Urteil des OLG Düsseldorf vom 29.07.2005

OLG Düsseldorf: allgemeine geschäftsbedingungen, neues vorbringen, schlüssiges verhalten, einspruch, beweisverfahren, fax, auflage, vollstreckung, agb, werk

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-23 U 9/05
Datum:
29.07.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
23. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-23 U 9/05
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 3.12.2004 verkün-dete Urteil
der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine
Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages ab-wenden, wenn nicht die
Klägerin vor der Vollstreckung Sicher-heit in Höhe von 120 % des
jeweils zu vollstreckenden Betra-ges leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
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Im Auftrag der Klägerin trug die Beklagte auf den Freiflächen der nicht überdachten
Parkdecks des Parkhauses C eine Kunstharzbeschichtung zum Schutz gegen
Feuchtigkeit auf. Kurz nach Durchführung der Arbeiten zeigten sich Risse des Bodens.
Die Klägerin beantragte vor dem Landgericht Düsseldorf die Durchführung eines
selbständigen Beweisverfahrens. Gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen S
verlangt die Klägerin, Schadensersatz in Höhe von 367.500 €. Die Beklagte hat sich in
erster Linie auf die fehlende Zuständigkeit deutscher Gerichte berufen und zur
Begründung angegeben, aufgrund ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei die
Zuständigkeit eines Schiedsgerichts gegeben und zudem gemäß der
Geschäftsbedingungen die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte in V/B vereinbart.
Im Übrigen verneint sie ihre Schadensersatzpflicht dem Grunde und der Höhe nach.
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Das Landgericht hat die Beklagte durch Versäumnisurteil vom 21.5.2004 kostenpflichtig
zur Zahlung von 367.500 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 8. Oktober 2004 verurteilt. Nach Einspruch der Beklagten hat
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das Landgericht das Versäumnisurteil aufrechterhalten und ausgeführt:
Die Klage sei zulässig. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Prozessparteien sei
deutsches Privatrecht anzuwenden. Danach seien die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht wirksam vereinbart worden, so dass weder
eine Schiedsgericht- noch eine Zuständigkeitsvereinbarung getroffen sei. Der Vertrag
sei gemäß den Schreiben vom 3.5/4.5./8.5. und 17.5.2000 zustande gekommen. Soweit
die Beklagte behaupte, auf der Rückseite ihrer Auftragsbestätigung seien die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgedruckt, genüge dies nicht, da die Vorseite
des Schreibens keinen Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen enthalte. Das
Landgericht Düsseldorf sei nach Art. 5 Nr. 1 EuGVVO zuständig. Der
Schadensersatzanspruch sei in der geltend gemachten Höhe begründet. Der Vortrag
der Beklagten in dem am Tag der mündlichen Verhandlung über den Einspruch
eingegangenen Schriftsatz, mit dem sie erstmals vorgetragen hat, sie habe die Mängel
nicht zu vertreten und die Ausführungen des Sachverständigen seien unzutreffend, sei
verspätet. Unter Zugrundelegung des schlüssigen Vortrages der Klägerin ergebe sich
der zuerkannte Anspruch.
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Die Beklagte greift diese Entscheidung mit der Berufung an und trägt unter Bezugnahme
auf ihr früheres Vorbringen vor:
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Staatliche Gerichte seien nicht zuständig, da sie mit der Klägerin eine wirksame
Schiedsgerichtsvereinbarung getroffen habe. Zudem seien deutsche Gerichte
keinesfalls zuständig. Dies beruhe auf ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die
Vertragsgegenstand geworden seien. Es sei zwar richtig, dass die Auftragsbestätigung
auf der Vorseite nicht auf die auf der Rückseite abgedruckten Geschäftsbedingungen
hinweise. Die Auftragsbestätigung sei jedoch der Klägerin per Fax und demzufolge die
Originalrückseite als Faxvorderseite übermittelt worden. Entsprechend ihrem
Beweisantritt hätte das Landgericht der Klägerin aufgegeben müssen, die
Auftragsbestätigung – d.h. das Fax mit allen Seiten – vorzulegen. Die Klägerin habe im
Übrigen mit Geschäftsbedingungen in französischer Sprache rechnen müssen und auch
die Rechnungen bezahlt, auf deren Rückseite die Allgemeinen Geschäftsbedingungen
jeweils abgedruckt waren. Das Landgericht habe ihr Vorbringen aus der weiteren
Einspruchsbegründung vom 4.10.2004 zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen.
Bereits der Vortrag in der Einspruchsfrist sei ausreichend gewesen. In der Sache seien
deshalb ihre Rügen aus dem selbständigen Beweisverfahren und zudem zu
berücksichtigen, dass die nachzubessernde Fläche geringer sei, als von dem
Sachverständigen angenommen und die Risse keine Mängel seien. Sie habe die
Klägerin auf die Risiken der Beschichtung des Asphaltbelages hingewiesen und diese
habe eine Minderqualität akzeptiert. Die Ausführungen des Gutachters im selbständigen
Beweisverfahren seien teilweise unrichtig und ergänzungsbedürftig.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Aufhebung des am 3.12.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts
Düsseldorf und des am 21.5.2004 verkündeten Versäumnisurteils des Landgerichts
Düsseldorf die Klage als unzulässig abzuweisen;
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hilfsweise das Verfahren an das Landgericht Düsseldorf zurückzuverweisen;
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weiter hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin tritt den Ausführungen der Berufung entgegen und trägt unter Bezugnahme
auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vor:
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Die Beklagte habe anders als in der Berufungsinstanz in der ersten Instanz behauptet,
sie - die Klägerin - habe die Auftragsbestätigung, auf deren Rückseite die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen abgedruckt waren, im Original erhalten und die Vorlage des
Originals beantragt. Dem sei das Landgericht zu Recht nicht nachgegangen, weil die
Bedingungen auf diese Weise nicht Vertragsbestandteil werden konnten. Das
Vorbringen zu der Faxübersendung der Geschäftsbedingungen sei falsch und als neues
Vorbringen unbeachtlich und verspätet. Im Übrigen würde dies, da unstreitig als
Vertragssprache deutsch vereinbart war und die Geschäftsbedingungen in französischer
Sprache abgefasst waren, nicht für eine Einbeziehung der Geschäftsbedingungen
genügen, zumal die Bedingungen wegen ihres Schriftbildes und der unübersichtlichen
Anordnung überraschend und unklar seien. Das Landgericht habe den in der Sache
bestritten Vortrag der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 4.10.2004 zutreffend als
verspätet gewürdigt. Die Einwände der Beklagten gegen die Feststellungen aus dem
selbständigen Beweisverfahren sei neu und unbeachtlich.
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II.
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung
des Landgerichts beruht nicht auf einem Rechtsfehler (§ 546 ZPO), die nach § 529 ZPO
zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine abweichende Entscheidung, § 513
ZPO.
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A.
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Die Klage ist zulässig. Die deutschen staatlichen Gerichte sind zur Entscheidung
zuständig.
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1.
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Die Parteien haben keine wirksame Schiedsgerichtsvereinbarung getroffen.
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a)
22
Die Wirksamkeit einer Schiedsgerichtsvereinbarung ist nicht nach § 23 EuGVVO zu
beurteilen, da die Verordnung nach der ausdrücklichen Regelung in Art. 1 Abs. 2
Buchstabe d EuGVVO auf die Schiedsgerichtsbarkeit keine Anwendung findet (vgl.
Zöller/Geimer, ZPO, 25.Auflage, Art. 23 EuGVO Rdnr. 56).
23
b)
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Da die Parteien die Geltung deutschen Rechts vereinbart haben, ist die Frage der
Wirksamkeit der Schiedsgerichtsvereinbarung an den für das deutsche Recht geltenden
Bestimmungen über die Voraussetzungen einer solchen Vereinbarung zu messen. Die
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Anwendbarkeit deutschen Rechts folgt aus Art. 27 EGBGB. Wie das Landgericht
zutreffend ausgeführt hat, haben die Parteien die Anwendung deutschen Rechts
konkludent vereinbart. Die Feststellungen des Landgerichts, dass die Wahl der
deutschen Sprache als Vertragssprache und der Vortrag beider Parteien, die sich auf
deutsches Recht berufen, den übereinstimmenden Willen zur Anwendung deutschen
Rechts deutlich machen, werden von den Parteien auch nicht angegriffen (zur
Anwendung deutschen Rechts, wenn sich beide Prozessparteien auf deutschen Rechts
berufen, vgl. BGH NJW 2004, 2523, 2524).
c)
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Unter Zugrundelegung deutschen Rechts ist eine Schiedsgerichtsabrede nicht wirksam
getroffen worden. Ob die Schiedsgerichtsabrede der Formvorschrift des § 1031 ZPO
entsprechen muss, kann hier dahin stehen, weil die Schiedsgerichtsklausel nach den
anzuwendenden Vorschriften des AGB-Gesetzes schon nicht Vertragsbestandteil
geworden ist.
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Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind nicht wirksam in das
Vertragsverhältnis einbezogen worden. Eine ausdrückliche Vereinbarung über die
Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten haben die
Vertragsparteien unstreitig nicht geschlossen. Die Einbeziehung durch schlüssiges
Verhalten setzt bei Verträgen zwischen Unternehmern voraus, dass der Verwender
erkennbar auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen verweist und der
Vertragspartner der Verwendung nicht widerspricht (BGH NJW-RR 2003, 754). Auch im
kaufmännischen Geschäftsverkehr werden Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann
Vertragsbestandteil, wenn die Vertragsparteien ihre Anwendung ausdrücklich oder unter
bestimmten Voraussetzungen wenigstens stillschweigend vereinbaren (BGH NJW
1985,1838,1839 m. Nachw.). Wenn auch nicht in jedem Fall die Aushändigung von
zusätzlichen Vertragsbedingungen an den kaufmännischen Vertragspartner notwendig
ist, muss er doch regelmäßig klar und eindeutig darauf hingewiesen werden (BGHZ
102, 293, 304). Dabei muss die Bezugnahme auf die Vertragsbedingungen so gefasst
sein, dass bei dem Vertragspartner keine Zweifel auftreten können und er auch sonst in
der Lage ist, sich über die Bedingungen ohne weiteres Kenntnis zu verschaffen (BGHZ
102, 293, 304). Es genügen weder der bloße Abdruck der Geschäftsbedingungen auf
der Rückseite noch deren Beifügung zu einer Auftragsbestätigung, solange es an einem
Hinweis auf deren Geltung fehlt (Palandt/Heinrichs. BGB, 64. Auflage, § 305 Rdnr. 53).
Erforderlich ist grundsätzlich ein Hinweis in der Verhandlungssprache oder einer
Weltsprache (OLG Hamm NJW 1983, 524). Da die Vertragsparteien die deutsche
Sprache als Vertragssprache vereinbart haben, musste ein Hinweis in Deutsch erfolgen.
Unstreitig hat die Beklagte weder in ihrem Angebot vom 3.5.2000 noch in der
Auftragsbestätigung auf die Geltung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen
hingewiesen. Darauf, ob die Geschäftsbedingungen als Faxseite übermittelt wurden –
wie die Beklagte, die erstinstanzlich auf den Ab-
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druck auf der Rückseite des Schreiben verwiesen hatte, nunmehr vorträgt – kommt es
wegen des Fehlens jeglichen Hinweises nicht an. Entscheidend ist, dass die
Auftragsbestätigung der Beklagten selbst keinen Hinweis auf Allgemeine
Geschäftsbedingungen enthält, so dass die Klägerin nicht gehalten war, zu prüfen, ob
die weitere Faxunterlagen Geschäftsbedingungen enthielten, die Vertragsgegenstand
sein sollten.
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Ein Hinweis ist nur ausnahmsweise entbehrlich. Dies dann, wenn der Vertragspartner
des Verwenders weiß, dass Geschäftsbedingungen gestellt werden oder er dies wegen
der Brachenüblichkeit hätte wissen müssen. Die Klägerin wusste aufgrund der
Vertragsverhandlungen aber nicht, dass die Beklagte einen Vertrag nur unter
Einbeziehung ihrer Geschäftsbedingungen schließen würde. Das Angebotsschreiben
der Beklagen vom 3.5.2000 in englischer Sprache und die Übersetzung in die deutsche
Sprache vom 4.5.2000 enthalten keinen Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen
und auf der Grundlage dieses Angebots erteilte die Klägerin unter dem 8.5.2000 den
Auftrag.
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Der Abdruck von Geschäftsbedingungen auf Abschlagsrechnungen der Beklagten, die
von der Klägerin bezahlt wurden, genügt nicht zu ihrer Einbeziehung in den Vertrag.
Das Schweigen der Klägerin rechtfertigt nicht die Annahme eines auf eine
Vertragsänderung unter Einbeziehung von Geschäftsbedingungen gerichteten Willens.
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2.
32
Die deutschen Gerichte sind nach Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO zuständig. Das
Berufungsgericht ist befugt, die internationale Gerichtsbarkeit zu prüfen. § 513 Abs. 2
ZPO steht dem nicht entgegen, da sich diese Vorschrift nicht auf die Frage der
internationalen Zuständigkeit bezieht (BGH NJW 2003, 426). Die Parteien haben keine
wirksame Gerichtsstandsvereinbarung getroffen. Auf die Gerichtsstandklausel in den
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten kommt es nicht an, weil diese nicht
Vertragsbestandteil geworden sind. Es fehlt an dem erforderlich eindeutigen Hinweis
auf die Geltung der AGB und im Übrigen auch an der notwendigen schriftlichen
Zustimmung der Klägerin zu der Gerichtsstandsklausel (vgl. hierzu Senat 23 U 70/03
Urteil vom 30.1.2004 NJOZ 2004, 3118 mit weiteren Nachweisen). Da die Arbeiten der
Beklagten in D zu erbringen waren, liegt hier der Ort der Erbringung der
vertragscharakteristischen Dienstleistungen im Sinne des Art. 5 Nr. 1 b EuGvVO.
Dienstleistungen im Sinne des Gemeinschaftsrechts sind insoweit auch Werk- und
Werklieferungsverträge (BGH NJW 1994, 262, 263), da der Begriff eigenständig im
Sinne des Gemeinschaftsrechts zu verstehen ist.
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B.
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Die Klage ist auch begründet. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler ein
Versäumnisurteil erlassen, das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 4.10.2004,
bei Gericht eingegangen am 7.10.2004, als verspätet zurückgewiesen und das
Versäumnisurteil aufrechterhalten.
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1.
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Das Versäumnisurteil vom 21.5.2004 ist antragsgemäß ergangen und am 4.6.2004
zugestellt worden. Der schlüssige Vortrag der Klägerin rechtfertigte die
Säumnisentscheidung zum Grund und zur Höhe der geltend gemachten
Schadensersatzforderung. In ihrem Einspruch vom 18.6.2004 bezog sich die Beklagte
zur Begründung auf ihren bisherigen Vortrag, mit dem sie ausschließlich die
Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf gerügt hatte. Das Landgericht bestimmte
Verhandlungstermin über den Einspruch auf den 23.9.2004 und verlegte den Termin auf
Bitten der Beklagten auf den 7.10.2004. Erstmals mit dem per Fax am 5.10.2004
eingegangenen Schriftsatz befasste sich die Beklagte mit der materiellen Berechtigung
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des Anspruchs der Klägerin. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht dieses Vorbringen
als verspätet angesehen, §§ 340 Abs. 3 Satz 3, 296 Abs. 1 ZPO, da jedenfalls wegen
der bestrittenen Höhe der Forderung Beweiserhebungen durch Einholung eines
Gutachtens notwendig wurden, die bis zum Verhandlungstermin nicht vorbereitend
durchgeführt werden konnten. Die Beklagte ist mit dem als verspätet zurückgewiesenen
Vortrag in der Berufungsinstanz ausgeschlossen, § 531 Abs. 1 ZPO.
Gemäß § 340 Abs. 3 ZPO ist die säumige Partei gehalten, in der Einspruchsfrist ihre
Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzutragen. Sachliche Einwände hat die Beklagte
entgegen dieser Verpflichtung unterlassen. Sie macht ohne Erfolg geltend, sie habe
abwarten dürfen, ob das Landgericht seine Zuständigkeit bejaht. Denn bereits nach der
Versäumnisentscheidung war offensichtlich, das das Landgericht seine Zuständigkeit
angenommen hatte. Damit ergab sich für die Beklagte notwendigerweise, dass sie auch
ihre Einwände gegen die Begründetheit der Forderung innerhalb der Einspruchsfrist
vortragen musste und es nicht bei den Zuständigkeitsrügen belassen konnte (zur
Notwendigkeit innerhalb der Einspruchsfrist zur Sache vorzutragen, wenn dies vor dem
Versäumnisurteil noch nicht erfolgt war vgl. Zöller/Herget, § 340 Rdnr. 8, 9).
Rechtsfehlerfrei weist das Landgericht darauf hin, dass die Zulassung des erstmals am
Tag der Verhandlung über den Einspruch vorliegenden Bestreitens der Beklagten zu
einer Verzögerung durch Beweiserhebungen geführt hätte, ohne dass die Beklagte die
Verspätung des Vortrags entschuldigt hat. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs ist zur Frage der Verzögerung allein darauf abzustellen, ob das
Verfahren bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei
seiner Zurückweisung (absoluter Verzögerungsbegriff –ständige Rechtsprechung des
BGH; BGHZ 86, 31). Eine hypothetische Überlegung, wie lange das Verfahren bei
fristgerechtem Vortrag gedauert hätte, findet nicht statt. Etwas anderes gilt nur dann,
wenn sich ohne weitere Erwägungen aufdrängt, dass das Verfahren früher beendet
wird, als bei einem ungestörten Verlauf des Prozesses zu erwarten war (sog,
Überbeschleunigung BVerfGE 75, 302 = NJW 1987, 2733). Umstände, die Anlass zu
solchen Erwägungen geben, liegen nicht vor.
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Die Ansicht der Beklagten, das Versäumnisurteil sei zu Unrecht ergangen, weil die
nachzubessernde Fläche unstreitig geringer sei, als von dem Sachverständigen im
selbständigen Beweisverfahren angenommen, so dass das Landgericht dies spätestens
auf den Einspruch hin hätte berücksichtigen müssen, trifft nicht zu. Die Klägerin hatte
ihren Anspruch unter Zugrundelegung der Berechnung des Sachverständigen geltend
gemacht und damit deutlich gemacht, dass sie die Flächenangabe für zutreffend hält.
Dieser schlüssige Vortrag war zu Recht Grundlage der Säumnisentscheidung. Dieser
schlüssige Vortrag ist erstmal in dem verspäteten Schriftsatz durch die Beklagte in
Abrede gestellt worden.
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Eine geringere Fläche ist auch nicht im Berufungsverfahren unstreitig geworden. Denn
die Klägerin behauptet weiterhin die Richtigkeit ihrer Berechnung unter Zugrundelegung
der Flächenangaben aus dem selbständigen Beweisverfahren. Die Flächenangaben
der Klägerin entsprechen dem Vertragsangebot und dem Auftragsschreiben. Daraus,
dass die Beklagte in der Rechnung eine geringere Fläche berechnet hat, folgt nicht,
dass diese unstreitig ist.
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Die Behauptungen der Beklagten, dass sie auf Probleme mit dem hier benutzten
System hingewiesen habe, falls nicht die Asphaltdecke zuvor entfernt würde, dass die
Klägerin eine Minderqualität bewusst in Kauf genommen habe und dass die
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Feststellungen des Gutachters unzutreffend und unbrauchbar seien, sind neu und
gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich. Es bedarf daher keine Ausführungen, ob sie
geeignet sind, den Klageanspruch zu Fall zu bringen (zu den strengen Anforderungen
an eine Risikoübernahme durch den Auftraggeber vgl. zuletzt BGH Urt. v. 12.5.2005 –
VII ZR 45/04).
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO.
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Streitwert: 367.500 €
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