Urteil des OLG Düsseldorf vom 28.05.2009

OLG Düsseldorf: wohl des kindes, persönlichkeitsstörung, entlassung aus der haft, anhörung des kindes, gefahr, gefährdung, therapie, diplom, persönliche anhörung, diagnose

Oberlandesgericht Düsseldorf, II-6 UF 188/07
Datum:
28.05.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
6. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
II-6 UF 188/07
Tenor:
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N. in H.
bewilligt. Die Bewilligung erfolgt zu den Bedingungen eines im Bezirk
des Oberlandesgerichts Düsseldorf ansässigen Rechtsanwalts.
Der Antragsgegnerin wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter
Beiordnung von Rechtsanwältin H. in W. bewilligt.
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des
Amtsgerichts – Familiengerichts – Wuppertal vom 17.10.2007 teilweise
abgeändert:
Der Umgang des Antragstellers mit dem Kind J., geboren am
09.01.2006, wird bis Ende Juni 2012 ausgeschlossen.
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Es bleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem
Antrag-steller auferlegt.
Beschwerdewert: 3.000 €.
I. Die Parteien sind die Eltern des am 09.01.2006 geborenen Kindes J., das bei der
Kindesmutter lebt. Die nicht verheirateten Kindeseltern trennten sich im Herbst 2006.
Der Antragsteller verfolgt die Einräumung eines 14-tägigen begleiteten Umgangsrechts
mit seinem Sohn J., jeweils samstags von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Die Kindesmutter
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regt einen Ausschluss des Umgangsrechts an.
In einem Verfahren vor dem Amtsgericht Prüm (Az.: 2 F 51/06), in dem geprüft wurde, ob
der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht hinsichtlich des Kindes J. zu
entziehen war, weil diese mit dem Kindesvater trotz des Verdachts, dieser habe
pädophile Neigungen, zusammenlebte, erhob das Amtsgericht durch Einholung eines
Gutachtens des Sachverständigen B. Beweis darüber, ob das Wohl des Kindes J. im
Hinblick auf eine Persönlichkeitsstörung und eine sexuelle Deviation des leiblichen
Vaters S.gefährdet war. Das Verfahren wurde schließlich nicht fortgeführt, weil sich die
Kindesmutter von dem Kindesvater trennte.
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In seinem Gutachten vom 05.09.2006 kam der Sachverständige B. zu dem Ergebnis,
dass der Antragsteller an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung (ICD-10:F60.2)
leidet. Der Sachverständige sah die allgemeinen Kriterien für eine
Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 erfüllt. Es zeige sich ein tief verwurzeltes
Verhaltensmuster mit Missachtung sozialer Regeln, herzlosem Unbeteiligtsein
gegenüber den Gefühlen Anderer, deutlicher Verantwortungslosigkeit, geringer
Frustrationsschwelle und der Unfähigkeit zum Erleben von Schuldgefühlen und zum
Lernen aus Erfahrungen. Der Sachverständige ging von einem äußerst stabilen
Verhaltensmuster aus, dass das Denken, Fühlen und Wollen des Probanden seit
dessen 12. Lebensjahr durchzieht. Dies führte nach seinen Feststellungen zu
Beeinträchtigungen im sozialen Umfeld. Trotz mittlerer Intelligenz war der Antragsteller
nicht in der Lage einen Beruf zu erlernen und geriet immer wieder mit dem Gesetz in
Konflikt.
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Der Sachverständige stützte seine Beurteilung auf folgende Feststellungen:
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Vollkommen unbeeindruckt schilderte der Antragsteller ihm gegenüber, dass er am
19.12.1996 strafrechtlich erstmalig in Erscheinung trat, als er kinderpornographische
Erzeugnisse an einen verdeckten Ermittler übergeben wollte. Die Tatsache, dass er ein
Video angeschaut hatte, berührte ihn nicht. Er schilderte eine Szene, in der ein
Mädchen gefesselt gewesen sei, das von einem anderen Menschen mit Kerzenwachs
beträufelt worden sei. Es sei eher um sadistische Inhalte gegangen. Während der
Schilderung erschien der Antragsteller nicht beteiligt.
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Der Antragsteller erfüllte das Kriterium der deutlichen und andauernden
Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer Normen, Regeln und
Verpflichtungen. Das kinderpornographische Video nebst Zusatzvideo versuchte er zu
einem Preis von 200 DM zu veräußern. Eine Verpflichtung, dieses Video etwa
Strafverfolgungsbehörden zu übergeben, sah er nicht, vielmehr suchte er hier den
finanziellen Gewinn. Seine homosexuelle Beziehung zu einem wohl pädophilen
Missbraucher (P.), die sich von seinem 8. bis zu seinem 18. Lebensjahr hinzog, sah er
als Geldquelle an. Er bezog von dem Missbraucher bis zu 2.500 DM monatlich und lebte
in "Saus und Braus".
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Feststellbar war auch eine sehr geringe Frustrationstoleranzschwelle mit aggressivem
und auch gewalttätigem Verhalten. Dies zeigte sich anlässlich einer Tat vom
04.01.2005, die zu einem Urteil des Amtsgerichts Prüm vom 14.07.2005 führte. Er
stürmte auf den geschädigten Zeugen J., den geschiedenen Ehemann der
Antragsgegnerin, zu, riss die Fahrertür des Pkws auf, in dem sich der Zeuge befand,
beugte sich mit dem Oberkörper hinein und begann ihn sofort am Hals zu würgen, wobei
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er den Kehlkopf stark zudrückte.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist der Antragsteller unfähig,
Schuldgefühle zu erleben und insbesondere unfähig aus Erfahrungen, insbesondere
aus Bestrafungen, zu lernen. Der Besitz kinderpornographischer Erzeugnisse wurde
verniedlichend geschildert. Eine Vielzahl von Eigentums- und
Körperverletzungsdelikten in der Vergangenheit führten nicht zu einer
Verhaltensänderung. Diese Delikte wurden zum Teil emotional abgespalten und affektiv
schwingungsarm geschildert. Der Antragsgegnerin wurden von dem Antragsteller die
wahren Gründe seiner Verurteilungen teilweise nicht offengelegt. Er täuschte sie, indem
er ihre E-Mail-Adresse unerlaubterweise verwandte, um den Kontakt zu einer
alleinstehenden Mutter und ihren vier Kindern herzustellen, die den Antragsteller in
dessen gemeinsamer Wohnung mit der Antragsgegnerin besuchten. Rasch entstand
dabei eine ungewöhnliche Nähe zwischen den Kindern und dem Antragsteller. Diese
Schilderungen der Antragsgegnerin fügten sich aus Sicht des Gutachters nahtlos in die
Explorationsergebnisse zur Gutachtenerstellung ein. Dabei fiel dem Sachverständigen
nach erneuter Durchsicht auf, dass der Antragsteller immer Beziehungen zu Frauen
einging, die über 2 bis 3 Kinder weiblichen Geschlechts im Alter von 2 bis 10 Jahren
verfügten.
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Zudem zeigte der Antragsteller die Neigung, Andere zu beschuldigen und zu
rationalisieren. So gab er an, er habe lediglich für einen seiner Bekannten das
kinderpornographische Material im Jahr 1996 aufbewahrt und dabei kein eigenes
Interesse gehabt. Den Verkaufsversuch erklärte er damit, er habe Geld benötigt. Er
räumte zwar ein, sich durch kinderpornographische Abbildungen sexuell erregt zu
haben, er habe dann auch onaniert. Diese Materialien seien jedoch in Form von sog.
Bannern überspielt worden. Zunächst habe er nicht gewusst, um was es sich gehandelt
habe.
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Danach erfüllte der Antragsteller 5 von 6 Kriterien zur Diagnosestellung einer
dissozialen Persönlichkeitsstörung.
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In Einklang mit einem von dem Antragsteller selbst in Auftrag gegebenen Gutachten des
Herrn Privatdozenten Dr. K. vom 26.07.2005 ging der Sachverständige auch davon aus,
dass der Antragsteller an einer Störung des Sexualverhaltens leidet und zwar einer
Störung der Sexualpräferenz (ICD-10: F65). Dabei treten über einen längeren Zeitraum
– mindestens 6 Monate – ungewöhnliche sexuell erregende Phantasien, sexuell
dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen auf, die sich auf Kinder oder andere
Personen beziehen, die nicht einwilligungsfähig oder nicht willig sind. Diese Störung
der Sexualpräferenz lässt sich nach den Ausführungen des Gutachters nicht von der
diagnostizierten dissozialen Persönlichkeitsstörung trennen. Bei der Störung der
Sexualität handele es sich um eine Dissexualität, d. h. um ein sich im sexuellen Gebiet
ausdrückendes pathologisches Sozialverhalten. Die Störung der Sexualität sei in der
dissozialen Persönlichkeitsstörung verankert und letztendlich Ausdruck eines
dissozialen Verhaltensmusters. Daraus folgert der Sachverständige schwerwiegende
Auswirkungen auf das Verhalten des Antragstellers den eigenen Kindern gegenüber.
Dissoziale Verhaltensmuster durchzögen das gesamte Leben des Antragstellers, wie
sein Leben auch durch die Störung des Sexualverhaltens durchzogen werde. Immer
wieder suche er die Nähe zu Kindern, gehe Freundschaften mit Frauen ein, die über
Kinder "verfügen". Dieses "aktive Suchtverhalten" wurde aus Sicht des
Sachverständigen durch die Angaben der Antragsgegnerin überdeutlich. Auch gab der
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Antragsteller immerhin selbst an, von Bildern 10-jähriger Mädchen sexuell erregt zu
werden und zu onanieren, stellte jedoch in Abrede, dass er dabei einen
Geschlechtsverkehr mit den Mädchen phantasiere, was der Sachverständige von
psychiatrischer Seite aus als nicht nachvollziehbar betrachtete. Nicht nachvollziehbar
war auch die Angabe des Antragstellers beim Baden mit Mädchen in entsprechendem
Alter nicht sexuell erregt worden zu sein. Entgegen der Feststellungen des
Privatdozenten Dr. K., der annahm, der Antragsteller werde von Kleinkindern nicht
sexuell erregt, hielt der Sachverständige Dr. B. dies angesichts der Verschlossenheit
und manipulativen Tendenz des Antragstellers für fraglich. Dies folgerte er auch daraus,
dass der Antragsteller selbst eine Sexualität mit einem älteren Missbraucher erlebt hat
und dieses Verhaltensmuster sowie die daraus resultierende Dynamik (vom Opfer zum
Täter) den Missbrauch eines Jungens ebenfalls als äußerst wahrscheinlich erscheinen
lasse.
Sowohl das Verhalten des Antragstellers, dessen Ursprung der Sachverständige in der
dissozialen Persönlichkeitsstörung und der Störung der Sexualpräferenz sieht, wie auch
die vom ihm festgestellten äußerst geschickt durchgeführten Manipulationsversuche
zum Explorationszeitpunkt wiesen auf eine manifeste Gefährdung des leiblichen Kindes
J. hin. Es bestehe keine heile Familie zwischen Antragsgegnerin und ihm. Vielmehr
versuche der Antragsteller sich und seiner Umwelt eine Normalität vorzuspielen, die
nicht existiere. Seine Manipulation gehe soweit, dass er sich als Lebensgefährtin eine
quasi blinde und auf seine Unterstützung angewiesene Frau gesucht habe. Die
Blindheit werde durch eine hohe manipulative Kompetenz des Antragstellers auch auf
psychischem Gebiet fortgeführt, die Antragsgegnerin sei von ihm auch psychisch
abhängig.
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Weiter folgerte der Sachverständige, dass die wenig offene unehrliche und nicht
selbstkritische Auseinandersetzung des Antragstellers mit seiner eigenen Person und
auch der eigenen Sexualität bei einer deutlich bestehenden Psycho-Pathologie darauf
hinweise, dass ein Therapieversuch auch mittels Langzeittherapie äußerst schwierig
und wenig erfolgversprechend sein dürfte. In seinen bisherigen Versuchen werde eine
mangelnde Therapiemotivation überdeutlich. So gab es bei dem Diplom-Psychologen
G. in D. vom 07.12.2004 bis zum 04.10.2005 lediglich 6 Therapiesitzungen. Es kam zu
Terminausfällen, die in der Verantwortung des Antragstellers lagen wie auch zu
fehlenden Rückmeldungen. Der Therapeut G. schilderte, dass sich der Verdacht einer
möglichen Instrumentalisierung bei ihm schon bald nach Therapiebeginn verdichtete,
eine emotionale Beteiligung und Authentizität des Antragstellers sei nicht spürbar
gewesen. Die Therapie führe er wohl kalkuliert durch, er zeige möglichst wenig, um
einen vorteilhaften Eindruck zu erzeugen. Der Sachverständige B. sah sich darin
bestätigt, dass sich in diesem Verhalten die manipulativen Tendenzen des Probanden
bei mangelnder Krankheitseinsicht und unzureichender Compliance zeigten.
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Die Fortsetzung der Beziehung zu der Antragsgegnerin sei nicht als stabilisierender
Faktor zu werten, da es hier um Abhängigkeit und Manipulation der Lebensgefährtin
gehe. Eine berufliche Qualifizierung des Antragstellers könne angesichts der massiven
Psychopathologie keine Verbesserung der sozialen Kompetenz, eine Heilung der
bestehenden Persönlichkeitsstörung oder sexuellen Deviationen nach sich ziehen.
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Zusammenfassend kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, der Antragsteller stelle
durch seine Erkrankung und den Umgang mit seinen Mitmenschen an sich einen hohen
psycho-sozialen Risikofaktor für das Kind J.in Richtung der Entwicklung einer
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dissozialen Persönlichkeitsstörung dar. Ein dynamischer Wandel des Antragstellers
vom Opfer des sexuellen Missbrauchs zum Missbraucher sei nicht nur vage gegeben,
sondern liege zwangsläufig auf der Hand. Auch wenn noch Hemmschwellen gegeben
seien, deute alles darauf hin, dass der Antragsteller sein Umfeld so manipuliert habe,
dass das Opfer in Form seines Sohnes schon bereit stehe.
Das Amtsgericht Wuppertal hat dem Antragsteller in der angefochtenen Entscheidung
ein begleitetes Umgangsrecht eingeräumt und ausgeführt, nach § 1684 Abs. 1 BGB
bestehe ein Umgangsrecht. Ein völliger Ausschluss komme nur in Betracht, wenn durch
den Umgang eine Kindeswohlgefährdung zu besorgen sei. Einer solchen
Kindeswohlgefährdung könne aber durch eine Umgangsbegleitung begegnet werden.
Der begleitete Umgang habe auf Dauer zu erfolgen.
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Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde rügt der Antragsteller, die Entscheidung sei
nicht vollstreckbar. Insbesondere habe das Amtsgericht die Ausgestaltung des
Umgangs und seine Terminierung nicht geregelt. Eine solche Regelung könne nicht
gegen den Willen der Kindesmutter durchgesetzt werden.
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Mit ihrer gegen die Entscheidung gerichteten Beschwerde macht die Antragsgegnerin
geltend, solange der Kindesvater keinerlei Einsicht in seine Persönlichkeitsstörung
zeige, sei ein auf Dauer angelegter begleiteter Umgang nicht mit dem Kindeswohl zu
vereinbaren.
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Das Jugendamt der Stadt Wuppertal hat vorgetragen, dass die Begutachtung Hinweise
auf eine Persönlichkeitsstörung des Antragstellers ergeben habe. Da begleitete
Umgangskontakte dem Beziehungsaufbau zwischen dem Umgangsberechtigten und
dem Kind dienten, könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich durch diesen
Beziehungsaufbau zum jetzigen Zeitpunkt eine Kindeswohlgefährdung ergebe. Für die
Dauer des begleiteten Umgangs könnten sicherlich akute Gefährdungen vermindert
werden. Trotzdem sei nicht auszuschließen, dass aus dem sich entwickelnden
Bindungsverhalten des Kindes eine Gefährdung resultiere.
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Der Antragsteller hat ausgeführt, er sei sich darüber im Klaren, dass ein unbegleiteter
Besuch nicht in Betracht komme. Ein Umgangsausschluss sei jedoch nicht
nachzuvollziehen. Ein begleiteter Umgang sei dem Kindeswohl nicht abträglich. Er
gehe nicht davon aus, dass auf Dauer lediglich ein begleiteter Umgang in Betracht
komme. Er habe bereits Ende 2006 Kontakt zu einer Therapeutin aufgenommen und
bereits drei probatorische Sitzungen absolviert.
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Der Senat hat Beweis erhoben zu der Frage, ob ein begleitetes Umgangsrecht aufgrund
einer Persönlichkeitsstörung/einer sexuellen Deviation des Antragstellers dazu führt,
dass das Kindeswohl des Kindes J.gefährdet wird (Beschluss vom 10.01.2008) durch
Einholung eines Gutachtens der Sachverständigen Dr. Z.. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf das Gutachten der Sachverständigen vom 29.09.2008 Bezug
genommen.
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Der Antragsteller hat zum Gutachten Stellung genommen. Insofern wird auf den
Schriftsatz vom 19.01.2009 verwiesen.
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II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet, die Beschwerde des
Antragstellers hingegen unbegründet.
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Nach § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB kann das Umgangsrecht ausgeschlossen werden,
soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Nach § 1684 Abs. 4 Satz 2 kann ein
Umgangsausschluss für längere Zeit nur ergehen, wenn nach den Umständen des
Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen
oder körperlichen Entwicklung abzuwehren.
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So liegt der Fall hier. Die bei dem Kindesvater vorhandenen pädophilen Neigungen
führen im Zusammenhang mit der ebenfalls bestehenden dissozialen
Persönlichkeitsstörung dazu, dass selbst ein begleiteter Umgang zu einer konkreten
Gefährdung des Kindes führt, die nicht anders als durch den Ausschluss des
Umgangsrechts abwendbar ist.
25
1.
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Die pädophilen Neigungen des Antragstellers stehen zur Überzeugung des Senats
durch das Gutachten der Sachverständigen Z. fest.
27
Überzeugend begründet die Sachverständige im Rahmen einer Gesamtwürdigung,
dass der Antragsteller pädophil ist. Nachvollziehbar wertet sie als Hinweis auf das
Vorliegen pädophiler Neigungen den von dem Antragsteller eingeräumten Konsum von
kinderpornographischen Bildern, bei deren Betrachtung er sexuelle Erregung verspürt
und mastubiert hat. Ebenso sprechen der Kauf von Kinderunterwäsche sowie das
Verlangen nach gebrauchter Kinderunterwäsche (vgl. Gutachten B., Seite 26) für das
Vorhandensein pädophiler Neigungen.
28
Es kommt hinzu, dass der Antragsteller auch gegenüber der Sachverständigen Z.
angab, er werde durch fehlende Schambehaarung stimuliert, was die Sachverständige
nachvollziehbar im Zusammenhang mit den anderen Auffälligkeiten als Hinweis auf das
Vorliegen pädophiler Neigungen einordnet. Ebenso verständlich für den Senat ist die
Bewertung der Sachverständigen, dass die von dem Antragsteller beschriebenen
Kontakte zu Familien bzw. Frauen mit Kindern, gelegentlich derer Übernachtungen mit
Kindern in einem Bett sowie auch gemeinsames Duschen und Baden mit den Kindern
stattfanden, Beleg dafür sind, dass der Antragsteller die Nähe zu Kindern auch in
intimen Situationen sucht. Zusätzlich verweist die Sachverständige darauf, dass die
vollständige Einrichtung eines Kinderzimmers in dem zur Zeit der Exploration von ihm
bewohnten Haus die Vermutung nahe legt, dass Herr W. Kontakte zu Kindern anstrebt,
mit dem Ziel, regelmäßige Zusammentreffen zu diesen zu etablieren. Auch der Senat
vermag sich diesen Umstand nicht anders als mit dem gewünschten Kontakt zu Kindern
zu erklären. Die Einlassung des Antragstellers, ihm sei es um Kontakte mit J. gegangen,
ist nicht glaubhaft, da er nach dem jetzigen Verfahrensstand, im Übrigen eine Ladung
zum Strafantritt vor Augen, nicht damit rechnen konnte, in absehbarer Zeit unbegleiteten
Umgang mit J. haben zu können. Insbesondere hatte er selbst nur begleiteten Umgang
beantragt. Als auffällig wertet die Sachverständige auch, dass der Antragsteller von
einer ersten kurzen Beziehung abgesehen immer nur Beziehungen zu Frauen mit
Kindern eingeht. Dieses Verhalten setzte sich während des laufenden Verfahrens fort. In
einem Gespräch mit dem derzeit den Antragsteller behandelnden Diplom-Psychologen
T. erfuhr die Sachverständige davon, dass der Antragsteller zwischenzeitlich wiederum
eine - wenngleich schon wieder beendete – Beziehung zu einer Frau mit einem Kind
einging. In ihrer Bewertung, dass der Antragsteller pädophil ist, wird die
Sachverständige gestützt durch die Ergebnisse der Vorbegutachtungen durch den
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Sachverständigen B. sowie das von dem Antragsteller selbst beauftragte Gutachten des
Privatdozenten Dr. K.. Der Sachverständige B. diagnostizierte eine Störung der
Sexualpräferenz, bei der sich über einen längeren Zeitraum ungewöhnlich sexuell
erregende Phantasien, sexuell dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen ergeben,
die sich auf Kinder oder andere Personen beziehen, die nicht einwilligungsfähig oder
willig sind. Der Sachverständige B. stützte seine Einschätzung insbesondere auf das
Suchen der Nähe zu Kindern, Beziehungen zu Frauen, die über Kinder verfügen, und
attestierte ihm aktives Suchtverhalten, u. a. gestützt darauf, dass der Antragsteller ihm
gegenüber angab, von Bildern 10-jähriger Mädchen sexuell erregt zu werden und zu
onanieren. Die Behauptung des Antragstellers, einen Geschlechtsverkehr mit den
Mädchen phantasiere er nicht, hat der Sachverständige als nicht nachvollziehbar
bezeichnet wie auch die Angabe des Antragstellers beim Baden mit Mädchen in
entsprechendem Alter nicht sexuell erregt worden zu sein.
Aus dem Gutachten des Privatdozenten Dr. K. ergibt sich schließlich, dass der
Antragsteller auch ihm gegenüber angegeben hat, das Betrachten nackter Kinder
bereite ihm sexuelle Lust, woraus der Gutachter eine Störung im Sinne einer sexuellen
Deviation folgerte. Dieser Diagnose hat sich auch der Diplom-Psychologe G.
angeschlossen, bei dem sich der Antragsteller im Jahr 2005 in Behandlung befand.
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Der Senat folgt der Sachverständigen auch, soweit sie sich mit der Diagnose des
derzeitig behandelnden Diplom-Psychologen T. auseinandersetzt, der den Antragsteller
als normalen Heterosexuellen ohne große Triebhaftigkeit einstuft. Zutreffend verweist
die Sachverständige zunächst darauf, dass der Therapeut seine Diagnose lediglich auf
Gespräche mit dem Antragsteller stützt, ohne dass spezielle Gespräche über Pädophilie
stattgefunden haben und ohne dass eine weitergehende Diagnostik durchgeführt wurde.
Zwar waren dem Diplom-Psychologen T. die Gutachten der Sachverständigen B. und K.
bekannt und lagen ihm vor. Gegen dessen Diagnose spricht aber – worauf die
Sachverständige Z. für den Senat verständlich hinweist-, dass er wesentliche Aspekte
der ihm vorliegenden Gutachten nicht in seine Bewertung einbezieht, wie z. B. die
Angaben des Antragstellers, dass er beim Betrachten der kinderpornographischen
Darstellungen sexuell erregt wurde und masturbiert hat. Der Senat teilt die Auffassung
der Gutachterin, dass die Bewertung des Vorliegens einer Störung der Sexualpräferenz
nicht allein auf die Angaben des Antragstellers gestützt werden kann. Dies gilt umso
mehr, als die Begutachtung durch den Sachverständigen B. wie auch durch die
Sachverständige Z. zeigte, dass angesichts der Testergebnisse Zweifel an der
Glaubwürdigkeit und Offenheit der Angaben des Antragstellers, der über hohe
manipulative Fähigkeiten verfügt, bestehen. Insgesamt vermag die Diagnose des
Diplom-Psychologen T. auch nach Auffassung des Senats die im Rahmen einer
Gesamtwürdigung gewonnene Überzeugung der Sachverständigen nicht in Frage zu
stellen.
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Die Sachverständige setzt sich ebenso überzeugend mit der von dem Antragsteller
vertretenen Auffassung auseinander, gegen pädophile Neigungen spreche, dass er
Beziehungen zu erwachsenen Frauen gehabt habe. Die Sachverständige führt
nachvollziehbar aus, dass dies dem Vorliegen pädophiler Neigungen nicht widerspricht.
Zunächst ist nach den eigenen Angaben des Antragstellers nicht davon auszugehen,
dass er viele Sexualkontakte zu erwachsenen Partnern gehabt hat. Lediglich zu der
Antragsgegnerin sowie einer weiteren Partnerin, zu der die Beziehung bis in die Haftzeit
angedauert haben soll, soll es nach Angaben des Antragstellers sexuelle Kontakte
gegeben haben, während in den übrigen Beziehungen nach den eigenen Angaben des
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Antragstellers Geschlechtsverkehr keine Rolle gespielt habe. Studien zu pädophilen
Männern zeigen überdies –so die Sachverständige-, dass im Erwachsenenalter die
überwältigende Mehrheit der Befragten ihre pädophile Orientierung in der Praxis auch
mit Erwachsenen überprüft hat. Zudem sind verschiedene Typen von Pädophilen
abzugrenzen. Bei sog. Kern- oder Primärpädophilen besteht seit der Pubertät ein
primäres Interesse an Kindern, das Interesse an erwachsenen Sexualpartnern ist
entweder nicht vorhanden oder nicht sehr stark ausgeprägt, was bedeutet, dass das
erwachsene Erscheinungsbild den Betroffenen nicht oder nur in sehr vermindertem
Ausmaß sexuell erregt. Bei einer weiteren Gruppe entwickeln sich pädophile
Neigungen erst später nach Lebenskrisen, z. B. nach enttäuschender Partnerschaft; als
deren Folge werden immer jüngere Sexualpartner gesucht, die quasi Ersatzobjekt sind.
Gerade in dieser Gruppe ist auch der innerfamiliäre Missbrauch häufig anzusiedeln, so
die Sachverständige. Bei den Betroffenen besteht grundsätzlich eine hetero-, homo-
oder bisexuelle Orientierung in bezug auf Erwachsene, daneben liegt jedoch ebenfalls
eine Ansprechbarkeit bezüglich des präpubertären Äußeren vor. Bei einer dritten
Gruppe gehe es allein um sexuelle Stimulation. Dieser Typ kann homo- und
heterosexuell sein, verschiedenste sexuelle Neigungen haben und ist im Grunde nicht
besonders auf bestimmte Sexualobjekte fixiert.
Danach kommt den Angaben des Antragstellers zu adulten Sexualpartnern auch nach
Auffassung des Senats keine entscheidende Bedeutung bei der Frage zu, ob er (auch)
pädophil ist.
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Der Senat schließt sich insgesamt der Bewertung der Sachverständigen Z. an, dass die
Angaben des Antragstellers, von Kindern werde er in der Realität nicht erregt, sondern
nur von entsprechendem Bildmaterial, psychologisch nur schwer nachvollziehbar sind.
Auch zeigt eine von der Sachverständigen zitierte Studie (Vogt 2006), dass die Mehrheit
der primär pädophilen Männer kinderpornographische Bilder bzw. Filmmaterial nutzt.
Die Nutzung von Kinderpornographie geht danach in der Regel mit dem Vorliegen einer
pädophilen Orientierung einher, wobei die Nutzung des Materials unabhängig von
pädo-sexuellen Handlungen ist. Das Betrachen von kinderpornographischen Bildern
führt also nicht zwangsläufig zu konkreten pädophilen Handlungen, dennoch besteht die
Gefahr, dass die Hemmschwelle herabgesetzt wird und ein Steigerungseffekt eintritt, so
dass dann in der Folge die Neigungen auch konkret mit Kindern ausgelebt werden.
34
2.
35
Der Senat geht in Übereinstimmung mit den Feststellungen der Gutachterin davon aus,
dass sich aus den pädophilen Neigungen in Verbindung mit der von der
Sachverständigen ebenfalls diagnostizierten Persönlichkeitsstörung des Antragstellers
eine konkrete Gefahr für das betroffene Kind ergibt, die sich durch die Anordnung eines
begleiteten Umgangs nicht ausschließen lässt.
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Zwar muss zwischen pädophilen Handlungen und pädophilen Neigungen, die zunächst
nur einen Erregungszustand im Zusammensein oder bei der Beobachtung von Kindern
bzw. Bildmaterial bedeuten, unterschieden werden. So bezeichnet die Pädophilie nur
die sexuelle Ausrichtung, die Pädosexualität hingegen die sexuelle
Verhaltensäußerung, d. h. konkrete sexuelle Handlungen Erwachsener mit einem Kind.
Pädophile Neigungen müssen nicht konkret zu einem Ausleben an Kindern und damit
zu sexuell motivierten Handlungen an Kindern führen. Es ist möglich, dass Personen mit
pädophilen Neigungen diese – etwa aus Verantwortungsbewusstsein- ein Leben lang
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nur auf der Phantasieebene ausleben. Deshalb muss bei Vorhandensein pädophiler
Neigungen abgeschätzt werden, ob die Persönlichkeit des Betroffenen durch diese
Neigungen so beeinflusst ist, dass diese nicht mehr beherrscht werden können und es
dann zur Ausübung pädo-sexueller Taten kommt.
Bei dem Beklagten ist aber von der konkreten Gefahr auszugehen, dass er auch pädo-
sexuell in Erscheinung treten wird, weil ihm die Verhaltenskontrolle nicht gelingt.
38
a.
39
Die Gefährdung ist nicht deshalb als gering einzuschätzen, weil der Antragsteller
bislang –soweit ersichtlich- noch nicht pädosexuell agiert hat. Vielmehr führt die
Sachverständige dazu aus, dass nach der Untersuchung von Vogt nicht angenommen
werden kann, dass die meisten der Teilnehmer ohne pädo-sexuelle Erfahrung über die
gesamte Lebenszeit hinweg sexuell abstinent leben werden. Die Untersuchung machte
einen bedeutsamen Zusammenhang zwischen dem Alter des Pädophilen und pädo-
sexuellen Kontakten deutlich. Bei Teilnehmern der Altersgruppe zwischen 19 bis 30
Jahren fanden sich bei etwa der Hälfte der Befragten keine bisherigen pädo-sexuellen
Erfahrungen. In der Altersstufe ab 31 Jahren indes fand sich ein bedeutsamer Anstieg.
Der Beginn pädo-sexueller Kontakte liegt bei einem überwiegenden Teil pädophil
orientierter Männer in der Altersspanne zwischen 25 bis maximal 40 Jahren, was für den
Antragsteller eine erhöhte Wahrscheinlichkeit pädo-sexueller Kontakte in der Zukunft
bedeutet, zumal der Antragsteller aktiv Kontakte zu Kindern sucht (Kinderzimmer;
erneute Partnerschaft zu einer Frau mit Kind).
40
b.
41
Zudem hebt die Sachverständige bei der Beurteilung, dass eine konkrete Gefahr von
dem Antragsteller ausgeht, auf dessen Gesamtpersönlichkeit ab. Dabei kommt es für die
Beurteilung vor allem darauf an, wie das Verantwortungsbewusstsein , das
Empathievermögen, die Triebstärke und Impulskontrolle sowie die psychische Stabilität
des Betroffenen ausgestaltet sind.
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Liegen pädophile Neigungen vor, kommt es auf die vollständige Kontrolle des
Verhaltens an. Diese ist nur möglich, wenn die Betroffenen ihre sexuellen Bedürfnisse
und die Folgen des Auslebens ihrer Bedürfnisse für die Opfer erkennen.
Therapieprogramme führen aus Sicht der Sachverständigen nur zum Erfolg, wenn sie
freiwillig durchlaufen werden und der Patient bereit ist, Eigenverantwortung zu
übernehmen. Dazu gehört unabdingbar – was für den Senat ohne Weiteres
nachvollziehbar ist – dass der Betroffene das Vorliegen pädophiler Neigungen
akzeptiert, damit auch die Bereitschaft entwickelt für das eigene Verhalten
Verantwortung zu übernehmen und abstinent zu leben. Denn die Studie von V. macht
deutlich, dass die pädophilen Neigungen sich im Wesentlichen im Kindesalter
manifestieren und auch in der Wahrnehmung von Betroffenen nicht therapierbar sind.
43
(1)
44
Die pädophilen Neigungen des Antragstellers sind bislang indes unbearbeitet
geblieben, so dass gerade nicht davon ausgegangen werden kann, er akzeptiere seine
Neigungen und sei bereit, insoweit Verantwortung zu übernehmen.
45
So hat er in der Vergangenheit zwar zahlreiche Therapeuten aufgesucht und die Absicht
bekundet, eine Therapie zu beginnen, diese aber nie konsequent durchgehalten. Kurz
vor einer Inhaftierung (April 2002) wandte er sich mit der Bitte um ein ambulantes
Therapieangebot für Personen, die ein Sexualdelikt begangen haben, an den Verein
"D.". Wegen der Inhaftierung kam es dazu nicht. Es erfolgte jedoch das Angebot, nach
der Entlassung an einer Gruppentherapie teilzunehmen. Während der Haftzeit hat sich
der Antragsteller an die Männerberatung "Mann-O-Mann" gewandt, eine konkrete
Therapie wurde jedoch nicht durchlaufen. In der Einrichtung P. in W. machte der
Antragsteller dann während des Vollzugs eine Gruppentherapie und fragte einen
Therapieplatz außerhalb der Einrichtung nach. Zu einer konkreten Therapie kam es
dann aber erst wieder Ende 2005, etwa 2 Jahre nach seiner Entlassung aus der Haft
und nach der Begutachtung durch Dr. K.die von ihm beauftragt wurde, um zu belegen,
dass Kontakte zwischen ihm und der Tochter der Antragsgegnerin, S., möglich seien.
Die Therapie bei dem Diplom-Psychologen G. wurde aber seitens des Therapeuten
alsbald abgebrochen, da dieser eine Instrumentalisierung durch den Antragsteller im
Hinblick auf die Strafverfahren thematisierte und anschließend Unklarheiten aufgrund
versäumter Stunden auftraten (insgesamt nur 10 Stunden Therapiedauer).
Anschließend nahm der Antragsteller lediglich 3 Termine bei einer Frau S. in G. wahr
und fragte einen Therapieplatz bei dem Diplom-Psychologen K. in Ü. an. Dieser strich
den Antragsteller von seiner Warteliste, da er den Eindruck gewonnen hatte, dass der
Antragsteller ihn in juristische Dinge verwickeln und benutzen wolle. Eine ebenfalls
nachgefragte Therapie bei N. (08/06) wurde auch nicht begonnen. Erst jetzt wandte sich
der Antragsteller wieder während des laufenden Verfahrens an den Diplom
Psychologen T..
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Gegen eine hohe Therapiebereitschaft spricht, dass die Sachverständige im Rahmen
der Exploration feststellen konnte, dass die Veränderungsmotivation bei dem
Antragsteller unterdurchschnittlich ausgeprägt ist. Eine Entsprechung findet diese
Befundung im Gutachten des Sachverständigen B.. In dem Testverfahren MSI
(Multiphasic-Sex-Invertory) war der Wert auf der Skala "Behandlungseinstellung" extrem
niedrig ausgeprägt. Eine psychotherapeutische Behandlungsnotwendigkeit sah der
Kindesvater nicht. Diesem Befund widersprechen die seit Dezember 2007 regelmäßig
wahrgenommenen Therapiestunden bei dem Therapeuten T. nicht. Denn der Therapeut
bestärkt den Kindesvater darin, im sexuellen Bereich normal entwickelt zu sein und
dass bei ihm keine pädophilen Neigungen vorlägen. Der Therapeut sieht den
Antragsteller in einer Opferrolle. Dieses Setting, dieser Behandlungsansatz, führt aber
dazu, dass sich der Antragsteller nicht mit den tatsächlich bei ihm vorhandenen
problematischen Aspekten seiner Person auseinandersetzen muss, sondern ihm – so
die Sachverständige – eine Sicherheit vorgespielt wird und er daher auch diese
Therapie ohne Probleme absolvieren kann.
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Es ist aus psychologischer und medizinischer Sicht auszuschließen, dass die bei dem
Antragsteller festgestellten pädophilen Neigungen nicht mehr vorhanden sind. Die
Annahme, dass eine Wandlung etwa durch das Eingehen einer Partnerschaft zu einem
erwachsenen Partner stattgefunden haben soll, ist aus Sicht der Sachverständigen nicht
haltbar, weil die sexuelle Entwicklung und damit auch die sexuelle Ausrichtung sich
während der Pubertät festigen und mit dem Abschluss der Pubertät festgelegt sind. Eine
grundlegende weitere Entwicklung im sexuellen Bereich und damit "ein Nachreifen"
sind nicht möglich. Die Störung der sexuellen Präferenz bleibt lebenslang bestehen, die
pädophile Ausrichtung ist danach weder heilbar noch wegtherapierbar. Die Betroffenen
müssen damit leben, dass Gefühle für Kinder ein Bestandteil ihrer Persönlichkeit sind,
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mit dem sie umgehen müssen. Die Kontrolle dieser Neigungen setzt voraus, dass -wie
erwähnt – die eigenen sexuellen Wünsche und Bedürfnisse akzeptiert werden.
(2)
49
Als belastender Faktor im Sinne einer Steigerung der konkreten Gefahr sexueller
Übergriffe erweist sich die bei dem Antragsteller festgestellte Persönlichkeitsstörung. In
Übereinstimmung mit den Gutachtern B. und K. kommt auch die Sachverständige Z. zu
dem Ergebnis, dass der Antragsteller an einer Persönlichkeitsstörung leidet, die sehr
schwerwiegend und nur schwer zu therapieren ist.
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In der Exploration durch die Sachverständige Z. zeigte sich, dass der Antragsteller zu
einer extrem positiven Darstellung seiner eigenen Person neigt und sich als einen
Menschen mit hohen sozialen Kompetenzen beschreibt, insgesamt aber eine geringe
Reflektionsbereitschaft- und Fähigkeit, insbesondere in bezug auf die eigene Person
hinsichtlich Straftaten und pädophiler Neigungen besitzt. Im Gespräch – wobei ein
eklatanter Widerspruch zu den Testverfahren auftrat – ließ Herr W. auch wenig
Empathie erkennen; er verfügt nur über eine geringe emotionale Schwingungsfähigkeit.
In Bezug auf seine Straftaten sind keinerlei Schuldgefühle erkennbar, er stellt sich
durchweg als Opfer dar. Diese Persönlichkeitsstruktur ist im Zusammenhang mit den
pädophilen Neigungen als Risikofaktor für das Auftreten von pädo-sexuellen
Handlungen einzuschätzen.
51
Während der durchgeführten Testverfahren (Verus-Fragebogen zur Erfassung von
Ressourcen und Selbstmangementfähigkeiten, K-FAF, Kurzfragebogen
Aggressionsfaktoren, KV-S, Konfliktverhalten situativ) fiel zwar auf, dass der
Antragsteller sich in allen Verfahren extrem positiv darstellt, was durch seine
Vorgeschichte und die emotional verringerte Schwingungsfähigkeit relativiert wurde. Die
Sachverständige schließt aufgrund dieser Umstände aber für den Senat nachvollziehbar
darauf, dass der Antragsteller in der Untersuchungssituation verfälschte Antworten
gegeben hat. Einerseits wolle sich der Antragsteller im Verfahren besonders gut
darstellen, andererseits sei sein erklärtes Ziel, einen möglichst unbegleiteten Umgang
mit J. zu erreichen. Dies stimmt damit überein, dass auch die bisher durchgeführten
Begutachtungen problematische Werte im Bereich der Offenheitsskalen erbrachten. So
wurde bei der Testung durch den Sachverständigen B. eine Tendenz zu einem extrem
positiven Antwortverhalten erkennbar. Im dem von ihm durchgeführten Testverfahren
FPI (Freiburger Persönlichkeitsinventar) stellte sich der Antragsteller ebenfalls als sehr
sozialer Mensch dar, was aufgrund des auffälligen Wertes in der Offenheitsskala nicht
interpretiert werden konnte. Insgesamt stellt die Sachverständige Z. eine starke
Antworttendenz im Sinne der sozialen Erwünschtheit fest. Denn in den
vorausgegangenen Untersuchungen durch die Sachverständigen B. und Dr. K. zeigte
sich in den Testverfahren noch eine auffällige Persönlichkeitsstruktur, die egoistische
und rücksichtslose Züge offenbarte (MMPI). So wiesen die Testbefunde darauf hin, dass
der Antragsteller keine engen emotionalen Beziehungen eingehen kann, sich ungern
von außen kontrollieren lässt, bei Konflikten gereizt und aggressiv reagieren kann, er
misstrauisch und vorsichtig ist sowie im sozialen Kontakt selbstunsicher und
empfindlich. Hingegen zeigen die jetzigen Testwerte eine deutlich abweichende
Persönlichkeit, was die Sachverständige aber nachvollziehbar damit erklärt, dass der
Antragsteller die Tests inzwischen nicht mehr unbefangen bearbeitet. Überzeugend
schließt sie insbesondere auch eine Änderung der in den Vorgutachten B. und Dr.
K.festgestellten Grundpersönlichkeit des Antragstellers selbst unter Berücksichtigung
52
der bis zur Exploration im vorliegenden Verfahren durchgeführten Therapiestunden bei
dem Therapeuten T. als extrem unwahrscheinlich aus. Es erscheint dem Senat nahe
liegend, dass ein Persönlichkeitsänderung kaum angenommen werden kann, wenn die
betreffende Person über fehlende Reflektionsbereitschaft und –fähigkeiten und ein
fehlendes Problembewusstsein verfügt und im Übrigen der Therapieansatz des
Therapeuten T., wie ausgeführt, erkennbar ungeeignet ist.
Die Sachverständige tritt auch der Bewertung des Sachverständigen Dr. B, bei, dass die
Persönlichkeitsstörung nicht von der sexuellen Deviation getrennt werden kann.
Pädophile Neigungen bedingen zwar nicht konkrete pädosexuelle Handlungen. In
Bezug auf den Antragsteller ist aber eine eher ungünstige Prognose zu stellen, da
dieser einerseits das Vorliegen pädophiler Neigungen nicht anerkennt, andererseits
auch bedingt durch die vorliegende Persönlichkeitsstörung ungünstige
Voraussetzungen in Bezug auf das Verantwortungsbewusstsein vorliegen. Auch wenn
er sich als sehr emphatisch in den Testverfahren darstellte, ist aus sachverständiger
Sicht nicht davon auszugehen, dass die Selbsteinschätzung zutrifft. Dagegen spricht die
mangelnde emotionale Schwingungsfähigkeit sowie auch die wenige realistische
Einschätzung Anderer. Danach fällt unter Berücksichtigung der diagnostizierten
Persönlichkeitsstörung eine Prognose für eine Kontrolle der pädophilen Neigungen
gerade für den Antragsteller sehr ungünstig aus. Das Problembewusstsein in Bezug auf
die Kontrolle der pädophilen Neigungen, die der Antragsteller vehement abstreitet, liegt
nicht vor und damit sind aus seiner Sicht auch Kontrollmechanismen nicht erforderlich.
53
(3)
54
Nach dem Ergebnis der Begutachtung stellt der Antragsteller, obwohl die
Sachverständige nicht konkret feststellen konnte, dass er auch homosexuell pädophil
ist, gleichwohl eine Gefahr auch für den eigenen Sohn dar. Die Sachverständige Z. hat
keinen Zweifel daran gelassen, dass eine konkrete Gefährdung des Kindes von seinem
Vater, dem Antragsteller, ausgeht. Aufgrund der Verleugnung der sexuellen Deviation,
der fehlenden Therapiebereitschaft und zwar insbesondere in Verbindung mit der
Persönlichkeitsstörung, die beinhaltet, dass der Antragsteller keinerlei Opferempathie
aufbringen kann, erscheint dieser Schluss der Sachverständigen dem Senat ebenfalls
unabweisbar. Dem entspricht es, dass bereits der Sachverständige B. feststellte, dass in
der damaligen Situation (Familie bestehend aus dem Kind J., der Antragsgegnerin und
dem Antragsteller) mit dem Kind im unmittelbaren Umfeld des Antragstellers das Opfer
für zu erwartende Missbrauchshandlungen schon bereit stehe. Für eine Gefährdung
auch eines gleichgeschlechtlichen Kindes spricht nach Auffassung des Senats auch,
dass bei dem Antragsteller nicht nur kinderpornographische Bilder, die Mädchen zeigen,
gefunden wurden, sondern auch solche, die auch Jungen abbildeten. So heißt es in
dem Urteil des Landgerichts Hagen vom 19.11.2001 (Verurteilung wegen Verbreitens
pornographischer Schriften): "Der Angeklagte hatte diese Bilder auf CD gebrannt, um
sie sich jederzeit ansehen zu können, um sich sexuell zu erregen. Er war sich dabei
dessen bewusst, dass es sich bei den abgebildeten Personen erkennbar um Mädchen
und Jungen handelt, die noch nicht 14 Jahre waren. Da er bei der Betrachtung von
unbekleideten Kindern sexuelle Erregung verspürt, kam es ihm gerade darauf an, dass
die von ihm gespeicherten Fotos Kinder darstellten, die in sexuell aufreizender Pose
dem Fotografen zur Verfügung standen oder sexuelle Handlungen mit Erwachsenen
vornahmen".
55
3.
56
Vor diesem Hintergrund kommen auch begleitete Umgangskontakte nicht in Betracht.
Zwar könnte für J. durch begleitete Umgangskontakte Sicherheit im Hinblick auf die
pädophilen Neigungen des Kindesvaters geschaffen werden. Nach den Feststellungen
der Sachverständigen ist bei einer lückenlosen Begleitung des Umgangs in der
konkreten Umgangssituation kein Übergriff zu erwarten.
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Indirekt und langfristig besteht aber durch die Kontakte ein erhebliches
Gefährdungspotential für J.. Da ein begleiteter Umgang generell das Ziel verfolgt, einen
Beziehungsaufbau zwischen Vater und Kind zu erreichen, wird zwangsläufig ein
Vertrauensverhältnis aufgebaut. Dies kann dazu führen, dass seitens des Kindes der
Wunsch besteht, den Antragsteller auch außerhalb der geschützten Umgebung des
betreuten Umgangs zu sehen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Antragsteller, der
über hohe manipulative Fähigkeiten verfügt, das Kind diesbezüglich beeinflussen
würde, da er einen unbegleiteten Umgang anstrebt und eine Gefährdung durch seine
Person nicht anerkennt. Mit zunehmender Selbständigkeit des Kindes entsteht dann
zusätzlich die Gefahr von heimlichen unbegleiteten Treffen zwischen dem Antragsteller
und dem Kind. Bedingt durch die während des begleiteten Umgangskontaktes
entwickelte größere Vertrautheit besteht die erhebliche Gefahr, dass der Antragsteller
schon im Rahmen von normalen Berührungen und väterlichen Gefühlen seine
Bedürfnisse mit denen des Kindes verwechselt.
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Deshalb kommt die Sachverständige, was der Senat nachvollzieht, nach einer
Abwägung der Vorteile des begleiteten Kontaktes gegenüber den konkreten Risiken
eines dadurch möglich werdenden pädosexuellen Übergriffes auf J. zu dem Ergebnis,
dass die Aufnahme begleiteter Kontakte das Wohl des Kindes gefährden würde.
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Der Antragsteller – so die Sachverständige – werde die Zeit begleiteter
Umgangskontakte nicht dazu nutzen, therapeutisch an sich zu arbeiten, um zukünftigen
Gefährdungen für J. vorzubeugen. Die derzeit durchgeführte Therapie sei
kontraindiziert. Die Einsicht in die Problematik sei aber unabdingbare Voraussetzung für
die dringend erforderliche Verhaltenskontrolle. Ein über einen längeren Zeitraum
begleiteter Umgang würde die Problematik nach Darstellung der Sachverständigen
nicht verringern, sondern noch verstärken, da J. dann in einem interessanten Alter für
den Antragsteller wäre und der Vertrauensaufbau schon vonstatten gegangen wäre.
60
4.
61
Die Einwände des Antragstellers gegen das Gutachten der Sachverständigen Z. sind
nicht geeignet, das Ergebnis der Begutachtung in Frage zu stellen. Der Vortrag des
Kindesvaters zu dem Gutachten erschöpft sich überwiegend darin, Angaben der
Antragsgegnerin gegenüber der Sachverständigen anzugreifen. Dies ist ohne Belang,
da die Sachverständige das Ergebnis ihrer Begutachtung auf die von dem Antragsteller
angegriffenen Angaben der Antragsgegnerin gar nicht stützt.
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Selbstverständlich hat sich die Sachverständige auch mit dem Einwand
auseinandergesetzt, dass der Gutachter Dr. K. Kontakte zwischen Antragsteller und S.
ohne Gefährdung des Kindeswohls für möglich erachtet hat. Insoweit folgt der Senat
indes den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Z., die durch das
Gutachten B. gestützt werden. Im Übrigen hat sich der Sachverständige Dr. K.
gegenüber der Sachverständigen Z.von seiner Begutachtung gerade in diesem Punkt
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distanziert. Sicher irrelevant ist auch der Vortrag des Antragstellers, bei einer
Musiktelenovela habe er nicht aufgrund des offenen Vollzuges nicht mitmachen können,
vielmehr habe er aufgrund des offenen Verfahrens den Vertrag nicht unterschreiben
können. Auch die weiteren Abweichungen/angeblichen Fehlzitate der
Sachverständigen haben offensichtlich keine Auswirkungen auf ihre Begutachtung
gehabt.
Soweit die Sachverständige feststellt, der Antragsteller sei emotional nicht sehr
schwingungsfähig, steht dies nicht dadurch in Rede, dass er nunmehr vorträgt, er
verhalte sich nur Personen gegenüber emotional, denen er vertraue bzw. mit denen er
eine Beziehung unterhalte. Er habe lernen müssen, sich nichts anmerken zu lassen,
wenn es ihm nicht gut gehe. Auch dem Antragsteller war im Rahmen der Begutachtung
klar, dass seine Persönlichkeitsstruktur analysiert werden sollte. Vor diesem
Hintergrund wäre unverständlich, wenn er sich verstellt hätte. Überdies stützt die
Sachverständige ihr Begutachtungsergebnis auf die gesamte Exploration und nicht auf
einzelne Angaben. Insoweit wäre nicht zu erwarten, dass der Antragsteller sein
Verhalten durchweg durchhalten würde, wäre er tatsächlich emotional
schwingungsfähig. Soweit der Antragsteller in seiner Stellungnahme seine pädophilen
Neigungen in Abrede stellt, verweist der Senat auf die durchweg überzeugenden
Ausführungen der Sachverständigen, die ihre Beurteilung nicht nur auf das von dem
Antragsgegner während des laufenden Verfahrens ohne Aussicht auf Kontakt zu J.
eingerichtete Kinderzimmer, sondern auf eine Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände,
so auch die Vorstrafen des Antragstellers und seine eigenen Angaben stützt. Es steht für
die Sachverständige schlicht im Vordergrund und stand dies auch für den Gutachter B.,
dass der Antragsteller selbst angegeben hat, er werde sexuell erregt, wenn er Bilder von
kleinen Kindern sehe und befriedige sich dann auch selbst. Dies kann er nicht hinweg
diskutieren.
64
5.
65
Begründet nach dem Gutachten der Sachverständigen Z. auch ein begleiteter
Umgangskontakt die konkrete Gefahr, dass es zu einem Kindesmissbrauch seines
eigenen Sohnes durch den Antragstellers kommt, muss der Umgang ausgeschlossen
werden. Angesichts der Gesamtumstände schließt sich der Senat der Bewertung der
Sachverständigen an, dass Sicherheit für das Kind nur zu gewährleisten ist, wenn mit
Umgangskontakten zugewartet wird. Vor dem Hintergrund der dem Kind von dem
Antragsteller drohenden Gefahr hält der Senat danach einen Umgangsausschluss bis
Ende Juni 2012 für angezeigt und verhältnismäßig. Ein früherer Kontakt käme allenfalls
dann in Betracht, wenn sich der Antragsteller endlich zu seiner Pädophilie bekennen, an
seiner Persönlichkeitsstörung arbeiten und im Rahmen der erforderlichen Therapie
soweit möglich Verhaltenskontrolle erlernen würde.
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6.
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Die Bestellung eines Verfahrenspflegers für das Kind war nicht nach § 50 Abs. 2 Nr. 1
FGG erforderlich, weil nicht festgestellt werden kann, dass das Interesse des Kindes zu
dem seiner gesetzlichen Vertreterin, der Kindesmutter, in erheblichem Gegensatz steht.
Nach dem Ergebnis der Begutachtung des Antragstellers verfolgt die Antragsgegnerin
mit dem von ihr betriebenen Umgangsausschluss lediglich das wohl verstandene
Interesse ihres Kindes.
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Ebenso unterbleiben konnte die persönliche Anhörung des Kindes nach § 50 b FGG.
Die Neigungen, Bindungen oder der Wille des derzeit 3 Jahre und 4 Monate alten
Kindes sind für die Entscheidung ohne Bedeutung. Das Kind ist nicht in der Lage, die
Bedeutung der zentralen Begutachtung des Antragstellers zu erkennen und insoweit
Erhebliches beizutragen. Es scheint deshalb auch nicht zur Feststellung des
Sachverhalts angezeigt, dass sich der Senat von dem Kind einen unmittelbaren
Eindruck verschafft.
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Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 131 Abs. 3 KostO, 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.
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Der Beschwerdewert folgt aus § 30 Abs. 2 KostO.
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