Urteil des OLG Düsseldorf vom 22.08.2008

OLG Düsseldorf: mitgliederversammlung, zahl, zwischenverfügung, urkunde, beschlussfähigkeit, handbuch, vereinsrecht, datum, schriftführer

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 Wx 182/08
Datum:
22.08.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-3 Wx 182/08
Tenor:
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten werden der Beschluss der
19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 07. Juli 2008 und die
Verfü-gung des Amtsgerichts Neuss – Vereinsregister – vom 30. Mai
2008 aufge-hoben.
Die Akten werden zur erneuten Entscheidung über die Anmeldung vom
15. April 2008 an das Amtsgericht Neuss – Vereinsregister –
zurückgegeben.
Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren der weiteren
Beschwerde: 300 €.
Gründe
1
I.
2
Der Beteiligte hielt am 01. April 2008 eine Mitgliederversammlung ab, auf der u.a. der
Vorstand neugewählt wurde.
3
In der Niederschrift über die Mitgliederversammlung, die vom Versammlungsleiter und
dem Protokollführer unterzeichnet ist, heißt es eingangs, der Versammlungsleiter habe
festgestellt, ... dass die Mitgliederversammlung beschlussfähig sei. Ein Widerspruch
habe sich hiergegen nicht ergeben. Unter TOP 4 ist die Neuwahl protokolliert.
4
Das Amtsgericht hat mit der in Rede stehenden Zwischenverfügung der Anmeldung
dieser Änderung durch den Verfahrensbevollmächtigten des beteiligten Vereins (noch)
nicht entsprochen, sondern um Mitteilung gebeten, aus wie vielen Mitgliedern der Verein
bestehe und wie viele Mitglieder in der Versammlung anwesend gewesen seien.
5
Das Landgericht hat die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde des Vereins
zurückgewiesen.
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Die Niederschrift über die Versammlung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Sie habe auch die Zahl der erschienenen Mitglieder zu enthalten.
7
Zudem habe das Amtsgericht zu Recht eine Bescheinigung der Mitgliederzahl nach §
72 BGB gefordert und die Eintragung von ihrer Vorlage abhängig zu machen.
8
II.
9
Die weitere Beschwerde ist zulässig, §§ 27, 29, 159, 129 FGG; sie hat auch in der
Sache Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung und die Zwischenverfügung des
Amtsgerichts beruhen auf einer Verletzung des Gesetzes.
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Gem. § 67 Abs. 1 Satz 1 BGB ist jede Änderung des (Vereins-)Vorstands von dem
Vorstand zur Eintragung anzumelden.
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Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist der Anmeldung eine Abschrift der Urkunde über die
Änderung beizufügen, also die Niederschrift über die Mitgliederversammlung mit dem
Beschluss über die Vorstandswahl (vgl. zuletzt OLG Schleswig NZG 2005, 444 m.N.).
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Die Pflicht, eine Abschrift der Urkunde über die Änderung beizufügen, sichert und
begrenzt zugleich die Möglichkeiten des Registergerichts, die Wirksamkeit der
Änderung zu prüfen (MüKo/Reuter, 5. Aufl., BGB, § 67, Anm. 3).
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Nach allgemeinen registerrechtlichen Grundsätzen hat das Registergericht
grundsätzlich davon auszugehen, dass der beurkundete Beschluss wirksam zu Stande
gekommen ist. Es kann und muss aber gem. § 12 FGG weitere Nachweise verlangen,
wenn begründete Zweifel an der Wirksamkeit des zur Eintragung angemeldeten
Beschlusses bestehen und die geforderten Nachweise geeignet sind, diese Zweifel
auszuräumen (OLG Schleswig a.a.O. und Rpfleger 2005, 317; OLG Hamm NJW-RR
1997, 484 und 417; BayObLG NJW 1973, 2068).
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Ob der maßgebende Sachverhalt hinreichend ermittelt ist, unterliegt der vollen Prüfung
durch das Rechtsbeschwerdegericht. Hingegen ist die tatrichterliche Würdigung der
festgestellten Tatsachen nur eingeschränkt nachprüfbar. Hinsichtlich der Zweifel an der
Wirksamkeit des zur Eintragung angemeldeten Beschlusses hat das
Rechtsbeschwerdegericht nur zu prüfen, ob solche Zweifel möglich sind, nicht aber ob
sie zwingend sind oder etwa ein anderer Schluss ebenso nahe läge (OLG Schleswig
Rpfleger 2005, 317).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze haben Amts- und Landgericht zu Unrecht die
Anmeldung für nicht ausreichend erachtet.
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Wenn die der Anmeldung beigefügte Niederschrift der Mitgliederversammlung mit dem
Beschluss über die Änderung des Vorstands den satzungsgemäßen Anforderungen
entspricht, darf das Registergericht den dort niedergelegten Feststellungen vertrauen
(OLG Hamm NJW-RR 1997, 484; MüKo/Reuter, a.a.O.).
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Hier bestimmt § 12 Abs. 7 der Vereinssatzung, dass über die Beschlüsse der
Mitgliederversammlung ein Protokoll gefertigt wird, das vom Versammlungsleiter und
vom Schriftführer zu unterzeichnen ist. Das ist hier geschehen.
18
Die satzungsgemäß bestimmten Funktionsträger tragen dann die Verantwortung für die
Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift. Ihrer Erklärung darf das Registergericht
vertrauen (OLG Hamm a.a.O.).
19
Dass und welche besonderen Anhaltspunkte im vorliegenden Fall gegeben sein sollen,
die zu Zweifeln Anlass geben könnten, ist weder in der Zwischenverfügung noch in dem
landgerichtlichen Beschluss dargelegt. Solche Anhaltspunkte sind auch nicht
erkennbar.
20
Vielmehr würde die vom Beschwerdegericht geteilte Ansicht des Registergerichtes dazu
führen, dass regelmäßig außer der nach § 67 Abs. 1 Satz 2 BGB der Anmeldung
beizufügenden Abschrift der Versammlungsniederschrift weitere Nachweise vorzulegen
wären. Das aber ist gerade nicht erforderlich.
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Aus der vom Beschwerdegericht angeführten Fundstelle (Stöber, Handbuch zum
Vereinsrecht, 9. Aufl., Rdnr. 595) ergibt sich nichts anderes. Zwar heißt es dort, die
Niederschrift habe die Zahl der erschienenen Vereinsmitglieder anzugeben. Soweit dies
nicht geschieht, kann dies jedoch keine Zweifel daran begründen, dass der
Versammlungsleiter die Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung ordnungsgemäß
festgestellt hat, zumal es hinsichtlich der Beschlussfähigkeit nach Stöber (a.a.O. Rdnr.
596) genügt, diese in der Niederschrift festzustellen.
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Was die vom Beschwerdegericht erwähnte Befugnis des Registergerichts angeht, gem.
§ 72 BGB jederzeit vom Vorstand die Einreichung einer vollzogenen Bescheinigung
über die Zahl der Vereinsmitglieder einzureichen, so trifft es grundsätzlich zu, dass das
Registergericht sich auf dieser Grundlage eine verlässliche Information über die Zahl
der Mitglieder verschaffen kann. Dies ist jedoch insbesondere von Bedeutung im
Rahmen des § 37 Abs. 2 und vor allem des § 73 BGB (MüKo/Reuter, a.a.O., § 73, Anm.
1).
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Wenn und soweit aber keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und
Vollständigkeit der (der Anmeldung gem. § 67 Abs. 1 Satz 2 BGB beigefügten)
Versammlungsniederschrift vorliegen, kann deren Eintragung nicht von der Vorlage der
Bescheinigung gem. § 72 BGB abhängig gemacht werden.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
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