Urteil des OLG Düsseldorf vom 17.08.2006

OLG Düsseldorf: wechsel, abtretung, an erfüllung statt, original, echtheit, bezogener, form, urkunde, bäckerei, protest

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-2 U 1/05
Datum:
17.08.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-2 U 1/05
Tenor:
1.
Die Berufung des Beklagten gegen das am 15. Oktober 2004 verkündete
Vorbehaltsurteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Düsseldorf wird zurückgewiesen.
2.
Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der
Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000,-- Euro
abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
4.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.657,- Euro fest-
gesetzt.
G r ü n d e:
1
I.
2
Die Klägerin, über deren Vermögen während des Berufungsverfahrens am 23. Februar
2005 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, nimmt den Beklagten im
Wechselprozess auf Zahlung nicht eingelöster und zu Protest gegangener Wechsel
nebst Zinsen, Protestkosten, Entgelt und Bankauslagen sowie Wechselprovision in
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Anspruch.
Sie ist Inhaberin fünfer am 24. Juni 2003 ausgestellter Wechsel, nämlich vierer zu je
1.095,-- Euro, fällig am 15. November und 15. Dezember 2003, 15. Januar und
15. Februar 2004, und eines weiteren über 7.070,-- Euro, fällig ebenfalls am 15. Februar
2004. Die Klägerin hatte an den Beklagten für dessen Cafe/Bistro "XY"
Einrichtungsgegenstände zu liefern und für ihn dort Innenausbauarbeiten auszuführen.
Die Auftragssumme hat der Beklagte aufgrund einer Vereinbarung vom 24. Juni 2003
durch Wechsel in 24 Monatsraten zu je 1.095,-- Euro beginnend mit dem 15. August
2003 und zwei weiteren Raten zu je 7.070,-- Euro, fällig am 15. Oktober 2003 und 15.
Februar 2004 zu entrichten. Auf den Wechseln, die auf dem für die Annahme
vorgesehenen Abschnitt unterzeichnet worden sind, ist der Beklagte als Bezogener
angegeben. Die von Oktober 2003 bis Februar 2004 fällig gewordenen Wechsel wurden
vom Beklagten nicht bezahlt und gingen zu Protest. Die Klägerin nahm ihn darauf hin in
einem vorausgehenden Verfahren zunächst auf Zahlung der im Oktober fällig
gewordenen Wechselsumme von 8.165,-- Euro in Anspruch; dieser Rechtsstreit ist bei
dem Landgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 39 O 115/03 anhängig.
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Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin die von November 2003 bis Februar
2004 fällig gewordenen Wechsel über insgesamt 11.450,-- € zuzüglich Nebenkosten
geltend. Sie behauptet, der Beklagte habe die Wechsel angenommen, und rief zunächst
die Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf an. Die dortige Einzelrichterin bestimmte
durch prozessleitende Verfügung vom 6. April 2004 Verhandlungstermin auf den 18. Mai
2004 und gab dem Beklagten auf, innerhalb einer Frist von zwei Wochen seit Zustellung
der Klage (23. April 2004, Bl. 15 R d.A.) auf den Klageanspruch schriftlich zu erwidern;
diese Frist wurde auf Antrag des Beklagten bis zum 12. Mai 2004 verlängert (vgl. Bl. 19
d.A.).Nachdem die Zivilkammer den Rechtsstreit durch Beschluss vom 28. Mai 2004 (Bl.
25 d.A.) im beiderseitigen Einverständnis an die Kammer für Handelssachen verwiesen
hatte, bestimmte diese durch Beschluss vom 13. Juli 2004 frühen ersten Termin zur
mündlichen Verhandlung auf den 20. August 2004. In diesem Verhandlungstermin
erklärte der Beklagtenvertreter, er habe keine Ladung erhalten. Auf beiderseitigem
Wunsch wurde die Sache zur Abklärung von Vergleichsmöglichkeiten auf den 21.
September 2004 vertagt. In diesem Verhandlungstermin ließ der Beklagte einen –
bereits am Vortag beim Landgericht per Fax eingegangenen (vgl. Bl. 41 d.A.) –
Schriftsatz vom 20. September 2004 überreichen; darin wandte er ein, er könne sich
nicht erinnern, die streitgegenständlichen Wechsel unterschrieben zu haben und
bestreite daher, dass die Unterschriften auf den Wechseln von ihm stammten. Nachdem
das Landgericht ihn im Verhandlungstermin darauf hingewiesen hatte, das erstmalige
Bestreiten der Echtheit der Unterschrift sei verspätet, da es erst nach Ablauf der dem
Beklagten in der Ladungsverfügung vom 6. April 2004 gesetzten Frist erfolgt sei, ließ er
erklären, die betreffende richterliche Verfügung sei nicht unterschrieben (vgl. S. 1 und 2
des landgerichtlichen Sitzungsprotokolls vom 21. September 2004 [Bl. 44, 45 d.A.]).
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Nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht begründete der
Beklagte die nach seiner Ansicht fehlende Ordnungsmäßigkeit von Ladung und
Fristsetzung damit, die ihm vorliegende Ladung vom 6. April 2004 trage nicht die
vollständige Unterschrift des Vorsitzenden; die unterzeichnete Richterin sei seinerzeit
nicht Vorsitzende Richterin gewesen. Die Fristverlängerung vom 3. Mai 2004 trage
weder die Unterschrift eines Richters noch einen Beglaubigungsvermerk. Außerdem
machte er geltend, dass die Unterschrift auf den Wechseln nicht von ihm stamme, sei
unstreitig geworden, nachdem die Klägerin im Verhandlungstermin lediglich geäußert
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habe, sie halte ein Bestreiten mit Nichterinnern für unzureichend und unzulässig; eine
Zurückweisung wegen Verspätung komme aus diesen Gründen nicht in Betracht. Im
Wechselprozess könne die Klägerin diesen Einwand auch nicht widerlegen. Verspätet
könne die Rüge aber auch deshalb nicht sein, weil die Klägerin die Wechsel erst im
Termin im Original vorgelegt habe und er – der Beklagte – zuvor nicht habe überprüfen
können, ob er die Wechsel ausgefertigt habe oder nicht.
Durch Vorbehaltsurteil vom 15. Oktober 2004 hat das Landgericht den Beklagten im
Wechselprozess antragsgemäß verurteilt,
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an die Klägerin 11.450,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz, mindestens aber 6 % aus jeweils 1.095,-- Euro seit
dem 16. November 2003, 16. Dezember 2003, 16. Januar 2004 und aus
8.165,-- Euro seit dem 16. Februar 2004 sowie Protestkosten nebst Entgelt
und Auslagen der Bank in Höhe von 168,70 Euro und Wechselprovision in
Höhe von 38,20 Euro zu zahlen,
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und ihm die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Zur Begründung
hat es ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass der Beklagte die Wechsel
angenommen habe. Das erstmalige Bestreiten seiner Unterschrift im Schriftsatz vom 20.
September 2004 sei verspätet und unerheblich. Der Vortrag sei verspätet, weil er erst
nach Ablauf der bis zum 12. Mai 2004 verlängerten Klageerwiderungsfrist gekommen
sei; die Fristsetzung nebst Verlängerung seien im Original von der zuständigen
Einzelrichterin unterschrieben und damit wirksam. Dem Beklagtenvertreter seien jeweils
beglaubigte Abschriften zugestellt worden. Der Vortrag sei jedoch nicht als verspätet
zurückzuweisen, weil er den Rechtsstreit wegen Unerheblichkeit nicht verzögere. Die
Klägerin habe keineswegs unstreitig gestellt, dass die Unterschrift auf den Wechseln
nicht vom Beklagten stamme, sondern habe durch Einwände gegen diesen Vortrag
klargestellt, sie halte an ihrem bisherigen Vorbringen fest. Der Beklagte habe die
Echtheit seiner Unterschrift nicht ausreichend bestritten. Wegen weiterer Einzelheiten
der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
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Gegen dieses ihm am 19. Oktober 2004 zugestellte Urteil hat der Beklagte am
19. November 2004 Berufung eingelegt, mit der er unter Wiederholung und Ergänzung
seines erstinstanzlichen Vorbringens beantragt,
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das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
11
Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 7. März 2005 mitgeteilt hatte, das
Amtsgericht Düsseldorf habe am 23. Februar 2005 die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin angeordnet (Bl. 102 d.A.),
beantragten die bisherigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zunächst im Wege
der Rubrumsänderung und dann im Wege des gewillkürten Parteiwechsels, ihre
Partnerschaftsgesellschaft an die Stelle der Klägerin zu setzen, und machten geltend,
die Klägerin habe am 13. August 2003 mit der Anwaltskanzlei M eine schriftliche
Vereinbarung folgenden Inhalts getroffen:
12
Wegen der bis zum 11.08.2003 entstandenen und noch offenen
Honorarforderungen der Kanzlei aus Rechts- und Steuerberatung gegen D wird
folgendes vereinbart:
13
1.
14
D tritt die Ansprüche gegen Herrn Gougoulopoulos aus Lieferungen und
Leistungen bezüglich der Bäckerei/Cafe XY zur Abgeltung der bereits
entstandenen Honorarforderungen der Kanzlei an die Kanzlei ab, welche die
Abtretung an Erfüllung statt annimmt.
15
2.
16
Im Interesse von D soll die Abtretung derzeit nicht dem Schuldner angezeigt
werden. Die Kanzlei ist aber jederzeit berechtigt, die Abtretung anzuzeigen.
17
3.
18
D verpflichtet sich, die Forderung im eigenen Namen und auf eigene Kosten
gegenüber Herrn Gougoulopoulos geltend zu machen bzw. die Wechsel
einzuziehen. Die Kanzlei ermächtigt D hierzu. D ist verpflichtet, die für die Kanzlei
eingezogenen Beträge in voller Höhe unverzüglich an die Kanzlei auszuzahlen.
19
4.
20
Im Falle der zu erwartenden gerichtlichen Geltendmachung gelten Ziffer 2. und 3.
sinngemäß.
21
Im Verhandlungstermin vom 22. Juni 2006 vor dem Senat haben sie sich unter Vorlage
einer schriftlichen Vollmacht vom 9. Juni 2006 erneut für die Klägerin bestellt.
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Die Klägerin beantragt nunmehr,
23
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
24
hilfsweise,
25
das angefochtene Urteil mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Zahlung an
die D-Partnerschaftsgesellschaft zu erfolgen hat und im übrigen die Berufung
zurückzuweisen,
26
äußerst hilfsweise,
27
das angefochtene Urteil mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Zahlung an
die Kanzlei M zu erfolgen hat und im übrigen die Berufung zurückzuweisen.
28
Der Insolvenzverwalter hat die Klageforderung im Verhandlungstermin vom 8. Juni 2006
freigegeben. Der Beklagte erklärte daraufhin, er nehme den Rechtsstreit gegenüber der
Klägerin auf, und beruft sich auf ein Zurückbehaltungsrecht.
29
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
30
II.
31
Nachdem der Insolvenzverwalter einen möglicherweise gegebenen Insolvenzbeschlag
der Klageforderung durch deren Freigabe beseitigt hat und die durch die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin nach § 240 ZPO eingetretene
Unterbrechung des Verfahrens durch die beiderseitige anschließende Wiederaufnahme
beendet worden ist, kann der Senat nunmehr über die Berufung des Beklagten
entscheiden. Ob der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zunächst
beabsichtigte Klägerwechsel zulässig ist, braucht nicht mehr entschieden zu werden,
nachdem die Prozessbevollmächtigten sich nach der Freigabeerklärung des
Insolvenzverwalters erneut von der Klägerin haben bevollmächtigen lassen und im
Verhandlungstermin vom 22. Juni 2006 nur für diese aufgetreten sind.
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Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das
Landgericht ihn im Wechselprozess zur Zahlung der ihm abverlangten Beträge
verurteilt.
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1.
34
Der Beklagte ist nach Art. 28 Abs. 2 WG verpflichtet, die eingeklagte Wechselsumme
von 11.450,-- Euro an die Klägerin zu zahlen. Er hat die Klagewechsel als Bezogener in
der durch Art. 25 Abs. 1 WG vorgeschriebenen Form angenommen, indem er die
entsprechende Erklärung auf der Vorderseite der Klagewechsel unterzeichnet hat. In
Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Urteil gelangt auch der Senat zu der
Feststellung, dass die als Anlage zur Klageschrift in Ablichtung vorgelegten Wechsel
(Bl. 4 – 8 d.A.) an der für das Wechselakzept vorgesehenen Stelle die Unterschrift des
Beklagten tragen. Wie das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt
hat, ist im erstinstanzlichen Verfahren nicht unstreitig geworden, dass die Unterschrift
nicht vom Beklagten stammt. Die Klägerin hat ihre Behauptung, der Beklagte habe die
Annahmeerklärung unterzeichnet, im dortigen Verhandlungstermin vom 21. September
2004 nicht fallen gelassen. Ihre zu Protokoll genommene Erklärung, das vom Beklagten
in dessen Schriftsatz vom 20. September 2004 erklärte Bestreiten seiner
Unterzeichnung der Annahmeerklärung mit Nichterinnern dürfte unzulässig und
unzureichend sein, bringt nicht zum Ausdruck, die Klägerin gehe nunmehr mit dem
Beklagten davon aus, dessen Unterschrift unter der Annahmeerklärung stamme nicht
von ihm, und sie halte lediglich das Bestreiten des Beklagten für mangelhaft. Die
Erklärung der Klägerin dokumentierte vielmehr ihren Standpunkt, der Beklagte habe die
von ihr behauptete Annahmeerklärung nicht wirksam bestritten, so dass aus ihrer Sicht
nunmehr die Annahme der Klagewechsel durch den Beklagten feststehe. Nur dann
macht ihre zu Protokoll genommene Erklärung Sinn.
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Das Landgericht hat weiterhin zutreffend dargelegt, dass der Beklagte in der Tat nicht
hinreichend substantiiert bestritten hat, dass die Unterschrift unter der
Annahmeerklärung von ihm stamme. Die diesbezüglichen Ausführungen des
Landgerichts im angefochtenen Urteil (S. 4 und 5 des Urteilsumdruckes, Bl. 64, 65 d.A.)
macht sich der Senat in vollem Umfang zu eigen; auf sie wird zur Vermeidung von
Wiederholungen Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen des Beklagten enthält
ebenfalls nichts, was die Echtheit seiner Unterschrift in Frage stellen könnte. Auch in der
Berufungsinstanz behauptet der Beklagte nicht, er wisse definitiv, dass er die Wechsel
nicht unterzeichnet habe, und er macht auch nach wie vor nicht geltend, die Unterschrift
unter den Annahmeerklärungen weiche in ihrem Erscheinungsbild von der seinigen ab.
Der Beklagte wiederholt vielmehr lediglich seinen erstinstanzlichen Sachvortrag, den
das Landgericht zutreffend verstanden und gewürdigt hat. Entgegen den Ausführungen
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auf Seite 3 seiner Berufungsbegründung vom 17. Januar 2005 (Bl. 87 d.A.) ist sein
Vorbringen im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 20. September 2004
"er bestreitet daher, dass die Unterschriften auf den Wechseln von ihm stammen",
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nicht als Behauptung des Beklagten auszulegen, er wisse positiv, die Wechsel nicht
unterzeichnet zu haben, sondern wird durch das Wort "daher" auf seine im unmittelbar
vorausgehenden Satz enthaltene Aussage bezogen, der Beklagte könne sich nicht
mehr erinnern, die Wechsel unterschrieben zu haben, und mit diesem Nichterinnern
wird das Bestreiten seiner Unterschriftsleistung begründet; unter Berücksichtigung
dessen kann dem vorstehend wörtlich wiedergegebenen Vortrag des Beklagten nur die
Aussage entnommen werden, weil er sich an den Unterschriftsakt als solchen nicht
mehr erinnern könne, bestreite er, dass die Unterschriften auf den Wechseln von ihm
stammen. Insbesondere hat der Beklagte, als die Klägerin die Klagewechsel in der
mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht im Original vorlegte, weder Unterschiede
der dort befindlichen Unterschrift zu seiner aufgezeigt noch hat er sich ausgebeten, die
auf den Originalen befindlichen Unterschrift auf ihre Echtheit überprüfen zu dürfen. Da
das nicht ausreichend substantiierte Bestreiten des Beklagten das Vorbringen der
Klägerin nicht widerlegt, ist ohne Beweisaufnahme davon auszugehen, dass der
Beklagte die Annahmeerklärung auf den Klagewechseln unterzeichnet hat. Schon
deshalb brauchte dem vom Beklagten angebotenen Beweis durch Einholung eines
graphologischen Sachverständigengutachtens nicht nachgegangen zu werden,
abgesehen davon, dass der Beweis durch Sachverständigengutachten nach den §§
598, 595 Abs. 2 ZPO nicht zu den im Urkunden- und Wechselprozess zugelassenen
Beweismitteln gehört.
38
2.
39
Da der Beklagte die Wechsel nicht bezahlt hat, kann die Klägerin von ihm ferner nach
Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 48 Abs. 1 Nr. 3 WG Erstattung der Kosten des
Protestes (vgl. § 51 KostO) und der geltend gemachten Bankauslagen verlangen. Der
Zinsanspruch ergibt sich aus Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 48 Abs. 1 Nr. 2 WG.
40
3.
41
Die Abtretungserklärung vom 13. August 2003, nach deren Wortlaut die Klägerin die
dort bezeichneten Ansprüche gegen den Beklagten zur Abgeltung von
Honorarforderungen aus Rechts- und Steuerberatung an ihre Rechtsanwälte abgetreten
hat, veranlasst keine Abänderung des angefochtenen Urteils in eine Verurteilung des
Beklagten zur Zahlung an den Abtretungsempfänger. Die Klageforderung wird von
dieser Abtretung nicht erfasst. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vereinbarung soll
die Abtretung – unabhängig von ihrer hier nicht zur Nachprüfung stehenden Wirksamkeit
– nur Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus Lieferungen und Leistungen
bezüglich der Bäckerei/Cafe XY erfassen; diese Grundforderung ist jedoch nicht
Gegenstand der vorliegenden Klage. Hier streitgegenständlich sind vielmehr Ansprüche
aus Wechseln, die der Beklagte als Bezogener zur Absicherung der Grundforderung
angenommen hat. Diese aus den Klagewechseln resultierende Forderung ist von der
Grundforderung zu unterscheiden und nicht Gegenstand der Abtretungsvereinbarung
und konnte es unter den hier gegebenen Umständen auch nicht sein. Wechsel können
als Orderpapiere zwar nicht nur durch Indossament, sondern auch durch Abtretung
übertragen werden, zur Abtretung hinzu kommen muss aber dann die Übergabe des
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Papiers nebst Einigung über den Rechtsübergang nach §§ 929 ff. BGB (vgl. BGHZ 104,
145, 149, 150; Palandt/Heinrichs, BGB, 63 Aufl., § 398, Rdn. 8; Baumbach/Hefermehl,
WG ScheckG, 22. Aufl., Art. 14 WG, Rdn. 2). Selbst wenn man zum Übergang der
Wechselforderung keine Übergabe des Wechsels verlangt und den Übergang des
Eigentums an der Urkunde § 952 Abs. 2 BGB unterstellt (Zöllner, Wertpapierrecht, 14.
Aufl., § 14 I 2), ist im Hinblick auf Art. 16 WG zur Geltendmachung des Wechsels die
seine Vorlage ermöglichende Sachherrschaft über die Urkunde notwendig, in der Regel
also der unmittelbare Besitz (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Art. 11 WG, Rdn. 5 aE.;
Art. 16 WG, Rdn. 1). Dass derartiges hier im Zusammenhang mit der
Abtretungsvereinbarung geschehen ist, ist nicht ersichtlich; festgestellt werden kann
lediglich, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Klagewechsel am 21.
September 2004 besaßen, als sie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem
Landgericht im Original vorlegten (vgl. S. 2 der landgerichtlichen Sitzungsniederschrift,
Bl. 44 d.A.). Das hatte jedoch mit einem Rechtsübergang der in den Wechseln
verbrieften Forderung nichts zu tun; die Übergabe der Urkunden sollte die
Prozessbevollmächtigten der Klägerin lediglich in die Lage versetzen, die ihr
verbliebenen Wechselrechte für ihre Mandantin gerichtlich geltend zu machen.
Die Übergabe der Urkunden an die Abtretungsempfänger war seinerzeit auch nicht
ausnahmsweise entbehrlich. Dafür, dass die Klagewechsel im Zeitpunkt der Abtretung
präjudiziert, Wechselrechte also erloschen waren, weil eine zu ihrer Erhaltung
notwendige Frist versäumt worden war (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 89 WG,
Rdn. 2) mit der Folge, dass eine Übergabe der Urkunden im Hinblick auf Art. 20 WG
nicht erforderlich gewesen wäre (vgl. BGHZ 104, 145, 150), sind Umstände weder
vorgetragen noch ersichtlich. Auch der Ausnahmefall des Art 11 Abs. 2 WG, dass ein
Wechsel nur in der Form und mit den Wirkungen einer gewöhnlichen Abtretung
übertragen werden kann, liegt ersichtlich nicht vor, weil die Klagewechsel ausdrücklich
"an ... oder dessen Order" lauten. Da die Klägerin nach Ziffer 3 der
Abtretungsvereinbarung (Bl. 110 d.A.) die Wechsel im eigenen Namen einziehen sollte
und dazu deren Inhaberin sein musste, war eine Übergabe der Urkunden an die
Abtretungsempfänger im Zeitpunkt der Abtretung auch ersichtlich nicht gewollt.
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Auf ein Zurückbehaltungsrecht kann sich der Beklagte ebenfalls nicht mit Erfolg berufen.
Der Beklagte macht in diesem Zusammenhang geltend, nachdem ihm durch Vorlage
der Abtretungsvereinbarung die Abtretung angezeigt worden sei, habe er an der von ihm
zu bewirkenden Leistung ein Zurückbehaltungsrecht, bis die Abtretungsanzeige mit
Zustimmung des darin bezeichneten Abtretungsempfängers zurückgenommen worden
sei (vgl. § 409 Abs. 2 BGB; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 409 Rn. 4). Da die
Abtretung wie vorstehende dargelegt die Klageforderung jedoch nicht erfasst, hat der
Beklagte an dieser auch kein Zurückbehaltungsrecht.
44
III.
45
Da die Berufung des Beklagten ohne Erfolg geblieben ist, hat er nach § 97 Abs. 1 ZPO
auch die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nrn. 4 und 10, 711, 108 ZPO.
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Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, da die Rechtssache als reine
Einzelfallentscheidung weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr.
1 ZPO hat noch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
47
erforderlich erscheint.
R1 R4 Dr. R3
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