nicht zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, die diesen Rechnungen zugrunde
liegenden Schriftstücke in die französische Sprache übersetzen zu lassen. Generell
sind die Kosten für die Übersetzung einer fremdsprachigen Urkunde erstattungsfähig,
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wenn die Partei sie bei sorgsamer, vernünftiger Überlegung im Zeitpunkt der
Anfertigung der Übersetzung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –
verteidigung erforderlich halten durfte (OLG Frankfurt/M., MDR 1981, 58, 59). Das sind
bei einer der deutschen Sprache nicht kundigen ausländischen Prozesspartei wie der in
Frankreich ansässigen Klägerin grundsätzlich die Kosten für die Übersetzung aller
wesentlichen Schriftstücke (das sind insbesondere umfangreiche und solche
Schriftstücke, auf deren genauen Wortlaut es ankommen kann), der vorzulegenden
Urkunden, gerichtlichen Entscheidungen und Verfügungen (BPatG, GRUR 1992, 689,
690 – Übersetzungskosten; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rdn, 13, Stichwort
"Übersetzungskosten"; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 91, Rdn. 55 m.w.N.). Das
folgt nicht zuletzt aus Art. 103 Abs. 1 GG, der dem an einem Rechtsstreit Beteiligten ein
Recht darauf gibt, dass er Gelegenheit erhält, sich zu dem einer gerichtlichen
Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, also
auch grundsätzlich zu jeder dem Gericht unterbreiteten Stellungnahme der Gegenseite
und deren Rechtsauffassung (BVerfG, NJW 1990, 3072). Jede Partei eines
Rechtsstreits muss sich, um diesen ordnungsgemäß führen zu können, laufend über
den Fortgang des Verfahrens informieren können. Auch wenn sie anwaltlich vertreten
ist, muss sie das Verfahren verfolgen können, um ihren Rechtsanwalt jederzeit
ergänzend informieren zu können (BPatG und Stein/Jonas/Bork, beide a.a.O.). Der
Partei obliegt es allerdings, die Kosten für Übersetzungen möglichst niedrig zu halten;
ist die schriftliche Übersetzung für das prozessuale Vorgehen der Partei ohne
besondere Bedeutung und stehen die Kosten außer Verhältnis zur Höhe der
Klageforderung, muss die Partei sich unter Umständen damit begnügen, dass das
betreffende Schriftstück nur mündlich im Verhandlungstermin übersetzt wird (BVerfG,
a.a.O.) oder dass der für sie tätige Rechtsanwalt ihr den Inhalt des Schriftstückes
mündlich oder schriftlich erläutert (BPatG, a.a.O.; weitere Nachw, bei Stein/Jonas/Bork,
a.a.O.; vgl. ferner OLG Düsseldorf, JurBüro 1987, Sp. 1551 f.). Geht man hiervon aus,
konnte die Klägerin zwar grundsätzlich eine schriftliche Übersetzung aller Eingaben
nebst Anlagen für erforderlich halten, die die Beklagten während des landgerichtlichen
Verfahrens zur Gerichtsakte gereicht haben, sofern die betreffenden Schriftstücke oder
Anlagen ihr nicht bereits aus anderen Verfahren zugänglich und inhaltlich bekannt
geworden waren oder sein mussten. Kosten für eine mehrfache Übersetzung desselben
Schriftstückes sind nicht erstattungsfähig. Des weiteren können Übersetzungskosten
nicht erstattet werden, wenn das übersetzte Schriftstück die von der klagenden Partei
angestrebte die jeweiligen Instanz abschließende gerichtliche Entscheidung darstellt.
Der Zweck der Rechtsverfolgung oder –verteidigung erschöpft sich darin, den Inhalt
dieser Entscheidung zu beeinflussen, indem dem Gericht der für
entscheidungserheblich gehaltene Sachverhalt und/oder die für zutreffend gehaltene
Rechtslage unterbreitet wird. Ist diese Entscheidung ergangen, bedarf es solcher
Äußerungen der Parteien in der abgeschlossenen Instanz nicht mehr. Die Lage ändert
sich erst, wenn die ergangene Entscheidung mit einem Rechtsbehelf oder Rechtsmittel
angefochten wird. Sofern in dem auf diesen Rechtsbehelf eingeleiteten neuen Verfahren
eine Kostenerstattung stattfindet, können auch die Kosten für die schriftliche
Übersetzung der angefochtenen Entscheidung erstattungsfähig sein. Aus diesen
Gründen begehrt die Klägerin vergeblich die Erstattung der in den nachstehenden
Rechnungen genannten Beträge.
a) Mit Recht wenden sich die Beklagten dagegen, dass das Landgericht
Übersetzungskosten in Höhe von 1.356,80 € gemäß Rechnung des Übersetzungsbüros
vom 11. August 2000 gegen sie festgesetzt hat. Die Rechnung bezieht sich auf die
Übersetzung der als Anlage B 1 zur Klageerwiderung zu den Gerichtsakten gereichten
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Berufungsbegründung des Nichtigkeitsverfahres. Da die Berufungsbegründung des
Nichtigkeitsverfahrens älter ist als die Klageerwiderung der Beklagten aus dem hier
vorliegenden Patentverletzungsverfahren, kann davon ausgegegangen werden, dass
sie der Klägerin bereits in ihrer Eigenschaft als Beklagte des Nichtigkeitsverfahrens
zugänglich gemacht worden war und sie auch den Inhalt im einzelnen kannte, weil sie
vor der Notwendigkeit stand, im Nichtigkeitsverfahren darauf sachgerecht zu erwidern.
Für die Übersetzung der Berufungsbegründung in die französische Sprache angefallene
Kosten können mit Rücksicht darauf allenfalls im Nichtigkeitsverfahren geltend gemacht
werden.
b) Zu Recht wenden sich die Beklagten weiterhin gegen die Festsetzung von 1.051,90 €
für die Übersetzung des landgerichtlichen Urteils aus der deutschen in die französische
Sprache (Rechnung Nr. 944 des Übersetzungsbüros W. vom 3. August 2001). Die hier
in Rede stehenden Kosten sind erst angefallen, nach dem das Urteil des Landgerichts
verkündet worden war und konnten sich schon deshalb nicht auf Vorbringen beziehen,
dass vom Landgericht bei seiner Entscheidung verwertet werden sollte. Die
Notwendigkeit zu einer Übersetzung des landgerichtlichen Urteils bestand erst, nach
dem die Beklagten gegen dieses Urteil Berufung eingelegt hatten. Die entsprechenden
Kosten können deshalb auch erst im Berufungsverfahren geltend gemacht werden.
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c) Begründet ist die sofortige Beschwerde ferner, soweit für die Übersetzung des
angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses 149,90 € gegen die Beklagten
festgesetzt worden sind (Rechnung des Übersetzungsbüros vom 9. November 2001).
Sie können aus dem vorstehend zu b) dargelegten und hier sinngemäß geltenden
Gründen nur als Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens geltend gemacht
werden, mit dem die Beklagten diesen Beschluss angefochten haben.
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d) Erfolg hat die sofortige Beschwerde weiterhin, soweit sich die Beklagten dagegen
wenden, dass Kosten in Höhe von 223,07 € (Rechnung Nr. 851 vom 7. Februar 2001
Übersetzungsbüro W.) und 426,86 € (Rechnung Nr. 648 vom 22. Dezember 1999 Büro
W.) für die Übersetzung von Schriftstücken berücksichtigt worden sind, die ersichtlich
keine Äußerungen der Beklagten im Verletzungsverfahren darstellten, sondern nur der
internen Abstimmung zwischen dem auf Seiten der Klägerin mitwirkenden deutschen
Patentanwalt und ihrem vor dem Landgericht tätigen Prozessbevollmächtigten dienten.
Es ist nicht zu erkennen, dass eine schriftliche und wörtliche Übersetzung erforderlich
war, um der Klägerin die Abgabe einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem
Landgericht zu ermöglichen, weil die Schriftstücke konkrete Empfehlungen an die
Klägerin enthielten, wie sie sich im Verletzungsprozess verhalten sollte oder der
Patentanwalt der Klägerin deren Zustimmung zu bestimmten von ihm vorgeschlagenen
Maßnahmen erbeten hat.
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e) Weiterhin hat die sofortige Beschwerde Erfolg, soweit im angefochtenen
Kostenfestsetzungsbeschluss Übersetzungskosten von 76,22 € berücksichtigt worden
sind, die der Rechnung Nr. 689 des Büros W. vom 31. März 2001 zugrunde liegen.
Insoweit hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass die Kosten im Rahmen des vor
dem Landgericht geführten Rechtsstreits entstanden sind. In ihrem Schriftsatz vom
18. März 2003 trägt sie lediglich vor, sie könne nicht mehr nachvollziehen, welche
Dokumente Gegenstand der in dieser Rechnung vergütet verlangten
Übersetzungstätigkeit waren, sie sei jedoch davon überzeugt, dass es sich auch bei
dieser Übersetzung um verfahrensrelevante Dokumente gehandelt habe. Das reicht zur
Glaubhaftmachung nicht aus, wenn wie hier Streit darüber besteht, ob die Übersetzung
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des der konkreten Rechnung zugrunde liegenden Schriftstückes zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (vgl. OLG Karlsruhe, JurBüro
1989, Sp. 100 f. m.w.N.).
2. Die weitergehende sofortige Beschwerde ist dagegen unbegründet. Die
verbleibenden 1.237,70 € hat die Rechtspflegerin mit Recht gegen die Beklagten
festgesetzt.
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a) Das gilt zunächst für Übersetzungskosten in Höhe von 472,59 €, die der Rechnung
Nr. 851 vom 7. Februar 2001 des Übersetzungsbüros W. zugrunde liegen. Gegenstand
der berechneten Übersetzungstätigkeit war der auch zu den Gerichtsakten gelangte
Schriftsatz der Beklagten vom 30. Januar 2001, mit dem sich die Klägerin inhaltlich
auseinandersetzen musste, um zu dem dortigen Vorbringen der Beklagten zur
Vorbereitung der mündlichen Verhandlung sachgerecht Stellung nehmen zu können.
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b) Aus den selben Gründen haben die Beklagten der Klägerin auch den Betrag von
670, € zu erstatten, der der Rechnung Nr. 909 vom 31. Mai 2001 des
Übersetzungsbüros W. zugrunde liegt. Übersetzt worden ist der Schriftsatz der
Beklagten vom 9. Mai 2001, mit dem die Beklagten auf das bisherige Vorbringen der
Klägerin nochmals erwiderten und mit dem die Klägerin sich zur sachgerechten
Vorbereitung der mündlichen Verhandlung und einer evtl. Ergänzung ihres
Sachvortrages im einzelnen auseinandersetzen musste.
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c) Nicht zu beanstanden ist auch die Festsetzung weiterer 31,87 € Übersetzungskosten,
die der Rechnung C. R. vom 11. April 2001 zugrunde liegen. Übersetzt worden ist die
Prozessstandschafts- und Abtretungserklärung der Patentinhaberin an die Klägerin, die
erst in deutscher Sprache vorbereitet worden und dann in die französische Sprache
übersetzt worden ist, um der Klägerin, die der deutschen Sprache ebenso wenig
mächtig ist wie die Inhaberin des Klagepatentes, den Inhalt der von beiden zu
unterzeichnenden Erklärungen zugänglich zu machen.
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d) Zuzuerkennen sind der Klägerin weiterhin Übersetzungskosten in Höhe 63,74 €, die
der Rechnung der Übersetzerin C. R. vom 25. April 2001 zugrunde liegen. Übersetzt
worden ist ein Auszug aus dem französischen Journal O., den die Klägerin als Anlage
K 27 zu den Gerichtsakten des landgerichtlichen Verfahrens gereicht hatte, um
nachzuweisen, dass der auf Seiten der Patentinhaberin an der Prozessstandschafts-
und Abtretungserklärung beteiligte M. P. C. die entsprechende Vertretungsmacht besaß,
um solche Erklärungen für die Patentinhaberin abgeben zu können. Um den Mitgliedern
der angerufenen Kammer des Landgerichts den Inhalt des betreffenden Dekretes
zugänglich zu machen, musste das in französischer Sprache verfasste Dekret in die
deutsche Sprache übersetzt werden.
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e) Soweit die Beklagten einwenden, die Berechnung der Übersetzungskosten sei für sie
nicht nachvollziehbar, hat bereits die Rechtspflegerin in dem angefochtenen
Kostenfestsetzungsbeschluss zutreffend darauf hingewiesen, dass die den hier noch in
Rede stehenden Rechnungen zugrunde liegenden Kosten jedenfalls nicht
unangemessen hoch sind und dass die im Einzelnen angemeldeten Beträge in etwa
den hierfür nach dem ZSEG analog zu berechnenden Beträgen entsprechen. Diese
Verfahrensweise ist nicht zu beanstanden (vgl. BPatG, a.a.O., S. 690). Dass diese
Ausführungen in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss nicht zutreffen und
die sich nach dem ZSEG ergebenden Beträge deutlich und in unangemessener Höhe
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überschritten werden, machen auch die Beklagten nicht substantiiert geltend.
3. In entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 1 ZPO sind die Kosten des
Beschwerdeverfahrens, soweit vom Senat noch darüber zu entscheiden war,
entsprechend den beiderseitigen Unterliegensanteilen auf beide Parteien verteilt
worden; an dem insgesamt von der Klägerin zu tragenden Anteil von 77,5 % haben die
auf den nach Abhilfe nicht mehr verfolgten Teil des Kostenfestsetzungsantrages
(990,92 €) entfallenden Kosten einen Anteil von 17,9 %.
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