Urteil des OLG Düsseldorf vom 01.06.2005

OLG Düsseldorf: handelsvertreter, vergütung, widerklage, arbeitsgericht, unternehmer, durchschnitt, genehmigung, stufenklage, einwilligung, provision

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-16 W 24/05
Datum:
01.06.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-16 W 24/05
Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 41 O 88/04
Leitsätze:
§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, § 5 Abs. 3 ArbGG; § 92 a HGB
1. Ergibt der Vortrag des klagenden Unternehmers, der
Rückforderungsansprüche gegen den Handelsvertreter geltend macht,
dass der Handelsvertreter als so genannter Einfirmenvertreter i.S.d. § 92
a HGB anzusehen ist und er nicht mehr als die in § 5 Abs. 3 ArbGG
bezeichnete Vergütung bezogen hat, so ist für seine Klage gegen den
Handelsvertreter die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben.
2. Eine Beweisaufnahme über die Rechtswegzuständigkeit ist nicht
erforderlich. Das gilt auch dann, wenn zuständigkeits- und
anspruchsbegründende Tatsachen zusammenfallen.
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der
11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom
24. Februar 2005 abgeändert:
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für unzulässig
erklärt. Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht Darmstadt verwiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf bis zu 6.000,-- EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
1
a.
2
Der Beklagte war auf der Grundlage eines am 10. April 2003 geschlossenen
Handelsvertretervertrags als Handelsvertreter für die Klägerin tätig. Das
Vertragsverhältnis begann am 15. April 2003 und endete zum 30. November 2003.
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Während des Handelsvertretervertragsverhältnisses zahlte die Klägerin insgesamt
17.400,-- EUR an den Beklagten, und zwar 4.350,-- EUR am 20. Juni, 5.800,-- EUR am
8. August und weitere 7.250,-- EUR am 13. Oktober 2003.
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Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung von 14.200,01 EUR
in Anspruch. Sie trägt vor, dass es sich bei den von ihr geleisteten Zahlungen um
verrechenbare Provisionsvorschüsse gehandelt habe. Der Beklagte habe tatsächlich
nur Provisionen in Höhe von 3.199,99 EUR verdient. Er sei daher in Höhe der
Klageforderung überbezahlt.
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Der Beklagte rügt die Zulässigkeit des Rechtsweges und tritt dem Klagevorbringen
entgegen. Er behauptet, die Zahlungen seien ihm als Fixum gewährt worden. Ihm sei
zugesagt worden, dass die Zahlungen für die ersten sechs Monate des
Vertragsverhältnisses in Höhe von 2.500,-- EUR netto als Fixum erfolgen. Hierbei hätten
monatlich verdiente Provisionen angerechnet und lediglich ein das Fixum
übersteigender Provisionsbetrag zur Auszahlung kommen sollen.
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Widerklagend nimmt der Beklagte die Klägerin im Wege der Stufenklage auf Erteilung
eines Buchauszuges, eidesstattliche Versicherung, Bucheinsicht und
Provisionszahlung in Anspruch.
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Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den von der Klägerin
beschrittenen Rechtsweg vor die Zivilgerichte für zulässig erklärt. Zu Begründung hat es
im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Beklagte gelte nicht gemäß § 5 Abs. 3 Arbeitsgerichtsgesetz als Arbeitnehmer. Es
könne zwar davon ausgegangen werden, dass der Beklagte die Voraussetzungen des §
92a Abs. 1 HGB erfülle. Er erfülle jedoch die weiteren Voraussetzungen des § 5 Abs. 3
Arbeitsgerichtsgesetz nicht. Der Beklagte beanspruche hier für sich nicht nur die
erhaltenen 17.400,-- EUR brutto, sondern er verlange mit der Widerklage sogar noch
eine weitergehende Vergütung, deren Wert er selbst vorläufig als dem Wert der
Klageforderung entsprechend geschätzt habe. Beanspruche der Beklagte damit für den
fraglichen Vertragszeitraum selbst eine Vergütung von geschätzt 28.400,-- EUR, so
entspreche dies einer dem Beklagten zustehenden monatlichen Vergütung von mehr als
3.700,-- EUR brutto. Bei der Beurteilung des § 5 Abs. 3 Arbeitsgerichtsgesetz sei diese
von dem Beklagten als vertragsgemäß geforderte Vergütung maßgeblich, ohne dass es
im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung bereits darauf ankommen könne, ob dem
Beklagten diese Vergütung zu Recht zustehe.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.
10
II.
11
Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. §
567 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 569 Abs. 1 und
Abs. 2, 571, 572 ZPO. Sie ist auch begründet. Der von der Klägerin beschrittene
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Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist nicht eröffnet. Für die Entscheidung über die Klage
ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a, § 5 Abs. 3 ArbGG die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte
gegeben, die gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG auch hinsichtlich der Widerklage zuständig sind.
1. Der von der Klägerin beschrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nicht
eröffnet.
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a) Zwar war der Beklagte unstreitig als selbständiger Handelsvertreter im Sinne des §
84 Abs. 1 HGB für die Klägerin tätig, weshalb er im Verhältnis zur Klägerin kein
Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ist.
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b) Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ist hier jedoch deshalb gegeben, weil der
Beklagte nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 92a HGB trotzdem als Arbeitnehmer
gilt.
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aa) Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG gelten selbständige Handelsvertreter
(ausnahmsweise) als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie zu
dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der
vertraglichen Leistung des Unternehmers festgesetzt werden kann und wenn sie
während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Dauer
während dieser, im Durchschnitt nicht mehr als 1.000,-- EUR aufgrund des
Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im
regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Gemäß §
92a Abs. 1 S. 1 HGB kann die untere Grenze der vertraglichen Leistungen festgesetzt
werden für das Vertragsverhältnis eines Handelsvertreters, der vertraglich nicht für
weitere Unternehmer tätig werden darf oder dem dies nach Art und Umfang der von ihm
verlangten Tätigkeit nicht möglich ist. Voraussetzung für eine Zuständigkeit der
Arbeitsgerichte ist hiernach also zum Einen, dass der Handelsvertreter so genannter
Einfirmenvertreter im Sinne des § 92a HGB war, und zum Anderen, dass er in den
letzten sechs Monaten das Vertragsverhältnisses im Durchschnitt nicht mehr als 1.000,--
EUR an Vergütung bezogen hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
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bb) Der Beklagte war - wovon auch das Landgericht mit Recht ausgegangen ist -
Einfirmenvertreter im Sinne des § 92a HGB.
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(1) Einfirmenvertreter ist nach § 92a HGB derjenige Handelsvertreter, dem die Tätigkeit
für einen anderen Unternehmer entweder aufgrund seines Handelsvertretervertrags
verboten ("Einfirmenvertreter kraft Vertrags") oder wegen Art und Umfang der von ihm
geschuldeten Dienstleistungen tatsächlich nicht möglich ist ("Einfirmenvertreter kraft
Weisung"). Im Fall des "Einfirmenvertreters kraft Vertrags" muss der
Handelsvertretervertrag eine weitere gewerbliche Betätigung ausdrücklich untersagen
oder von einer Genehmigung des Unternehmers abhängig machen (vgl. Löwisch in:
Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 92 a Rdnr. 2). Nur mittelbar wirkende vertragliche
Einschränkungen einer weiteren Betätigung wie ein Wettbewerbsverbot oder das Gebot,
die volle Arbeitskraft der Erfüllung des Vertrags zu widmen, begründen die Eigenschaft
als Einfirmenvertreter kraft Vertrags hingegen nicht (vgl. Löwisch in:
Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., § 92 a Rdnr. 2 m.w.N. ).
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(2) Hier enthielt der Handelsvertretervertrag der Parteien (vgl. Bl. 7 GA) nicht nur ein
Wettbewerbsverbot und eine Klausel, wonach die Handelsvertretertätigkeit des
Beklagten für ein Konkurrenzunternehmen der schriftlichen Zustimmung der Klägerin
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bedurfte, sondern er enthielt des Weiteren auch folgende Klausel (Unterstreichung
hinzugefügt):
"Der Handelsvertreter kann bei Abschluss des Vertrages weitere nicht
konkurrierende Vertretungen haben. Diese Vertretungen sind mit der Gesellschaft
abzuklären und bedürfen der Genehmigung."
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Danach bedurften auch bei Vertragsabschluss bereits vorhandene Vertretungen von
Nicht-Konkurrenzunternehmen, welche es allerdings unstreitig ohnehin nicht gab, der
Genehmigung der Klägerin. Außerdem war danach auch die Übernahme der Vertretung
von Nicht-Konkurrenzunternehmen während des bestehenden Vertragsverhältnisses an
eine solche Genehmigung geknüpft. Anders lässt sich die in Rede stehende Klausel
nicht verstehen.
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Damit war dem Beklagten aufgrund der vertraglichen Regelung die Ausübung einer
anderweitigen Handelsvertretertätigkeit nur nach einer Einwilligung der Klägerin
gestattet. Er durfte nicht für weitere Unternehmer tätig werden, weil eine solche
Einwilligung der Klägerin nicht vorlag. Auf diese Rechtslage stellt § 92a HGB ab (vgl.
BAG, NJW 2005, 1146, 1147 m.w.N.). Darauf, ob die Klägerin die Einwilligung erteilt
hätte, wenn der Beklagte dies gewünscht hätte, kommt es nicht an.
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cc) Der Beklagte hat nach dem maßgeblichen Klägervortrag in den letzten sechs
Monaten das Vertragsverhältnisses der Parteien auch im Durchschnitt nicht mehr als
1.000,-- EUR an Vergütung bezogen.
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(1) Soweit § 5 Abs. 3 ArbGG auf die zuletzt bezogene Vergütung abstellt, ist der Betrag
entscheidend, welchen der Handelsvertreter für die dem Vertragsende vorausgehenden
letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses nach dem Vertrag als Provision und
sonstige Zuwendung zuzüglich Mehrwertsteuer zu beanspruchen hatte (vgl. Löwisch in:
Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., § 92 a Rdnr. 6 m.w.N.). Rechtlich unerheblich ist
hierbei, was er in diesem Zeitraum tatsächlich erhalten hat (vgl. Senat, v. 11.4.2000 - 16
W 15/2000, OLGR 2000, 154; Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., § 92 a Rdnr.
6). Entscheidend ist vielmehr, was der Handelsvertreter in diesem Zeitraum verdient und
daher als Vergütung zu beanspruchen hatte (Senat, v. 11.4.2000 - 16 W 15/00, OLGR
2000, 154; Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., § 92 a Rdnr. 6; Baumbach/Hopt, HGB, 31.
Aufl., § 84 Rdnr. 46), weswegen Vorschusszahlungen auf noch nicht verdiente
Provisionen unberücksichtigt bleiben (vgl. Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., §
92 a Rdnr. 6; Baumbach/Hopt, a.a.O., § 84 Rdnr. 46).
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(2) Dabei ist entgegen der Auffassung des Landgerichts - wie auch sonst - vom
Klägervortrag auszugehen. Für die Frage, in welchem Rechtsweg über einen
Rechtsstreit zu entscheiden ist, kommt es anerkanntermaßen auf den Klägervortrag ggf.
unter Heranziehung des unstreitigen Parteivortrages an (vgl. BGHZ, 133, 240 ff. = NJW
1996, 3012; BGH, NJW 1998, 2057 f.; Senat, v. 10.5.2005 - I-16 W 27/05; OLG Celle,
OLGR 2004, 160, 161; OLGR 2005, 82; OLG Schleswig, OLGR 1999, 269, 270; vgl.
auch Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 13 GVG, Rdnr. 11). Grundlage der Entscheidung
über die Zulässigkeit des Rechtsweges ist insoweit der nur in rechtlicher Hinsicht zu
überprüfende Sachvortrag der Klägerin, da er den Streitgegenstand bestimmt; die
Einwendungen des Beklagten sind demgegenüber unbeachtlich (vgl. Zöller/Gummer,
a.a.O., § 13 GVG, Rdnr. 11 m.w.N). Das gilt auch dann, wenn - wie hier - der
Unternehmer als Kläger Rückforderungsansprüche gegen seinen ehemaligen
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Handelsvertreter geltend macht (vgl. a. OLG Schleswig, OLGR 1999, 269). Da es nicht
auf das Vorbringen des beklagten Handelsvertreters ankommt, bedarf es auch keiner
Beweisaufnahme darüber, welche Vergütung der Beklagte im fraglichen Zeitraum nach
den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen verdient hat. Eine
Beweisaufnahme über die Rechtswegzuständigkeit hält der Senat in Übereinstimmung
mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. z. B. BGHZ 133, 240 = NJW 1996,
3012) weder für sachgerecht noch für erforderlich (vgl. a. OLG Köln, NJW 1997, 470 f.).
Das gilt auch dann, wenn - wie hier - zuständigkeits- und anspruchsbegründende
Tatsachen zusammenfallen (vgl. BGHZ 133, 240 = NJW 1996, 3012). Die behauptete
Zuständigkeit muss sich in einem solchen Fall nur schlüssig aus dem Klägervorbringen
ergeben; Beweise brauchen nicht erhoben zu werden (vgl. BGHZ, 133, 240 = NJW
1996, 3012).
(3) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist hier auch die zweite Voraussetzung des § 5 Abs.
3 ArbGG erfüllt. Nach dem Klägervorbringen hat der Beklagte in den letzten sechs
Monaten das Vertragsverhältnisses der Parteien im Durchschnitt nicht mehr als 1.000,--
EUR an Vergütung bezogen.
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Der Beklagte war für die Klägerin vom 15. April 2003 bis zum 30. November 2003 als
Handelsvertreter tätig. In diesem Zeitraum hat die Klägerin ihm zwar tatsächlich
insgesamt 17.400,-- EUR ausbezahlt. Nach ihrem Vorbringen handelte es sich hierbei
allerdings nur um Provisionsvorschüsse. Tatsächlich soll der Beklagte nach dem
Vorbringen der Klägerin während des Handelsvertretervertragsverhältnisses, welches 7
1/2 Monate bestand, nur Provisionen in Höhe von 3.199,99 EUR verdient haben, was
einer monatlichen Durchschnittsvergütung von 426,66 EUR entspricht. Dieser Betrag ist
entscheidend, weil es - wie bereits ausgeführt - darauf ankommt, was der Beklagte in
dem maßgeblichen Zeitraum verdient und daher als Vergütung zu beanspruchen hat,
nicht aber darauf, was er in diesem Zeitraum tatsächlich von der Klägerin erhalten hat.
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c) Sind damit die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 5 Abs. 3 ArbGG, 92a Abs. 1 HGB
erfüllt, ist der von der Klägerin beschrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten
unzulässig und ist für die Entscheidung über die Klage die Zuständigkeit der
Arbeitsgerichte gegeben.
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2. Von der deshalb gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG auszusprechenden Verweisung
des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht wird auch die Widerklage erfasst.
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Zwar kommt im Falle von Klage und Widerklage auch eine Teilverweisung in Betracht
(vgl. Zöller/Gummer, a.a.O., § 17a GVG, Rdnr. 11). Eine solche setzt aber eine vorherige
Verfahrenstrennung nach § 145 ZPO voraus (vgl. Zöller/Gummer, a.a.O., § 17a GVG,
Rdnr. 11), welche hier wegen des Sachzusammenhangs zwischen Klage und
Widerklage sowie zur Vermeidung divergierender Entscheidungen nicht geboten ist.
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Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Widerklage ergibt sich jedenfalls aus § 2
Abs. 3 ArbGG. Danach können vor die Gerichte für Arbeitssachen auch nicht unter § 2
Abs. 1 und 2 ArbGG fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch
mit einer beim Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden
bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der § 2 Abs. 1 und 2 ArbGG bezeichneten Art in
rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine
Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts
gegeben ist. § 2 Abs. 3 ArbGG erweitert die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für so
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genannte Zusammenhangsklagen. Die Vorschrift will verhindern, dass rechtlich oder
innerlich zusammengehörende Verfahren in Verfahren vor verschiedenen Gerichten
aufgespalten werden (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl.,
§ 2 Rdnr. 118).
Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 ArbGG liegen hier vor. Auch eine Widerklage kann
eine Zusammenhangsklage im Sinne dieser Vorschrift sein (vgl. BAG, v. 3.6.1996 - 5 AS
34/95; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., § 2 Rdnr. 142). Der Beklagte
gilt - wie bereits ausgeführt - hinsichtlich der von der Klägerin erhobenen Zahlungsklage
als Arbeitnehmer, weshalb die Arbeitsgerichte für die Entscheidung über die Klage
zuständig sind. Die Widerklage steht in einem rechtlichen und auch in einem unmittelbar
wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Klage. Die geltend gemachten Ansprüche
gehen aus dem gleichen Rechtsverhältnis hervor. Mit der Klage nimmt die Klägerin den
Beklagten auf Provisionsvorschussrückzahlung in Anspruch und mit der Widerklage
nimmt der Beklagte die Klägerin seinerseits im Wege der Stufenklage auf
Provisionszahlung in Anspruch, wobei er zunächst seine Informationsrechte als
Handelsvertreter aus § 87c HGB geltend macht. Eine ausschließliche Zuständigkeit der
ordentlichen Gerichte für die mit der Widerklage im Wege der Stufenklage geltend
gemachten Ansprüche auf Erteilung eines Buchauszuges, eidesstattliche Versicherung,
Bucheinsicht und Provisionszahlung ist nicht gegeben.
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Dass der Beklagte seine Widerklage vor dem Landgericht erhoben hat, ist ohne
Bedeutung. Das beruhte allein darauf, dass die Klägerin den Rechtsweg zu den
Zivilgerichten beschritten hat. Der Beklagte begehrt eine Verweisung des gesamten
Rechtsstreits an das Arbeitsgericht.
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3. Damit ist auf die sofortige Beschwerde des Beklagten der angefochtene Beschluss
abzuändern und der Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht Darmstadt zu
verweisen (§ 17a Abs. 2 Satz 1 GVG).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Über die Kosten der Rechtsmittel im
Vorabverfahren über die Zulässigkeit des Rechtswegs (§ 17 a Abs. 4 GVG) ist nach §§
91 ff. ZPO zu entscheiden (vgl. BGH, NJW 1993, 2541). Die Kosten einer erfolgreichen
Beschwerde gegen einen Verweisungsbeschluss sind hiernach dem
Beschwerdegegner aufzuerlegen.
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Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, liegen nicht vor.
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Die Festsetzung des Beschwerdewerts findet ihre Grundlage in § 48 Abs. 1 GKG i.V.m.
§ 3 ZPO.
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a. v... R... F...
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