Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.05.2006

OLG Düsseldorf: verwalter, treu und glauben, einberufung, ex tunc, wichtiger grund, bevollmächtigung, ungültigerklärung, verwaltungsvertrag, ermächtigung, auflage

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 Wx 51/06
Datum:
30.05.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-3 Wx 51/06
Vorinstanz:
Landgericht Mönchengladbach, 5 T 441/05
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird – unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels teilweise dahin geändert, dass der
Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 9. August 2004
zu TOP 3 (Bevollmächtigung des Beirates, für die
Eigentümergemeinschaft den Verwaltungsvertrag abzuschließen) für
ungültig erklärt wird.
Die gerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens tragen der
Antragsteller und die Antragsgegner je zur Hälfte.
Außergerichtliche Kosten werden in allen drei Rechtszügen nicht
erstattet.
Wert: bis 12.000,00 €
I.
1
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage H. 64 in
Mönchengladbach.
2
In der Eigentümerversammlung vom 13. Februar 2004 bestellte die
Eigentümergemeinschaft die Beteiligte zu 3 zur Verwalterin und ermächtigte den
Verwaltungsbeirat, mit dieser den Verwaltervertrag abzuschließen. Auf die Anfechtung
dieser Beschlüsse durch den Beteiligten zu 1, der sich zuvor selbst mit Schreiben vom
25. Januar 2004 gegenüber dem Beiratsvorsitzenden als Verwalter der Anlage
beworben hatte, erklärte das Amtsgericht Mönchengladbach - 17 II 17/04 WEG - die
vorgenannten Eigentümerbeschlüsse am 21. Juli 2004, rechtskräftig seit dem 10. August
2004, für ungültig, weil ein Verwaltervertrag mit der Firma S. GmbH & Co KG auf der
Basis eines Angebots vom 13. Februar 2004 wegen der Bestimmungen M4
(Mindesthonorar für Gerichtsverfahren) und M6 (Sonderhonorar für aufwendige
Instandsetzungen) nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche.
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Mit Schreiben vom 27. Juni 2004 (richtig: 27. Juli 2004) lud der Verwaltungsbeirat ein zu
einer Eigentümerversammlung am 9. August 2004 mit den Tagesordnungspunkten
Wahl eines Versammlungsleiters, Wahl eines Verwalters, Bevollmächtigung des
Beirates, für die Eigentümergemeinschaft den Verwaltungsvertrag abzuschließen, ein.
In der Eigentümerversammlung vom 9. August 2004 fasste die Eigentümerversammlung
folgende Mehrheitsbeschlüsse:
4
Top1:
5
Als Versammlungsleiter wurde Herr F. gewählt.
6
Top 2:
7
Die S. GmbH & Co. KG (...) ist hiermit ab dem 09.08.2004 für den gesetzlich
zulässigen Zeitraum bis zum 31.12.2008 als Verwalter bestellt.
8
Top 3:
9
Herr F. als Mitglied des Verwaltungsbeirates ist beauftragt und bevollmächtigt,
den Verwaltungsvertrag mit Leistungskatalog für alle Miteigentümer
abzuschließen, eine eventuelle Kündigung entgegenzunehmen bzw. im
Vertragszeitraum zu ergänzen/ anzupassen. Der Neuabschluss des
Verwaltungsvertrages erfolgt auf der Basis des Verwaltungsangebots vom
27.07.2004.
10
Der Beteiligte zu 1 hat die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 9. August 2004
zu TOP 2 und 3 angefochten. Zur Begründung hat der Beteiligte zu 1 im Wesentlichen
ausgeführt, es liege ein Einladungsmangel vor, da der Verwaltungsbeirat eingeladen
habe. Darüber hinaus entspreche der Verwaltungsvertrag nicht ordnungsgemäßer
Verwaltung und sei daher insgesamt unwirksam. Daher seien auch die
Verwalterbestellung und die Ermächtigung zum Abschluss des Verwaltervertrages
anfechtbar.
11
Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 16. September 2005 die
Beschlüsse aus der Eigentümerversammlung vom 9. August 2004 zu Top 2 und Top 3
für unwirksam erklärt, da mehrere Regelungen in dem Verwaltervertrag den Beteiligten
zu 1 unangemessen benachteiligen würden und daher die Bestellung der Beteiligten zu
3 zur Verwalterin und der Abschluss des Verwaltervertrages nicht ordnungsgemäßer
Verwaltung entsprächen.
12
Hiergegen haben die Beteiligten zu 2 und 3 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie haben
die Regelungen im Verwaltervertrag für wirksam gehalten. Zudem führe die
Unwirksamkeit des Verwaltervertrages nicht zur Anfechtbarkeit der Verwalterbestellung
und der Ermächtigung des Verwaltungsbeirates zum Vertragsschluss. Der
Verwaltervertrag habe in der Eigentümerversammlung vom 9. August 2004 vorgelegen
und sei in Gegenwart aller Teilnehmer vom Vorstand des Verwaltungsbeirates
unterzeichnet worden.
13
Die Beteiligte zu 2 und 3 haben beantragt,
14
die amtsgerichtliche Entscheidung zu ändern und die Anträge des Beteiligten zu 1
zurückzuweisen.
15
Das Landgericht hat nach mündlicher Verhandlung mit Beschluss vom 20. Februar 2006
den Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 16. September 2005 geändert
und dahin neu gefasst, dass die Anträge des Beteiligten zu 1 auf Ungültigerklärung der
Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 9. August 2004 zu TOP 2
(Wahl eines Verwalters) und zu TOP 3 (Bevollmächtigung des Beirates, für die
Eigentümergemeinschaft den Verwaltungsvertrag abzuschließen) zurückgewiesen
werden.
16
Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 sein auf
Ungültigerklärung der Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 9.
August 2004 zu TOP 2 (Wahl eines Verwalters) und zu TOP 3 (Bevollmächtigung des
Beirates, für die Eigentümergemeinschaft den Verwaltungsvertrag abzuschließen)
gerichtetes Begehren weiter.
17
Die Beteiligten zu 2 und 3 treten dem Rechtsmittel entgegen.
18
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
19
II.
20
Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere
Beschwerde ist teilweise (TOP 3) begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht
insoweit auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 27 FGG, im Übrigen hält sie einer
rechtlichen Nachprüfung stand.
21
1.
22
Das Landgericht hat ausgeführt, die sofortige Beschwerde sei begründet. Der Antrag auf
Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse sei innerhalb der Frist des § 23 Abs. 4
WEG am 9. September 2004 beim Amtsgericht eingegangen.
23
1. Formelle Rechtmäßigkeit
24
Ein Einberufungsmangel wegen Einberufung durch eine unzuständige Person liege
nicht vor. Zwar müsse die Eigentümerversammlung gemäß § 24 Abs. 2 WEG vom
Verwalter einberufen werden. § 24 Abs. 3 WEG sehe jedoch eine Ausnahme für den
Fall vor, dass ein Verwalter fehlt; dann könne die Versammlung auch vom Vorsitzenden
des Verwaltungsbeirats einberufen werden. So liege der Fall hier. Die Bestellung der
Beteiligten zu 3 zur Verwalterin in der Eigentümerversammlung vom 13. Februar 2004
sei durch das Amtsgericht Mönchengladbach in dem Vorverfahren durch Be-schluss
vom 21. Juli 2004 für ungültig erklärt worden. Da diese Ungültigerklärung ex tunc wirkt,
habe es im Zeitpunkt der Einberufung an einem Verwalter gefehlt (vgl. Bärmann/
Pick/Merle, WEG, 9. Auflage, § 24 Rn. 20 und § 23 Rn. 203), so dass es auf die
Tatsache, dass der Beschluss im Zeitpunkt der Eigentümerversammlung noch nicht
rechtskräftig gewesen sei, nicht ankomme.
25
Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 1 sei die Einberufung der
Eigentümerversammlung vom 9. August 2004 durch das Einladungsschreiben vom 27.
26
Juli 2004 auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die wesentlichen Bestandteile des
Verwaltervertrages nicht vorab mit der Einladung bekannt gegeben worden seien.
Gemäß § 23 Abs. 2 WEG sei zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich, dass der
Gegenstand der Wohnungseigentümerversammlung bei der Einberufung bezeichnet ist.
Dies sei durch die Angabe "Wahl eines Verwalters" in dem Einladungsschreiben erfolgt.
Sei in einer Einladung als Tagesordnungspunkt eine Beschlussfassung über die "Wahl
eines Verwalters" enthalten, so sei für jeden Wohnungseigentümer erkennbar, dass
damit nicht nur die Bestellung eines Verwalters an sich beschlossen werden solle,
sondern auch die wesentlichen Bedingungen des Verwaltervertrages beraten und
beschlossen werden könnten [BayObLGZ 1981, 220, 226; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O.,
Rn. 81; vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 21. April 1998 - 2 Z BR 26/98, 2 ZR 43/98 -
und OLG Celle, Beschluss vom 14. Februar 2002 - 4 W 6/02 - zu gleichgelagerten
Fallkonstellationen].
2. Materielle Rechtmäßigkeit
27
Es sei zwischen der Verwalterbestellung, der Ermächtigung zum Abschluss des
Verwaltervertrages und dem Verwaltervertrag an sich zu trennen. Vorliegend seien nur
die ersten beiden Punkte Gegenstand der angefochtenen Beschlüsse der
Eigentümerversammlung gewesen, so dass die Frage der Teil- bzw.
Gesamtunwirksamkeit des Verwaltervertrages für die Entscheidung keine Rolle spiele.
28
a) Beschluss über die Verwalterbestellung (Top 2)
29
Nach der sogenannten Vertragstheorie [vgl. Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 26 Rn. 25]
sei die Wirksamkeit der Bestellung des Verwalters bedingt durch den Abschluss eines
rechtsgültigen schuldrechtlichen Vertrages, in dem der Verwalter zumindest die
essenziellen Pflichten als Organ übernimmt. Nach der sogenannten Trennungstheorie
[Bärmann/Pick/Merle, a.a.O.] würden die Rechte und Pflichten des Verwalters allein
durch den Bestellungsakt begründet. Die Kammer halte die Trennungstheorie für
überzeugend, da der Nachweis der Verwaltereigenschaft ausschließlich durch den
Bestellungsbeschluss erbracht werden könne und es insoweit auf den Verwaltervertrag
nicht ankomme [vgl. auch Bärmann/Merle/Pick, a.a.O., Rn. 26]. Daher seien die
Ausführungen der Beteiligten, ob der Verwaltervertrag gegebenenfalls wegen Verstoßes
gegen §§ 134,138, 306 BGB teilweise oder ganz (§ 139 BGB) nichtig ist, nicht
streitentscheidend. Entscheidend sei allein, ob die Verwalterbestellung
ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 3 WEG entspricht. Das sei nicht
der Fall, wenn sich ein Eigentümerbeschluss auf die Bestellung eines Verwalters
beschränke, ohne in irgendeiner Weise Regelungen wenigstens zu den wichtigsten
Elementen des Verwaltervertrages zu treffen, nämlich den Bestellungszeitraum sowie
die Höhe der Verwaltervergütung [OLG Hamm, Beschluss vom 4. Juni 2002 - 15 W
66/02, JURIS Nr. KÖRE 434872002]. Ausweislich des Protokolls der
Eigentümerversammlung sei die Verwalterbestellung unter Angabe des
Bestellungszeitraums erfolgt. Der Mitgeschäftsführer der Beteiligten zu 3 habe
anlässlich seiner persönlichen Anhörung in der Sitzung vom 6. Dezember 2005 erklärt,
dass die Änderungen in dem neuen Verwaltervertrag, insbesondere auch die Änderung
der Grundvergütung, vor Beschlussfassung mit den anwesenden
Wohnungseigentümern besprochen worden seien. Diese Erklärung habe der Beteiligte
zu 1 - insoweit nicht protokolliert - ausdrücklich nicht bestritten. Somit seien die
wesentlichen Elemente des Verwaltervertrages vor der Beschlussfassung erörtert
worden, so dass die Verwalterbestellung ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche und
30
der Antrag auf die Ungültigkeitserklärung insoweit zurückzuweisen gewesen sei.
b)
(TOP 3):
31
Es sei in der Rechtsprechung streitig, ob die Wohnungseigentümer dem
Verwaltungsbeirat oder einem Dritten die Befugnis zum Aushandeln und Abschluss des
Verwaltervertrages mit Stimmenmehrheit übertragen könnten. Das OLG Düsseldorf
[Beschluss vom 24. September 1997 - 3 Wx 221/97 -] verneine dies, da eine solche
Delegation nur in Form einer Vereinbarung gemäß § 10 WEG herbeigeführt werden
könne [vgl. auch Bärmann/Pick/Merle, a. a. O., § 26 Rn. 89 und § 29 Rn. 93 ff.].
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Nach Auffassung des OLG Köln [Beschluss vom 9. Juli 1990 - 16 Wx 173/89, Juris Nr.
KÖRE 546389015 -] und des OLG Hamm [Beschluss vom 19. Oktober 2000 – 15 W
133/00, Juris Nr. KÖRE 545552001-] könne eine solche Bevollmächtigung durch
Mehrheitsbeschluss erfolgen.
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Diese Streitfrage bedürfe vorliegend keiner Entscheidung, da der Verwaltungsbeirat
auch nach Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf [a.a.O.] aufgrund
Mehrheitsbeschlusses bevollmächtigt werden könne, den Vertrag mit dem Verwalter
abzuschließen, nachdem die Wohnungseigentümer über die Bestellung des Verwalters,
den maßgeblichen Inhalt und den Abschluss des Verwaltervertrages beschlossen
haben. Wie bereits ausgeführt wurde, seien die in der Eigentümerversammlung
anwesenden Wohnungseigentümer vor Fassung der Beschlüsse über den wesentlichen
Inhalt des Verwaltervertrages (Laufzeit und Vergütung) informiert worden. Im Anschluss
daran hätten sie durch Mehrheitsbeschluss den Verwaltungsbeirat zum Abschluss des
Verwaltervertrages bevollmächtigt. Somit habe das Aushandeln des wesentlichen
Vertragsinhaltes nicht dem Verwaltungsbeirat oblegen, sondern der
Eigentümergemeinschaft, so dass die Ermächtigung nicht gegen § 26 WEG verstoße.
Eine solche Handhabung entspreche in der Regel auch einem praktischen Bedürfnis,
da es bei großen Wohnungseigentümergemeinschaften einen großen Aufwand
darstelle, wenn sämtliche Eigentümer den Vertrag unterzeichnen müssten.
34
Mithin sei auch der Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses über die
Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirates zum Abschluss des Verwaltervertrages
zurückzuweisen.
35
2.
36
Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen
Nachprüfung nur zum Teil stand.
37
a)
der Eigentümerversammlung vom 9. August 2004 fehlerhaft erfolgt ist.
38
aa)
39
Die Eigentümerversammlung ist gemäß § 24 Abs. 2 WEG grundsätzlich vom Verwalter
einzuberufen. Für den Fall, dass ein Verwalter fehlt, kann die Versammlung auch vom
Beiratsvorsitzenden einberufen werden, § 24 Abs. 3 WEG. Es kann offen bleiben, ob
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vorliegend die Voraussetzung einer wirksamen Einladung durch den Verwaltungsbeirat
gegeben waren, ob also insbesondere mit Blick auf die Wirkung des Beschlusses des
Amtsgerichts Mönchengladbach - 17 II 17/04 WEG – vom 21. Juli 2004 bereits zur Zeit
der Einladung vom 27. Juli 2004 vom Nichtvorhandensein eines Verwalters
auszugehen war. Denn – die Unzulässigkeit einer Einberufung durch den
Beiratsvorsitzenden unterstellt – kommt es entscheidend darauf an, ob dieses für die
Beschlussfassung ursächlich war (BayOblG ZWE 2002, 360, 362; Staudinger-Bub 13.
Bearbeitung 2005 § 24 WEG Rdz. 152). Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn der
Verwalter oder einzelne Wohnungseigentümer an der
Wohnungseigentümerversammlung nicht teilgenommen haben, weil sie die Einberufung
für unwirksam gehalten haben, da dann nicht ausgeschlossen werden kann, dass deren
Diskussionsbeiträge zu einem anderen Ergebnis geführt hätten (Staudinger-Bub a.a.O.).
bb)
41
Vorliegend ist der Beteiligte zu 1 zwar - wie sich aus der Anwesenheitsliste ergibt - zu
der Eigentümerversammlung vom 9. August 2004 nicht erschienen. Nichts,
insbesondere nicht der gewöhnliche Gang der Dinge, spricht indes dafür, dass dies
deshalb geschehen ist, weil er die Einberufung schon damals mit Rücksicht auf ein
Fehlen der Einberufungskompetenz des Verwaltungsbeirats für unwirksam gehalten hat.
Der Beteiligte zu 1 behauptet dies nicht einmal, sodass aus diesem Grunde die
Ursächlichkeit eines etwaigen Einladungsmangels zu verneinen ist.
42
b)
43
Den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses über die
Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirates zum Abschluss des Verwaltervertrages
(TOP 3) hat die Kammer zu Unrecht abgewiesen.
44
aa)
45
Zu Recht ist die Kammer zunächst davon ausgegangen, dass es den
Wohnungseigentümern unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung
nicht prinzipiell verwehrt war, nach Bestellung der Beteiligten zu 3 zur Verwalterin den
Verwaltungsbeirat im Wege des Mehrheitsbeschlusses zu bevollmächtigen, den Vertrag
mit dem Verwalter abzuschließen. Die Senatsentscheidung vom 24. September 1997 –
3 Wx 221/97 NZM 1998, 36 steht – so zutreffend das LG – nicht entgegen, weil nicht das
Aushandeln des Verwaltervertrages als Kernkompetenz der Eigentümer, sondern nur
dessen Abschluss auf der Basis des Verwaltungsangebots vom 27. Juli 2004 in die
Hände des Beirats gelegt wurde. Dies ergibt sich auch aus den in der Einladung
verwendeten Formulierungen ("abzuschließen", nicht zu verhandeln) und zeigt sich
nicht zuletzt darin, dass der Verwaltervertrag ohne substantielle Verhandlungen zeitnah
noch in der Eigentümerversammlung vom Verwaltungsbeirat unterschrieben worden ist,
die Unterschrift also nicht ein von diesem gegenüber dem Verwalter erzieltes
Verhandlungsergebnis belegt, sondern den Eigentümerbeschluss des
Verwaltervertrages mit dem Inhalt des Verwaltungsangebots vom 27. Juli 2004 (vgl.
Staudinger-Bub a.a.O. § 29 Rdz. 122 mit Nachweisen).
46
bb)
die Beschlussfassung über den Verwaltervertrag im Rahmen ordnungsgemäßer
47
Verwaltung hält. Deshalb ist der Ermächtigungsbeschluss zu TOP 3 auf den Antrag des
Beteiligten zu 1 für ungültig zu erklären, wenn der beschlossene Verwaltervertrag den
Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht (vgl. Staudinger-Bub a.a.O.).
Dies ist vorliegend der Fall.
48
Denn der Verwaltervertrag, der seinem äußeren Erscheinungsbild nach für eine
Mehrzahl von Fällen vorformuliert wurde und deshalb der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff.
BGB unterliegt (BayObLG WuM 1991, 312 f.), enthält – wie das Amtsgericht zutreffend
dargestellt hat - mehrere Klauseln, die die Wohnungseigentümer gegenüber der
gesetzlichen Regelung benachteiligen und den Grundsätzen der Inhaltskontrolle nicht
standhalten.
49
Nach § 307 Abs. 1 BGB sind insbesondere Bestimmungen in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders
entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, wobei
sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben kann, dass die Bestimmung
nicht klar und verständlich ist.
50
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit führt eine Inhaltskontrolle zu der Beurteilung, dass
jedenfalls folgende Klauseln aus dem in der Eigentümerversammlung vom 9. August
2004 vom Verwaltungsbeirat unterschriebenen Verwaltervertrag mit der Beteiligten zu 3
als unwirksam zu gelten haben:
51
(a) § 2 Ziffer 2.5
52
Grundsätzlich unterliegt der Verwalter wegen der zu besorgenden Interessenkollision
dem Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB, so dass er in der Regel nicht mit sich
im Namen der Wohnungseigentümer Rechtsgeschäfte vornehmen darf (Staudinger-Bub
a.a.O. § 26 Rdz. 259). Zwar kann der Verwalter durch eine individuelle Regelung im
Verwaltervertrag von dieser Regelung befreit werden (BayOblG DWE 1983, 126;
Staudinger-Bub a.a.O. § 27, 45). Allerdings benachteiligt eine Befreiung in einem – wie
hier - vom Verwalter gestellten Verwaltervertrag die Wohnungseigentümer
unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 2 BGB
und ist daher nichtig (Staudinger-Bub a.a.O. mit Nachweisen).
53
(b) § 4 Ziffer 4.3
54
Hier wird die Verjährung wechselseitiger Ansprüche der Parteien aus vertraglichem
oder gesetzlichem Grunde auf Erfüllung oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung
– entgegen § 195 BGB, der eine Regelverjährung von 3 Jahren vorsieht - auf 2 Jahre
festgelegt. Weiter wird der Beginn der Verjährungsfrist – entgegen § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB - nicht an die Kenntnis des Gläubigers geknüpft, sondern soll mit dem Tag der
Zuwiderhandlung oder dem erstmaligen Unterlassen beginnen.
55
Hierin liegt ein Verstoß gegen § 309 Nr. 7 a BGB, wonach die Haftung des Verwenders
für Schäden aus Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit sowie für sonstige
Schäden im Falle groben Verschuldens in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht
ausgeschlossen werden kann. Eine unzulässige Haftungsbegrenzung liegt auch vor,
wenn die Verjährung abgekürzt wird (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 440; Palandt-
Heinrichs, BGB 65. Auflage 2006 § 309 Rdz. 44; vgl. auch Gottschalg , MietRG-
56
Beratungspraxis 2004, 183, 184).
(c) § 2 Ziffer 2.8.
57
Hiernach soll der Verwalter berechtigt sein, jederzeit auf Kosten der
Eigentümergemeinschaft Sonderfachleute zu beauftragen, soweit er dies zur Klärung
oder Bearbeitung von technischen, juristischen, buchhalterischen oder sonstigen
Aufgaben im Sinne ordnungsgemäßer Verwaltung für geboten hält.
58
Eine zur Unwirksamkeit dieser AGB-Klausel führende unangemessene Benachteiligung
(§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) ergibt sich auch daraus, dass die Bestimmung in mehrfacher
Hinsicht unklar ist. Denn zum Einen ist das Ob der Beauftragung quasi in das Belieben
des Verwalters gestellt, zum Anderen sind der Umfang der Tätigkeit und die Kosten der
Sonderfachleute in keiner Weise begrenzt, was zur Folge hat, dass sich das
wirtschaftliche Risiko der Gemeinschaft nicht abschätzen lässt (vgl. auch Senat NJW-
RR 2001, 660).
59
(d) § 3 a
60
Hiernach soll der Verwalter nur zur Abhaltung einer Eigentümerversammlung pro
Wirtschaftsjahr als Grundleistung verpflichtet sein. Diese Klausel ist weder hinreichend
klar noch hält sie einer Angemessenheitsüberprüfung nach § 307 BGB stand. Zu den
Grundpflichten des Verwalters gehört es, mindestens einmal im Jahr eine
Eigentümerversammlung einzuberufen und durchzuführen (§ 24 Abs. 1 WEG). Dies wird
von der Grundvergütung erfasst. Kommt es aus Gründen, die der Verwalter zu vertreten
hat (z.B. Einberufungsmängeln; Fehler der Jahresabrechnung) zu einer weiteren
Eigentümerversammlung, so kann er dafür – was die Vertragsklausel durch eine
entsprechende Einschränkung der Zusatzvergütungspflicht für den Fall schuldhaften
Verwalterhandelns vorzusehen hat – eine Sondervergütung nicht beanspruchen
(Gottschalg a.a.O. S. 186).
61
cc)
62
Mit Blick auf die Anzahl und die Qualität der missbilligten Klauseln und deren
Bedeutung für das Vertragswerk insgesamt, führt eine zusammenfassende Würdigung
des Senats zu der Bewertung, dass der Verwaltervertrag mit den Grundsätzen
ordnungsgemäßer Verwaltung nicht in Einklang steht, weshalb auch der die
Ermächtigung des Verwaltungsbeirats zu diesem Vertragsschluss aussprechende
Eigentümerbeschluss zu TOP 3 nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und auf
den Antrag des Beteiligten zu 1 aufzuheben ist.
63
c)
64
Den Beschluss über die Verwalterbestellung (Top 2) hat die Kammer dagegen zu Recht
unbeanstandet gelassen.
65
aa)
66
Nach der herrschenden und vom Senat geteilten Trennungstheorie ist strikt zwischen
der Bestellung des Verwalters als Organisationsakt einerseits und dessen
67
rechtsgeschäftlicher Ausführung (Verwaltervertrag) andererseits zu unterscheiden (BGH
NZM 2002, 788, 790; Staudinger-Bub a.a.O. § 26 Rdz. 132; Weitnauer-Lüke WEG 9.
Auflage 2005 § 26 Rdz. 10).
Dies hat zur Folge, dass der Eigentümerbeschluss vom 9. August 2004 zu TOP 2 über
die Bestellung der "S. GmbH & Co KG" als Verwalterin losgelöst von dem vorliegenden
und den in der Eigentümerversammlung anwesenden Beteiligten "unstreitig"
vorgestellten Verwaltungsangebots vom 27.07.2004 und dem noch in der Versammlung
geschlossenen Verwaltervertrag gesehen werden muss. Als solche ist sie nicht zu
beanstanden.
68
Die Bestellung des Verwalters gehört zu den Angelegenheiten der ordnungsgemäßen
Verwaltung. Dem entsprechend kann jeder Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 3, 4
WEG verlangen, dass sich die Beschlussfassung über die Verwalterbestellung im
Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung hält (BayObLG WE 1991, 167, 168; Staudinger-
Bub a.a.O. § 26 Rdz. 167). Die Ungültigerklärung eines Beschlusses über die
Verwalterbestellung kann u. A. erfolgen, wenn die Bestellung den Grundsätzen
ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht, weil die Bestellung nicht wenigstens die
wichtigsten Elemente des Verwaltervertrages, nämlich die Vertragslaufzeit und die
Vergütung mitregelt (vgl. OLG Hamm, ZWE 2002, 486), oder wenn in der Person des
Verwalters ein wichtiger Grund gegen seine Bestellung vorliegt. Ein solcher Grund ist
entsprechend den für die Abberufung des Verwalters geltenden Grundsätzen nach
allgemeiner Meinung dann gegeben, wenn unter Berücksichtigung aller, nicht
notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände eine Zusammenarbeit mit dem
gewählten Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört
bzw. von vornherein nicht zu erwarten ist. Dies wird dann der Fall sein, wenn Umstände
vorliegen, die den Gewählten als unfähig oder ungeeignet für das Amt erscheinen
lassen. Weil sich im Gegensatz zur Abberufung eines Verwalters, wo sich die Mehrheit
gegen den Verwalter entschieden hat, im hier gegebenen Fall der Bestellung die
Mehrheit der Wohnungseigentümer für den Verwalter entschieden hat, sind bei der
Anfechtung des Bestellungsbeschlusses höhere Anforderungen an das Vorliegen des
wichtigen Grundes als bei der Abberufung zu stellen. Denn die Gerichte sollen nicht
ohne zwingende Notwendigkeit in die Mehrheitsentscheidung der Eigentümer
eingreifen ( BGH NJW 2002, 3240, 3243; BayObLG NZM 2001, 754, 756; NZM 2000,
510 , 511; OLG Köln NZM 1999, 128 ; Senat ZMR 2006, 144; Staudinger-Bub a.a.O. §
26 Rdz. 160; Bärmann/Pick/Merle WEG, 9. Auflage, § 26 Rdz. 166).
69
bb)
70
Dass die wichtigsten Elemente des Verwaltervertrages Eingang in die
Beschlussfassung über die Bestellung der Beteiligten zu 3 gefunden haben, hat die
Kammer rechtlich einwandfrei und nicht ergänzungsbedürftig ausgeführt.
71
Anhaltspunkte für eine allgemeine Unfähigkeit oder Ungeeignetheit der Beteiligten zu 3
für das Amt der Verwalterin sind nicht ersichtlich.
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Denkbar wäre allerdings, von vornherein eine nachhaltige und tiefgehende Störung des
Vertrauensverhältnisses daraus abzuleiten, dass die Beteiligte zu 3 trotz Aufhebung
ihrer Verwalterbestellung im Vorverfahren mit dem Verwaltungsangebot vom 27. Juli
2004 den Wohnungseigentümern einen Vertragsschluss angedient hat, der zahlreiche
Klauseln enthält, die die Eigentümer gegenüber der gesetzlichen Lage benachteiligen
73
und die zum Teil auch einer Überprüfung nach §§ 306 ff. BGB nicht standhalten. Hierbei
ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich für die Beteiligte zu 3 – nachdem im
Vorverfahren von Seiten des Amtsgerichts nur zwei Punkte beanstandet worden waren,
die die Beteiligte zu 3 immerhin gegenüber dem ursprünglichen Angebot modifiziert hat,
eine weitergehende Überprüfung des Angebots nicht konkret aufdrängte. Denn die
Problematik weiterer von ihr gestellter vertraglicher Klauseln ist der Beteiligten zu 3 erst
im Nachhinein im vorliegenden Verfahren durch die Gründe des amtsgerichtlichen
Beschlusses vom 16. September 2005 vor Augen geführt worden. Bei dieser Sachlage
kann aus dem Umstand, dass auch das geänderte Verwaltungsangebot weitere
rechtlich bedenkliche, die Wohnungseigentümer womöglich benachteiligende Klauseln
enthielt, ohne Hinzutreten weiterer nicht gegebener Umstände nicht schon eine
nachhaltige und tiefgehende Störung des Vertrauensverhältnisses abgeleitet werden.
3.
74
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.
75