Urteil des OLG Düsseldorf vom 02.01.2006

OLG Düsseldorf: eintragung im handelsregister, grundsatz der gleichbehandlung, aufschiebende wirkung, unternehmen, handelsregisterauszug, abgabe, ausführung, erfüllung, insolvenz, bekanntmachung

Oberlandesgericht Düsseldorf, VII-Verg 93/05
Datum:
02.01.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Vergabesenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
VII-Verg 93/05
Tenor:
1. Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der
sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der
Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 29. November
2005 - VK 23/05 - wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin wird um Mitteilung bis zum 13. Januar 2006
gebeten, ob das Rechtsmitel aufrechterhalten bleibt.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
1
Der Antragsgegner schrieb im August 2005 sog. Bezugsverträge zur
Kampfmittelbeseitigung in den Regierungsbezirken A., D. und M. (Az.: 12.21-90-05-
001), aufgeteilt in zwölf fachliche Lose europaweit im Wege des nicht offenen
Verfahrens mit vorangeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach VOL/A aus.
2
Unter Ziffer III.2) "Bedingungen für die Teilnahme" der Vergabebekanntmachung legte
der Antragsgegner u. a. folgende Mindestanforderungen fest:
3
III.2.1) Angaben zur Situation des Bauunternehmers/des Lieferanten/des
Dienstleisters sowie Angaben und Formalitäten die zur Beurteilung der Frage
erforderlich sind, ob dieser die wirtschaftlichen und technischen
Mindestanforderungen erfüllt:
4
Kurzbeschreibung der Aufträge der letzten drei Jahre (Nennung der Auftraggeber,
Referenzliste); Eigenerklärung über den Umsatz der letzten drei abgeschlossenen
Geschäftsjahre im Tätigkeitsfeld Kampfmittelbeseitigung.
5
III.2.1.1) Rechtslage- Geforderte Nachweise
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1. Nachweis der Eintragung im Berufs- oder Handelsregister
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Als Zuschlagskriterien waren in der Bekanntmachung unter Ziffer IV.2) folgende
Kriterien in der Reihe ihre Priorität genannt:
8
1. Erfahrung
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2. Qualität
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3. Leistungsvermögen
11
4. Preis
12
Als Schlusstermin für die Einreichung der Teilnahmeanträge war nach Ziffer IV.3.3) der
Bekanntmachung der 23. September 2005 bestimmt.
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Die Antragstellerin wurde von den geschäftsführenden Gesellschaftern im März 2004
neu gegründet, in das Handelsregister des Amtsgerichts D. unter HRB .... eingetragen
und nahm ihren Geschäftsbetrieb zum 1. April 2004 auf. Die geschäftsführenden
Gesellschafter hatten bewegliches Sachanlagevermögen der im Jahre 1946
gegründeten und in Insolvenz befindlichen R. Umweltentsorgung GmbH mit Sitz in B./W.
Anfang 2004 und die Firma der R. Umweltentsorgung GmbH von dem
Insolvenzverwalter erworben. Mit Schreiben vom 17. März 2004 (Anlage 10)
unterrichtete der Insolvenzverwalter das Innenministerium des Landes NRW über den
Erwerb beweglichen Sachanlagevermögens durch die Antragstellerin und kündigte die
Aufnahme des Geschäftsbetriebes durch diese für den 1. April 2005 an.
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Die Antragstellerin bewarb sich um die Teilnahme am Vergabeverfahren mit Antrag vom
20. September 2005. Eine gesonderte Referenzliste mit einer Kurzbeschreibung der
Aufträge unter Nennung der Auftraggeber war dem Teilnahmeantrag nicht beigefügt. In
dem Begleitschreiben vom 20. September 2005 (Anlage 4) zu ihrem Teilnahmeantrag
hieß es wie folgt:
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Auf dem traditionsreichen Namen der R. Umweltentsorgung (B. /W.: seit 1946)
gründen die erfahrenen Teamer J. P. und M. H. am 01.04.2004 ein konzeptionell
neu ausgerichtetes Unternehmen mit Kernkompetenz Kampfmittelräumung.
16
…..
17
Neben der Übernahme des gesamten technischen Equipments des ehemaligen R.
Entsorgungsbetriebes (Anfang 2004) …
18
…..
19
Die bestehenden Rahmenverträge in Nordrhein-Westfalen für die Bezirksregierung
D. (K.), A., D. und M. bilden hier die Basis und Beleg für zuverlässige und
erfolgreiche Zusammenarbeit in der Region.
20
….
21
b)…
22
Erfahrene Teams und Mitarbeiter, die ihren Erfahrungsschatz aus Europas ältestem
Privatunternehmen der Kampfmitteleinräumung miteinbringen - den zuverlässigen
R.-Bombenräumtrupps-.
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d) der Bereich Wasserbergung gewinnt zunehmend Bedeutung für die
Bergetätigkeiten des Unternehmens….
24
Die besonderen Verhältnisse fördern die Eigenentwicklung und den Einsatz
spezialisierter Detektions-Messautomaten, wie sie z.B. im Rhein (Räumstelle
Andernach) bei der Unterwasserdetektion zum Einsatz kommen. Mit der
Eigenkonstruktion einer Aushub –Trennvorrichtung im Datteln Hamm-Kanal
(Baustelle Lünen) werden beispielsweise bis zu 400 qm Kanalboden täglich
fachgerechte detektiert und von Fremdkörpern, Metall- und Kriegsmunition befreit.
In kooperativer Partnerschaft mit der Firma H. Wasserbau (W.) stehen
Gerätschaften und Kräne zur Bergung schwerer Metallkörper und anderer die
Schifffahrt gefährdender Hindernisse zur Verfügung.
25
Dem Teilnahmeantrag der Antragstellerin beigefügt war ein Schreiben des Amtsgerichts
D. vom 15. Juni 2005, dass auf der Rückseite die Eintragungen im Handelsregister zum
Gegenstand des Unternehmens, zur Rechtsform und den Tag der Eintragung im
Handelsregister beim Amtsgericht D. enthielt. Angaben über die Vertretungsverhältnisse
der Antragstellerin enthielt das Schreiben des Amtsgerichts D. nicht.
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Mit Schreiben vom 12. Oktober 2005 teilte die Vergabestelle der Antragstellerin mit,
dass nach abgeschlossener Prüfung der Teilnahmeanträge ihr keine Aufforderung zur
Abgabe eines Angebots übersandt werde. Zur Begründung berief sich die Vergabestelle
darauf, dass dem Teilnahmeantrag keinerlei Umsatzzahlen der letzten drei
abgeschlossenen Geschäftsjahre, keine Kurzbeschreibung der Aufträge aus den letzten
drei Jahren, wobei der pauschale Hinweis auf bestehende Rahmenverträge nicht
ausreichend sei, und kein vollständiger Handelsregisterauszug beigefügt seien.
27
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2005 (Anlage 6) reichte die Antragstellerin
Umsatzzahlen ab Beginn ihrer Geschäftstätigkeit am 1. April 2004, eine Referenzliste
sowie einen vollständigen Handelsregisterauszug nach und berief sich hinsichtlich ihrer
Referenzen auf die mit dem Land Nordrhein-Westfalen geschlossenen
Rahmenverträge. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 (Anlage 7) teilte die
Vergabestelle der Antragstellerin mit, dass sie den Teilnahmeantrag weiterhin ablehne,
weil ein Nachreichen von Unterlagen nach Fristende (23. September 2005) des
Teilnahmewettbewerbs aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Wettbewerber
vergaberechtlich nicht zulässig sei.
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Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 17. Oktober 2005 (Anlage 8) rügte
die Antragstellerin die unterlassene Aufforderung zur Abgabe eines Angebots als
vergaberechtsfehlerhaft. Die Vergabestelle lehnte es mit Schreiben vom 20., Oktober
2005 (Anlage 9) ab, der Rüge der Antragstellerin abzuhelfen.
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Mit ihrem bei der Vergabekammer der Bezirksregierung A. eingereichten
Nachprüfungsantrag begehrte die Antragstellerin, die Antragsgegnerin zu verpflichten,
ihr die Verdingungsunterlagen zuzusenden und sie zur Angebotsabgabe binnen
Fristsetzung aufzufordern. Mit Beschluss vom 29. November 2005 (VK 23/05) wies die
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Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin mit der Begründung
zurück, zu Recht habe die Antragsgegnerin es unterlassen, die Antragstellerin zur
Abgabe eines Angebots aufzufordern. Die Antragstellerin habe weder Angaben zu den
Umsätzen gemacht, noch könne sie sich auf bei der Antragsgegnerin vorhandene
Kenntnisse über ihre Umsatzzahlen berufen. Auch hinsichtlich der Referenzliste könne
sie sich nicht auf die Rahmenverträge mit dem Land NRW berufen, weil es an der
Anforderung der Kurzbeschreibung fehle und von den Rahmenverträgen nicht auf
konkrete Aufträge geschlossen werden könne.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese ihr
ursprüngliches Begehren weiter verfolgt.
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Sie macht geltend: Es sei ihr nicht möglich gewesen, die Umsatzzahlen der letzten drei
abgeschlossenen Geschäftsjahre vorzulegen, da sie erst seit dem 1. April 2004 ihre
Geschäftstätigkeit aufgenommen habe. Die Umsatzzahlen des Jahres 2004 habe sie
vorgelegt. Der Vergabestelle sei das Problem der "Nachfolgefirmen" bekannt gewesen,
wie der Vergabevermerk vom 10. Oktober 2005 belege. Ihre Ermessensentscheidung
sei deshalb fehlerhaft gewesen. Der Vergabestelle sei die Zuverlässigkeit des früheren
Unternehmens R. seit Jahrzehnten bekannt gewesen. Im übrigen sei ihr ebenso
bekannt, dass sie, die Antragstellerin, ihre Jahresumsätze aus Rahmenverträgen mit
dem Land NRW erwirtschafte. Im Übrigen habe ein Informationsaustausch zwischen der
ursprünglichen Vergabestelle, dem KBD Hagen, und der zentralen Vergabestelle
Dortmund, die nunmehr zuständig sei, stattgefunden. Die fehlende Referenzliste sei
durch die Bezugnahme auf die langjährigen vertraglichen Beziehungen zwischen dem
Land NRW und der Antragstellerin zu ersetzen. Der Handelsregisterauszug sei zwar
unvollständig, aber es bestehe für die zentrale Vergabestelle die Möglichkeit zur
Einsichtnahme in das Online-Handelsregister des Amtsgerichts D..
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Die Zuverlässigkeit der Antragstellerin sei dem Antragsgegner hinlänglich aus den
Rahmenverträgen bekannt, auch wenn nunmehr der KBD Hagen nicht mehr als
Vertreter des Landes NRW tätig werde, sondern die zentrale Vergabestelle Dortmund.
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Die Voraussetzungen der vorzulegenden Referenzliste seien durch die langjährigen
vertraglichen Beziehungen mit dem Land ebenfalls erfüllt. Im übrigen enthalte ihr
Bewerbungsschreiben auf Seite 4 auch einzelne Projekte nach Ort und Inhalt der
Leistung. Der Ausschreibungstext der Vergabebekanntmachung sei nicht präzise, es
bestehe ein Auslegungsspielraum hinsichtlich der Frage, ob eine Darstellung
bestehend aus Objekt, Auftragsdauer, Flächenangaben, Auftragswert und Auftraggeber
erforderlich war oder nur ein Objekt nebst Auftraggeber angegeben werden musste.
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Der Handelsregisterauszug in der vorgelegten Form sei in einem anderen
Vergabeverfahren von der Bezirksregierung D. akzeptiert worden.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung
über die sofortige Beschwerde zu verlängern
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen
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Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf
die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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II. Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde
– und mit ihm aus Rechtsgründen die sofortige Beschwerde - hat keine Aussicht auf
Erfolg, weil auch der Nachprüfungsantrag aufgrund vorläufiger summarischer Prüfung
keinen Erfolg hat.
42
1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig.
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Der Vergaberechtsweg ist auch im Streitfall eröffnet. Es bestehen im Streitfall keine
objektiven Anhaltspunkte dafür, dass die vorliegenden
Kampfmittelbeseitigungsmaßnahmen, die zum Teil nach Fachlosen, zum Teil nach
regional zerlegten Losen vergeben werden sollen, zu Unrecht nach der VOL/A
ausgeschrieben worden sind, wie die Antragstellerin meint. Nach § 99 Abs. 3 GWB sind
Bauaufträge Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung eines
Bauvorhabens oder eines Bauwerks, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist
und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder eine Bauleistung
durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen. Konkrete
Bauvorhaben, bezüglich dessen Ausführung oder Planung die ausgeschriebenen
Kampfmittelräumungsmaßnahmen gleichzeitig erfolgen sollen (vgl. § 99 Abs. 3 GWB),
hat die Antragstellerin nicht genannt. Sie sind auch sonst nicht zu erkennen. In den vom
Senat entschiedenen Nachprüfungsverfahren, in dem die VOB/A anzuwenden war, ging
es um andere Sachverhalte (vgl. Beschl. v. 28.9.2005, VII-Verg 32/05).
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2. Das Angebot der Antragstellerin war zwingend vom Angebotswettbewerb
auszuschließen (§ 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A), weil die Antragstellerin die wirtschaftlichen
und technischen Mindestanforderungen an die Eignung der Bieter nicht erfüllte und
daher zum Angebotswettbewerb nicht zugelassen werden durfte.
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Unter Ziffer III.2) "Bedingungen für die Teilnahme" der Vergabebekanntmachung legte
die Vergabestelle folgende Mindestanforderungen fest:
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III.2.1) Angaben zur Situation des Bauunternehmers/des Lieferanten/des
Dienstleisters sowie Angaben und Formalitäten die zur Beurteilung der Frage
erforderlich sind, ob dieser die wirtschaftlichen und technische Mindestanforderung
erfüllt:
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Kurzbeschreibung der Aufträge der letzten drei Jahre (Nennung der Auftraggeber,
Referenzliste); Eigenerklärung über den Umsatz der letzten drei abgeschlossenen
Geschäftsjahre im Tätigkeitsfeld Kampfmittelbeseitigung.
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aa) Mit ihrem Teilnahmeantrag unterließ die Antragstellerin eine Angabe des
Gesamtumsatzes ihres Unternehmens in den letzten drei Jahren und erklärte ferner in
ihrem Begleitschreiben vom 20. September 2005: "Auf dem traditionsreichen Namen der
R. Umweltentsorgung (B. /W.: seit 1946) gründen die erfahrenen Teamer J. P. und M. H.
am 01.04.2004 ein konzeptionell neu ausgerichtetes Unternehmen mit Kernkompetenz
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Kampfmittelräumung."
Eine Kurzbeschreibung der Aufträge der letzten drei Jahre unter Nennung der
Auftraggeber (Referenzliste) fügte die Antragstellerin ihrem Teilnahmeantrag ebenso
wenig bei. Die Antragstellerin war nicht in der Lage, die Mindestbedingungen zu
erfüllen, weil ihr Unternehmen erst seit April 2004 auf dem Markt tätig war. Sie konnte
die vom Antragsgegner geforderte wirtschaftliche und technische Mindestbedingung
nicht durch eine in ihr Bewerbungsschreiben aufgenommene Auflistung der von ihr seit
April 2004 in Kooperation mit dem Unternehmen H. ausgeführten
Wasserbergungsaufträge und der mit der Antragsgegnerin für die Bezirksregierungen D.
(K.), A., D. und M. abgeschlossenen Rahmenaufträge in den Jahren 2004 und 2005
ersetzen. Rahmenverträge waren durch Einzelaufträge auszufüllen. Welche
Einzelaufträge die Antragstellerin ausgeführt haben will, ist unklar geblieben. Allein der
Abschluss von Rahmenverträgen mit dem Antragsgegner belegt nicht, dass die
Antragstellerin über die notwendige Fachkunde, Erfahrung und Zuverlässigkeit zur
Ausführung der konkrete ausgeschriebenen Aufträge verfügte. Nach der
Vergabebekanntmachung gefordert war die Nennung von Referenzobjekten öffentlicher
und privater Auftraggeber aus den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren.
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Der in der Beschwerdeschrift vertretenen Auslegung der Bekanntmachung, es habe ein
erheblicher Auslegungsspielraum hinsichtlich der Frage bestanden, ob eine Darstellung
aus Objekt mit Auftragsdauer, Flächenangaben, Auftragswert und Auftraggeber
erforderlich war, ist entgegenzuhalten, dass nach dem eindeutigen Wortlaut als
Mindestangabe in der Referenzliste eine Beschreibung des Objektes und die Nennung
des (öffentlichen oder privaten) Auftraggebers gefordert war. Darüber hinausgehende
Angaben über den Rechnungswert und die Leistungszeit (vgl. § 7a Abs.2 lit. a VOL/A)
waren unschädlich. Es blieb also dem Bieter überlassen, ob er weitere zur
Beschreibung des Referenzobjektes Angaben zur Auftragsdauer, zum Auftragswert und
zur Fläche machte.
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bb) Die Antragstellerin kann sich zur Erfüllung der genannten wirtschaftlichen und
technischen Anforderungen nicht auf früher erbrachte Leistungen der R.
Umweltentsorgung GmbH mit Sitz in B. /W. berufen, wie sie es in ihrem
Bewerbungsschreiben vom 20. September 2005 versuchte. Das Bewerbungsschreiben
enthielt keine Erklärungen über den Umsatz der R. Umweltentsorgung in den letzten
drei abgeschlossenen Geschäftsjahren und auch keine Aufgliederung der
Referenzangaben, welche die etwaigen in den letzten drei Jahren erbrachten
Leistungen betreffen. Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen,
die Aufträge und Umsätze der R. Umweltentsorgung GmbH seien den Vertretern der
Vergabestelle oder des Antragsgegners zurechenbar bekannt, weshalb es nicht
notwendig gewesen sei, Referenzobjekte im einzelnen aufzuführen. Dies ist aus
rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Die Antragstellerin war nicht Rechtsnachfolgerin
der R. Umweltentsorgung GmbH. Sie konnte sich nicht einerseits als gegenüber der in
Insolvenz gegangenen R. Umweltentsorgung GmbH als wirtschaftlich leistungsfähig
darstellen und andererseits zur Erfüllung von Mindestbedingungen an die
wirtschaftlichen und technischen Leistungen und Erfahrungen der in Insolvenz
gegangenen R. Umweltentsorgung GmbH anknüpfen wollen. Zum anderen können die
früheren Leistungen der R. Umweltentsorgung GmbH trotz Übernahme technischer
Ausrüstung und von Personal – wobei die Antragstellerin weder im Einzelnen dargelegt
hat, welche technische Ausstattung noch welche Mitarbeiter sie übernommen hat - zur
Kampfmittelräumung durch die Antragstellerin nicht wie eigene Leistungen der
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Antragstellerin gewertet werden, weil eine solche Wertung vernachlässigen würde, dass
an einer Unternehmensleistung auch die Unternehmensleitung, die gesamte
Betriebsorganisation und die Struktur des Unternehmens maßgeblichen Anteil haben.
Diese Leistungsfaktoren sind bei der 2004 gegründeten Antragstellerin neu und nicht
bewährt. Zwar waren beispielsweise die Geschäftsführer der Antragstellerin Mitarbeiter
der R. Umweltentsorgung GmbH. Sie waren aber offenbar nicht als Geschäftsführer
tätig, noch hat die Antragstellerin dargelegt, dass diese in der R. Umweltentsorgung
GmbH eine vergleichbar verantwortungsvolle Tätigkeit (etwa als kaufmännische oder
technische Abteilungsleiter) ausübten. Dass die Geschäftsführung und das
Management eines Unternehmens maßgeblichen Anteil an einer ordnungsgemäßen
und zuverlässigen Leistungserbringung haben, hat auch die Antragstellerin nicht in
Abrede gestellt.
cc) Dieser Beurteilung kann nicht entgegengehalten werden, dass damit die
Antragstellerin als neu gegründetes Unternehmens im Wettbewerb behindert und
diskriminiert oder sogar vom Markt verdrängt werde. Die von der Vergabestelle
gestellten Mindestanforderungen sind gedeckt durch § 7 a Nr. 2 Abs. 1 lit. d, Abs. 2 lit. a
und Abs. 3 VOL/A. Bei diesen Bestimmungen wurde ersichtlich in Kauf genommen,
dass sie den Marktzutritt für Newcomer erschweren, wenn der Auftraggeber von den
Bestimmungen in zulässiger Weise Gebrauch macht, soweit es durch den Gegenstand
der Leistungen gerechtfertigt ist (was hier in Anbetracht der Gefährlichkeit der
ausgeschriebenen Kampfmittelräumungsarbeiten der Fall ist). Zwar ist der Auftraggeber
nicht gezwungen, diese Bestimmungen zwecks Vorauswahl fachlich, technisch und
wirtschaftlich geeigneter Bewerber anzuwenden. Im Streitfall hat die Vergabestelle die
einen Marktzutritt beschränkende Wirkung erkannt und dennoch diese Anforderungen
aufgestellt und an ihnen im Ergebnis festgehalten, wie der Vergabevermerk vom 10.
Oktober 2005 belegt.
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dd) Hat die Vergabestelle diese Anforderungen an die Eignung der Bewerber
beurteilungsfehlerfrei bestimmt, so ist sie hieran gebunden. Die Vergabestelle kann
nicht zugunsten eines Bewerbers oder Bieters auf die Erfüllung der
Mindestbedingungen verzichten.
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3. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung über die sofortige Beschwerde
vorbehalten.
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D.
D.-B.
F.
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