Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.05.2003

OLG Düsseldorf: treu und glauben, gewährleistung, planwidrige unvollständigkeit, wartungsvertrag, firma, kündigung, werkvertrag, beendigung, abnahme, verjährungsfrist

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-5 U 13/01
Datum:
08.05.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-5 U 13/01
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 08. Dezember 2000 verkün-
dete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zu-
rückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten abwenden gegen Si-
cherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110% des
zu vollstreckenden Betrages.
Die Klägerin macht als Versicherer gegen die Beklagte Ansprüche ihrer angeblichen
Versicherungsnehmerin, der S. GmbH (S.), auf Erstattung von
Mängelbeseitigungskosten geltend.
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Die S. war Mitglied der A. (A.). Diese A. war von der Firma M. AG (M.) mit
Werkleistungen für das C. (C.) beauftragt worden.
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Die S schloss ihrerseits mit der B. (Rechtsvorgängerin der Beklagten) einen Vertrag vom
12. Mai/8. Juni 1995 über die Herstellung der Systemtechnik für die Untermaschinerie
des C.
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Die Gewährleistung regelt Ziff. 10.1 dieses Vertrages. Danach ist die
Gewährleistungsdauer vereinbart mit 60 Monaten nach erfolgreich abgeschlossenem
Probebetrieb und vorläufiger Übernahme der Gesamtanlage durch den
Auftraggeberkunden (in Modifizierung der besonderen Einkaufsbedingungen 8/91 der
L.).
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Bereits vor Abschluss des Werkvertrages - nämlich am 20. April 1995 - hatte die S mit
der Beinen Wartungsvertrag geschlossen, der eine Laufzeit von fünf Jahren und einem
Monat vorsah beginnend mit der Abnahme (die A. schloss ihrerseits später mit der
Messe einen entsprechenden Wartungsvertrag - 18. Dezember 1995/8. März 1996).
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Vor Abschluss des Vertrages hatte die S. die B. am 9. Dezember 1994 gebeten, ein
Angebot abzugeben. In dieser Aufforderung war vorgesehen die Geltung der VOB/B für
die Gewährleistung sowie eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren, bei Erteilung
eines Wartungsauftrages von fünf Jahren jeweils zuzüglich vier Wochen. Bestandteil
des Angebotes sollten nach der Aufforderung durch die S. u.a. sein:
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die Leistungsbeschreibung vom 1. November 1994 (nach der dortigen Ziff. 3.28
war zur Gewährleistung vorgesehen: Verträge über jährliche Wartung mit der
Befugnis, eine vom Auftragnehmer namhaft gemachte und konzessionierte
Wartungsfirma statt des Auftragnehmers selbst zu beauftragen),
die Anlage zur Ausschreibung (dort ist vorgesehen eine Gewährleistungsfrist von
zwei Jahren und einem Monat bzw. bei Abschluss eines Wartungsvertrages von
fünf Jahren und einem Monat; weiter enthält die Anlage die Bitte der A. an den
Bieter, zeitgleich mit dem Angebot zum Abschluss eines Werkvertrages ein
Angebot über die Wartung während der Gewährleistung zu machen)
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Nach Abschluß der Arbeiten fanden am 21. Mai 1996 Messungen zum
Verschmutzungsgrad des Hydrauliköles statt. Nach dem Protokoll vom 10. Juni 1996
waren die in der Untermaschinerie gemessenen Werte im vorgegebenen
Toleranzbereich. Am 13. August 1996 fand eine Besprechung statt (Notiz vom 15.
August 1996), wonach die 3. Messung des Verschmutzungsgrades des Öles nach
Beendigung der Nachbesserungsarbeiten und des Austausches von Zylindern
stattfinden solle.
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Am 5. März 1997 nahm die M die Arbeiten gegenüber der A.ab. Im Abnahmeprotokoll
heißt es u.a.:
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"4. Gewährleistungsfrist beginnt zu laufen jedoch nicht für die
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Leistungsteile, die wegen Mängeln bzw. Nichterbringen von der
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Abnahme ausgenommen worden sind.
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5. Restarbeiten und Mängelpunkte seien in Anlage 1 Seite 1 bis 16 zu-
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sammengestellt."
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Anlage 1 enthält eine Mängelaufnahme anlässlich der Begehung vom 18. November
1996 zwischen der GbR C. und der M. Dort sind zur Untermaschinerie verschiedene
Punkte festgehalten, die aber nicht den hier behaupteten Mängeln in der Hydraulik
entsprechen. Anlage 2 zur Abnahme enthält die Niederschrift über die Vorbegehung mit
der Messe zur Abnahme der Leistung der Firma M. (A. C. und M).
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Mit Schreiben vom 7. November 1997 unterrichtete die S. die B. einen "Havarieeinsatz"
im C und bat um sofortige Mängelbeseitigung und Information (Leckagen an den
Zylindern). Am 11. März 1998 bestätigte die Firma B Zylinderleckagen und bat um
Terminvorgaben. Allerdings ist dieses Schreiben eine Reaktion auf ein Fax der S vom 6.
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März 1998 und betrifft offenbar andere Zylinder. Am 1. April 1998 forderte die S die
Firma B zur Beseitigung der noch bestehenden Mängel auf. Am 21. April 1998
antwortete die Firma B Systemtechnik, es würden - bestimmte - Zylinder ab KW 20
ausgetauscht.
Am 17. Juli 1998 kündigte die S den Wartungsvertrag mit der B fristlos, weil durch den
Konkurs der B die weitere Erbringung der geschuldeten Leistung gefährdet sei. Nach
Kündigung des Wartungsvertrages mit der B führten die Firmen H. und S. in den Jahren
1998 und 1999 (Wartungs-) Arbeiten an der Hydraulikanlage durch. Im Wartungsbericht
1999 vermerkte die Firma H. u.a.:
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"Öl konnte nicht gereinigt werden, Filteranlage fehlt. Alle Zylinder haben starke
Riefen. Ersatzteile fehlen. ..."
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Anschließend beauftragte die Firma S die Firma I mit der Untersuchung der Hydraulik.
Sie erstellte Berichte vom 6. und vom 28. September 1999. Darin hielt sie fest, sie habe
verschmutztes Hydrauliköl vorgefunden, was zurückzuführen sei auf Zunderpartikel
wegen schlechtem Schweißen und nicht ordnungsgemäßem Entfernen von Bohrgrat
und Rostbildungen in den Rohren.
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Mit Schreiben vom 21. September 1999 forderte die S die B KG (Rechtsnachfolgerin der
B Systemtechnik) auf, diese Mängel zu beseitigen bzw. Stellung zu nehmen. Sie
erinnerte mit Schreiben vom 24. und vom 30. September 1999. Mit Schreiben vom 8.
Oktober 1999 kündigte die S an, sie werde ab 18. Oktober 1999 die Ersatzvornahme
durchführen lassen; die Kosten betrügen 1,6 Mio. DM, sie verlange Vorschuss in Höhe
von 1,25 Mio. DM. An die Zahlung dieses Vorschusses erinnerte sie mit Schreiben vom
3. November 1999.
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Mit Schreiben vom 12. November 1999 (GA 77) antwortete die Firma B
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Systemtechnik (für die KG), die Gewährleistung sei beendet; die Ausführungen in dem
"Gutachten" der Firma I seien unzutreffend.
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Die Anwälte der Klägerin forderten mit Schreiben vom 5. März 2000 250.000 DM, weil
die Klägerin in dieser Höhe einen Schaden der S reguliert habe. Entsprechende
Ansprüche der S gegen die Beklagte seien auf sie übergegangen.
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Am 19./20. November 2000 trat die S an die Klägerin angebliche Ansprüche gegen die
Firma B bzw. deren Rechtsnachfolgerin auf Zahlung von Ersatzvornahmekosten in
Höhe von 500.000 DM ab.
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Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 250.000 DM abgewiesen. Ansprüche
der S gegen die Beklagte seien jedenfalls verjährt.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin.
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Sie hält sich für aktiv legitimiert. Ersatzansprüche seien kraft Gesetzes auf sie
übergegangen, jedenfalls abgetreten. Sie habe am 21. Oktober 1999 250.000 DM an die
S gezahlt. Diese Zahlung sei zu verrechnen auf die Abrechnungen der Firma I für die
Arbeiten gemäß Rechnungen vom 23. Oktober 2000 bis zum 26. Januar 2001 in Höhe
von insgesamt 355.570,65 DM (GA 167 ff.).
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Die fünfjährige Gewährleistungsfrist gelte unabhängig von dem Abschluss eines
Wartungsvertrages, weil die S selbst für fünf Jahre Gewähr zu leisten gehabt habe. Der
Werkvertrag enthalte keine Bedingung dergestalt, dass die fünfjährige
Gewährleistungsfrist nur bei Abschluss des Wartungsvertrages gelte.
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Die Kündigung sei unwirksam gewesen, weil sie nicht an die Firma B gerichtet worden
sei; jedenfalls sei sie berechtigt gewesen.
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Es gelte mindestens eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren und einem Monat
gerechnet vom Kündigungszeitpunkt des Wartungsvertrages, diese Frist laufe also ab
am 17. August 2000. Die Beklagte habe noch bis April 1998 umfassende
Gewährleistungsarbeiten ausgeführt.
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Nach Hinweis des Senates, dass keine Verjährung eingetreten sein dürfte, hat die
Klägerin ihre Klage erhöht auf 532.644,40 EUR nebst 5 % Zinsen vom 30. Oktober 1999
an. Sie macht geltend, sie habe in dieser Höhe für die S als Versicherungsnehmerin
Rechnungen der Firmen I, T und des TÜV bezahlt einschließlich Eigenleistungen der S.
Den Rechnungen lägen Arbeiten zugrunde zur Beseitigung der Mängel an der von der
Beklagten eingebauten Hydraulik.
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Die Klägerin beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zur Zahlung von
532.644,40 EUR nebst 5% Zinsen seit dem 30. Oktober 1999 zu verurteilen.
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Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung.
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Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin und die Wirksamkeit der Abtretung.
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Zur Verjährung meint sie, ohne Wartungsvertrag laufe keine fünfjährige
Gewährleistungsfrist. Im übrigen sei die Klage zunächst nicht ihr, sondern einer falschen
Partei zugestellt worden. Die Klage könne auch deshalb nicht
verjährungsunterbrechend wirken, weil die Klägerin nicht Gläubigerin der angeblichen
Ansprüche geworden sei.
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Die Beklagte bestreitet Mängel ihrer Arbeiten. Die Voraussetzungen für die
Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen lägen erkennbar nicht vor. Der
private Gutachter der Klägerin M. habe - unstreitig - keine eigenen Feststellungen
getroffen, sondern sei erst nach Abschluss aller Arbeiten hinzugezogen worden.
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Die Hydraulikanlage sei nach der Abnahme im März 1997 jahrelang unbeanstandet in
Betrieb gewesen. Mängel seien erstmals nach der Kündigung des Werkvertrages
behauptet worden. Messungen über Schmutz hätten nicht stattgefunden. Auch die
Wartung der Anlage im Jahre 1998 sei noch ohne Beanstandungen gewesen.
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Die angeblichen Verschmutzungen und die Behauptungen zu ihrer Ursache seien nicht
plausibel. Die Verschmutzungen hätten zu anderen Schäden führen müssen.
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Darüber hinaus wendet die Beklagte sich gegen einzelne Rechnungspositionen und die
Erforderlichkeit der verschiedenen angeblich durchgeführten Arbeiten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten
verwiesen.
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Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin
aktivlegitimiert ist und ob der S Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte
zustehen, denn mögliche Kostenerstattungsansprüche sind - entgegen der vom Senat
zunächst vertretenen Auffassung - jedenfalls verjährt.
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Das Rechtsverhältnis der Parteien richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001
geltenden Vorschriften des materiellen Rechtes, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB.
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Zu laufen begann die Verjährungsfrist gem. Ziff. 10.1 der vertraglichen Vereinbarung
nach Abschluss des erfolgreichen Probebetriebes und vorläufiger Übernahme der
Gesamtanlage durch den Auftraggeberkunden. Die Parteien haben nicht dazu
vorgetragen, wann der Probebetrieb abgeschlossen und die Anlage vorläufig
übernommen worden ist. Spätestens dürfte dies jedoch geschehen sein am 05. März
1997 mit der Abnahme der Werkleistung der A.durch die M. Für einen früheren
Verjährungsbeginn hat die Beklagte nichts vorgetragen.
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Die Dauer der Verjährungsfrist war vertraglich vereinbart mit 60 Monaten, Ziff 10.1. Legt
man diese Frist zugrunde, so wäre die Verjährung abgelaufen am 05. März 2002, also
nach Klageerhebung.
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Maßgebend ist jedoch nicht die ursprünglich vereinbarte 5-jährige Gewährleistung
sondern eine Verjährungsfrist von 2 Jahren und 1 Monat.
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Die ursprünglich vereinbarte Gewährleistungsfrist von 5 Jahren war abhängig vom
Wartungsvertrag der Vertragsparteien. Zwar enthält der Werkvertrag selbst keine
ausdrückliche Bezugnahme auf den Wartungsvertrag. Der Zusammenhang zwischen
der vertraglich vereinbarten Gewährleistungsdauer und Wartungsvertrag ergibt sich aber
aus der Vorgeschichte zum Vertragsschluß.
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Bereits in der Aufforderung der A.an die Beklagte zur Abgabe eines Angebotes vom 09.
Dezember 1994 war unter Ziff. 5 vorgesehen, dass die Gewährleistungsfrist
grundsätzlich 2 Jahre betragen sollte, sich aber bei Erteilung eines Wartungsauftrages
auf 5 Jahre verlängere (jeweils zuzüglich 4 Wochen).
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Das Gleiche ergab sich aus der Leistungsbeschreibung vom 01. November 1994, die
nach Ziff. 1 der Aufforderung zur Abgabe des Angebotes Bestandteil des Angebotes der
Beklagten sein sollte. In Ziff. 3.28 dieser Leistungsbeschreibung heißt es unter Ziff 3.28
(unter der Überschrift "Technische Vorbemerkungen und Vorschriften"):
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"Es ist beabsichtigt, mit dem AN. Verträge für die jährliche Wartung der
bühnentechnischen Anlagen abzuschließen.
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Es steht dem Betreiber jedoch frei, auch eine vom AN. Namhaft gemachte und
von ihm konzessionierte Wartungsfirma mit den Arbeiten hierfür zu beauftragen.
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Die Ansprüche aus der Gewährleistung werden hiervon nicht berührt."
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Weiter hatte die A.der Aufforderung zur Abgabe des Angebotes vom 09. Dezember 1994
beigefügt eine Anlage zur Ausschreibung, die ebenfalls Bestandteil des Angebotes sein
sollte. Auch in dieser Anlage zur Ausschreibung heißt es, die Gewährleistungsfrist sei
auf 2 Jahre + 1 Monat bzw. bei Abschluß eines Wartungsvertrages auf 5 Jahre + 1
Monat festgesetzt. In diesem Zusammenhang enthält die Anlage zur Ausschreibung den
Hinweis, die Gewährleistungserweiterung von 25 auf 61 Monate sei an den Abschluß
eines Wartungsvertrages (des Betreibers) mit der A. gebunden; deshalb erbitte die A.
(von der Beklagten) zeitgleich zum Angebot über die Lieferung, Montage,
Inbetriebnahme etc. ein "Angebot über die Wartung während der Gewährleistung".
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Alle diese Hinweise belegen, dass von Anfang an nach dem Willen beider
Vertragspartner die Verlängerung der Gewährleistung an den Abschluß eines
entsprechenden Wartungsvertrages gebunden sein sollte.
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Dem entspricht es, dass die Vertragspartner noch vor Abschluß des Werkvertrages am
20. April 1995 einen Wartungsvertrag für die Dauer von 5 Jahren + 1 Monat
abgeschlossen haben. Gerade diese zeitliche Reihenfolge macht besonders
augenfällig, dass der Wartungsvertrag Grundlage für die erst anschließend im
Werkvertrag vom 12. Mai / 08. Juni 1995 vereinbarte Gewährleistungsdauer von 60
Monaten sein sollte.
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Dieser Wertung widerspricht es nicht, wenn in den Unterlagen jeweils von einer
Gewährleistungsdauer von 5 Jahren + 1 Monat bzw. 60 Monate zzgl. 4 Wochen die
Rede ist, tatsächlich aber die vertragliche Gewährleistung für 5 Jahre vereinbart wurde.
Denn in Ziff. 10.1 des Werkvertrages heißt es, die Gewährleistung betrag 60 Monate
nach erfolgreich abgeschlossenem Probebetrieb und vorläufiger Übernahme der
Gesamtanlage durch den Auftraggeber-Kunden. Faktisch war also auch die vertraglich
vereinbarte Gewährleistungsfrist länger als 60 Monate.
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Auch der Vortrag der Klägerin, über den Abschluss des Wartungsvertrages sei bei
Vertragsschluss zwischen der S und der Beklagten nicht gesprochen worden, die S
habe also in jedem Fall eine fünfjährige Gewährleistungsfrist gewollt, steht dieser
Auslegung nicht entgegen. Als der Werkvertrag geschlossen wurde, war der
Wartungsvertrag bereits vereinbart, so dass kein Anlass bestand, über die Dauer der
Gewährleistung noch einmal zu reden. Vielmehr spricht das dafür, dass die mit der
Aufforderung zur Abgabe des Angebotes übersandten Unterlagen Grundlage der
vertraglichen Vereinbarungen sein sollten.
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Der Wartungsvertrag ist beendet worden. Die S hat ihn am 15. Juli 1998 fristlos
gekündigt. Ob diese Kündigung wirksam war oder nicht, kann dahinsehen; unstreitig hat
die Beklagte nach dieser Kündigung Wartungen nicht mehr vorgenommen. Mit der
Beendigung des Wartungsvertrages verkürzte sich die Gewährleistungsfrist auf 2 Jahre
(+ 1 Monat), mindestens aber bis zum Zeitpunkt der Beendigung des
Wartungsvertrages. Dies folgt aus einer ergänzenden Auslegung der vertraglichen
Vereinbarungen der S und der Beklagten.
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Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung sind gegeben.
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Erforderlich ist zunächst, dass die Vereinbarung der Vertragsparteien eine
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Regelungslücke - eine planwidrige Unvollständigkeit - aufweist. Eine solche
Regelungslücke liegt dann vor, wenn die Vertragsparteien einen Punkt übersehen oder
wenn sie ihn bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese
Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. (BGH NJW 2002, 2310).
Hier liegt eine solche planwidrige Unvollständigkeit vor. Die vertraglich vereinbarte
Gewährleistungsdauer war gebunden an den Wartungsvertrag. Der Wartungsvertrag
enthält in Ziff. 7 detaillierte Regelungen über die Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung.
Eine Regelung, welche Auswirkung eine Kündigung des Wartungsvertrages auf die
verlängerte Gewährleistungsfrist haben würde, ist jedoch nicht getroffen worden.
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Durch Auslegung ist der Werkvertrag für diesen Fall dahin zu ergänzen, dass bei
nachträglichem Wegfall des Wartungsvertrages die Gewährleistung 2 Jahre (+ 1 Monat)
beträgt, mindestens aber bis zur Beendigung des Wartungsvertrages.
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Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist bei der ergänzenden
Auslegung darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung
ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten,
wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten. Dabei ist zunächst an den
Vertrag selbst anzuknüpfen; die darin enthaltenen Regelungen und Wertungen, ihr Sinn
und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Lassen sich nach diesen
Kriterien hinreichende Anhaltspunkte für den hypothetischen Parteiwillen nicht finden,
etwa weil mehrere gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen,
scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung aus. Sie findet im übrigen ihre Grenze an
dem im - wenn auch lückenhaften - Vertrag zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen;
sie darf nicht zu einer Änderung oder Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen.
(BGH NJW 2002, 2310 m. N.).
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Maßgebend ist also, welche Vereinbarung die Vertragspartner bei einer angemessenen
Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise getroffen hätten,
hätten sie bedacht, dass der Wartungsvertrag vor Ablauf der 5 Jahre + 1 Monat beendet
sein würde. Die S war interessiert, von der Beklagten eine 5-jährige Gewährleistung zu
erhalten, weil sie selbst gegenüber ihrem Auftraggeber eine solche
Gewährleistungsdauer übernommen hatte. Sie selbst hatte ihre
Gewährleistungserweiterung gebunden an den Abschluß eines Wartungsvertrages. Die
Beklagte hätte zu einer Verlängerung der Gewährleistung nicht ohne weiteres Anlass
gehabt. Das damit verbundene größere Haftungsrisiko konnte sie jedoch eingehen,
wenn und soweit sie die Wartung der Maschinen selbst in der Hand hatte (und hierfür
auch bezahlt wurde). Redlicher Weise hätte daher keiner der Vertragspartner ohne
entsprechende Bindung an den Wartungsvertrag eine Verlängerung der Gewährleistung
vereinbart. Ebenso hätten die Vertragspartner andererseits für den Fall - vorzeitiger -
Beendigung des Wartungsvertrages nicht an einer unverändert 5-jährigen
Gewährleistung festhalten können. Dies gilt auch für den Fall, dass die S den
Wartungsvertrag mit der Beklagten beenden und durch andere Firmen warten lassen
würde. Denn auch dann hätte die Beklagte sich redlicher Weise nicht auf eine längere
Gewährleistung einzulassen brauchen, weil sie keinen Einfluß auf die Qualität der
Wartung mehr hätte nehmen können und keinen Anlaß hatte, für die Arbeiten anderer
Firmen einzustehen. Vielmehr entsprach es in diesem Fall Sinn und Zweck ihrer
Vereinbarung, mit dem Zeitpunkt der Beendigung des Wartungsvertrages wieder zu der
kurzen Verjährungsfrist von 2 Jahren (+ 1 Monat) zurückzukehren.
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Diese Frist endete am 5. März (April) 1999 und war im Zeitpunkt der Klageerhebung
abgelaufen.
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Nichts anderes gilt im Ergebnis, wenn man eine etwaige Hemmung der
Gewährleistungsfrist gemäß § 639 Abs. 2 BGB berücksichtigt. Voraussetzung für eine
Hemmung nach dieser Vorschrift ist, dass sich der Unternehmer im Einverständnis mit
dem Besteller der Prüfung des Vorhandenseins des Mangels oder der Beseitigung des
Mangels unterzieht. Dann ist die Verjährung so lange gehemmt, bis der Unternehmer
das Ergebnis der Prüfung mitteilt oder den Mangel für beseitigt erklärt oder die
Fortsetzung der Beseitigung verweigert. Hier kommt in Betracht eine Hemmung infolge
Mängelprüfung bzw. Beseitigung durch die Beklagte im Einverständnis mit der S. Die
erste Aufforderung der S dürfte zu sehen sein in ihrem Fax vom 7. November 1997.
Aufgrund dieser Aufforderung ist die Beklagte zunächst tätig geworden. Wann sie ihre
Tätigkeit für beendet erklärt hat, ist nicht dargetan. Mit Schreiben vom 11. März 1998 hat
die Beklagte sodann mitgeteilt, sie erwarte weitere Terminvorgaben. Weiter hat sie mit
Schreiben vom 21. April 1998 mitgeteilt, sie könne ab der 20. KW die Mängel
beseitigen. Kurz darauf hat sie ihre Tätigkeit eingestellt, so dass davon auszugehen ist,
dass die Beklagte jedenfalls seit Ende April 1998 nicht mehr tätig geworden ist.
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Mithin lief die maximale Hemmungszeit vom 7. November 1997 bis zum 30. April 1998,
das sind 164 Tage. Rechnet man auf den ursprünglichen Gewährleistungsendzeitpunkt
vom 5. März 1999 (bzw. 5. April, bei zwei Jahren und einem Monat) den
Hemmungszeitraum von 164 Tagen hinzu, so ergibt sich ein Ablauf der
Gewährleistungszeit am 29. September 1999, so dass die Klage nicht rechtzeitig
erhoben worden ist.
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An einer Hemmung würde es ohnehin dann fehlen, wenn es sich bei den von der
Beklagten durchgeführten Arbeiten nicht um Mangelprüfungen, sondern um normale
Wartungsarbeiten gehandelt hat, wie dies geltend macht. Dieser Einwand kann jedoch
dahinstehen, weil auch dessen ungeachtet die Gewährleistungsansprüche verjährt sind.
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Auch wenn auf den Werkvertrag die Vorschriften der VOB/B anzuwenden sein sollten,
bleibt es dabei, dass die Klage nach Ablauf der Gewährleistungsfrist erhoben worden
ist. Zwar wäre dann gem. § 13 Nr. Abs. 1 S. 2 VOB/B durch erstmalige Mängelrüge vom
7. Nov. 1997 die Regelgewährleistungsfrist erneut in Gang gesetzt worden. Diese wäre
aber dann am 7. Nov. 1999 abgelaufen, mithin ebenfalls vor Erhebung der Klage.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche
Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung der Einheitlichkeit
der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2
ZPO.
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Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren:
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bis zum 28. Juli 2002 250.000 DM = 127.822,97 EUR
74
danach 532.644,40 EUR
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Beschwer der Klägerin: über 20.000 EUR
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a. B.
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