Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.2004

OLG Düsseldorf: gesellschafterversammlung, gesellschaft mit beschränkter haftung, ex nunc, vergütung, zöllner, geschäftsführer, feststellungsklage, konstitutive wirkung, willenserklärung, auflage

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-17 U 164/03
Datum:
05.03.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-17 U 164/03
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 2. Juli 2003 verkündete
Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Krefeld unter
Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und
insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, der Herabsetzung seines Monatsgehaltes
von 6.902,44 EUR um monatlich 4.302,44 EUR auf monatlich 2.600,00
EUR mit Wirkung ab dem 01.04.2002 zuzustimmen.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Beklagte 30.117,80 EUR nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der
Europäischen Zentralbank aus einem Betrag von 4.302,44 EUR seit
dem 01.05.2002 und aus einem weiteren Betrag von 25.814,64 EUR seit
dem 01.11.2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits werden zu 3⁄4 dem
Beklagten und zu 1⁄4 der Klägerin auferlegt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Beklagte zu 9⁄10 und
die Klägerin zu 1⁄10 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen
Partei durch Sicherheitsleistungen in Höhe von je 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die jeweils andere Partei
nicht vor Beginn der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Es ist ein Berichtigungsbeschluss ergangen.
1
Düsseldorf, den 26.03.2004
2
S., Justizangestellte
3
als Urkundsbeamtin
4
der Geschäftsstelle
5
B e g r ü n d u n g :
6
A.
7
An der Klägerin, die durch notariellen Vertrag vom 19.06.1987 (Bl. 9 bis 21 GA) durch
Umwandlung der S. & V. GmbH & Co. KG in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung
gegründet wurde, sind der Beklagte und sein Bruder K. V. als Gesellschafter beteiligt;
beide halten jeweils die Hälfte der Geschäftsanteile.
8
Die beiden Gesellschafter der Klägerin übten zunächst auch gemeinsam die
Geschäftsführung aus. Nach dem altersbedingten Ausscheiden von K. V. aus der
Geschäftsführung wird das Amt des Geschäftsführers seit dem 31.12.1998 allein von
dem Beklagten wahrgenommen. Grundlage für diese Tätigkeit ist der
Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 19.06.1987 (Bl. 97 bis 98 GA). Nach diesem
Vertrag erhält der Beklagte u. a. ein Grundgehalt, dessen Höhe seit dem
Gesellschafterbeschluss vom 01.03.1993 monatlich 13.500,00 DM (6.902,44 EUR)
beträgt.
9
Durch Gesellschafterbeschluss vom 12.04.2000 (Bl. 24, 25 GA) beschlossen die
Gesellschafter der Klägerin, vorbereitende Maßnahmen für die zukünftige Liquidation
der Gesellschaft zu treffen, wobei die förmliche Liquidation nach dem Verkauf des
Grundbesitzes der Klägerin sowie der Geschäftsanteile erfolgen sollte, die die Klägerin
an der in Tschechien ansässigen G. spol. sr. o. hält. Bis zum Ende des Jahres 2000
wurden die beschlossenen Maßnahmen weitgehend umgesetzt. Zum 31.12.2000 wurde
der Geschäftsbetrieb des Unternehmens eingestellt. Seitdem betreibt die Klägerin kein
operatives Geschäft mehr.
10
Unter Berufung auf diese Gegebenheiten sowie die wirtschaftlich negative
Geschäftsentwicklung der Klägerin verlangte der Gesellschafter K. V. erstmals im
September 2000 von seinem Bruder - dem Beklagten -, einer Reduzierung seines
Geschäftsführergehaltes zuzustimmen. Der Beklagte lehnte dies ab. Nach mehrmaligen
Versuchen, einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss herbeizuführen, fand
schließlich am 19.03.2002 eine Gesellschafterversammlung statt, in der u. a. über den
Antrag des Gesellschafters K. V. abgestimmt wurde, gegen den Beklagten einen
Anspruch auf Zustimmung zur wesentlichen Herabsetzung seines Monatsgehaltes mit
Rückwirkung ab dem 01.01.2002 geltend zu machen und von ihm zugleich die
Rückzahlung der seitdem zu viel empfangenen Gehaltsbezüge zu verlangen. Diesem
Beschlussantrag stimmte der Gesellschafter K. V., der sich in der Versammlung ebenso
wie der Beklagte vertreten ließ, zu, während der Beklagte ihn ablehnte. Wegen der
weiteren Einzelheiten der Gesellschafterversammlung wird auf das Protokoll über die
Gesellschafterversammlung vom 19.03.2002 (Bl. 67 bis 72 GA) Bezug genommen.
11
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin nunmehr gegen den Beklagten den
Anspruch auf Herabsetzung der Geschäftsführervergütung gerichtlich geltend. Zur
Begründung hat sie dabei insbesondere folgendes vorgebracht:
12
Seit dem Jahre 1995 habe sich ihre geschäftliche Situation negativ und verlustbringend
entwickelt, so dass sie in den Bilanzen für die Jahre 2000 und 2001 - unstreitig - jeweils
durch Eigenkapital nicht gedeckte Fehlbeträge in erheblicher Größenordnung habe
ausweisen müssen (vgl. Bilanz für das Jahr 2001, Bl. 137 bis 138 GA, nebst
Erläuterungen, Bl. 140 bis 173 GA). Aufgrund dieser Gegebenheiten sowie des
Umstandes, dass sie - die Klägerin - ihr operatives Geschäft - ebenfalls unstreitig - zum
31.12.2000 eingestellt habe, sei der Beklagte verpflichtet, einer Herabsetzung seines
monatlichen Grundgehaltes zuzustimmen.
13
Die Klägerin hat beantragt,
14
1.
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den Beklagten zu verurteilen, der Herabsetzung seines Monatsgehaltes von
6.902,44 EUR um monatlich 5.112,44 EUR auf monatlich 1.790,00 EUR mit
Rückwirkung ab dem 01.01.2002 zuzustimmen,
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2.
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den Beklagten zu verurteilen, an sie für die Zeit ab 01.01.2002 bis 31.10.2002 zehn
Mal 5.112,44 EUR, insgesamt also 51.124,40 EUR, nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus einem Betrag von 20.449,76
EUR seit dem 01.05.2002 und aus einem weiteren Betrag von 30.674,64 EUR seit
dem 01.11.2002 zu zahlen.
18
Der Beklagte hat beantragt,
19
die Klage abzuweisen.
20
Er hat insbesondere die Auffassung vertreten, dass sein Gehalt auch unter
Berücksichtigung der veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin
angemessen sei.
21
Durch das angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen wegen der
weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen wird,
hat das Landgericht nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens
der Klage überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der
Beklagte verpflichtet sei, für die Zeit ab dem 01.01.2001 einer Herabsetzung seines
Monatsgehaltes auf 2.600,00 EUR zuzustimmen. Dies gebiete die ihm obliegende
gesellschaftsrechtliche Treuepflicht. Da er gegen diese verstoßen habe, habe er der
Klägerin im Wege des Schadensersatzes auch die in den Monaten Januar bis Oktober
2002 zu viel erhaltenen Bezüge zu ersetzen.
22
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er
unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens
insbesondere Folgendes geltend macht:
23
Das Begehren der Klägerin sei zum einen schon deshalb unbegründet, weil es an einer
wirksamen Beschlussfassung der Gesellschafter fehle. In der
Gesellschafterversammlung vom 19.03.2002 sei gerade keine wirksame
Beschlussfassung über die Herabsetzung seines Monatsgehaltes erfolgt, da er - der
24
Beklagte - den entsprechenden Beschlussantrag seines Mitgesellschafters abgelehnt
habe. Abgesehen von diesem formalen Gesichtspunkt sei er bei der gegebenen
Sachlage unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Treue auch nicht verpflichtet,
einer Reduzierung seines Gehaltes zuzustimmen. Das Landgericht habe seine
tatsächliche Arbeitsbelastung zu Unrecht für unerheblich gehalten und zudem verkannt,
dass er - der Beklagte - durch die Gehaltsminderung zu einer "Entscheidung in den
Ruhestand" gezwungen werde, wodurch die Gesellschaft mit den erheblichen Kosten
eines Fremdgeschäftsführers belastet werde. Unzutreffend sei schließlich auch die
Annahme des Landgerichtes, er habe einer rückwirkenden Gehaltsreduzierung ab dem
01.01.2002 zustimmen müssen. Diese Verpflichtung könne vielmehr frühestens dann
relevant werden, wenn ein wirksamer Gesellschafterbeschluss gefasst worden sei bzw.
dessen Vorliegen in einem vorrangigen Feststellungsrechtsstreit verbindlich festgestellt
worden sei.
Der Beklagte beantragt,
25
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt
abzuweisen.
26
Die Klägerin beantragt,
27
die Berufung zurückzuweisen.
28
Sie verteidigt unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen
Vorbringens das angefochtene Urteil gegen die Angriffe der Berufung und macht
insbesondere folgendes geltend:
29
Der in der Gesellschafterversammlung vom 19.03.2002 gefasste Beschluss, gegen den
Beklagten einen Anspruch auf dessen Zustimmung zu einer Gehaltsreduzierung geltend
zu machen, sei wirksam zustande gekommen, da der Beklagte diesbezüglich einem
Abstimmungsverbot unterlegen habe. Im Übrigen sei der gefasste Beschluss in der
Gesellschafterversammlung wirksam verkündet worden, so dass er schon deshalb in
Ermangelung einer Anfechtung Bestand habe.
30
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden
und Unterlagen Bezug genommen.
31
B.
32
Die Berufung des Beklagten ist zulässig; in der Sache hat sie jedoch lediglich teilweise
Erfolg.
33
I.
34
Der vom Beklagten in erster Instanz erhobene Einwand, die Klägerin werde im
vorliegenden Rechtsstreit nicht durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt vertreten,
weil der Prozessvertreter die Klägerin aus berufs- und standesrechtlichen Gründen nicht
vertreten dürfe, wird von ihm unter dem Eindruck der vom Senat in einem zwischen den
Parteien geführten Vorprozess getroffenen Entscheidung (vgl. Senatsurteil vom
17.01.2003 - 17 U 138/02 -), der sich das Landgericht im vorliegenden Rechtsstreit
35
angeschlossen hat, in der Berufungsinstanz erkennbar nicht mehr aufrechterhalten. Er
wäre im Übrigen auch aus den im angefochtenen Urteil dargelegten Erwägungen, auf
die gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO Bezug genommen wird, unbegründet.
II.
36
In der Sache hat das Landgericht den Beklagten im Ergebnis zu Recht verurteilt, einer
Herabsetzung seiner monatlichen Geschäftsführervergütung auf 2.600,00 EUR
zuzustimmen. Entgegen der Auffassung der Kammer kann die Klägerin dies jedoch erst
für die Zeit ab dem 01.04.2002 verlangen.
37
1.
38
Der darauf gerichtete Anspruch der Klägerin ergibt sich aus der zwischen den Parteien
bestehenden Rechtsbeziehung, die sich auf den Geschäftsführeranstellungsvertrag vom
19.06.1987 gründet. Aus dieser Rechtsbeziehung ergeben sich für den Beklagten
gegenüber der Klägerin sowohl aktive Förder- als auch Loyalitätspflichten. Zu dem Kreis
dieser gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten gehört es auch, dass der Geschäftsführer
einer GmbH unter Umständen verpflichtet ist, im Falle einer wesentlichen
Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft einer Herabsetzung
seiner Bezüge zuzustimmen (vgl. BGH GmbHR 1992, 605, 607 = BB 1992, 1583, 1585
= NJW 1992, 2894, 2896 m.w.Nachw.; Scholz/Schneider, GmbHG, 9. Auflage, § 34
GmbHG, Rdn. 191; Michalski/Lenz, GmbHG, 1. Auflage, § 35 GmbHG, Rdn. 143;
Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Auflage, § 35 GmbHG, Rdn. 101;Bauder, BB
1993, 369, 370 f.). Zur Konkretisierung dieser Pflicht ist § 87 Abs. 2 AktG heranzuziehen,
der eine angemessene Herabsetzung der Bezüge gestattet, wenn die Weitergewährung
der vereinbarten Bezüge für die Gesellschaft eine schwere Unbilligkeit darstellen würde.
39
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist der Beklagte aus Gründen der
gesellschaftsrechtlichen Treue verpflichtet, im eingangs genannten Umfang ein
"Notopfer" (vgl. Michalski/Lenz, a.a.O.) zu erbringen.
40
Unstreitig hat sich die wirtschaftliche Lage der Klägerin seit dem Jahre 1995 dramatisch
verschlechtert, und zwar dergestalt, dass sie in ihrer Bilanz für das Jahr 2000 einen
durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag von 221.400 DM und in der Bilanz für
das Jahr 2001 sogar einen solchen von 377.098,69 DM ausgewiesen hat. In Anbetracht
dieser Umstände haben sich die Gesellschafter der Klägerin entschlossen, eine
Liquidation der Klägerin vorzubereiten, wobei der Geschäftsbetrieb des Unternehmens
zum 31.12.2000 eingestellt worden ist. Diese Veränderungen bezüglich der
wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ließen und lassen es als in hohem Maße
unbillig erscheinen, würden dem Beklagten die vereinbarten Bezüge ungeschmälert
weitergewährt.
41
Zu der Frage des Umfangs der danach gebotenen Herabsetzung der
Geschäftsführervergütung hat das Landgericht das schriftliche
Sachverständigengutachten des Wirtschaftsprüfers Dr. P. J. H. vom 10.03.2003 (Bl. 224
bis 236 GA) eingeholt, welches unter Abwägung der nach den Vorgaben der Kammer
zu beachtenden Gesichtspunkte zu dem Ergebnis gelangt, dass als Entgelt für die
Tätigkeit des Beklagten eine monatliche Vergütung von 2.600,00 EUR angemessen sei.
Diesen Erwägungen hat sich das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung
angeschlossen. Dagegen ist im Ergebnis nichts zu erinnern.
42
Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass in einem
Fall wie dem vorliegenden, in dem die Angemessenheit der Vergütung eines
Gesellschafter-Geschäftsführers in Rede steht, die ihm tatsächlich gewährten
Leistungen mit dem Gehalt zu vergleichen sind, das ein Fremdgeschäftsführer für die
gleiche Tätigkeit erhalten hätte (vgl. BGHZ 111, 224, 227; BGH NJW 1992, 2894, 2896).
Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für eine angemessene Festsetzung
der Bezüge von Bedeutung zu sein pflegen, wozu insbesondere die Art und der Umfang
der Tätigkeit, die Art, Größe und Leistungsfähigkeit des Betriebes sowie Alter,
Ausbildung, Berufserfahrung und Fähigkeiten des Geschäftsführers gehören (vgl. BGH,
a.a.O.; Bauder, BB 1993, 369, 372). Eine an diesen Kriterien orientierte
Gesamtabwägung ergibt, dass eine Herabsetzung der monatlichen Vergütung des
Beklagten auf 2.600,00 EUR angemessen ist.
43
Der Sachverständige hat sich bei seinen Feststellungen eingehend mit der Art des
Unternehmens und der Person des Beklagten beschäftigt und ist unter Heranziehung
von vergleichenden Untersuchungen und unter Berücksichtigung des veränderten
Aufgabenfeldes des Beklagten mit überzeugender Argumentation zu dem Ergebnis
gelangt, dass die vorgenannte Vergütung angemessen sei. Die daran vom Beklagten
geübte Einzelkritik ist in den maßgebenden Detailpunkten nicht begründet und im
Übrigen - und dies ist das Entscheidende - im Rahmen der vorzunehmenden
Gesamtabwägung ohne entscheidungserhebliche Relevanz. Ungerechtfertigt ist
insbesondere der Vorwurf des Beklagten, der Sachverständige sei sowohl bei der
Einschätzung des Zeitaufwandes der von ihm - dem Beklagten - nunmehr ausgeübten
Tätigkeiten (ca. 20 Wochenstunden) als auch bei der vergleichenden Betrachtung mit
dem allgemein üblichen Zeitaufwand eines Geschäftsführers eines vergleichbaren,
operativ tätigen Unternehmens (ca. 60 Wochenstunden) von realitätsfremden
Erwägungen ausgegangen. Der erkennende Senat, der sich aufgrund seines
Zuständigkeitsbereichs bereits in einer Vielzahl von Verfahren mit dem Aufgaben- und
Tätigkeitsumfang von GmbH-Geschäfts-führern beschäftigt hat, vermag aufgrund dieser
Erfahrungen und der daraus gewonnenen Sachkunde selbst einzuschätzen und zu
beurteilen, welche zeitliche Inanspruchnahme regelmäßig mit Aufgaben der hier in
Rede stehenden Art verbunden ist. Danach sind die Ausführungen des
Sachverständigen keineswegs realitätsfremd, sondern - im Gegenteil - außerordentlich
realistisch. Realitätsfremd ist es vielmehr, wenn der Beklagte Glauben machen will, sein
Zeitaufwand habe sich nach Einstellung des Geschäftsbetriebes des Unternehmens
lediglich um 25 % (von 40 auf 30 Wochenstunden) gemindert, obwohl das operative
Geschäft eingestellt worden ist, die damit verbundenen Arbeiten jedenfalls mit Beginn
des Jahres 2001 abgeschlossen waren und seine Tätigkeit sich dementsprechend
seitdem auf die bloße Vermögens- und Finanzverwaltung beschränkt. Eine derartige
Tätigkeit ist in der vom Sachverständigen angenommenen Wochenstundenzahl von
einem GmbH-Geschäftsführer regelmäßig durchaus zu bewältigen. Dass der Beklagte
nach seiner Behauptung tatsächlich mehr Zeit verwendet, ist unerheblich; maßgebend
ist allein, wie viel Zeit ein GmbH-Geschäftsführer mit dem Alter und der Ausbildung
sowie den Kenntnissen und Erfahrungen des Beklagten durchschnittlich benötigt.
44
Auch die übrige Kritik, die der Beklagte an den Sachverständigengutachten sowie der
darauf basierenden Entscheidung des Landgerichtes übt, erscheint nicht gerechtfertigt;
dem muss aber im Detail schon deshalb nicht weiter nachgegangen werden, weil
diesen Gesichtspunkten letztlich keine entscheidungserhebliche Relevanz zukommt.
Selbst wenn man nämlich insoweit den Erwägungen des Beklagten folge würde, ändert
45
das im Ergebnis deshalb nichts, weil das Landgericht bei seiner Entscheidung einen
ganz wesentlichen Punkt nicht oder jedenfalls nicht ausreichend beachtet hat, der sich
im Ergebnis zu Lasten des Beklagten auswirkt. Das Landgericht hat nämlich bei der
Bemessung des angemessenen Gehaltes - wie die Ausführungen im angefochtenen
Urteil zeigen - wesentlich auf die Veränderungen im Aufgabenfeld des Beklagten
einerseits sowie seine personenbezogenen Belange und Interessen andererseits
abgestellt. Außer Acht gelassen hat es hingegen den Aspekt der Leistungsfähigkeit des
Unternehmens. Dieser Gesichtspunkt ist aber nicht nur Voraussetzung dafür, überhaupt
die Zustimmung zu einer Herabsetzung der Geschäftsführervergütung verlangen zu
können, sondern - neben den berücksichtigten Umständen - zugleich auch für die
Entscheidung, in welchem Umfang eine Gehaltsreduzierung angemessen ist, von
zentraler, ja von entscheidender Bedeutung. Bezieht man diesen Gesichtspunkt in die
vorzunehmende Gesamtabwägung ein, so ist jedenfalls eine Herabsetzung der
monatlichen Vergütung auf 2.600,00 EUR, wie sie das Landgericht angenommen hat
und wie sie deshalb in der Berufungsinstanz allein noch in Rede steht, angemessen. In
dem von der Beklagten betriebenen Unternehmen zeichnete sich im Zeitpunkt der
Geltendmachung des Herabsetzungsverlangens seit Jahren kontinuierlich eine negative
Geschäftsentwicklung ab, so dass in den Bilanzen für die Jahre 2000 und 2001 (Bl.
137/138 GA) jeweils durch Eigenkapital nicht gedeckte Fehlbeträge in erheblicher
Größenordnung ausgewiesen werden mussten. Aufgrund dieser (rechnerischen)
Überschuldung war und ist die Klägerin jedenfalls in dem hier maßgebenden Zeitraum
seit dem 01.01.2002 liquidations-, wenn nicht gar insolvenzreif; denn in Anbetracht der
Entschließung der Gesellschafter, die Liquidation der Klägerin vorzubereiten, sowie in
Ansehung des Umstandes, dass die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb zum 31.12.2000
eingestellt hat und seitdem kein operatives Geschäft mehr betreibt, kann eine positive
Fortbestehensprognose nicht getroffen werden. Im Gegenteil zeigt die von der Klägerin
vorgelegte Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2002 (Anlage BE 10
zum Schriftsatz der Klägerin vom 18.11.2003), dass die Überschuldung der Gesellschaft
sich weiter erheblich vergrößert hat, wobei dies in beträchtlichem Umfang gerade durch
den hohen Personalaufwand verursacht wird, der wiederum größtenteils gerade durch
das Geschäftsführergehalt des Beklagten entsteht. Dies zeigt deutlich, dass die Klägerin
zu einer Beibehaltung dieser Belastung wirtschaftlich nicht in der Lage ist, eine
Fortsetzung vielmehr auf Dauer zu einer Situation führen würde, bei der auch die noch
vorhandenen Vermögenswerte der Gesellschaft verbraucht würden - eine Situation, die
einer vollständigen Ausplünderung der Gesellschaft gleich käme.
Der Senat folgt dem Sachverständigen auch darin, dass die Klägerin auch durchaus in
der Lage wäre, einen Fremdgeschäftsführer zu finden, der im Rahmen einer
nebenberuflichen oder Teilzeitbeschäftigung dieanstehenden Aufgaben erledigen und
dabei eine Vergütung von monatlich 2.600,00 EUR akzeptieren würde. Dies wäre auch
für die Klägerin selbst dann nicht mit höheren Belastungen verbunden, wenn der
Beklagte die von ihm angekündigte "Entscheidung für den Ruhestand" realisieren
würde. Selbst wenn in diesem Falle in seiner Person die Voraussetzungen für die
Beanspruchung von Pensionsbezügen vorliegen würden, würde sich für die Klägerin
hierdurch lediglich ein Risiko verwirklichen, für das sie entsprechende Rückstellungen
gebildet hat. Diese vom Beklagten unverhohlen erklärte Androhung stellt mithin kein
relevantes sachliches Argument dar, sondern belegt indiziell lediglich seine treuwidrige
Einstellung, eigene Interessen denen der Gesellschaft in jedem Fall vorziehen zu
wollen.
46
2.
47
Entgegen der Auffassung des Beklagten sind auch die formellen Voraussetzungen für
die Geltendmachung des Anspruchs auf Zustimmung zur Herabsetzung der
Geschäftsführervergütung gegeben. In dieser Hinsicht ist erforderlich, dass die
Gesellschafterversammlung der Klägerin einen entsprechenden Beschluss gefasst hat.
Dies folgt aus der Annexkompetenz zu § 46 Nr. 5 GmbHG, aufgrund deren es in den
Zuständigkeitsbereich der Gesellschafterversammlung fällt, alle Rechtsverhältnisse zu
regeln, die mit der Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers im Zusammenhang
stehen und diese begleiten, wobei diese Kompetenz sowohl die innere Willensbildung
als auch die Vertretung der Gesellschaft umfasst (vgl. BGH NJW 1991, 1680;
Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 46 GmbHG, Rdn. 24 m.w.Nachw.; Scholz/Schmidt,
a.a.O., § 46 GmbH, Rdnr. 70 m.w.Nachw.). Zu diesen in die Zuständigkeit der
Gesellschafterversammlung fallenden Rechtsgeschäften gehören dabei nicht nur der
Abschluss und die Beendigung des Anstellungsvertrages mit dem Geschäftsführer,
sondern auch bloße Vertragsänderungen, auch wenn dadurch die
Geschäftsführerposition selbst unangetastet bleibt (vgl. BGH NJW 1991, 1680; OLG
Köln GmbH-R 1993, 734, 735; Baumbach/-Hueck/Zöllner a.a.O.; Scholz/Schmidt,
a.a.O.). So liegt auch der vorliegende Fall. Denn bei dem Anspruch auf Zustimmung des
Gesellschafters zur Herabsetzung seiner Vergütung handelt es sich rechtlich um nichts
anderes als um einen dem gesellschaftsrechtlichen Treueverhältnis entstammender
Anspruch auf eine Änderung des Anstellungsvertrages (vgl. Bauder, BB 1993, 369, 371
m.w.Nachw.). Ein derartiger Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin
liegt - entgegen der Ansicht des Beklagten - indes vor. Er ist in der
Gesellschafterversammlung vom 19.03.2002 wirksam gefasst worden.
48
In der vorgenannten Gesellschafterversammlung hat der Gesellschafter K. V. beantragt,
gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zustimmung zur wesentlichen Herabsetzung
seines Monatsgehaltes geltend zu machen und von ihm zu-gleich die Rückzahlung der
zu viel empfangenen Gehaltsbezüge zu verlangen. Diesem Beschlussantrag hat der
Gesellschafter K. V. zugestimmt, während der Beklagte ihn abgelehnt hat.
49
Trotz dieses ablehnenden Stimmverhaltens des Beklagten ist der Beschluss wirksam
zustande gekommen.
50
a.
51
Die Wirksamkeit des Beschlusses ergibt sich - entgegen der Ansicht der Klägerin -
allerdings nicht schon daraus, weil ihm mangels der Erhebung einer Anfechtungsklage
durch den Beklagten Bestandskraft beizumessen wäre. Eine derartige konstitutive
Wirkung kommt einem Gesellschafterbeschluss nur dann zu, wenn in der
Gesellschafterversammlung das Beschlussergebnis verbindlich festgestellt worden ist
(vgl. BGHZ 104, 66 ff.; Baumbach/Hueck/Zöllner, Anh. zu § 47 GmbHG Rdn. 64
m.w.Nachw.; Scholz/Schmidt, a.a.O., § 48 GmbHG Rdn. 58 m.w.Nachw.). Dies
wiederum setzt voraus, dass ein mit entsprechender Kompetenz ausgestatteter
Versammlungsleiter tätig war, entsprechende Feststellungen getroffen und sie den
Abstimmungsbeteiligten zur Kenntnis gebracht hat (vgl. Baumbach/-Hueck/Zöllner,
a.a.O., Anh. zu § 47 GmbH, Rdn. 65 m.w.Nachw.). Hieran fehlt es jedoch im
vorliegenden Fall. Weder dem Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom
19.03.2002 noch dem sonstigen Sachverhalt sind greifbare Anhaltspunkte dafür zu
entnehmen, dass hier überhaupt ein Versammlungsleiter - etwa der als Vertreter des
Gesellschafters K. V. tätig gewesene Rechtsanwalt Dr. P. - bestimmt worden ist,
52
geschweige denn dieser ein Beschlussergebnis förmlich festgestellt hat. Der Inhalt des
Protokolls lässt vielmehr auf das Gegenteil schließen.
b.
53
Ebenso unrichtig ist allerdings die Gegenposition des Beklagten, der die Auffassung
vertritt, es sei unabhängig von der rechtlichen Beurteilung und Bewertung seines
Abstimmungsverhaltens schon deshalb kein wirksamer Beschluss gefasst worden, weil
er durch seine Gegenstimme eine Beschlussfassung faktisch verhindert habe mit der
Folge, dass eine positive Beschlussfassung nur durch die Erhebung einer
entsprechenden Feststellungsklage durch seine Mitgesellschafter herbeigeführt werden
könne. Dieser Auffassung liegt die unzutreffende Vorstellung zugrunde, im Falle eines
umstrittenen Beschlussergebnisses liege bis zur gerichtlichen Entscheidung darüber
überhaupt kein Gesellschafterbeschluss vor, dieser werde gegebenenfalls vielmehr erst
durch die gerichtliche Feststellung begründet. Diese Ansicht ist schon deshalb
unzutreffend, weil ein Gesellschafterbeschluss eine förmliche Beschlussfeststellung
grundsätzlich nicht voraussetzt, also auch ohne eine solche wirksam sein kann (vgl.
BGHZ 53, 209, 212; BGHZ 76, 154, 156; BGHZ 88, 320, 329; Baumbach/Hueck/Zöllner,
a.a.O., § 47 GmbHG, Rdn. 18 m.w.Nachw.; Scholz/Schmidt, a.a.O., § 48 GmbHG, Rdn.
57 m.w.Nachw.). Dieser Rechtsgrundsatz, der für den Fall eines klaren, unstreitigen
Beschlussergebnisses unumstritten ist, gilt gleichermaßen auch dann, wenn zwischen
den Beteiligten Streit darüber herrscht, ob und mit welchem Inhalt ein
Gesellschafterbeschluss zustande gekommen ist. Auch in diesem Fall richtet sich die
Wirksamkeit des Beschlusses nach der materiellen Rechtslage, so dass allein
maßgebend ist, ob der umstrittene Beschluss in einem ordnungsgemäßen Verfahren
wirksam mit der nach Gesetz und Satzung vorgeschriebenen Mehrheit der zu
berücksichtigenden Stimmen gefasst worden ist und auch inhaltlich nicht gegen Gesetz
und/oder die Satzung verstößt.
54
Im letztgenannten Falle bedarf es zwar - selbstverständlich - einer gerichtlichen
Entscheidung, um den Streit der Beteiligten über das Zustandekommen des
Beschlusses abschließend zu klären. Diese Klärung setzt jedoch - entgegen der Ansicht
des Beklagten - nicht zwingend die Erhebung einer entsprechenden Feststellungsklage
voraus, sondern kann gegebenenfalls auch inzident in einem anderen Rechtsstreit
erfolgen, bei dem es um die Umsetzung des umstrittenen Beschlusses geht. Auf eine
bestimmte Klageart - etwa die Erhebung einer Feststellungsklage - sind die Beteiligten
hierbei grundsätzlich nicht beschränkt. Eine derartige Beschränkung gibt es vielmehr
nur dann, wenn ein positiver oder negativer Gesellschafterbeschluss förmlich festgestellt
worden ist; da diesem - wie oben ausgeführt - aufgrund des konstitutiven Rechtsaktes
der Beschlussfeststellung und -verkündung besondere Bestandskraft und
Verbindlichkeit zukommt, kann diese nur durch eine Anfechtungsklage bzw. eine mit der
Anfechtungsklage verbundene positive Beschlussfeststellungsklage beseitigt werden
(vgl. BGHZ 88, 320, 328; BGHZ 97, 489, 491; BGHZ 104, 66, 67 f.; BGH NJW 1999,
714, 715; BGHZ 153, 285, 286 f.). Fehlt es jedoch - wie hier - an einer derartigen
förmlichen Beschlussfeststellung und den durch sie erzeugten Wirkungen, so ist kein
Grund ersichtlich, die gerichtliche Klärung der Streitfrage grundsätzlich auf eine
bestimmte Klageart zu beschränken.
55
Eine derartige Auffassung ist - entgegen der Ansicht des Beklagten - auch nicht der
höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entnehmen. Der Bundesgerichtshof hat in der
vom Beklagten zitierten Entscheidung vom 01.03.1999 (NJW 1999, 2268 = GmbHR
56
1999, 477, 478) sowie in der Entscheidung vom 13.11.1995 (NJW 1996, 250 = GmbHR
1996, 47, 48) - ebenso wie das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg in der
ebenfalls vom Beklagten angesprochenen Entscheidung aus dem Jahre 1992 (GmbHR
1992, 43) - lediglich entschieden, dass die allgemeine Feststellungsklage ein
geeigneter - und in Abgrenzung zur Anfechtungsklage der richtige - Weg ist, um bei
einem nicht förmlich festgestellten Gesellschafterbeschluss etwaige
Meinungsverschiedenheiten über die Gültigkeit abgegebener Stimmen bzw. die
Wirksamkeit des Beschlusses zu befinden. Diesen Entscheidungen ist jedoch nicht zu
entnehmen, dass die Feststellungsklage der einzige Weg zur Klärung eines derartigen
Streits ist. Ein solcher Rechtsstandpunkt lässt sich allenfalls der Entscheidung des 16.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 09.06.1999 (GmbHR 1999, 1098)
entnehmen, wobei es in jenem Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung
allerdings um einen Sonderfall, nämlich die Anmeldung eines umstrittenen
Abberufungsbeschlusses zur Eintragung in das Handelsregister, ging. In jenem Fall hat
der 16. Zivilsenat die Auffassung vertreten, dass die Frage der Wirksamkeit des
Abberufungsbeschlusses in dem Verfügungsverfahren nicht inzident geprüft werden
könne, sondern im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit durch die dafür
zuständigen Gerichte geklärt werden müsse. Diese für den genannten Sonderfall
getroffene Entscheidung lässt sich indes nicht verallgemeinern und ist insbesondere
nicht auf die hier zur Entscheidung anstehende Fallkonstellation zu übertragen.
Dabei nötigt der vorliegende Fall nicht dazu, generell zu entscheiden, ob stets jedwede
Umsetzung eines Gesellschafterbeschlusses, dessen Zustandekommen umstritten ist,
so lange ausgeschlossen ist, bis in einem Feststellungsrechtsstreit dessen wirksames
Zustandekommen positiv festgestellt worden ist. Denn jedenfalls bei einer
Fallkonstellation wie der vorliegenden besteht die Möglichkeit, dass - wie hier
geschehen - die Gesellschaft sogleich die entsprechende Leistungsklage zur
Umsetzung des umstrittenen Gesellschafterbeschlusses erhebt und in diesem Prozess
die Frage des Vorliegens eines wirksamen Beschlusses inzident geklärt wird.
57
Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, dass es hier um die
Wirksamkeit eines in der Gesellschafterversammlung einer Zwei-Personen-Gesell-
schaft angeblich gefassten Beschlusses geht, der trotz des ablehnenden
Stimmverhaltens eines der Gesellschafter - des Beklagten - mit der Stimme des anderen
Gesellschafters zustande gekommen sein soll und der inhaltlich zum Gegen-stand hat,
gerade gegen den den Beschlussantrag ablehnenden Gesellschafter und
Alleingeschäftsführer einen Anspruch auf Herabsetzung der Geschäftsführervergütung
geltend zu machen. Bei einer derartigen Fallkonstellation ist kein sachlicher Grund
erkennbar, der dazu zwingt, die Frage des Vorliegens eines wirksamen Beschlusses
nicht in dem "Umsetzungsrechtsstreit" inzident, sondern vorab in einem
Feststellungsrechtsstreit zu klären. An dem gesamten Vorgang sind hier nur die
Klägerin und deren Gesellschafter beteiligt und nur diese auch durch die Entscheidung
betroffen. Gerade diese sind aber auch an dem vorliegenden Rechtsstreit als Parteien
bzw. deren Vertreter beteiligt. Damit erzeugt eine Inzidententscheidung im Rahmen der
vorliegenden Leistungsklage die selbe Rechtsklarheit und Rechtssicherheit wie eine
Feststellungsklage, da es hier auf die etwaige gestaltende, über den Kreis der
Prozessbeteiligten hinausgehende Wirkung, die einem Feststellungsurteil in
entsprechender Anwendung des § 248 Abs. 1 S. 1 AktG möglicherweise beizumessen
sein könnte (vgl. zum diesbezüglichen Meinungsstand OLG München GmbHR 1996,
451 f.; Baumbach/Hueck/-Zöllner, a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG, Rdn. 90 c m.w.Nachw.;
Michalski/Römer-mann, a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG, Rdn. 597 m.w.Nachw.;
58
Hachenburg/Raiser, GmbHG, 8. Auflage, Anh. zu § 47 GmbHG, Rdn. 256; K. Schmidt,
GmbHR 1992, 12), nicht ankommt. Im Gegenteil bietet das vorliegende Verfahren dem
Beklagten als dem durch den umstrittenen Beschluss am stärksten Betroffenen, dem zu-
gleich ein Rechtsmissbrauch bei der Abstimmung über die Beschlussfassung
vorgeworfen wird, als Partei die unmittelbare Möglichkeit zur Rechtsverteidigung, die in
einem Feststellungsrechtsstreit, der zwischen dem Gesellschafter K. V. und der Klägerin
zu führen wäre (vgl. OLG Stuttgart NJW-RR 1994, 811; OLG Zweibrücken GmbHR
1999, 79, 80; Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG, Rdnr. 90 c;
Hachenburg/Raiser, a.a.O., Anh. zu § 47 GmbH, Rdn. 254; Michalski/Römermann,
a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG, Rdn. 592 ff.), erst dadurch herbeizuführen wäre, dass ihm
die Möglichkeit eingeräumt würde, jenem Rechtsstreit als Nebenintervenient beizutreten
(vgl. BGHZ 97, 28, 31; Scholz/-Schmidt, a.a.O., § 45 GmbHG, Rdn. 182 m.w.Nachw.;
Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG, Rdn. 93;
Michalski/Römermann, a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG, Rdn. 584, 585).
Unzutreffend ist auch der Einwand des Beklagten, die Inzidentprüfung der Frage der
Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits
führe - im Gegensatz zu einem vorgeschalteten Feststellungrechts-streit - dazu, dass
dem umstrittenen Gesellschafterbeschluss gegebenenfalls mit einer auf den
Beschlusszeitpunkt rückwirkenden Kraft Wirksamkeit verliehen würde, während dem
Feststellungsurteil wegen seiner gestaltenden Wirkung lediglich eine ex-nunc-Wirkung
zukomme. Der Beklagte verkennt, dass letzteres gerade nicht zutrifft. Selbst für den
Anfechtungsrechtsstreit bzw. den Rechtsstreit über eine positive
Beschlussfeststellungsklage, bei denen es jeweils um die Beseitigung eines in der
Gesellschafterversammlung förmlich festgestellten und damit vorläufig verbindlichen
positiven oder negativen Gesellschafterbeschlusses geht, entspricht es einhelliger
Auffassung, die auch vom Senat geteilt wird, dass die zum Teil befürwortete
Gestaltungswirkung eines klagestattgebenden Urteils jeweils rückwirkend eintritt; dies
führt dazu, dass ein im Anfechtungsprozess erfolgreich angefochtener Beschluss als
niemals gefasst anzusehen ist (vgl. BGH BB 1993, 1681; OLG Brandenburg, GmbHR
1998, 193, 196; Baumbach/Hueck/-Zöllner, a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG, Rdn. 90;
Hachenburg/Raiser, a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG, Rdn. 237; Michalski/Römermann,
a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG, Rdn. 541 ff. m.w.Nachw.) und eine mit der positiven
Beschlussfeststellungsklage erstrittene Beschlussfeststellung nicht etwa an die Stelle
der Entscheidung der Gesellschafterversammlung tritt, sondern lediglich deren
unzutreffende Ergebnisfeststellung korrigiert (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., Anh.
zu § 47 GmbHG, Rdn. 92; Scholz/Schmidt, a.a.O., § 45 GmbHG, Rdn. 180 f.;
Michalski/Römer-mann, a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG, Rdn. 578; Hachenburg/Raiser
a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG, Rdn. 245). Dies muss gleichermaßen bzw. erst recht für
die hier alternativ in Betracht zu ziehende allgemeine Feststellungsklage gelten, wenn
man dem daraufhin ergangenen Urteil - wie oben erwähnt - eine ähnliche
Gestaltungswirkung zuspricht wie bei den beiden vorgenannten Klagearten. Denn bei
ihr bedarf es nicht der Beseitigung der "Bestandskraft" eines vorläufig verbindlichen
Beschlussergebnisses, sondern lediglich der Feststellung, mit welchem Inhalt der
Beschluss gefasst worden ist.
59
Bestehen dementsprechend - wie hier - im Einzelfall keine sachlichen Gründe gegen
eine Inzidentprüfung im Rahmen der auf die Umsetzung des umstrittenen Beschlusses
gerichteten Leistungsklage, so kann auf die Erhebung einer vorgeschalteten
Feststellungsklage verzichtet werden. Dafür spricht zum einen der Gedanke der
Prozesswirtschaftlichkeit, da es vermieden wird, zunächst einen
60
Feststellungsrechtsstreit um die umstrittene Beschlussfassung und sodann im Falle der
Feststellung von dessen Wirksamkeit einen weiteren Rechtsstreit hinsichtlich seiner
Umsetzung zu führen - eine Situation, die im allgemeinen durch die in § 256 ZPO
normierte Subsidiarität der Feststellungsklage gerade vermieden werden soll. Hinzu
kommt, dass durch die Möglichkeit der Inzidentprüfung gegebenenfalls auch eine
hinausgezögerte Realisierung des geltend gemachten Anspruchs vermieden und dem
Recht auf schnellerem Weg Geltung verschafft wird. Verlangt man nämlich in jedem
Falle zunächst die Erhebung einer Feststellungsklage und mäße der dort ergangenen
Entscheidung - wie der Beklagte irrig meint - auch noch lediglich ex-nunc-Wirkung zu,
so könnte ein Gesellschafter, der nach materiellem Gesellschaftsrecht entweder wegen
eines Stimmverbotes von der Abstimmung ausgeschlossen oder dessen
Abstimmungsverhalten treuwidrig war, allein durch seine Teilnahme bzw. sein
Stimmverhalten eine wirksame Beschlussfassung und deren Umsetzung nicht nur
faktisch blockieren; vielmehr würde sein gesetzes- bzw. treuwidriges Verhalten für
gewisse Zeit - nämlich bis zum Erlass des Feststellungsurteils - sogar sanktioniert. Dies
ist mit der Rechtsordnung nicht vereinbar.
c.
61
Es ist deshalb im vorliegenden Rechtsstreit zu entscheiden, ob in der
Gesellschafterversammlung vom 19.03.2002 ein positiver Gesellschafterbeschluss über
die Geltendmachung des Anspruchs auf Zustimmung des Beklagten zur Herabsetzung
seiner Geschäftsführervergütung wirksam gefasst worden ist. Dies ist zu bejahen, da der
entsprechende Beschlussantrag des Gesellschafters K. V. mit der erforderlichen
Mehrheit, nämlich seiner Ja-Stimme, angenommen worden ist. Zwar hat der Beklagte
gegen den Beschlussantrag gestimmt. Seine den Antrag ablehnende Gegenstimme ist
jedoch nichtig und somit bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses nicht
mitzuzählen.
62
aa.
63
Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich diese Nichtigkeit allerdings nicht schon
daraus, dass der Beklagte gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG einem Stimmverbot unterlag und
deshalb von der Teilnahme an der Abstimmung ausgeschlossen war. Der erkennende
Senat folgt insoweit der herrschenden Meinung, die einer Anwen-dung des § 47 Abs. 4
GmbHG sowohl auf Organbestellungsakte (Bestellung und Abberufung von
Geschäftsführern) - abgesehen von der Abberufung aus wichtigem Grund - als auch auf
die damit sachlich zusammenhängenden Beschlüsse zur Festlegung der
Anstellungsbedingungen des Geschäftsführers - Begründung, Änderung und Auflösung
des Anstellungsvertrages - verneint (vgl. BGHZ 18, 205, 210; Baumbach/Hueck/Zöllner,
a.a.O., § 47 GmbHG, Rdn. 51 ff., 54 m.w.Nachw.; Hachenburg/Hüffer, a.a.O., § 47
GmbHG, Rdn. 169, 171 m.w.Nachw.; Scholz/-Schmidt, a.a.O., § 46 GmbHG, Rdn. 75
und § 47 GmbHG, Rdn. 118 m.w.Nachw.; a. A.: Michalski/Römermann, a.a.O., § 47
GmbHG, Rdn. 248, 249 m.w.Nachw.).
64
bb.
65
Die gegen den Beschlussantrag seines Mitgesellschafters gerichtete Gegenstimme des
Beklagten war und ist jedoch deshalb nichtig, weil der Beklagte durch dieses
Stimmverhalten gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen hat, die ihm
gegenüber der Klägerin obliegt.
66
In seiner Funktion als Gesellschafter der Klägerin hatte und hat der Beklagte
insbesondere auch bei Abstimmungen in der Gesellschafterversammlung das Gebot zu
gesellschaftstreuem Verhalten zu beachten, das namentlich die Verpflichtung zur
Rücksichtnahme auf die Interessen der Gesellschaft beinhaltet (vgl. Scholz/-Winter,
a.a.O., § 14 GmbHG, Rdn. 50 ff. m.w.Nachw.; Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., Anh. zu
§ 47 GmbHG, Rdn. 50 ff. m.w.Nachw.; Michalski/Römermann, a.a.O., Anh. zu § 47
GmbHG, Rdn. 331 ff. m.w.Nachw.). Aus dieser Treuepflicht und dem damit
korrespondierenden Missbrauchsverbot können sich gegebenenfalls für den
Gesellschafter positive Stimmpflichten hinsichtlich eines Beschlussantrages ergeben
(vgl. BGHZ 98, 276, 278 ff.; BGH WM 1987, 341, 342; Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O.,
§ 47 GmbHG Rdn. 76 a m.w.Nachw.; Scholz/Schmidt, a.a.O., § 45 GmbHG, Rdn. 113
m.w.Nachw.). Hier war der Beklagte aufgrund seiner Treuebindung zur Klägerin - wie
oben im Einzelnen ausgeführt worden ist - (vergleiche Abschnitt B. I. 1. der Begründung)
als Geschäftsführer in Ansehung der Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse
der Klägerin verpflichtet, einer Herabsetzung seiner Geschäftsführervergütung
zuzustimmen. Mit dieser Pflicht korrespondiert die Pflicht des Beklagten, in seiner
Funktion als Gesellschafter der Klägerin einem entsprechenden Beschlussantrag
zuzustimmen, der gerade dies zum Gegenstand hat. Er durfte als Gesellschafter
dementsprechend nicht das verweigern, wozu er als Geschäftsführer der Klägerin
verpflichtet war. Dass er dies gleichwohl getan hat, stellt einen Verstoß gegen seine
Treuebindung dar, was die Nichtigkeit seiner Stimmabgabe und damit die
Unbeachtlichkeit seiner Gegenstimme zur Folge hat (vgl. BGH WM 1988, 23, 25; BGH
WM 1993, 1593, 1595; OLG Hamburg GmbHR 1992, 43, 47; Scholz/Winter, a.a.O., § 14
GmbHG Rdn. 61 m.w.Nachw.; Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 47 GmbHG, Rdn. 74
a m.w.Nachw.; Michalski/Römermann, a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG Rdn. 335).
67
3.
68
Der Anspruch der Klägerin auf Zustimmung des Beklagten zur Herabsetzung seiner
Geschäftsführervergütung besteht aber nur für die Zeit ab dem 01.04.2002 und nicht -
wie die Klägerin geltend macht - bereits ab dem 01.01.2002.
69
Diese zeitliche Beschränkung folgt daraus, dass die Herabsetzung der
Geschäftsführervergütung wegen einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der
Gesellschaft - abgesehen von dem Fall eines Verstoßes gegen das
Kapitalerhaltungsgebot - grundsätzlich nur für die Zukunft, also von dem Zeitpunkt an
verlangt werden kann, in dem der Anspruch gegen den Geschäftsführer geltend
gemacht wird (vgl. Michalski/Lenz, a.a.O., § 35 GmbHG, Rdn. 143; Bauder, BB 1993,
369, 371). Dies ist hier erst in bzw. im unmittelbaren Anschluss an die
Gesellschafterversammlung vom 19.03.2002 geschehen.
70
Dass die materiellen Voraussetzungen für ein derartiges Begehren bereits zuvor
vorgelegen haben mögen, ist deshalb ebenso ohne Belang wie der Umstand, dass der
Mitgesellschafter des Beklagten bereits im Jahre 2001 ein entsprechendes Verlangen
an den Beklagten gerichtet hat. Wie oben im Einzelnen ausgeführt wordenist, setzt der
Anspruch neben den materiellen Erfordernissen nämlich in formeller Hinsicht einen
entsprechenden Gesellschafterbeschluss voraus, der eben erst in der
Gesellschafterversammlung vom 19.03.2002 gefasst worden ist. In eben jener
Gesellschafterversammlung ist der Anspruch zugleich auch gegen den Beklagten
geltend gemacht worden. Denn sein Vertreter, dessen Kenntnisse sich der Beklagte
71
nach § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss, war in der Gesellschafterversammlung
anwesend und hat deshalb bei dieser Gelegenheit von dem in Rede stehenden
Abstimmungsergebnis und damit auch von dem Umstand Kenntnis erlangt, dass gegen
den Beklagten der Anspruch auf Herabsetzung des Geschäftsführergehaltes geltend
gemacht werden soll. In diesem Vorgang liegt unter den hier gegebenen Umständen -
anders als der Beklagte meint - nicht nur die innere Willensbildung der Klägerin,
sondern zugleich auch konkludent die Geltendmachung des Anspruchs gegen den
Beklagten als Geschäftsführer. Damit ist ihm die entsprechende Willenserklärung der
Klägerin gemäß § 130 Abs. 1 BGB zugegangen.
Im Zeitpunkt des Zugangs dieser Willenserklärung war der Beklagte daher verpflichtet,
dem Herabsetzungsverlangen zuzustimmen, und zwar bezogen auf alle in jenem
Zeitpunkt zukünftigen Vergütungsansprüche.
72
III.
73
Das Zahlungsbegehren der Klägerin ist ebenfalls teilweise, nämlich in Höhe von (7 x
4.302,44 EUR =) 30.117,08 EUR, begründet. Denn der Klägerin steht in dieser Höhe ein
Anspruch auf Rückzahlung der in der Zeit von April bis Oktober 2002 an den Beklagten
zu viel gezahlten Geschäftsführervergütung zu.
74
1.
75
Seine Rechtsgrundlage findet dieser Anspruch insbesondere in § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.
76
Der Beklagte hat im vorgenannten Zeitraum durch die von ihm als Geschäftsführer der
Klägerin veranlassten Zahlungen die monatlichen Gehälter in ungekürzter Form erlangt.
Ob ihm dieser Vermögensvorteil durch eine Leistung der Klägerin oder infolge eines
Eingriffs in deren Vermögen zugeflossen ist, hängt davon ab, ob sein die Zahlungen
veranlassendes Verhalten als Geschäftsführer der Klägerin kraft seiner
Vertretungsbefugnis (§ 35 GmbHG) der Klägerin zuzurechnen ist oder ob sich das
Verhalten in Anbetracht der Beschlusslage als Eingriff erweist. Dieser Frage braucht
indes nicht näher nachgegangen zu werden. Denn in beiden Fällen ist der Beklagte
gleichermaßen verpflichtet, die ohne Rechtsgrund erlangten Vergütungsteile
zurückzugewähren.
77
Für die Zahlung der vollen, ungekürzten Gehälter bestand im fraglichen Zeitraum kein
Rechtsgrund mehr. Wie oben im Einzelnen erörtert worden ist, hatte und hat die
Klägerin Anspruch darauf, dass der Beklagte einer Herabsetzung seines
Monatsgehaltes auf 2.600,00 EUR zustimmt. Diese Zustimmung ist zwar bis heute nicht
erfolgt und muss deshalb von der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit erstritten
werden. Dies führt - entgegen der Auffassung des Beklagten - aber nicht dazu, dass in
Ansehung des § 894 ZPO die die im Geschäftsführeranstellungsvertrag getroffene
Vergütungsabrede ändernde Vereinbarung, zu deren Abschluss der Beklagte
verpflichtet war und ist, erst mit Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung wirksam wird
und damit auch erst Wirkungen für die nach diesem Zeitpunkt liegende Zukunft entfaltet.
Zutreffend an der Ansicht des Beklagten ist nur, dass im Zeitpunkt der Rechtskraft der
Entscheidung kraft der gesetzlichen Fiktion des § 894 Abs. 1 S. 1 ZPO die vom
Beklagten abzugebende Willenserklärung als abgegeben gilt, seine Willenserklärung
also durch das Urteil ersetzt wird. Der Beklagte verkennt jedoch, dass dies keinen
Einfluss auf die bereits zuvor bestehende materielle Rechtslage hat, insbesondere den
78
Anspruch auf Abgabe der Willenserklärung nicht inhaltlich verändert. Bei § 894 ZPO
handelt es sich vielmehr um eine vollstreckungsrechtliche Norm, deren Bedeutung
allein darin liegt, einem materiell bestehenden Anspruch im Vollstreckungswege zur
Durchsetzung zu verhelfen. Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass mit der
Rechtskraft des vorliegenden Urteils die Zustimmung des Beklagten zur Herabsetzung
seines Gehaltes ab dem 01.04.2002 ersetzt wird. Damit wirkt die Entscheidung in
materieller Hinsicht auf den Zeitpunkt zurück, in dem der Beklagte dem
Herabsetzungsverlangen der Klägerin zustimmen musste. Dies folgt auch aus einer
entsprechenden Anwendung des § 162 BGB, der den allgemeinen Rechtsgedanken
enthält, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten oder verhinderten
Ereignis Vorteile herleiten darf (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 162 BGB,
Rdn. 6 m.w.Nachw.), und deshalb auch anzuwenden ist, wenn - wie hier- der
Verpflichtete sich treuwidrig geweigert hat, die vertraglichen Voraussetzungen für den
Eintritt der Rechtslage zu schaffen, auf die der Berechtigte Anspruch hat (vgl. OLG
Brandenburg NJW-RR 2000, 766, 767; Palandt/Heinrichs, a.a.O.). Da im vorliegenden
Fall - wie oben im Einzelnen ausgeführt worden ist - eine derartige Treuwidrigkeit des
Beklagten vorliegt, gilt hier seine Zustimmung somit, was ihre materiell-rechtlichen
Folgen angeht, als in dem Zeitpunkt erteilt, in dem der Beklagte sie hätte erteilen
müssen. Daraus folgt, dass der Beklagte ab dem 01.04.2002 lediglich noch ein
Geschäftsführergehalt in Höhe von 2.600,00 EUR beanspruchen konnte, die ihm
darüber hinaus zugeflossenen Beträge von ihm also ohne Rechtsgrund erlangt worden
sind.
Den Betrag von 30.117,08 EUR kann die Klägerin vom Beklagten im Übrigen auch -
worauf hilfsweise hingewiesen wird - im Wege des Schadensersatzes verlangen, und
zwar aufgrund der vom Landgericht herangezogenen Anspruchsgrundlage des § 43
Abs. 2 GmbHG, da der Beklagte schuldhaft seine Geschäftsführerpflichten verletzt hat,
indem er seine Zustimmung zu dem Herabsetzungsverlangen treuwidrig verweigert hat.
Wegen der Einzelheiten kann dabei auf die obigen Erwägungen sowie gemäß § 540
Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug
genommen werden.
79
3.
80
Nicht beanspruchen kann die Klägerin hingegen die teilweise Rückzahlung der in den
Monaten Januar bis März 2002 an den Beklagten ausgezahlten Gehälter.
81
a.
82
Da - wie oben ausgeführt - der Beklagte erst im Anschluss an die
Gesellschafterversammlung vom 19.03.2002 gehalten war, dem
Herabsetzungsverlangen der Klägerin zuzustimmen, hatte er bis zu diesem Zeitpunkt
Anspruch auf die im Anstellungsvertrag vom 19.06.1987 in Verbindung mit dem
Gesellschafterbeschluss vom 01.03.1993 vereinbarte Vergütung in Höhe von monatlich
6.902,44 EUR. In den ersten drei Monaten des Jahres 2002 hat er deshalb diese
Beträge mit Rechtsgrund erhalten.
83
b.
84
Insoweit ist er auch nicht aus einem anderen Rechtsgrund zur teilweisen Erstattung der
erhaltenen Geschäftsführervergütung verpflichtet. In Betracht zu ziehen ist insoweit
85
allein ein Anspruch aus §§ 30, 31 GmbHG. Dessen Voraussetzungen liegen indes nicht
vor.
§ 30 Abs. 1 GmbHG verbietet Zahlungen an Gesellschafter aus dem zur Erhaltung des
Stammkapitals erforderlichen Gesellschaftsvermögen, soweit sie nicht durch eine
gleichwertige Gegenleistung gedeckt sind (vgl. BGH LM Nr. 1 u. Nr. 3 zu § 30 GmbHG;
Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O., § 30 GmbHG, Rdn. 7 u. 12 m.w.Nachw.;
Scholz/Westermann, a.a.O., § 30 GmbHG, Rdn. 13). Dieser Maßstab gilt namentlich
auch für die Tätigkeitsvergütung, die ein Gesellschafter-Ge-schäftsführer für seine
Dienste erhält oder erhalten hat; von dem Verbot umfasst wird insofern nur die
Auszahlung überhöhter Vergütungen, während eine der Höhe nach angemessene
Vergütung, die gültig vertraglich vereinbart worden ist, auch dann weitergezahlt werden
darf, wenn dadurch das Stammkapital angegriffen wird (vgl. BGHZ 111, 224, 227; BGH
NJW 1992, 2894, 2896; Baumbach/Hueck/-Fastrich, a.a.O., § 30 GmbHG Rdn. 13;
Scholz/Westermann, a.a.O., § 30 GmbHG, Rdn. 19 m.w.Nachw.). Für die Frage, ob die
Vergütung im vorgenannten Sinne angemessen ist, sind die tatsächlich gewährten
Leistungen mit dem Gehalt zu vergleichen, das ein Fremdgeschäftsführer für die gleiche
Tätigkeit erhalten hätte. Da freilich den Gesellschaftern ein erheblicher
Ermessensspielraum bei der Bewertung der Leistungen ihres Geschäftsführers bleibt,
kommt der vertraglich festgesetzten Vergütung insofern eine Bedeutung zu, als sie zu
Grunde zu legen sein wird, wenn sie sich innerhalb des Ermessensspielraums hält (vgl.
BGHZ 111, 224, 227; BGH NJW 1992, 2894, 2896).
86
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze handelt es sich bei dem vorliegenden
Anstellungsvertrag des Beklagten um ein sogenanntes Drittgeschäft, dessen Erfüllung
nicht gegen § 30 Abs. 1 GmbHG verstößt. Bei der vertraglich vereinbarten
Geschäftsführervergütung handelte es sich - jedenfalls zunächst - unstreitig nach der
Auffassung aller Beteiligten um eine angemessene Entlohnung der Dienste des
Beklagten, und zwar auch unter Berücksichtigung der damaligen wirtschaftlichen Lage
der Klägerin. Sind aber - wie hier - bei der vertraglich en Festsetzung der Vergütung die
vorgenannten Umstände ausreichend berücksichtigt worden, so kann es im Hinblick auf
eine Verletzung des Kapitalerhaltungsgebots nicht von Bedeutung sein, ob zu einem
späteren Zeitpunkt bei der Gesellschaft eine Unterbilanz vorliegt und zur Erfüllung des
Vertrages deshalb Mittel herangezogen werden müssen, die zur Erhaltung des
Stammkapitals erforderlich sind. Denn Gesellschafter-Geschäftsführer können in diesem
Zusammenhang nicht anders behandelt werden als Fremd-Geschäftsführer. Die
unternehmerische Beteiligung an der Gesellschaft ist kein ausreichender Sachgrund,
die Leistung eines Gesellschafter-Geschäftsführers geringer zu vergüten als die
gleichwertige Arbeit eines entsprechenden Fremdgeschäftsführers (vgl. BGH NJW
1992, 2894, 2896).
87
Eine andere Beurteilung ist auch hier nicht deshalb geboten, weil sich im vorliegenden
Fall nicht nur die wirtschaftliche Lage der Klägerin negativ entwickelt hat, sondern die
Gesellschafter im Jahre 2000 darüber hinaus Beschlüsse gefasst und umgesetzt haben
- insbesondere die Einstellung des operativen Geschäftsder Klägerin -, die nicht ohne
Folgen für den Tätigkeitsumfang des Beklagten als Geschäftsführer geblieben sind.
Dabei wird nicht außer Acht gelassen, dass sich hierdurch das zuvor bestehende
Verhältnis der nach dem Anstellungsvertrag geschuldeten Leistungen und
Gegenleistungen in gewisser Weise verschoben hat. Dass dies jedoch in einem
solchen Ausmaß geschehen wäre, dass unter Außerachtlassung der wirtschaftlichen
Lage der Klägerin, allein unter diesem Aspekt die dem Beklagten geleistete Vergütung
88
so außer Verhältnis zu den von ihm erbrachten Diensten geriet und damit zwischen
seiner Tätigkeit und der dafür geleisteten Vergütung ein solches Ungleichgewicht
entstand, dass die Vergütung auch unter Berücksichtigung des den Gesellschaftern
eingeräumten Ermessensspielraums nicht mehr als angemessen angesehen werden
kann, lässt sich nicht feststellen. Hierzu reichen weder die Darlegungen der Klägerin
noch die Feststellungen des Sachverständigen, die dieser in seinem unter anderen
rechtlichen Vorgaben eingeholten Gutachten gemacht hat, aus. Von entscheidender
Bedeutung ist dabei vor allem, dass die Klägerin und ihre Gesellschafter das Verlagen
auf Herabsetzung der Geschäftsführervergütung eben nicht unter dem Gesichtspunkt
der reduzierten Tätigkeit des Beklagten, sondern in allererster Linie, wenn nichtgar
ausschließlich, unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin
diskutiert und beschlossen haben. Dies ergibt sich zum einen aus der Begründung der
in Rede stehenden Beschlussanträge in den Einladungsschreiben zu den
Gesellschafterversammlungen vom 19.02.2002 und 19.03.2002 (Bl. 59 bis 66 GA), bei
der allein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse abgestellt wird. Vor allem aber ergibt es
sich aus der in der Gesellschafterversammlung vom 19.03.2002 erfolgten
Beschlussfassung selbst, die klar und eindeutig auf die Geltendmachung des
Anspruchs auf Zustimmung des Beklagten zur Gehaltsreduzierung gerichtet ist, also auf
eine Vorgehensweise (Zustimmung), deren es für die Geltendmachung eines
Rückzahlungsbegehrens nach §§ 30, 31 GmbHG nicht bedurfte. Diese Umstände
lassen mit starker Indizwirkung darauf schließen, dass die Gesellschafter der Klägerin
bei ihrer Beschlussfassung selbst nicht davon ausgingen, dass die Reduzierung des
Aufgaben- und Tätigkeitsumfangs des Beklagten allein ausreiche, um seine
Geschäftsführervergütung - unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Klägerin - als
unangemessen erscheinen zu lassen. Die darin zum Ausdruck kommende
Ermessensausübung ist hinzunehmen, da sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für
eine Überschreitung des Ermessensspielraumes feststellen lassen.
IV.
89
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
90
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708
Nr. 10, 7 11 ZPO.
91
Der Wert der Beschwer des Beklagten beträgt mehr als 20.000 EUR, der Wert der
Beschwer der Klägerin weniger als 20.000 EUR.
92
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 2 ZPO
nicht vor.
93
Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird - in Abänderung der vom
Landgericht dies bezüglich getroffenen Entscheidung - auf 265.846,88 EUR festgesetzt.
Der Streitwert für das zweitinstanzliche Verfahren wird auf 219.526,88 EUR festgesetzt
(§ 3 ZPO i.V.m. § 9 ZPO ).
94
a.
S. H.
95
I-17 U 164/03 11 O 52/02 LG Krefeld
96
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
97
IM NAMEN DES VOLKES
98
BESCHLUSS
99
In pp.
100
hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht P. sowie der Richter am
Oberlandesgericht S. und H. am 26. März 2004
101
b e s c h l o s s e n :
102
Der Tenor des am 5. März 2004 verkündeten Urteils des Senats wird gem. § 319
Abs. 1 von Amts wegen wie folgt berichtigt:
103
In der ersten Zeile des 3. Absatzes des Tenors auf Seite 2 des Urteils werden die
Wörter "an die Beklagte" durch die Wörter "an die Klägerin" ersetzt.
104
G r ü n d e :
105
Das vorgenannte Urteil ist gem. § 319 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu berichtigen, da
es an dem oben genannten offensichtlichen Schreibfehler leidet.
106
a.
S. H.
107
108