Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.01.2004

OLG Düsseldorf: entgangener gewinn, abnahme, bauvertrag, vergütung, agb, fälligkeit, eingriff, anforderung, auszahlung, vertragsklausel

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-23 U 90/03
Datum:
30.01.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
23. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-23 U 90/03
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16. April 2003 verkündete
Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter
Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert
und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.546,55 EUR nebst 1 v.H.
über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzie-rungsfazilität der Europäischen
Zentralbank seit dem 20.10.2001 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits der 1. Instanz tragen die Be-klagte zu 90 %
und die Klägerin zu 10 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die
Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1
Der Senat sieht von einer Darstellung des Tatbestandes gemäß §§ 540 Abs. 2, § 313 a
Abs. 1 Satz 1 ZPO ab.
2
Auf das Schuldverhältnis der Parteien sind die bis zum 31.12.2001 geltenden
Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden.
3
Die zulässige Berufung der Klägerin hat im Wesentlichen Erfolg. Die Beklagte schuldet
zusätzlich zu der vom Landgericht zuerkannten Vergütung von 151,07 EUR aus dem
Hauptauftrag die Zahlung weiterer 5.395,48 EUR als Werklohn für die gemäß dem
Nachtragsauftrag durchgeführten Abdichtungsarbeiten, § 631 BGB.
4
Die Klägerin hat die unstreitig mangelfrei durchgeführten Abdichtungsarbeiten des
Nachtragsauftrages vom 17.08.2001 unter dem 31.08.2001 mit 5.395,48 EUR in
Rechnung gestellt. Bedenken gegen die Richtigkeit der Vergütungsberechnung erhebt
die Beklagte nicht. Die von ihr erhobene Schlusszahlungseinrede gemäß § 16 Nr. 3,
Abs. 2, 4 VOB/B steht dem Anspruch nicht entgegen.
5
I.
6
Auf die Aufschlusswirkung der vorbehaltlosen Annahme einer Schlusszahlung kann
sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil die der isolierten Inhaltskontrolle
nach dem AGB-Gesetz unterliegende Regelung des § 16 Abs. 3 VOB/B wegen Verstoß
gegen § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz unwirksam ist. Die Verwendung dieser Bestimmung der
VOB/B ist nur dann zulässig, wenn die Vertragsparteien die Anwendung der
Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B insgesamt vereinbaren, weil deren
Bestimmungen in der Gesamtheit einen auf die Besonderheiten des Bauvertrages
abgestimmten, im ganzen einigermaßen ausgewogenen Ausgleich der beteiligten
Interessen darstellen (BGHZ 101, 357, 359f, BGH in BauR 2002, 775). Aufgrund der
vorrangig geltenden Besonderen Vertragsbedingungen in den zwischen der Klägerin
und der Beklagten geschlossenen Verträgen, ist die VOB/B aber nicht als Ganzes
vereinbart, so dass ein isolierte Inhaltskontrolle des § 16 Nr. 3 VOB/B vorzunehmen ist.
7
1.
8
Die besonderen, von der Beklagten gestellten Allgemeinen Vertragsbedingungen
greifen in den Kernbereich der VOB/B ein. Diese Klauseln ändern die Rechtslage, die
bei vollständiger Geltung der VOB/B gelten würde, so erheblich ab, dass diese nicht
mehr "als Ganzes" vereinbart ist. Entgegen der von der Beklagten vertretenen
Auffassung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob eine einzelne Regelung der
VOB/B durch vorrangige Vertragsbedingungen im Kernbereich verändert wird.
Entscheidend ist vielmehr, ob die Vertragsklauseln insgesamt einen Eingriff in die
Ausgewogenheit des Interessensausgleichs nach der VOB/B beinhalten, deren
Kernbereich verändern und dass deshalb nicht mehr von einer Gesamtübernahme der
Regelungen der Verdingungsordnung gesprochen werden kann (vgl. BGH in BGH-
Report 2003, 319; in BauR 2002, 775). Unter Berücksichtigung der nachfolgend
aufgeführten vertraglichen Regelungen liegen erhebliche Eingriffe in die VOB/B vor so
dass von einer Geltung der VOB/B als Ganzes nicht ausgegangen werden kann.
9
a)
10
Die Klausel in Nr. 6.4 des Bauvertrages beeinträchtigt die Ausgewogenheit der Regeln
der VOB/B zum Nachteil des Auftraggebers. Diese lautet:
11
"Nach- und Zusatzaufträge, auch Tagelohnarbeiten, müssen schriftlich bestätigt
sein und werden nach Ausführung und Abnahme dieser Leistung durch den AG
vom AN gesondert in Rechnung gestellt und sind innerhalb von 30 Werktagen
nach Zugang der Rechnung zu 90 % vom AG auszugleichen. Die verbleibenden
10 % werden mit der Schlusszahlung ausgeglichen."
12
Auch nach ordnungsgemäßer Durchführung und nach Abnahme der ausgeführten
Arbeiten muss der Auftraggeber danach trotz Fälligkeit der gesamten Vergütung nur
13
einen Teil von 90 % des Rechnungsbetrages zahlen. Damit wird ihm das Recht zur
bloßen Abschlagszahlung trotz Fälligkeit der Gesamtforderungen zugebilligt, ohne dass
hierfür ein zu billigender Rechtsgrund ersichtlich ist. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes greift eine Regelung, die bei Abschlagszahlungen die Auszahlung
auf 90 % begrenzt, in den Kernbereich der VOB/B ein, da diese derartige Begrenzungen
nicht kennt (BGHZ 111, 394, 396; BGH in BauR 2002, 775). Entsprechendes gilt, wenn
die Auszahlung des Rechnungsbetrages für einen Nachtrag teilweise von der Fälligkeit
der Schlusszahlung für den Hauptauftrag abhängig gemacht wird.
Die Vergütung von Nachtragsarbeiten nur aufgrund schriftlichen Einverständnisses des
Auftraggebers modifiziert zudem die Regelungen in § 2 Nr. 5, Nr. 6 und Nr. 8 VOB/B.
Von einem Schriftformerfordernis macht die Verdingungsordnung einen
Werklohnanspruch des Unternehmers gerade nicht abhängig. Auch die Festlegung
einer Vergütungspflicht allein für schriftlich erteilte Zusatz- und Nachtragsaufträge
verändert die Ausgewogenheit der Regelungen der VOB/B nachhaltig zu Lasten des
Auftragnehmers.
14
Dass die Vertragsklausel selbst unwirksam ist, weil sie gegen das AGB-Gesetz verstößt,
ist ohne Bedeutung. Die Unwirksamkeit der Klausel beruht zum einen darauf, dass sie
gesetzliche Ansprüche ausschließt und eine Vergütung nur für in Auftrag gegebene
Leistungen einräumt. Aber auch wenn man davon ausgeht, dass gesetzliche Ansprüche
unberührt bleiben sollen, ist die Schriftformklausel unwirksam, weil die schriftliche
Vereinbarung zur einzigen Möglichkeit wird, einen vertraglichen Anspruch
durchzusetzen (BGH Urteil vom 27.11.2003 AZ VII ZR 53/03). Auf die Wirksamkeit der
die VOB verändernden Vertragsbedingung kommt es nicht. Gerade auch die
allgemeinen Vertragsbedingungen, die ihrerseits dem Unwerturteil des § 9 AGBG
unterfallen, müssen in die Bewertung einfließen, ob nach den Vertragsgrundlagen
insgesamt eine Geltung der VOB/B als Ganzes vereinbart ist (BGH in BGH-Report 2003,
319; in NJW 1995, 526, 527).
15
b)
16
Die Regelung in Nr. 7.2. des Vertrages
17
" Es wird ein Sicherheitseinbehalt gemäß § 17 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B in Höhe von 5 %
der Gesamtauftragssumme, unverzinst, abzulösen durch eine unbefristete
selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaft in Form einer Rückbürgschaft
(gem. Muster, die im Wortlaut zu übernehmen ist- Anlage - ) einer deutschen
Großbank oder eines dem AG genehmen Kreditversicherers, vereinbart."
18
ist ebenfalls ein einschneidender Eingriff in den von der VOB/B bezweckten
ausgewogenen Interessenausgleich. Die Regelung des § 17 Nr. 5 VOB/B geht anders
als die hier vorliegende Klausel von der Verzinsbarkeit der Sicherheitsleistung aus. Das
dem Vertrag beigefügte Bürgschaftsmuster sieht zudem eine Bürgschaft auf erste
Anforderung zwingend vor. Auch dies greift in die Regelungen des § 17 VOB/B
nachhaltig zu Lasten des Auftragnehmers ein, da diese eine derart beschränkte
Ablösungsbefugnis der Sicherheitsleistung nicht vorsieht und eine selbstschuldnerische
Bürgschaft ausreichen lässt, § 17 Nr. 4 VOB/B. Wie bereits dargelegt, ist dabei ohne
Bedeutung, dass die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Regelung über
einen Sicherheitseinbehalt von 5 %, ablösbar durch eine Bürgschaft auf erste
Anforderung, selbst unwirksam ist (vgl. dazu BGH in NJW 2002, 894; Senat Urteil vom
19
17.06.2003 - 23 U 234/02 - = NJW 2003, 3716 mit weiteren Nachweisen).
c)
20
Die in Nr. 10 der Vertragsbedingungen geregelte Ergänzung und Änderung des § 8
VOB/B greift ebenfalls in wesentliche Strukturen der VOB/B ein. In dieser Klausel heißt
es :
21
"Eine vorzeitige Vertragskündigung durch den AG kann neben den Punkten der
VOB/B § 8 aus folgenden Gründen erfolgen:
22
Für nach Vertragsabschluss erstmals festgestellte Abweichungen und damit
verbundene Zusatzleistungen, die sich bei den beauftragten Gewerken ergeben
und den Wert von 30.000 DM überschreiten.
23
Die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen werden gemäß Angebot abgerechnet
und vom AG vergütet. Ein darüber hinaus gehender Schadensersatzanspruch oder
entgangener Gewinn wird nicht vergütet. Ein darüberhinausgehender Anspruch
besteht nicht."
24
Diese Vertragsklausel begründet einen besonderen Kündigungsgrund unter Ausschluss
eines Entschädigungs- oder Schadensersatzanspruches des Auftragnehmers auch
dann, wenn die Kündigung nicht von dem Unternehmer verursacht oder zu verantworten
ist. Dies widerspricht dem Interessenausgleich, den § 8 VOB/B vorsieht. Es handelt sich
um einen "freien Kündigungsgrund", an denen abweichend vom Gesetz (§ 649 BGB)
und der VOB/B dem Auftraggeber einseitig begünstigende Folgen geknüpft werden.
25
d)
26
Die Abnahmeregelung in Nr. 7.4. des Vertrages beinhaltet ebenfalls einen Eingriff in
den von der VOB/B verfolgten Interessenausgleich. Die Klausel lautet:
27
"Die Abnahme regelt sich nach VOB Teil B, § 12. Es hat eine förmliche Abnahme
zu erfolgen, wobei der AN den AG einzuladen hat. Bei Unterlassen der förmlichen
Einladung, gilt die Inbetriebnahme des Werkes nicht als Abnahme."
28
Die Inbenutzungnahme der Leistung als fiktive Abnahme im Sinne des § 12 Nr. 5 VOB/B
für den Fall das eine förmliche Abnahme nicht verlangt wird, wird hierdurch,
ausgeschlossen. Damit ist die Regelung des § 12 VOB/B auf den die Klausel Bezug
nimmt, wesentlich modifiziert.
29
2.
30
Die Regelung der Ausschlusswirkung des § 16 Nr. 3 VOB/B verstößt bei isolierter
Würdigung gegen § 9 AGB-Gesetz. Denn sie bewirkt, dass eine Werklohnforderung
innerhalb kurzer Frist aus formalen Gründen nicht durchsetzbar werden kann, und
weicht damit erheblich von dem Grundgedanken des dispositiven Rechts ab, wonach
eine Forderung nur dann nicht mehr realisiert werden kann, wenn sie verjährt oder
verwirkt ist (BGHZ 138, 176, 178; BGH in BauR 2002, 775).
31
II.
32
Die Beklagte kann sich auf die Ausschlusswirkung selbst dann nicht mit Erfolg berufen,
wenn man die Anwendbarkeit des § 16 Nr. 3 VOB/B bejahen wollte. Denn die
Schlusszahlung der Beklagten bezog sich allein auf die den Hauptauftrag betreffende
Schlussrechnung vom 31.07.2001 und nicht auf die erst nach Erteilung dieser
Schlussrechnung im August 2001 in Auftrag gegebenen und abgerechneten
Nachtragsarbeiten.
33
1.
34
Die Klägerin stützt ihre Berufung allerdings nicht darauf, dass die Zahlung entgegen der
vom Landgericht vertretenen Auffassung nur eine beschränkte Ausschlusswirkung
haben könnte. Dies steht einer Prüfung durch den Senat nicht entgegen. Gemäß § 529
Abs. 2 Satz 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Gründe der
zulässigen Berufung nicht gebunden.
35
2.
36
Die Schlusszahlung der Beklagten bezog sich nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit
auf sämtliche Ansprüche aus dem Bauvertrag, so dass mit der Annahme der Zahlung
nur diejenigen nicht vorbehaltenen Ansprüche der Klägerin ausgeschlossen sind, die
Gegenstand der Schlussrechnung vom 31.07.2001 waren. Die Forderung für die erst
nach Erstellen dieser Schlussrechnung am 17.08.2001 in Auftrag gegebenen und am
31.08.2001 berechneten Abdichtungsarbeiten ist hiervon nicht erfasst.
37
Die vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung hat gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B die
Wirkung, dass der Unternehmer mit Nachforderungen ausgeschlossen ist. Der Zweck
dieser Regelung ist es, Klarheit über die Ansprüche des Auftragnehmers aus dem
beendeten Bauvertrag zu schaffen. Grundlage der Schlusszahlung ist die
Schlussrechnung des Unternehmers, mit der er bekannt gibt, was er aus seiner Sicht für
die erbrachten Bauleistungen verlangen kann (vgl. BGH in NJW 1987, 2582, 2583).
Nimmt der Auftragnehmer die auf der Grundlage seiner Abrechnung ermittelte
Schlusszahlung vorbehaltlos an, schafft er für den Auftraggeber einen
Vertrauenstatbestand dahin, dass er keine weitere Forderungen aus dem Bauvertrag
mehr stellen werde. Der wegen der vorbehaltlosen Annahme der Zahlung begründete
Vertrauenstatbestand und die daraus gerechtfertigte Ausschlusswirkung für weitere
Vergütungsansprüche setzt zunächst voraus, dass der Auftraggeber klar und
zweifelsfrei, das heißt eindeutig erkennen lässt, dass durch diese Zahlung aus seiner
Sicht die in Rechnung gestellten Ansprüche des Auftraggebers erledigt sind. Etwaige
verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Auftraggebers (Locher in Ingenstau/Korbion,
14. Auflage, § 16 Rn.191; Heiermann/Riedel/Rusam, 10. Auflage, § 16 VOB/B Rn. 108).
38
Erfolgt die Schlusszahlung auf nur eine von mehreren, dem Auftraggeber vorliegenden
Schlussrechnungen, dann beschränkt sich die Ausschlusswirkung auf die in Bezug
genommene Rechnung. Nur insoweit kann für den Auftraggeber durch die vorbehaltlose
Annahme der Zahlung ein Vertrauenstatbestand geschaffen werden. Die Beklagte hat
ausdrücklich auf die Schlussrechnung der Klägerin über den Hauptauftrag Bezug
genommen. Sie hat damit nicht zweifelsfrei zu erkennen gegeben, dass auch Ansprüche
wegen der ihr vorliegenden weiteren Schlussrechnung über die nachträglich in Auftrag
gegebenen Arbeiten mit dieser Zahlung ebenfalls ausgeglichen sein sollten. Es war
nicht erkennbar, dass sie nicht bereit war, die weiteren unstreitig in Auftrag gegebenen
39
und mangelfrei ausgeführten Arbeiten zu vergüten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass
die Schlussrechnung des Auftragnehmers in der Regel sämtliche in Auftrag gegebenen
Arbeiten umfassen muss, so dass sich allein aus der Bezugnahme auf die
Schlussrechnung auch die Ausschlusswirkung für sämtliche Ansprüche aus dem
Bauvertrag rechtfertigen lässt. Die Ausschlusswirkung tritt hinsichtlich aller
Vergütungsbestandteile ein, die zu dem Bereich der Schlussrechnung gehören oder
gehören müssen (Locher in Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 16 Rn. 181). Vorliegend
bestand aber die Besonderheit, dass die erste Schlussrechnung die
Abdichtungsarbeiten nicht erfassen konnte, weil diese im Zeitpunkt der Erstellung der
Schlussrechnung noch nicht in Auftrag gegeben waren. Sowohl die Klägerin als auch
die Beklagten wussten daher, dass zwei getrennte, unabhängig voneinander
bestehende Schlussrechnungen vorlagen. Durch die Bezugnahme der Schlusszahlung
nur auf eine der Schlussrechnungen machte die Beklagte daher deutlich, dass die
zweite Rechnung hiervon gar nicht betroffen war. Nur auf die Vergütungsbestandteile
dieser ersten Schlussrechnung konnte sich die Schlusszahlung beziehen. Zumindest
verbleiben insoweit zu ihren Lasten gehende Zweifel. Dies hat zur Folge, dass die
Ausschlusswirkung sich auch nur auf die mit dieser Schlusszahlung abgegoltene
Schlussrechnung beziehen konnte. Auch der für die Ausschlusswirkung erforderliche
Hinweis der Beklagten über die Schlusszahlung enthält keinen Anhalt dafür, dass nicht
nur die in Bezug genommene Rechnung sondern auch der weitere wegen der späteren
Auftragserteilung notwendigerweise selbständig abgerechnete Auftrag von der
Schlusszahlung betroffen sein sollte. Es fehlt jeglicher Hinweis, dass sich die Zahlung
auf den Bauvertrag mit dem Nachtragsauftrag beziehen sollte.
Dem steht die Regelung des § 16 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B nicht entgegen, wonach auch
früher gestellte aber unerledigte Forderungen ausgeschlossen werden, wenn sie nicht
nochmals vorbehalten werden. Voraussetzung ist, dass eine Schlussrechnung erteilt
wurde, die alle im Zusammenhang mit dem abgerechneten Bauvertrag stehenden
Ansprüche umfasst. Die Ausschlusswirkung umfasst nicht Ansprüche aus anderen
selbständig abgerechneten Aufträgen, es sei denn, die Schlusszahlungserklärung des
Auftraggebers bezieht diese ausdrücklich mit ein (Heiermann/Riedel/Rusam, a.a.O. § 16
Rn. 123). Die Regelung des § 16 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B betrifft allein die Fälle, in denen
eine Forderung vor Erstellen der Schlussrechnung berechnet und in die
Schlussrechnung nicht aufgenommen wurde oder zwar aufgeführt ist, aber selbständig
bereits geltend gemacht wurde (vgl. Locher in Ingenstau/Korbion, a.a.O. § 16 Rn. 217).
Auf den hier in Rede stehenden Fall, dass erst nach der für den Hauptauftrag erstellten
Schlussrechnung ein weiterer Auftrag als Nachauftrag erteilt und abgerechnet wird,
bezieht sich diese Bestimmung des § 16 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B nicht.
40
3.
41
Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass die Klägerin in ihrem
Vorbehaltsschreiben als Gewerk die Abdichtungsarbeiten genannt hat. Denn es kommt
nicht auf die Erklärung der Klägerin an, da für die Anwendung des § 16 Nr. 3 VOB/B
allein entscheidend ist, ob der Auftrageber seine Zahlung als Schlusszahlung bezüglich
aller Ansprüche aus dem Bauvorhaben gekennzeichnet hat und die Entgegennahme
der Zahlung deshalb weitere Forderungen des Unternehmers ausschließt.
42
III.
43
Der Zinsanspruch ist erst seit dem 20.10.2001 aus Verzug gerechtfertigt. Einen früheren
44
Verzugsbeginn hat die Klägerin nicht dargelegt.
IV.
45
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO und berücksichtigt die vom Landgericht
rechtskräftig abgewiesene Mehrforderung. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
46
Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO liegen nicht vor.
47
Streitwert des Berufungsverfahrens: 5.395,48 EUR
48
(D....) (D....) (T......)
49