Urteil des OLG Düsseldorf vom 10.12.2009

OLG Düsseldorf (zpo, vernehmung von zeugen, kind, abweisung der klage, eltern, vernehmung, brand, schaden, gesetzliche vermutung, überwiegende wahrscheinlichkeit)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-5 U 58/09
Datum:
10.12.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-5 U 58/09
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 31.03.2009 verkündete Ur-
teil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg
- Az: 8 O 59/08 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
1
A.
2
Die Beklagten, Eltern des am 06.09.1999 geborenen N… S…, werden von der Klägerin
wegen der Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht im Zusammenhang mit einem
nach klägerischer Behauptung von N… S… am 05.09.2007 gelegten Brand auf
Schadensersatz in Anspruch genommen. Nach der Darstellung der Klägerin, die an der
Katholischen Grundschule in der H…straße in D… Dachdeckerarbeiten durchgeführt
hatte und zu diesem Zweck Baumaterialien auf dem Schulhof gelagert hatte, soll der
damals fast 8 Jahre alte N… S… mittels eines Feuerzeuges die auf dem Schulhof
gelagerten Baumaterialien in Brand gesetzt haben. Den Brandschaden hat die Klägerin
mit 14.672,28 € beziffert.
3
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen
Feststellungen im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
4
Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen und Beiziehung der Ermittlungsakte
der Staatsanwaltschaft die Beklagten antragsgemäß als Gesamtschuldner zur Zahlung
von 14.672,28 € nebst gesetzlichen Zinsen seit dem 11.09.2008 verurteilt. Diese
5
Entscheidung hat es im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen begründet:
Auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme sei das Gericht zu der
Überzeugung gelangt, dass N… S… die Baumaterialien der Klägerin in Brand gesetzt
und damit widerrechtlich zerstört habe. Hierbei hat sich das Landgericht auf die
Bekundungen der Zeugen N… B…, N… G… und der Zeugin L… gestützt (GA 116 – 119
oben). Für die Täterschaft des N… S… spreche auch dessen polizeiliche Vernehmung
sowie die seiner Schwester V…. Der Inhalt der diesbezüglichen Protokolle sei
zulässigerweise Gegenstand der Beweisaufnahme, ohne dass es einer persönlichen
Vernehmung der Zeugen bedurft habe (i.E. GA 119).
6
Die insoweit darlegungsbelasteten Beklagten hätten trotz Hinweises nicht ausreichend
dargelegt, dass sie ihre Aufsichtspflicht gegenüber N… erfüllt hätten oder der Schaden
auch bei gehöriger Erfüllung der Aufsichtspflicht eingetreten wäre (GA 120). Sie hätten
bereits nicht dargelegt, dass überhaupt irgendeine Art von Beaufsichtigung des N…
stattgefunden habe. Zwar sei es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn sich ein Kind
im Grundschulalter in der Nähe seines Wohnhauses unbegleitet in ein ihm bekanntes
Jugendzentrum begebe und dort unter Betreuung den Nachmittag verbringe.
Erforderlich sei jedoch bei einem 7-8 jährigen, dass entweder eine durchgehende
Betreuung durch das Jugendzentrum gewährleistet sei oder aber – im Fall dass diese
fehle – ein zeitlicher Rahmen mit der Möglichkeit der Kontrolle durch die Eltern gesetzt
worden sei. Eine ausreichende Wahrnehmung der elterlichen Aufsichtspflicht liege dann
nicht vor, wenn das Grundschulkind, wenn auch teilweise unter Betreuung, im Übrigen
den ganzen Nachmittag sich selbst überlassen werde. Von einem solchen Fall ist das
Landgericht mit näherer Begründung (GA 120ff) ausgegangen.
7
Auf der Grundlage der Aussage des Zeugen N… in Zusammenhang mit den
vorgelegten Rechnungen und Stundenzetteln hat das Landgericht es als erwiesen
erachtet, dass die von der Klägerin aufgelisteten Kosten ursächlich aufgrund des
Brandes entstanden seien (i.E. GA 121).
8
Gegen diese Entscheidung richtet die Berufung der Beklagten, mit der diese die
Abänderung des landgerichtlichen Urteils und Abweisung der Klage erstreben. Zur
Begründung ihres Rechtsmittels führen die Beklagten im Wesentlichen folgende Punkte
an:
9
Die Beklagten greifen die Beweiswürdigung und die hierauf fußenden Feststellungen
hinsichtlich der Täterschaft des N… S… an. Das Landgericht habe nicht beachtet, dass
die vernommenen Zeugen G…, B… und L…, die im Übrigen selbst nicht gesehen
hätten, dass N… S… den Brand gelegt habe, parteilich gewesen seien. Im Hinblick auf
die kindlichen Zeugen G… und B… rügen die Beklagten, diese Zeugen seien vom
Landgericht nicht kindgerecht belehrt worden. Mangels ordnungsgemäßer Belehrung
sei der Beweiswert der Aussagen der Kinder erschüttert. Die Erziehungsberechtigten
der Zeugen hätten bei einer vollständigen und kindgerechten Belehrung anwesend sein
müssen und ihre Zustimmung zur Aussage erteilen müssen (GA 142).
10
Auch sei es unzulässig gewesen, die im polizeilichen Ermittlungsverfahren
protokollierten Aussagen zur Tat der Kinder N… und V… S… zu verwerten, da nicht
ersichtlich sei, ob und wie die Kinder und die anwesenden Erziehungsberechtigten
belehrt worden sei. Die Verwertung polizeilich protokollierter Aussagen im Zivilprozess
verbiete sich generell. Das Landgericht habe durch die Verwertung der Protokolle zu
11
den Aussagen der kindlichen Zeugen auch gegen den Grundsatz der
Beweisunmittelbarkeit verstoßen (GA 143).
Des Weiteren beanstanden die Beklagten die Feststellung des Landgerichts, die
Beklagten hatten ihre Aufsichtspflicht verletzt. Die Feststellung des Landgerichts, die
Beklagten hätten ihre Kinder "den ganzen Nachmittag sich selbst überlassen" sei
unzutreffend. Die Beklagten hätten keine Veranlassung gehabt, das unauffällige Kind
N… S…, das im Übrigen in der Vergangenheit nicht gezündelt habe und auch nicht
zuvor aggressiv oder sonstwie auffällig gewesen sei, gesondert zu beaufsichtigen (GA
144).
12
Der Klägerin sei an der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden anzulasten, da
sie Materialien von beträchtlichem Wert ungeschützt in dem Spielbereich von Kindern
gelagert habe (GA 145).
13
Schließlich greifen die Beklagten die Feststellungen des Landgerichts zur Höhe des
zuerkannten Schadens an. Die Aussage des Zeugen N…, der lediglich angegeben
habe, dass er die Materialien bestellt habe, die für die Fertigstellung des Gewerkes noch
benötigt worden seien, ließen nicht den Schluss zu, dass zuvor alle Materialien, die zur
Fertigstellung des Gewerkes benötigt worden seien, bereits vor Ort gelagert hätten.
Auch habe die Klägerin keine Anschaffungsbelege für die angeblich verbrannten
Materialien präsentiert (GA 145/146).
14
Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung. Unter Wiederholung und Vertiefung
ihres erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt sie die angefochtene Entscheidung gegen
die Angriffe der Berufung. Sie führt hierbei folgendes an:
15
Die Angriffe der Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts gingen fehl.
Insbesondere greife die Rüge der Beklagten die Aussagen der Zeugen B… und G…
hätten wegen nicht kindgerechter Belehrung nicht verwertet werden dürfen, nicht durch
(GA 167). Auch sei die Verwertung der Ermittlungsprotokolle über die Vernehmung des
N… S… und dessen Schwester nicht zu beanstanden (GA 168).
16
Zu Recht habe das Landgericht festgestellt, dass den Beklagten gemäß § 832 Abs. 1
Satz 2 BGB der Nachweis oblegen hätte, dass sie ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen
seien. Mit zutreffender Begründung habe das Landgericht einen entsprechenden
Nachweis der Beklagten verneint und sei hiernach rechtsfehlerfrei von einer Verletzung
der Aufsichtspflicht durch die Beklagten ausgegangen (GA 168f).
17
Der erstmalig im Berufungsverfahren erhobene Mitverschuldenseinwand gehe ins
Leere, da die Baumaterialien durch einen Zaun aus Metallgittern vor Zugriff geschützt
gewesen seien (GA 173).
18
Schließlich habe das Landgericht auch rechtsfehlerfrei den Schadensersatz der Höhe
nach zugesprochen. Soweit die Beklagten beanstandeten, die Klägerin habe keine
Anschaffungsbelege vorgelegt, greife dieser Einwand nicht, da im Rahmen des
Schadensersatzes maßgeblich die Wiederbeschaffungskosten für die durch den Brand
zerstörten Materialien seien (GA 174).
19
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird
im Übrigen auch den Inhalt der im Berufungsrechtszug zu den Akten gereichten
20
Schriftsätze Bezug genommen.
B.
21
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist nicht begründet (§ 513
ZPO), da die Beklagten weder einen Rechtsfehler im Sinne des § 546 ZPO zu ihren
Lasten dargetan haben, noch die vom Senat gemäß § 529 Abs. 1 ZPO zu
berücksichtigenden Tatsachen eine vom Landgericht zu Gunsten der Beklagten
abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage rechtfertigen.
22
Die Beklagten sind gemäß § 832 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Grund einer Verletzung ihrer
Aufsichtspflicht gegenüber ihrem Sohn N… der Klägerin zum Ersatz des Schadens
verpflichtet, der ihr durch den von N… gelegten Brand entstanden ist. Die Angriffe der
Berufung sind im Ergebnis sowohl im Hinblick auf den Anspruchsgrund als auch im
Hinblick auf die Anspruchshöhe nicht geeignet, von dem seitens des Landgerichts
gefundenen Ergebnisses abzuweichen.
23
1.
voraus, dass ein Minderjähriger oder eine sonstige in der Vorschrift genannte Person,
für die kraft Gesetz eine Verpflichtung zur Aufsichtsführung bestanden hat, einem Dritten
einen widerrechtlichen Schaden zugefügt hat.
24
a)
25
Dass der zum Zeitpunkt des in Rede stehenden Schadensereignisses fast 8 Jahre alte
N… noch der Beaufsichtigung bedurfte und die Beklagten als deren Eltern als Ausfluss
der Personensorge gemäß § 1626 BGB verpflichtet war, steht nicht in Zweifel.
26
b)
27
Auf der Grundlage der landgerichtlichen Feststellungen ist weiter davon auszugehen,
dass N… der Klägerin widerrechtlich einen Schaden zugefügt hat, indem er das auf dem
Schulhof der Katholischen Grundschule in der H…straße in D… von der Klägerin im
Zusammenhang mit von ihr durchgeführten Dachdeckerarbeiten gelagerte Baumaterial
in Brand setzte und damit zerstörte.
28
Soweit sich die Berufung gegen die diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts
zu der Täterschaft des N… S… richtet, dringt sie hiermit nicht durch.
29
aa)
30
Der Senat ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 ZPO grundsätzlich an die vom Gericht
des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen gebunden. Diese Bindung entfällt aber,
wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit
entscheidungserheblicher Feststellungen begründen und deshalb eine erneute
Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO). Konkreter Anhaltspunkt in
diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die
erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte
Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte
der Gesetzgeber ausschließen (vgl. BGH, Urteil vom 8. 6. 2004 - VI ZR 230/03 NJW
31
2004, 2828). Konkrete Anhaltspunkte können sich aus gerichtsbekannten Tatsachen,
aus dem Vortrag der Parteien oder aus dem angefochtenen Urteil selbst ergeben (vgl.
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 529 Rdnr. 4; Musielak/Ball,
ZPO, 3. Aufl. 2008, § 529 Rdnrn. 9f.; Thomas/Putzo/Reichold, § 529 Rdnr. 2), aber auch
aus Fehlern, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts
unterlaufen sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. 6. 2004 - NJW 2004, 2825; BGH, Urteil vom 12.
3. 2004 - V ZR 257/03 NJW 2004, 1876). Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich
vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht
genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind
(Musielak/Ball, a.a.O., § 529 Rdnr. 8). Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung
unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder
Erfahrungssätze verstößt. Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann
vor, wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können,
oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird BGH, Urteil vom 12. 3.
2004 - V ZR 257/03 NJW 2004, 1876). Insgesamt sind Zweifel im Sinne des § 529 Abs.
1 Nr. 1 ZPO bereits dann begründet, wenn aus der Sicht des Berufungsgerichts eine
gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im
Fall der Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben
werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. 7. 2003 - VI ZR 361/02 NJW 2003, 3480f; Urteil vom 8.
6. 2004 - NJW 2004, 2825; Zöller/Gummer/ Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 529 Rdnr. 3). Die
Anforderungen dürfen nicht überspannt werden. Es genügt, wenn das Berufungsgericht
auf Grund konkreter Anhaltspunkte in einer rational nachvollziehbaren Weise zu
"vernünftigen" Zweifeln kommt, das heißt, zu Bedenken, die so gewichtig sind, dass sie
nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden können.
Derartige Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der landgerichtlichen
Feststellungen bieten könnten, hat die Berufung nicht aufzuzeigen vermocht. Folglich ist
der Senat an diese Feststellungen gebunden, eine erneute – ergänzende -
Beweisaufnahme ist ihm verwehrt.
32
bb)
33
Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang der Einwand der Beklagten, die vom
Landgericht zum Tatgeschehen vernommenen Zeugen, auf deren Aussage es sich
maßgeblich bei der Überzeugungsbildung gestützt hat, seien parteilich gewesen, was
insbesondere für den Zeugen B… gelte, der einen besonders unglaubwürdigen
Eindruck bei seiner Vernehmung gemacht habe. Mit diesen Einwänden setzen die
Beklagten ihren Eindruck anstelle des Eindrucks des erstinstanzlichen Richters, der
sich ausweislich der Entscheidungsgründe umfassend und mit eingehenden
Beweiswürdigungserwägungen mit der Frage der Glaubwürdigkeit der jeweiligen
Zeugen befasst hat und hierbei auch den im Rahmen der Vernehmung gewonnenen
persönlichen Eindruck vom Aussageverhalten der Zeugen berücksichtigt hat.
34
cc)
35
Die Bindung des Senats an die Feststellungen des Landgerichts wird auch nicht durch
die Rüge der Beklagten berührt, die kindlichen Zeugen seinen nicht kindgerecht belehrt
worden. Dass die beiden Zeugen aufgrund ihres Alters die Belehrung des
vernehmenden Richters nicht verstanden oder sich der Tragweite einer Falschaussage
nicht bewusst gewesen sind, ist nicht ersichtlich und wird von den Beklagten auch nicht
konkret behauptet. Die Ausführungen des Landgerichts zu dem Aussageverhalten der
36
beiden kindlichen Zeugen im Rahmen der Beweiswürdigung deuten im Gegenteil
darauf hin, dass die Zeugen bereits sowohl über die Einsichtsfähigkeit und als auch
über die Verstandesreife verfügten, um die Bedeutung und Wichtigkeit einer
wahrheitsgemäßen Aussage für das Gericht, den Prozess und die Beteiligten zu
erfassen. Jedenfalls vermag der Senat keine konkreten Anhaltspunkte für das Gegenteil
zu erkennen. Der Senat sieht ebenfalls keinen rechtlichen Anknüpfungspunkt für die
Auffassung der Beklagten (GA 142), ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten der
beiden Zeugen seien deren Aussagen nicht verwertbar.
Soweit das Landgericht die Zeugen B… und G… ausweislich des Sitzungsprotokolls
des Beweisaufnahmetermins vom 17.03.2009 (GA 80ff) auch nach § 384 Nr. 1 ZPO
belehrt hat, ist dies entgegen der Rüge der Beklagten nicht zu beanstanden. Nach
dieser Vorschrift besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht über solche Fragen, deren
Beantwortung dem Zeugen einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden
verursachen würde. Ausreichend für ein hierauf begründetes
Zeugnisverweigerungsrecht ist, dass durch die Aussage entweder die tatsächlichen
Voraussetzungen einer Haftung des Zeugen (oder seiner Angehörigen) als Schuldner
erst begründet werden könnten oder dass hierdurch die Durchsetzung einer bereits
bestehenden Schuldverpflichtung des Zeugen erleichtert werden könnte. Ein
dahingehendes Zeugnisverweigerungsrecht war jedenfalls mit Blick darauf, dass N…
S… die beiden minderjährigen Zeugen N… B… und N… G… seinerseits beschuldigt
hatte, den Brandt gelegt zu haben, nicht ausgeschlossen.
37
dd)
38
Das Landgericht hat als Indiz für die Täterschaft des N… S… auch dessen Angaben
und zusätzlich die Angaben seiner Schwester bei Befragung durch die Polizei im
Rahmen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens (vgl. Beiakte Bl. 15ff und
Bl. 18ff) herangezogen. Einer Verwertung der angeführten Protokolle der
Vernehmungen von N… S… und seiner Schwester V… S… stehen die von der
Berufung angeführten verfahrensrechtlichen Bedenken nicht entgegen.
39
(1)
40
Bei der Heranziehung der polizeilichen Aussagen der beiden Kinder handelt es sich um
Urkundenbeweis. Zweifel an der Zulässigkeit der Verwendung dieser protokollierten
Aussagen über den Urkundenbeweis bestehen auch unter dem Gesichtspunkt des
Vorranges der Unmittelbarkeit nicht. Schriftliche Aussagen sowie Protokolle über die
Aussagen von Zeugen in einem anderen Verfahren können nämlich nach ständiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden,
wenn die beweispflichtige Partei dies beantragt hat und nicht eine Partei zum Zwecke
des unmittelbaren Beweises die Vernehmung des Zeugen beantragt hat (vgl. BGH,
Urteil vom 13.06.1995, VI ZR 233/94, NJW 1995, 2856ff zit. nach juris Rz. 8). Zutreffend
weist die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung darauf hin, dass die Beklagten die
unmittelbare Vernehmung ihrer Kinder nicht beantragt haben, mithin ein zur
Unzulässigkeit der Verwertung der früheren Aussagen der Kinder führende Verstoß
gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz nicht festgestellt werden kann.
41
Auch ist nicht ersichtlich und lässt sich den Beweiswürdigungserwägungen nicht
entnehmen, dass das Landgericht sich nicht darüber im Klaren gewesen ist, dass eine
Urkunde über die frühere Vernehmung eines Zeugen in einem anderen Verfahren ein
42
geringerer Beweiswert zukommt als dem unmittelbaren Zeugenbeweis (vgl. hierzu BGH,
a.a.O. juris Tz. 11).
(2)
43
Eine demnach grundsätzlich zulässige Verwertung polizeilicher Vernehmungsprotokolle
(und denen vergleichbare, die Aussage eines Kindes zusammenfassende
Niederschriften der polizeilichen Verhörspersonen) aus einem Ermittlungs- oder
Strafverfahren im Wege des Urkundenbeweis begegnet indessen dann
verfahrensrechtlichen Bedenken, wenn es sich um Protokolle handelt, die aus
Verfahrensgründen nicht verwertet werden dürfen. Denn sowohl im Straf- als auch im
Zivilverfahren ist das Vernehmungsprotokoll eines Zeugen, der über sein
Zeugnisverweigerungsrecht nicht belehrt worden war unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom
12.02.19985, VI ZR 202/83, NJW 1985, 1470, 1471; Urteil vom 19.01.1984, III ZR 93/82,
VersR 1984, 458, 459; OLG Hamm, Urteil vom 18.01.2002, 20 U 166/01, NVersZ 2002,
478 zit. nach juris Tz. 26). Ein solcher Fall des wegen unterbliebener Belehrung über
ein bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht nicht verwertbaren
Vernehmungsprotokolls ist jedoch vorliegend nicht gegeben. Den beiden Kindern stand
ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 ZPO wegen persönlicher Nähe zu
einem Beschuldigten nicht zu. Beide Kinder waren zum Zeitpunkt der Tat nicht
strafmündig im Sinne des § 19 StGB, so dass sie selber nicht Beschuldigter des in
Anschluss an die Brandstiftung eingeleitetes polizeiliches Ermittlungsverfahren waren.
Ein Ermittlungsverfahren gegen die Beklagten, also ihren Eltern stand nicht im Raum.
Da sich beide Kinder zur Aussage bereit erklärt hatten und die Erziehungsberechtigten
der Vernehmung durch die Polizei zugestimmt hatten, ergab sich auch aus § 52 Abs. 2
ZPO kein Vernehmungsverbot.
44
2.
45
Da nach den obigen Erwägungen die Feststellung zur rechtswidrigen
Schädigungshandlung des Kindes N… im angefochtenen Urteil für den Senat bindend
im Sinne des § 529 Abs. 1 ZPO sind, greift die zur Haftung des Aufsichtspflichtigen
führende gesetzliche Vermutung ein, dass der eingetretene Schaden auf eine
schuldhafte und kausale Verletzung der Aufsichtspflicht zurückzuführen ist, soweit nicht
die aufsichtspflichtige Person den ihr obliegenden Entlastungsnachweis geführt hat;
diese Entlastungsmöglichkeit der aufsichtspflichtigen Person geht entweder dahin, dass
sie ihre Aufsichtspflicht erfüllt hat (also keine Verletzungshandlung in Form der
Unterlassung der gebotenen Aufsicht vorliegt), oder bezieht sich auf das
Kausalitätsmerkmal, also darauf, dass der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung
entstanden wäre.
46
Das Landgericht ist mit eingehenden Erwägungen, auf die nachfolgend weiter
einzugehen ist, zu dem Ergebnis gelangt, dass den Beklagten dieser
Entlastungsbeweis im konkreten Fall nicht gelungen ist. Die diesem Ergebnis zu
Grunde liegenden Wertungen sind tragfähig, und werden vom Senat auch mit Blick auf
die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zu der konkreten Ausgestaltung der
Aufsichtspflichten und deren Erfüllung geteilt.
47
aa)
48
Welche Maßnahme der Aufsichtpflichtige im Rahmen seiner gesetzlichen oder durch
49
Welche Maßnahme der Aufsichtpflichtige im Rahmen seiner gesetzlichen oder durch
Vertrag übernommenen Verpflichtungen zu ergreifen hat, um zu einer Entlastung zu
gelangen, kann nur unter Würdigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles beurteilt
werden. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom
18.03.1997, VI ZR 91/96, NJW 1997, 2047, 2048 unter 2. a); Urteil 19.01.1993, VI ZR
117/92, NJW 1993, 1003f) entwickelten Grundsätze gehen von dem Gedanken aus,
dass sich der Umfang der gebotenen Aufsichtspflicht nach Alter, Eigenart und Charakter
des Minderjährigen richtet. Bei einem normal entwickelten Kleinkind können – je nach
Sachlage – eine Überwachung " auf Schritt und Tritt" oder eine regelmäßige Kontrolle,
etwa in halbstündigen Abständen erforderlich sein. Grundsätzlich muss aber Kindern im
Alter von acht bis neun Jahren, wenn sie normal entwickelt sind, das Spielen im Freien
ohne Aufsicht auch in einem räumlichen Bereich gestattet sein, der dem
Aufsichtspflichtigen ein sofortiges Eingreifen nicht ermöglicht. Dieser Maßstab findet
aber keine Anwendung auf Kinder, bei denen davon auszugehen ist, dass sie sich den
Belehrungen der Aufsichtspflichtigen verschließen, die Erfahrungen des Lebens mit
seinen Gefahren nicht in sich aufnehmen und ihr Verhalten nicht im Allgemeinen
altersentsprechend danach ausrichten. Bei einer erheblich verringerten
Einsichtsfähigkeit des Kindes, die es diesem aufgrund einer etwa gegebenen
besonderen psychischen Situation nicht gestattet, die Gefährlichkeit des Zündelns zu
erkennen und die ihm erteilten Belehrungen und Ermahnungen zu beachten, erfordert
der Schutz Dritter eine besondere Überwachung; das gilt insbesondere, wenn eine
Neigung des Kindes zum Zündeln oder zu sonstigen gefährlichen Streichen bekannt
geworden ist. Besondere Umstände können dazu führen, dass ein solches Kind auch
nicht für fünf Minuten allein gelassen werden darf, also einer Aufsicht "auf Schritt und
Tritt" unterzogen werden muss, mag eine solche auch schwer zu verwirklichen sein.
49
Der BGH hat in einer jüngeren Entscheidung (Urteil vom 24.03.2009, VI ZR 199/08,
NJW 2009, 1954f = zfs 2009, 495f Tz. 12) seine ständige Rechtsprechung zu dem
Ausmaß der Kontrollpflichten des Aufsichtspflichtigen bestätigt und dahingehend
konkretisiert, das bereits Kinder in einem Alter von fünf Jahren ohne ständige
Überwachung im Freien, etwa auf einem Spielplatz oder Sportgelände oder in einer
verkehrsarmen Straße auf dem Bürgersteig spielen dürfen und dabei nur gelegentlich
beobachtet werden müssen. Er hat hierbei einen Kontrollabstand von höchsten 30
Minuten für ausreichend erachtet, um das Spiel von bisher unauffälligen fünfjährigen
Kindern außerhalb der Wohnung bzw. des elterlichen Hauses zu überwachen. Im
Hinblick auf Kinder im Alter von sieben bis acht Jahren hat der BGH einen –
naturgemäß – weiteren Rahmen gesteckt, so dass es bei Kindern dieser Altersstufe, die
in der Regel den Schulweg allein zurücklegen, im Allgemeinen genügt, dass die Eltern
sich über das Tun und Treiben in großen Zügen einen Überblick verschaffen, sofern
nicht konkreter Anlass zu besonderer Aufsicht besteht. Andernfalls würde jede
vernünftige Entwicklung des Kindes, insbesondere der Lernprozess im Umgang mit
Gefahren, gehemmt (vgl. auch bereits BGH Urteil vom 18. März 1997 - VI ZR 91/96 -
VersR 1997, 750).
50
Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt, dass der Aufsichtspflichtige darlegen
und beweisen muss, was er zur Erfüllung der Aufsichtspflicht unternommen hat.
51
bb)
52
Nach diesen Maßstäben kann aus den nachfolgend dargelegten auf der Grundlage des
Vorbringens der Beklagten nicht davon ausgegangen werden, dass sie ihren
Aufsichtspflichten in hinreichender Form nachgekommen sind:
53
(1)
54
Zu berücksichtigen ist zum einen, dass nach den landgerichtlichen Feststellungen, die –
wie gesagt – der Senat als für sich bindend ansieht, davon auszugehen ist, dass der
Junge N… mit Hilfe eines Feuerzeuges die Baumaterialien auf dem Schulhof in Brandt
gesetzt hat. In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, dass an die Erfüllung von
Aufsichtspflichten im Hinblick auf die Belehrung über die Gefahren des Feuers und an
die Überwachung eines möglichen Umgangs mit Zündmitteln besonders strenge
Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.1997, VI ZR 91/96, NJW
1997, 2047, 2048 unter 2. a); Belling in Staudinger, BGB, 2008, Rn. 109 zu § 832 mit
Vielzahl weiterer Nachweise). Dies beruht auf der Erfahrung, dass durch Kinder nicht
selten Brände mit erheblichen Schäden verursacht werden und dieses von Kindern
ausgehende Risiko nach dem der Regelung des § 832 BGB zu Grunde liegenden
Rechtsgedanken in erster Linie von den Eltern zu tragen ist. Ausprägung dieser hohen
Anforderungen an die Aufsichtspflicht der Eltern im Zusammenhang mit Zündmitteln ist
in Bezug auf Kinder im Alter von 7 bis 8 Jahren, dass die Eltern Kinder dieser
Altersgruppe (auch ohne besondere Auffälligkeiten und bei normaler Entwicklung) über
die Gefährlichkeit des Anzündens von Streichhölzern aufzuklären und auf einen
etwaigen Besitz von Streichhölzern zu kontrollieren haben. Dies beinhaltet, dass es den
Eltern obliegt, zu verhindern, dass Kindern im elterlichen Haushalt in den Besitz von
Streichhölzern oder sonstigen Zündmitteln gelangen. Hierzu gehört, im Haushalt
befindliche Streichhölzer so zu verwahren, dass Kinder dieses Alters sie nicht ohne
weiteres erblicken und erreichen können (vgl. Belling in Staudinger a.a.O. m.w.N.)
55
Dass die Beklagten diesen hohen Anforderungen gerecht geworden sind, kann ihrem
Sachvortrag nicht in der erforderlichen Klarheit entnommen werden. Zwar heißt es auf
GA 41, sie – die Beklagten – hätten den Kindern nie den Zugriff auf Zigaretten,
Streichhölzer oder Feuerzeuge ermöglicht und seien allzeit auf der Hut gewesen,
derartig gefährliche Gegenstände von den Kindern fernzuhalten. Sie hätten die Kinder
daher nie unbeaufsichtigt in die Trinkhalle gelassen. Im Hinblick auf die mit größter
Sicherheit in der Trinkhalle (Kiosk) vorhandenen Zündmittel, ließe sich vertreten, dass
der Vortrag der – insoweit darlegungs- und beweisbelasteten - Beklagten ausreichend
ist. Soweit es jedoch heißt, dass den Kindern ein Zugriff auf diese Gegenstände
(Feuerzeug, Streichhölzer und Zigaretten) nicht möglich sei, fehlt es an einer konkreten
Darlegung, welche Maßnahmen sie – die Beklagten – denn getroffen hätten, um zu
verhindern, dass solche Gegenstände, die anscheinend im Haushalt der Beklagten
vorhanden sind, nicht in den Besitz der Kinder gelangen.
56
(2)
57
Eine gesteigerte Aufsicht und eine besonders energische Überwachung ist dann von
den Eltern zu verlangen, wenn es sich in Abweichung von der normalen Entwicklung
bei dem fraglichen Kind (und Schädiger) um ein auffälliges, pädagogischen
Maßnahmen und Einwirkungen nicht oder nur in beschränktem Maße zugängliches
Kind gehandelt hat, und insbesondere wenn das Kind eine Zündelneigung besitzt (vgl.
Belling in Staudinger, a.a.O., Rz. 110 m.w.N.).
58
Auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes und der vom Landgericht
getroffenen Feststellungen kann hinsichtlich des Kindes N… nicht mit der notwendigen
Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich um ein besonders
59
verhaltensauffälliges Kind in diesem Sinne gehandelt hat. Zwar hat die Klägerin (GA 94)
unter Auswertung der Aussagen des Zeugen B…, G… und L… sowohl vor dem
Landgericht als auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vorgetragen, der N… sei
immer wieder als besonders aggressiv und gewalttätig aufgefallen und sei keineswegs
als folgsames, einsichtiges und unauffälliges Kind anzusehen, bei dem allein mehrfache
Belehrungen, Verbote und eindringliche Appelle und weiter gehende Kontroll- und
Überwachungsmaßnahmen ausgereicht hätten, um es von den Reizen des Zündeln
abzuhalten. Auch habe der N… bereits in der Vergangenheit gezündelt (siehe Aussage
des Zeugen G…,) und zwar in dem o.e. Jugendzentrum, und sei deshalb auch aus dem
Jugendzentrum verwiesen worden. Jedoch fehlt es an konkreten Anhaltspunkten, die
die Feststellung rechtfertigten, dass den Beklagten aus früheren Vorfällen bekannt
gewesen war, welche gefährlichen Neigungen ihr Sohn aufwies, und sie vor diesem
Hintergrund zu engmaschigeren Überwachungen und Kontrollen veranlasst waren.
(3)
60
Auch wenn mangels hinreichender Anknüpfungspunkte die Annahme nicht
gerechtfertigt ist, die Beklagten hätten aufgrund früherer Erfahrungen und Vorfälle
Veranlassung zu besonderen Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen gehabt, sind die
Beklagten nicht ihrer Aufsichtspflichten nachgekommen. Entsprechend den vom BGH in
der o.a. Entscheidung definierten Kriterien hätte die ordnungsgemäße Beachtung der
Aufsichtspflichten für normal entwickelte Kinder der Altersgruppe von 7-8 Jahren
beinhaltet, dass sich die Beklagten über das Tun und Treiben ihrer Kinder (speziell des
N…) in großen Zügen einen Überblick verschafft hätten. Nach Auffassung des Senats
ist diese vom BGH gewählte Formulierung einschränkend auszufüllen. Es reichte nicht
aus, wenn die Beklagten entsprechend ihrem eigenen erstinstanzlichen Vorbringen (vgl.
GA 99) lediglich Kenntnis davon hatten, dass ihr Sohn den Nachmittag bis zum frühen
Abend in dem Jugendzentrum verbringen würde und dann auf dem unmittelbaren Weg
wieder nach Hause kommen würde.
61
Eine solch lasche Handhabung der Aufsichtspflicht hielte der Senat nicht für
sachgerecht. Den Überlegungen des BGH liegt nach Einschätzung des Senats
unausgesprochen die Annahme zugrunde, dass die Aufsichtspflichtigen – bei der hier in
Rede stehenden Altersgruppe der sechs- bis achtjährigen Kinder - mehr oder minder
konkrete Vorgaben und Regeln gegenüber dem Kind aufgestellt haben, die es in
gewissen Rahmen gewährleisten, dass sie das Tun und Treiben des Kindes – wenn
auch nicht unmittelbar – so jedoch in groben Zügen beeinflussen und kontrollieren
können. Einer nach diesen Maßstäben ordnungsgemäßen Aufsicht entsprechend den
Kriterien des BGH genügt es nicht, wenn die Eltern wegen fehlender – für das Kind als
verbindlich und zwingend dargestellter – Absprachen nur vage vermuten können, wo
sich ihr Kind aufhält, im Grunde also das Kind über einen längeren Zeitraum sich selbst
überlassen wird. Die sich mit dieser Rechtsfrage befassende Argumentation des
Landgerichts (GA 109) führt nach Auffassung des Senats zu einem sachgerechten
Ausgleich zwischen der bei Kindern dieser Altersgruppe noch notwendigen
Kontrolldichte und der vom BGH hervorgehobenen Selbständigkeit, in die die Kinder
allmählich entlassen werden können und müssen. Den Erwägungen des Landgerichts
schließt sich der Senat demnach in vollem Umfang an. In Ermangelung weiteren
sachdienlichen Vorbringens der Beklagten in der Berufungsbegründung verbleibt es
dabei, dass die Beklagten ihren Aufsichtspflichten nach eigenem Vorbringen nicht in
ausreichendem Maße nachgekommen sind.
62
3.
des Schadensersatzes erhobenen Einwände überzeugen im Ergebnis ebenfalls nicht.
63
Das Landgericht hat es nach Vernehmung des Zeugen N… von der Klägerin (GA 74f)
als erwiesen erachtet, dass der Klägerin durch die Zerstörung der ihr gehörigen
Baumaterialien bei dem von dem N… S… verursachten Brand ein Schaden in Höhe von
insgesamt 14.672,28 € entstanden ist. Der der Klägerin entstandene Schaden umfasst
die durch den Brand zerstörten Baumaterialien und sonstigen Gerätschaften, die Kosten
für die Entsorgung und den Arbeitsaufwand für Aufräumarbeiten und Reinigung.
Entgegen der Auffassung der Berufung hält es der Senat für unschädlich, dass die
Klägerin zum Beleg für den eigentlichen Brandschaden nicht eine die
Anschaffungskosten für das zerstörte Baumaterial betreffende Auflistung vorgelegt hat,
sondern – so die Aussage des Zeugen N… (GA 75) - die Wiederbeschaffungskosten
herangezogen hat und das verbrannte Material solcherart ermittelt hatte, dass die
Menge aus- bzw. nachgemessen worden sei, die bei dem bereits begonnenen
Baumaßnahmen noch benötigt wurde. Wenn – wovon nach den Bekundungen des
Zeugen N… auszugehen ist - zunächst das gesamte Material, das für das Bauvorhaben
erforderlich war, kalkuliert, beschafft und auf dem Schulhof bis zu seiner Verwendung im
Rahmen der Durchführung der Bauarbeiten gelagert worden ist, dann bedeutet dies,
dass das nach Abzug des bereits verbauten Materials noch benötigte Material genau
dem mengenmäßig entspricht, was durch den Brand zerstört wurde. Dass hierbei die
Wiederbeschaffungspreise in Ansatz gebracht wurden, ist unter schadensrechtlichen
Gesichtspunkten unschädlich.
64
Auch im Übrigen hat die Berufung keine greifbaren Anhaltspunkte für Zweifel an der
Vollständigkeit und Richtigkeit der landgerichtlichen Feststellungen zu Art und Umfang
des der Klägerin entstandenen Schadens aufzuzeigen vermocht (§ 529 Abs. 1 ZPO).
65
C.
66
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des § 97 Abs. 1 ZPO.
67
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
68
Anlass, aus den Gründen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zuzulassen,
besteht nicht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die
Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
69
Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Beklagten: € 14.672,28
70
J…
B…
P…
71