Urteil des OLG Düsseldorf vom 18.08.2005

OLG Düsseldorf: wichtiger grund, fristlose kündigung, treu und glauben, verwalter, ordentliche kündigung, abrechnung, gebäude, eigentümer, amt, versicherungsschutz

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 Wx 89/05
Datum:
18.08.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-3 Wx 89/05
Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 25 T 195/04
Tenor:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das
Land-gericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die
Kosten vorbehalten bleibt.
Wert: 9.300 EUR (Verwalterhonorar für 36 Monate abzüglich 20 %
wegen Feststellung zzgl. Zahlungsantrag).
I.
1
Die Beteiligten zu 2.) bilden die eingangs näher bezeichnete
Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligte zu 1.) war ihre erste Verwalterin. Die
Beteiligte zu 3.) ist die derzeitige Verwalterin aufgrund des Bestellungsbeschlusses vom
21.11.2002.
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Die Teilungserklärung datiert vom 14.04.2000. Sie bestimmt in § 11 Nr. 1:
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"Zum ersten Verwalter wird:
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Frau H. geborene B., ,
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bestellt für die Zeit ab dem 1. des Monats der erstmaligen Nutzung eines
Wohnungs- bzw. Teileigentums der Gemeinschaft bis zum 31.12. des
Gründerjahres und darüber hinaus noch weitere vier Jahre.
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Die Verwaltergebühr beträgt DM 38,-- je WE und DM 5,-- je PKW-Stellplatz je
Monat zzgl. der gesetzlich gültigen MWSt.
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Die Ausgaben und Befugnisse des Verwalters ergeben sich aus:
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a. dem Wohnungseigentumsgesetz (§§ 27, 28 WEG)
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b. der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung
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c. den gültigen Beschlüssen und Vereinbarungen der Eigentümer
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d. und dem gültigen Verwaltervertrag als Anlage anbei.
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Es gilt im Zweifel die vorerwähnte Reihenfolge."
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Der der Teilungserklärung anliegende Verwaltervertrag datiert vom 23.03.2000. Er trägt
nur die Unterschrift der Beteiligten zu 1.). Im Eingang dieses Vertrages heißt es:
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"Verwaltungsvertrag
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Zwischen der Eigentümergemeinschaft L. 26, Düsseldorf (Wohnungseigentümer)
und H., Hausverwaltung, (Verwaltung)
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wird aufgrund der Bestellung in der Teilungserklärung folgender
Verwaltungsvertrag geschlossen:"
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§ 1 des Verwaltervertrages lautet:
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"1.1.
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Der Vertrag beginnt mit Nutzung des ersten Wohnungs- bzw. Teileigentum und
endet mit Ablauf des Bestellungszeitraums zum 31.12.2006.
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1.2.
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Erneute Bestellung ist zulässig.
22
1.3
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Eine vorzeitige Abberufung des Verwalters und Kündigung des Verwaltervertrages
ist nur aus wichtigem Grund und eines Beschlusses gemäß § 43 (1) WEG möglich.
Dieser Beschluss hat die Wirkung einer außerordentlichen Kündigung dieses
Verwaltervertrages. Wird durch ein Gericht festgestellt, dass ein wichtiger Grund
zur Kündigung nicht vorlag, hat der Verwalter für die Zeit bis zur Beendigung des
Vertrags Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung."
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Die Beteiligte zu 1.) hat zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt in ihrem
Vertragsexemplar (das sie dem Gericht vorgelegt hat) die Streichung der Jahreszahl
2006 vorgenommen.
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Im Frühjahr 2001 wurde die erste Wohnung in Besitz genommen. Die Eigentümer E.
und Dr. K. unterzeichneten am 04.03.2001 die aus Bl. 35 GA ersichtliche
Verwaltervollmacht, die sie an die Beteiligte zu 1.) übersandten.
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In der Folgezeit kam es zur Unzufriedenheit der Wohnungseigentümer mit der
Verwaltungstätigkeit der Beteiligten zu 1.), wie der Beiratsvorsitzende Dr. K. mit
Schreiben vom 19.08.2002 der Beteiligten zu 1.) mitteilte. Am 02.10.2002 schlossen die
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Beteiligten zu 2.) eine "Eigentümervereinbarung zur Abänderung der
Gemeinschaftsordnung" mit folgendem Inhalt:
"Die vollzählig erschienenen bzw. aufgrund entsprechender Vollmacht vertretenen
Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft L. 26, Düsseldorf, vereinbaren
einvernehmlich folgende Änderung der durch die Teilungserklärung vom
14.04.2000 (UR-Nr. 965/2000 des Notars Dr. P. in Düsseldorf) festgelegten
Gemeinschaftsordnung:
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§ 11 der Teilungserklärung wird dahingehend abgeändert, dass die Bestellung der
Frau H. (jetzt:B.) zur Verwalterin zunächst bis zum 31.12. des Gründerjahres (2001)
Gültigkeit hat. In der Folgezeit gilt die Bestellung auf unbestimmte Zeit weiter, bis
die Eigentümergemeinschaft die Abberufung der Verwalterin gemäß § 26 WEG
beschließt. Ein wichtiger Grund ist hierfür nicht erforderlich."
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Mit Schreiben vom 30.10.2002 erklärte der Beteiligte Dr. K. im Namen sämtlicher
Wohnungseigentümer die Kündigung des Verwaltervertrages zum 31.12.2002 aus
wichtigem Grund und zugleich als ordentliche Kündigung.
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In der Wohnungseigentümerversammlung vom 21.11.2002 wurde die Beteiligte zu 2.)
sodann unter TOP 9 zum 31.12.2002 einstimmig abberufen.
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Die Beteiligte zu 1.) hat beantragt,
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den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 21. November 2002 zu
Tagesordnungspunkt 9 für ungültig zu erklären und darüber hinaus festzustellen,
dass die Kündigung des zwischen den Beteiligten bestehenden Verwaltervertrages
vom 30. Oktober 2002 zum 31. Dezember 2002 unwirksam ist und das
Vertragsverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht.
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Die Beteiligten zu 2.) haben beantragt,
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diese Anträge zurückzuweisen.
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Das Amtsgericht hat die Anträge der Beteiligten zu 1.) zurückgewiesen. Die Beteiligte zu
1.) hat sofortige Beschwerde eingelegt und zusätzlich beantragt,
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die Beteiligten zu 2.) als Gesamtschuldner zu verpflichten,
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an sie 3.423,26 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz
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zu zahlen.
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Die Beteiligten zu 2.) haben beantragt,
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die Beschwerde einschließlich des zusätzlichen Antrags zurückzuweisen.
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Sie haben ergänzend vorgetragen.
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Das Landgericht hat die amtsgerichtliche Entscheidung abgeändert und den Anträgen
der Beteiligten zu 1.) in vollem Umfang stattgegeben. Hiergegen richtet sich die sofortige
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weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2.).
Im einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
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II.
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Das Rechtsmittel ist zulässig. In der Sache führt es zur Aufhebung und
Zurückverweisung. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einem Rechtsfehler (§ 27
FGG).
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Das Landgericht hat ausgeführt:
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Die Kammer lege, anders als das Amtsgericht, die in der Teilungserklärung
vorgenommene Bestellung dahingehend aus, dass die Bestellung der Beteiligten zu 1.)
in der Gemeinschaftsordnung nicht nur bis zum 31. Dezember des Gründerjahres und
darüber hinaus noch weitere 4 Jahre im Sinne einer Höchstfrist befristet sei, sondern
auch, dass die Bestellung nicht jederzeit zurückgenommen werden könne und nur bei
Vorliegen eines wichtigen Grundes eine Abberufung des Verwalters vorzeitig möglich
sei. Von einer festen Dauer der Bestellung sei in der Regel auszugehen, wenn weitere
Anhaltspunkte dafür fehlten, dass die Wohnungseigentümer die Bestellung nur im Sinne
einer Höchstfrist oder Mindestdauer regeln wollten. Vorliegend fehlten solche
Anhaltspunkte nicht nur, sondern es sprächen darüber hinaus gewichtige
Gesichtspunkte für eine Auslegung im Sinne einer festen Dauer der Bestellung, die die
Abberufung des Verwalters nur aus wichtigem Grunde zulasse. In § 11 der
Teilungserklärung sei nämlich nicht nur der Bestellzeitraum angegeben, sondern
hinsichtlich der Aufgaben und Befugnisse des Verwalters auch auf den als Anlage zur
Teilungserklärung beigefügten Verwaltervertrag verwiesen. Nach diesem
Verwaltervertrag, der als Anlage zur Teilungserklärung dieser angefügt gewesen sei, sei
eine vorzeitige Abberufung des Verwalters und die Kündigung des Verwalters nur aus
wichtigem Grund möglich. Insbesondere die Tatsache, dass dieser Verwaltervertrag
Gegenstand der Teilungserklärung gewesen sei, gebiete es, die möglicherweise
zunächst nicht genaue Bestimmung in der Teilungserklärung über die Dauer der
Verwalterbestellung im Sinne dieses Verwaltervertrages auszulegen. Es spreche nichts
dafür, dass in der Teilungserklärung eine andere Bindungserklärung gewollt gewesen
sei, als sie auch in dem als Anlage beigefügten Verwaltervertrag vorhanden sei. Dass
der als Anlage zur Teilungserklärung genommene Verwaltervertrag nur von der
Beteiligten zu 1.) unterzeichnet und im Zeitpunkt der Beurkundung der
Teilungserklärung nicht wirksam abgeschlossen war, spreche nicht gegen eine
Auslegung der Teilungserklärung im Sinne dieser Vertragsformulierung. Entgegen der
Auffassung des Amtsgerichts handele es sich nämlich nicht nur um den Entwurf eines
Verwaltervertrages, sondern gleichzeitig um ein Vertragsangebot, welches durch Beitritt
zur Wohnungseigentümergemeinschaft über die Teilungserklärung von dem jeweiligen
Erwerber anzunehmen gewesen sei und vorliegend auch durch Übersendung der
Verwaltervollmacht vom 4. März 2001 angenommen worden sei. Die Eigentümer E. und
Dr. K. hätten in Vollmacht der Eigentümergemeinschaft die Verwaltervollmacht für die
Beteiligte zu 1.) unterzeichnet und dieser zugesandt. Es gelte entgegen der Auffassung
des Amtsgerichts auch die Bestellungszeit bis zum 31.12.2005. Dass in dem Vertrag,
der Anlage zur Teilungserklärung gewesen sei, als Ablaufdatum des
Bestellungszeitraums der 31.12.2006 genannt sei, sei unschädlich. Denn hierdurch
habe nicht ein längerer Vertragszeitraum vereinbart werden sollen als er dem
Bestellungszeitraum der Teilungserklärung entspreche, sondern es liege erkennbar ein
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Schreib- oder Rechenfehler vor mit insoweit unschädlicher Falschbezeichnung des
Enddatums. Das folge schon daraus, dass im Verwaltervertrag auf die Bestellung in der
Teilungserklärung Bezug genommen werde.
Durch die nachträgliche Vereinbarung der Wohnungseigentümer zur Änderung der
Gemeinschaftsordnung sei die Abberufung nicht jederzeit möglich geworden. Mit der
Bestellung und Annahme des Verwalteramtes sei die Beteiligte zu 1.) bis zum
31.12.2005 als Verwalterin in ihr Amt berufen worden. Danach sei eine Abberufung nur
noch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich gewesen. Die dadurch
hervorgerufene Bindung der Wohnungseigentümer könnten diese nicht dadurch
umgehen, dass sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt eingriffen. Dies
wäre eine Umgehung der Bindung der Verwalterbestellung. Der Beschluss der
Wohnungseigentümerversammlung vom 21.11.2002, wonach die Beteiligte zu 1.) als
Verwalterin zum 31.12.2002 abberufen worden sei, sei ungültig, da er nicht
ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche im Hinblick darauf, dass er der
ursprünglichen Verwalterberufung entgegen stehe ebenso wie der Dauer des
angeschlossenen Verwaltervertrages. Dieser sei nur aus wichtigem Grund vorzeitig
kündbar gewesen.
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Ein wichtiger Grund, der die Beteiligten zu 2.) zur Kündigung des Verwaltervertrages
und zur vorzeitigen Abberufung der Verwalterin berechtigt hätte, habe nicht vorgelegen.
Als solcher komme insbesondere nicht in Betracht, dass die Beteiligte zu 1.) im
Verfahren ein Exemplar des Verwaltervertrags vorgelegt habe, in dem sie unstreitig das
Jahr 2006 nachträglich gestrichen habe. Diese Streichung sei nicht zur Täuschung im
Rechtsverkehr im Sinne einer Urkundenfälschung erfolgt, sondern in dem Bestreben
kund zu tun, dass das Jahr 2006 als Ablauf des Bestellzeitraums unzutreffend sei. Dies
zeige sich schon darin, dass die Beteiligte zu 1.) anstelle des Jahres 2006 kein anderes
Datum eingefügt habe. Sie habe zu keinem Zeitpunkt den Anschein erweckt, ein
anderes Ablaufdatum sei Gegenstand der notariellen Urkunde gewesen. Es liege auch
keine Pflichtverletzung der Verwalterin darin, dass sie die Abrechnung des Jahres 2001
erst zum Ende des Septembers 2002 vorgelegt habe. Nach § 9 Nr. 3 der
Teilungserklärung sei der Verwalter verpflichtet, nach dem Ende eines jeden
Wirtschaftsjahres die Abrechnung zu erstellen, spätestens bis zum Ende des dritten
Quartals des darauf folgenden Wirtschaftsjahres. Die Beteiligte zu 1.) habe lediglich
diese Frist in vollem Umfang ausgenutzt, was ihr nicht als Pflichtverletzung angerechnet
werden könne. Soweit die Beteiligten zu 2.) behaupteten, dies sei nur auf Drängen
geschehen, sei dies sowohl unsubstantiiert als auch unerheblich. Auch die Tatsache,
dass die Abrechnung des Jahres 2001 nicht ordnungsgemäß erfolgt sein solle,
begründe noch kein Abberufungsrecht des Verwalters aus wichtigem Grunde.
Schlechterfüllung übernommener Aufgaben und Pflichten führten nur dann zur
Möglichkeit der vorzeitigen Abberufung aus wichtigem Grunde, wenn es sich um
schwerwiegende Leistungsstörungen handele, die eine Fortsetzung des
Verwaltungsverhältnisses für die Wohnungseigentümer unzumutbar erscheinen ließen.
Derartige schwerwiegende Verfehlungen hätten die Beteiligten zu 2.) nicht näher
dargelegt. Es gebe insoweit auch keinen weiteren Aufklärungsbedarf, da allein
Unstimmigkeiten über die Art der Abrechnung bei einer ersten Abrechnung durch die
bestellte Verwalterin noch nicht als so schwerwiegend angesehen werden könnten,
dass sie zu einer vorzeitigen Beendigung des Verwaltervertrages berechtigen würden.
Auch soweit die Beteiligten zu 2.) geltend machten, die Beteiligte zu 1.) habe zu Unrecht
ab März 2001 von sämtlichen Wohnungseigentümern Wohngelder eingefordert, obwohl
diese zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zur Leistung von Vorauszahlungen
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verpflichtet gewesen seien, stelle dies keinen wichtigen Grund zur vorzeitigen
Beendigung des Verwalterverhältnisses dar. Auch insoweit könne erwartet werden,
dass die Wohnungseigentümer sich mit dem Verwalter auseinandersetzen und ggf. eine
gerichtliche Klärung, ab wann Wohngelder zu zahlen sind, herbeiführen. Ferner liege
kein schwerwiegender Pflichtenverstoß darin, dass die Beteiligte zu 1.) aufgrund einer
erst ab April 2001 erteilten Einzugsermächtigung Hausgeld schon für März 2001
abgebucht habe, da diese Buchung storniert worden sei und die Beteiligte zu 1.) sich
auf einen Irrtum infolge anderer Rechtsauffassung berufen habe.
Soweit die Beteiligten zu 2.) behaupteten, die Beteiligte zu 1.) habe
Gewährleistungsansprüche nur schleppend bearbeitet, sei bereits unklar, was damit
gemeint sei. Zu den Aufgaben und Befugnissen des Verwalters gehöre im übrigen
lediglich die Feststellung eventueller Gewährleistungsansprüche und Informationen der
Gemeinschaft darüber; die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen sei nicht
Aufgabe des Verwalters. Diese hätten die Wohnungseigentümer zu beschließen und
erst dann sei der Verwalter im Rahmen des § 27 Abs. 1 WEG verpflichtet, einen
entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümer durchzuführen. Ein
schwerwiegender Pflichtenverstoß der Beteiligten zu 1.) insoweit sei nicht näher
dargelegt. Ebenso wenig sei ein schwerwiegender Pflichtenverstoß darin zu erkennen,
dass die Beteiligte zu 1.) einen im Gutachten des Sachverständigen G. vom 27.04.2001
aufgeführten Mangel als erledigt vermerkt habe, obwohl dies nicht ordnungsgemäß
erfolgt sein solle. Die Beteiligte zu 1.) sei aufgrund ihrer Verwalterbestellung nicht
berufen, die ordnungsgemäße Mängelbeseitigung zu überprüfen und festzustellen.
Wenn sie selbst den Mangel als erledigt betrachtet habe, obwohl dies möglicherweise
tatsächlich nicht der Fall war, könne dies nicht die fristlose Kündigung des
Verwaltervertrages rechtfertigen. Auch die Anlegung der Instandhaltungsrücklage erst
zum 29.08.2001, obwohl bereits ab März 2001 teilweise Zahlungen des Wohngeldes
erfolgt seien, sei keine schwerwiegende Pflichtverletzung. Der Verwalterin müsse
insoweit eine gewisse Zeit eingeräumt werden, sich über die zinsgünstige Anlage der
Instandhaltungsrücklage zu informieren und zunächst einen gewissen Betrag
anzusammeln, um diese Instandhaltungsrücklage zinsgünstig anzulegen. Schließlich
stelle auch die Tatsache, dass die Beteiligte zu 1.) einen Nachweis für den Abschluss
eines Versicherungsvertrags im Sinne von § 6 der Teilungserklärung erst im September
2001 überreicht habe, keinen wichtigen Kündigungsgrund dar. Denn dadurch sei nicht
belegt, dass das Gebäude nicht versichert gewesen sei. Auf eine reine Vermutung der
fehlenden Versicherung könnten die Beteiligten zu 2.) eine vorzeitige Abberufung des
Verwalters und fristlose Kündigung des Verwaltervertrages nicht stützen.
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Nach allem sei die Anfechtung des Abberufungsbeschlusses ebenso begründet wie der
Feststellungsantrag, dass die Kündigung des Verwaltervertrages ungültig sei. Ferner sei
der im Beschwerdeverfahren geltend gemachte Anspruch auf Verwalterhonorar für die
Jahre 2003 und 2004 zulässig und begründet. Der Anspruch ergebe sich aus dem
Verwaltervertrag. Zur Höhe hätten die Beteiligten zu 2.) keine Einwendungen erhoben.
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Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
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Es kann offen bleiben, ob in der Regel von einer festen Dauer der Verwalterbestellung
auszugehen ist, wie das Landgericht im Anschluss an Staudinger/Bub meint, oder ob im
Zweifel eine Bestellung auf unbestimmte Zeit vorliegt mit der Folge, dass die Bestellung
jederzeit widerrufen werden kann (so Wenzel ZWE 2001, 514). Im vorliegenden Fall
enthält § 11 der Teilungserklärung zwar nicht unmittelbar eine Beschränkung der
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Abberufung auf einen wichtigen Grund, verweist aber hinsichtlich der Aufgaben und
Befugnisse des Verwalters auf den der Teilungserklärung anliegenden
Verwaltervertrag. Vernünftigerweise kann damit nur gemeint sein der Verweis auf den
Text des Verwaltervertrags - unabhängig davon, ob dieser Vertrag im Zeitpunkt der
Beurkundung der Teilungserklärung schon zustande gekommen war oder nicht. Der
Text des Verwaltervertrags, der in § 1 auf die vorzeitige Abberufung des Verwalters
Bezug nimmt und sowohl diese als auch die Kündigung auf das Vorliegen eines
wichtigen Grundes beschränkt, ist Bestandteil der Teilungserklärung geworden. Diese
Auslegung ergibt sich zum einen daraus, dass der - zunächst nur einseitig
unterschriebene - Verwaltervertrag als Anlage zur Teilungserklärung genommen wurde
und zum anderen daraus, dass beide Urkunden sich aufeinander beziehen. Somit ist
dem Auslegungsergebnis des Landgerichts zuzustimmen, wonach auch die Abberufung
der Beteiligten zu 1.) eines wichtigen Grundes bedurfte.
Ohne Rechtsfehler ist die Kammer davon ausgegangen, dass es sich bei dem im April
2000 nur von der Beteiligten zu 1.) unterzeichneten Vertragstext um ein Angebot
handelte, das später von den Wohnungseigentümern angenommen worden ist. Ob die
Feststellung des Landgerichts zutrifft, die Eigentümer E. und Dr. K. hätten in Vollmacht
der Wohnungseigentümergemeinschaft der Beteiligten zu 1.) eine Verwaltervollmacht
zugesandt, kann dahinstehen; die von den Eigentümern E. und Dr. K. unterzeichnete
Verwaltervollmacht lässt kein Handeln für die übrigen Wohnungseigentümer erkennen.
Jedenfalls ist der Verwaltervertrag aber mit allen Eigentümern zustande gekommen;
denn auch die übrigen Wohnungseigentümer haben im Frühjahr 2001 gleichlautende
Verwaltervollmachten unterzeichnet und an die Beteiligte zu 1.) gesandt, wie diese
unwidersprochen vorgetragen hat.
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Dem Zustandekommen des Verwaltervertrages steht nicht entgegen, dass er ein von §
11 der Teilungserklärung abweichendes Ablaufdatum trug. Das Landgericht hat in der
Angabe "2006" eine unschädliche Falschbezeichnung gesehen, was sich bereits aus
der Bezugnahme auf den Bestellungszeitraum ergebe. Diese Auslegung des
Vertragstextes ist vom Senat als Rechtsbeschwerdegericht nur eingeschränkt
überprüfbar (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler FGG, 15. Aufl. § 27 Rn. 49); einen Rechtsfehler
lässt sie nicht erkennen.
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Nicht zu beanstanden sind weiter die Ausführungen der Kammer zu der von den
Beteiligten zu 2.) getroffenen Eigentümervereinbarung vom 02.10.2002. Da, wie gezeigt,
von einer in der Teilungserklärung enthaltenen Beschränkung der Abberufung auf das
Vorliegen eines wichtigen Grundes auszugehen ist, waren die Beteiligten zu 2.)
gebunden. Sie durften der Beteiligten zu 1.) die durch die Teilungserklärung in ihrer
ursprünglichen Fassung erlangte Rechtsposition nicht ohne wichtigen Grund entziehen.
Der Inhaber eines Verwalteramtes verliert durch dessen Entzug nicht nur seine
Funktionsstellung, sondern auch das ihm aus der Bestellung erwachsene Recht, dieses
Amt bis zu seiner rechtmäßigen Abberufung bzw. Entlassung auszuüben. Dieses Recht
ist schützenswert (vgl. dazu BGH vom 20.06.2002 NJW 2002, 3240 ff.; Wenzel a.a.O.).
Deshalb konnten die Wohnungseigentümer das Recht der Beteiligten zu 1.) auf ihr Amt
nicht vorzeitig entziehen, auch nicht durch eine Vereinbarung, die lediglich die
Wohnungseigentümer bindet. Die Vereinbarung vom 02.10.2002 ist wirkungslos.
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Einen wichtigen Grund für Kündigung und Abberufung hat die Kammer -
möglicherweise zu Unrecht - verneint. Die Beteiligten zu 2.) haben in zweiter Instanz
vorgetragen, die Beteiligte zu 1.) habe offensichtlich die Gebäudeversicherung erst mit
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wesentlicher Verspätung abgeschlossen. Auf ihre Nachfrage seien ihnen
Versicherungspolicen über eine Versicherung bei der C. übersandt worden, die die
Beteiligte zu 1.) von der Feuerrohbauversicherung des Bauträgers übernommen haben
wolle. Die Änderung datiere hingegen erst vom September 2001. Sie hätten berechtigte
Zweifel, dass das Gebäude schon ab dem Erstbezug ausreichend versichert gewesen
sei. Eine Auskunft zu dem bis zur Änderung bestehenden Versicherungsschutz sei die
Beteiligte zu 1.) den Eigentümern schuldig geblieben. Hierauf hat die Beteiligte zu 1.)
pauschal erwidert, das Gebäude sei ausreichend versichert gewesen; bloße Zweifel
rechtfertigten keine außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrages. Mit Schriftsatz
vom 06.12.2004 haben die Beteiligten zu 2.) ergänzend vorgetragen: Bis zum Abschluss
der erst ab September 2001 geltenden Police habe kein ausreichender
Versicherungsschutz bestanden. Die zuvor bestehende Rohbauversicherung des
Bauträgers habe einen anderen Inhalt und wäre schon deswegen keinesfalls in vollem
Umfang für Schäden eingetreten, weil die Versicherungsgesellschaft ein halbes Jahr
lang nicht über eine Risikoänderung informiert worden sei. Dem ist die Beteiligte zu 1.)
nicht mehr entgegengetreten.
Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft das Vorbringen der Beteiligten zu 2.) als bloße
Vermutung fehlender Versicherung angesehen, auf die die vorzeitige Abberufung und
Kündigung nicht gestützt werden könne.
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Nachdem die Beteiligten zu 2.) mit der weiteren Beschwerde die Behauptung fehlenden
Versicherungsschutzes wiederholt haben, hat die Beteiligte zu 1.) weiterhin die
Auffassung vertreten, das Gebäude sei ab dem 01.04.2001 voll versichert gewesen. Ihr
sei nicht bekannt gewesen, warum der endgültige Versicherungsschein erst ab August
2001 auf den Namen der Eigentümergemeinschaft ausgestellt worden sei; jedenfalls
gehe aus der Police hervor, dass das Objekt jederzeit gegen Feuer, Blitzschlag und
Explosion versichert gewesen sei. Zum Beleg hat die Beteiligte zu 1.) die
Rohbauversicherungspolice vom 23.11.2000 vorgelegt, aus der hervorgeht, dass
"während der Zeit des Rohbaus bis zur bezugsfertigen Herstellung Versicherungsschutz
gegen Schäden durch Brand, Blitzschlag und Explosion" besteht.
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Damit hat die Beteiligte zu 1.) nicht den ihr obliegenden Nachweis erbracht, dass ab
Bezugsfertigkeit bis August/September 2001 ein ausreichender
Gebäudeversicherungsschutz bestand. Nach § 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG gehört zu einer
ordnungsgemäßen, den Interessen der Wohnungseigentümer entsprechenden
Verwaltung insbesondere die Feuerversicherung des gemeinschaftlichen Eigentums.
Nach § 6 Nr. 2 b der Teilungserklärung ist u.a. "zumindest" eine
Gebäudebrandversicherung abzuschließen. Weiter heißt es in § 6 Nr. 2:
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Die Auswahl der Versicherer, die Festlegung der Versicherungssummen und die
Vereinbarung des Vertragsinhalts obliegt dem Verwalter.
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Damit enthält die Teilungserklärung die Verpflichtung und zugleich die Ermächtigung
des Verwalters zum Abschluss der erforderlichen Versicherungen. Sollte die Beteiligte
zu 1.) nach Bezugsfertigkeit des Gebäudes - und bei bestehender, mindestens
"werdender" Wohnungseigentümergemeinschaft - untätig geblieben und das Gebäude
infolge dessen nicht ausreichend versichert gewesen sein, so stellt dies einen wichtigen
Grund für ihre Kündigung und Abberufung dar. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn den
Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter
verschuldeten Umstände nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit
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mit dem Verwalter nicht mehr zugemutet werden kann und deshalb das erforderliche
Vertrauensverhältnis zerstört ist. Diese Voraussetzung wäre hier zu bejahen, wobei es
unschädlich ist, dass der vorgenannte Grund nicht Gegenstand des
Kündigungsschreibens und somit auch nicht der Abberufung war. Nachgeschobene
Kündigungsgründe sind grundsätzlich in einem Rechtsstreit bis zum Schluss der
mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen (vgl. Palandt/Putzo, 64. Auflage, vor § 620
Rdnr. 36). Entsprechendes muss im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit bis zum
Schluss der letzten Tatsacheninstanz gelten. Voraussetzung ist, dass der
nachgeschobene Grund zur Zeit der Kündigung vorgelegen hat, auch wenn er dem
Kündigenden nicht bekannt war, und dass er zu diesem Zeitpunkt objektiv die
Kündigung rechtfertigte. Weitere Voraussetzung im vorliegenden Fall ist, dass im
Zeitraum der betreffenden Pflichtverletzung, also vor August/September 2001,
zumindest eine "werdende" Wohnungseigentümergemeinschaft bestand. Dazu muss
ein wenigstens gültiger Erwerbsvertrag bestanden haben, für den Erwerber muss eine
Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen sein und er muss den Besitz an der
Wohnung erlangt haben (so die herrschende Meinung, vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG,
9. Auflage, vor § 43 Rdnrn. 4 ff.). Mit Erfüllung dieser Voraussetzungen beginnt die
organschaftliche Stellung des Verwalters und erst ab diesem Zeitpunkt kann von einer
Pflichtverletzung gegenüber der (werdenden) Gemeinschaft die Rede sein.
Der Senat vermag nach Aktenlage diesen Zeitpunkt nicht zu bestimmen. Dazu bedarf es
weiterer Ermittlungen, die das Landgericht vorzunehmen hat.
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