Urteil des OLG Düsseldorf vom 20.01.2006

OLG Düsseldorf: vollmacht, verfügung, beschwerdeschrift, urkunde, familienname, kenntnisnahme, geschlecht, eintrag, form, fax

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 Wx 200/05
Datum:
20.01.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-3 Wx 200/05
Vorinstanz:
Landgericht Mönchengladbach, 5 T 239/04
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers vom 28. Juli
2005 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts
Mönchengladbach vom 29. Juni 2005 geändert.
Die sofortige Erstbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Mönchengladbach vom 7. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
Die dem Antragsteller entstandenen außergerichtlichen Kosten der
sofortigen weiteren Beschwerde und die des landgerichtlichen
Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte.
Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: 3.000 €
I.
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Der am X.X.1932 geborene Antragsteller begehrt, in seinem Geburtseintrag
(Geburtenbuch des Standesamtes Gladbach-Rheydt – Waldhausen – Urk. Nr. X,
Jahrgang 1932) den Familiennamen seines Vaters zu berichtigen (V. von W. statt W.).
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Er beruft sich auf verschiedene Urkunden (18. Nov. 1793, GA 66; 17. Aug. 1866,
GA 90ff.; 29. Dez. 1869, GA 93ff.), aus denen sich nach seiner Ansicht ergibt, dass im
Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung im Jahre 1919 in den
Familien seines Ur-Ur-Ur-Ur-Großvaters, seines Ur-Ur-Großvaters, seines Ur-
Großvaters und seines am 29. Sept. 1866 geborenen Großvaters als Familienname der
Name "V. von W." geführt worden sei.
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Auch die Petschaft seines Großvaters aus dem Jahre 1894 und die von ihm anlässlich
seiner Eheschließung im Jahre 1900 angefertigte Petschaft mit Wolfswappen
dokumentierten, dass sein Großvater den Namen "V. von W." benutzt habe. Es sei
damals üblich gewesen, private Schreiben zu siegeln.
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Es sei allenfalls nicht beweisbar, dass sein am 1. Sept. 1901 geborener Vater diesen
Namen als Familiennamen geführt habe.
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Der Beteiligte hat dem Antragsteller mit Verfügung vom 17. April 2000 – 340-Mü/R-M –
mitgeteilt, er weise dessen Antrag vom 4. Nov. 1999, den Familiennamen im
Geburtseintrag zu berichtigen, als unbegründet zurück, weil es ihm nicht gelungen sei,
sein Ansinnen durch entsprechende Personenstandsurkunden zu erhärten.
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Das Amtsgericht Mönchengladbach hat nach Einholen eines Gutachten des
Sachverständigen M. (Gutachten vom 21. Jan. 2004, GA 161ff.) mit Beschluss vom
7. Mai 2004 – 15 III 10/02 angeordnet, dass der Eintrag im Geburtenbuch durch
Beischreiben eines Vermerkes zu berichtigen sei (Familienname "V. von W.").
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Gegen den am 12. Mai 2004 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte mit Fax vom 26.
Mai 2004 (GA 182) – unterzeichnet durch den Sachbearbeiter, Stadtoberinspektor T. –
sofortige Beschwerde eingelegt.
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Es könne nicht eindeutig festgestellt werden, dass der Familienname tatsächlich in der
behaupteten Form geführt worden sei. Nach der Dienstanweisung für die
Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden (§ 57 Abs. 3 DA) könne der Nachweis in
Form von Einbürgerungsurkunden und Adelshandbüchern nicht als ausreichend
angesehen werden. Auch die vorgelegten Urkunden seien nicht zu einem Nachweis
geeignet.
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Der Antragsteller hat gebeten,
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die sofortige Beschwerde des Beteiligten zurückzuweisen.
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Er hat bestritten, dass der Stadtoberinspektor T. befugt gewesen sei, den Beteiligten
gerichtlich zu vertreten und die sofortige Beschwerde einzulegen.
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Im übrigen hat er seine Ausführungen in der Sache wiederholt und vertieft.
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Auf den Beschluss des Landgerichts Mönchengladbach vom 20. Jan. 2005, vorzutragen
und zu belegen, wann und wie der Stadtoberinspektor im konkreten Verfahren zur
Vertretung des Beteiligten bevollmächtigt worden sei, hat der Beteiligte eine Vollmacht
für den damaligen Stadtrechtsrat z.A. S. (jetzt Stadtoberrechtsrat Dr. S.) vom 7. April
1993 (GA 286) vorgelegt, den Beteiligten in allen Fällen der freiwilligen und streitigen
Gerichtsbarkeit vor dem Landgericht Mönchengladbach rechtsverbindlich zu vertreten.
Er hat außerdem geltend gemacht, der Sachbearbeiter habe die sofortige Beschwerde
vor der Einlegung Stadtoberrechtsrat Dr. S. zur Kenntnis (und damit Genehmigung)
vorgelegt.
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Dessen Vollmacht ermächtige auch zu Unterbevollmächtigungen. Natürlich habe
Stadtoberrechtsrat Dr. S. mit dem Sachbearbeiter die Angelegenheit mündlich erörtert
und ihn mündlich zur Unterzeichnung der Beschwerde ermächtigt.
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Das Landgericht hat mit Beschluss vom 29. Juni 2005 den Beschluss des Amtsgerichtes
Mönchengladbach geändert und den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.
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Die sofortige Beschwerde sei fristgerecht, insbesondere wirksam eingelegt worden. Der
Sachbearbeiter habe den Beteiligten wirksam vertreten. Denn der bevollmächtigte
Stadtoberrechtsrat Dr. S. habe seinem Sachbearbeiter dadurch Untervollmacht erteilt,
dass er die zur Kenntnis vorgelegte sofortige Beschwerde abgezeichnet habe.
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Das Begehren des Antragstellers auf gerichtliche Anordnung der Berichtigung des
Eintrags im Geburtenbuch sei nicht gerechtfertigt. Denn es stehe nicht zur vollen
Überzeugung des Landgerichtes fest, dass der beanstandete Eintrag von Anfang an
unrichtig gewesen sei. Es stehe zwar fest, dass der Antragsteller von dem Geschlecht
"V. von W." abstamme. Es sei aber nicht feststellbar, dass der Großvater des
Antragstellers diesen Namen im Rechtsverkehr geführt habe. Die Urkunde vom 29. Dez.
1869 belege allenfalls dass der Ur-Großvater des Antragsteller den Namen geführt
habe. Der Großvater selbst sei erst drei Jahre alt gewesen. Aus der Urkunde lasse sich
nicht entnehmen, dass er den Namen "V. von W." als Erwachsener im Rechtsverkehr
geführt habe.
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Die Petschaften seien eher ein Indiz dafür, dass der Großvater habe ausdrücken wollen,
auf das Geschlecht "V. von W." zurückzugehen. Die Siegel gäben nichts für die
Annahme her, dass er den Namen im Rechtsverkehr tatsächlich geführt habe.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des
Antragstellers.
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Er ist weiter der Ansicht, die sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil der Beteiligte
durch seinen Sachbearbeiter nicht wirksam vertreten worden sei.
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Es liege kein vernünftiger Grund für die Annahme vor, sein Großvater habe in seinen
späteren Lebensjahren einen anderen Namen geführt als den, den seine Eltern ihm
gegeben hatten. Denn das sei zu jener Zeit ausdrücklich verboten gewesen.
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Letztlich komme es darauf nicht an, weil der Familienname "V. von W." seit 1794,
spätestens aber seit 1816 festgelegt gewesen sei ("Versteinerung" aufgrund königlicher
Verordnung des Königs von Preußen vom 30. Okt. 1816).
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Die Annahme des Landgerichts hinsichtlich der Petschaften sei denkbar fernliegend.
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Der Antragsteller beantragt,
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den angefochtenen Beschluss zu ändern und die Erstbeschwerde als unzulässig
zu verwerfen hilfsweise sie zurückzuweisen dies hilfsweise mit der Maßgabe, den
Beschluss des Amtsgerichts neu zu fassen, äußerst hilfsweise Aufhebung und
Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landgerichts.
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Der Beteiligte beantragt,
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die sofortige weiter Beschwerde zu verwerfen.
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Der Beteiligte sei immer berechtigt, in Personenstandssachen Beschwerde gegen eine
Entscheidung des Amtsgerichtes einzulegen. Wen er damit betraue, stehe in seinem
Organisationsermessen. Die Standesamtsaufsicht sei – auch – dem Sachbearbeiter,
Stadtoberinspektor T., anvertraut worden.
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Die Vollmacht des Stadtoberrechtsrats Dr. S. sei unbeschränkt.
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In der Sache sei die Entscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Aufgrund
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der vorgelegten Urkunden sie nicht feststellbar, dass der (gewünschte) Name der
"Versteinerung" unterfallen sei.
II.
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Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers ist statthaft, §§ 49 Abs. 1, 48 Abs. 1
PStG, 27, 29 Abs. 2 FGG, und auch sonst in zulässiger Weise eingelegt.
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In der Sache hat sie Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung des Landgerichtes auf
einer Verletzung des Rechts (§ 27 FGG) beruht.
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Es ist schon fraglich, ob die Annahme des Landgerichts, der Beteiligte habe die
Erstbeschwerde wirksam eingelegt, frei von Rechtsfehlern ist.
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Gegen die vom Amtsgericht verfügte Anordnung, den Eintrag im Geburtenbuch zu
berichtigen, fand gem. § 49 Abs. 1 Satz 1 PStG die sofortige Beschwerde statt. Diese
war binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, § 22 FGG.
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Die mit der Zustellung des amtsgerichtlichen Beschlusses am 12. Mai 2004 (GA 179) in
Gang gesetzte Frist endete am 26. Mai 2004.
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Die mit Fax vom gleichen Tage eingelegte sofortige Beschwerde hätte diese Frist nur
wahren können, wenn der Sachbearbeiter des Beteiligten, der sie unterzeichnet hat,
bevollmächtigt war, den Beteiligten zu vertreten.
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Nach § 63 GO NW ist der Oberbürgermeister – unbeschadet der dem Rat und seinen
Ausschüssen zustehenden Entscheidungsbefugnissen – der gesetzliche Vertreter der
beteiligten Stadt in Rechts- und Verwaltungsgeschäften. Er kann sich seinerseits
sowohl nach den kommunalrechtlichen Vorschriften als auch nach den hier
maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften (§ 13 FGG) durch Bevollmächtigte
vertreten lassen.
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Von dieser Befugnis hat er mit der – allgemeinen – Prozessvollmacht vom 7. April 1993
für den damaligen Stadtrechtsrat z.A. S. (jetzt Stadtoberrechtsrat Dr. S.) Gebrauch
gemacht. Dem Sachbearbeiter, der die sofortige Beschwerde gegen den
amtsgerichtlichen Beschluss eingelegt hat, hat der Beteiligte erst am 13. Sept. 2005
eine Vollmacht und nur bezogen auf die seinerzeit schon beim Senat anhängige
sofortige weitere Beschwerde erteilt.
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Mithin konnte der Sachbearbeiter nur dann die sofortige Beschwerde vom 26. Mai 2004
wirksam für den Beteiligten einlegen, wenn er aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten
hierzu bevollmächtigt war.
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Dies ist jedoch fraglich.
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Der Beteiligte beruft sich darauf, Stadtoberrechtsrat Dr. S. habe – mündlich –
Untervollmacht zur Einlegung der Beschwerde erteilt.
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Das Landgericht hat angenommen, die Prozessvollmacht für Stadtoberrechtsrat Dr. S.
habe die Befugnis zur Erteilung von Untervollmachten umfasst und Stadtoberrechtsrat
Dr. S. den Sachbearbeiter konkludent bevollmächtigt, als er von der Beschwerdeschrift
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Kenntnis genommen habe.
Für die Frage, ob die Prozessvollmacht vom 7. April 1993 dem Bevollmächtigten,
Stadtoberrechtsrat Dr. S. das Recht gab, seinerseits Untervollmacht zu erteilen, kommt
es auf die Auslegung der Prozessvollmacht an. Hiervon geht auch das Landgericht zu
Recht aus. Denn – anders als im Zivilprozess (vgl. dort § 81 ZPO) – ist im Verfahren der
freiwilligen Gerichtsbarkeit der Umfang der Vollmacht nicht gesetzlich geregelt und
bestimmt sich nach der Erklärung des Vollmachtgebers (Keidel/Zimmermann, FGG, 15.
Aufl., § 13, 13). Maßgebend für deren Auslegung ist grundsätzlich die Sicht des
Vollmachtsadressaten, also des Gerichtes (dies., a.a.O.). Ob der Bevollmächtigte
Untervollmacht erteilen darf, hängt entscheidend davon ab, ob der Vertretene erkennbar
ein Interesse an der persönlichen Wahrnehmung der Vertretungsmacht durch den
Bevollmächtigten hat (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 167, 12 m.N.).
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Ein solches Interesse des Beteiligte hat das Landgericht nicht angenommen. Es ist
vielmehr davon ausgegangen, bei dem Beteiligten mit einer Vielzahl von Ämtern und
Abteilungen bestehe ein praktisches Bedürfnis an einer Untergliederung der
unterschriftsberechtigten Personen.
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Diese Auslegung lässt jedoch wesentliche Gesichtspunkte außer Betracht.
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Entscheidend geht es um die Vertretung des Beteiligten in Rechtsstreitigkeiten. Gerade
in diesen Fällen liegt es in seinem vordringlichen Interesse, sicherzustellen, dass die
Prozessvertretung sorgfältig und zuverlässig und von Personen wahrgenommen wird,
die gerade die für das Führen von Prozessen erforderlichen (Rechts-) Kenntnisse und
Erfahrungen haben. Das spricht gegen die Zulässigkeit der Erteilung von
Untervollmachten. Denn dadurch wird dem Oberbürgermeister die Möglichkeit einer
eigenen Kontrolle und Einflussnahme weitgehend aus der Hand genommen.
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Auch das eigene Verhalten des Beteiligten spricht dafür, dass die Prozessvollmacht
vom 7. April 1993 nicht die Befugnis zur Erteilung von Untervollmachten umfassen
sollte.
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Unter dem 13. Sept. 2005 (GA 388) hat der Oberbürgermeister persönlich dem
Sachbearbeiter eine Vollmacht für das Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde
erteilt. Das wäre nicht erforderlich gewesen, wenn der Sachbearbeiter schon wirksam
unterbevollmächtigt gewesen wäre.
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Darüber hinaus hat der Oberbürgermeister unter dem 4. Mai 2005 (GA 308) erneut den
Stadtoberrechtsrat Dr. S. allgemein bevollmächtigt, ihn vor dem Landgericht
Mönchengladbach zu vertreten. In dem Begleitschreiben zu dieser Prozessvollmacht
macht er ausdrücklich deutlich, diese Bevollmächtigung erfasse alle Handlungen und
Erklärungen gegenüber dem Gericht. Das schließt eine Unterbevollmächtigung durch
Erklärung gegenüber dem (unter) zu Bevollmächtigenden gem. § 167 Abs. 1 Alt. 1 BGB
(Innenvollmacht) aus. Denkbar wäre allenfalls eine Unterbevollmächtigung durch
Erklärung gegenüber dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll, gem. §
167 Abs. 1 Alt. 2 BGB (Außenvollmacht), hier also dem Gericht. Durch Außenvollmacht
hatte jedoch Stadtoberrechtsrat Dr. S. seinen Sachbearbeiter im Zeitpunkt der
Einlegung der Erstbeschwerde gerade nicht bevollmächtigt. Eine solche
Außenuntervollmacht hat er vielmehr erst am 28. Febr. 2005 erteilt (GA 272).
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Fraglich ist weiter, ob Stadtoberrechtsrat Dr. S. tatsächlich dem Sachbearbeiter
Untervollmacht erteilt hat.
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Eine konkludente Unterbevollmächtigung lässt sich wohl nicht feststellen. Sie liegt
insbesondere nicht darin, dass Stadtoberrechtsrat Dr. S. die ihm zur Kenntnis vorgelegte
Beschwerdeschrift abgezeichnet hat.
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Aus der vom Beteiligten vorgelegten internen Verfügung betr. die Erstbeschwerde (GA
273) ergibt sich zwar, dass Stadtoberrechtsrat Dr. S. von der Beschwerdeschrift seines
Sachbearbeiters Kenntnis genommen hat. Denn die Verfügung trägt dessen
Handzeichen. Mit dem Handzeichen ist jedoch – auch nicht konkludent – wohl keine
Untervollmacht erteilt worden. Das Handzeichen bestätigt ausweislich des
Verfügungstextes unter Ziff. 2 (richtig wäre die Ziffer 3) lediglich die "Kenntnisnahme".
Die Vorlage der sofortigen Beschwerde dürfte daher demnach nur zur Information des
Stadtoberrechtsrates Dr. S. gedient haben. Dass er mit seiner Kenntnisnahme die
Verfügung und damit die Einlegung der sofortigen Beschwerde durch den
Sachbearbeiter zugleich gebilligt hat, wird man dem nicht entnehmen können.
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Dagegen dürfte auch die Verfügung im übrigen sprechen. Denn unter den vorstehenden
beiden Ziffern ist bestimmt, dass ein Schreiben (die sofortige Beschwerde) zu fertigen
und zu versenden sei (Ziff. 1) und dass dieses Schreiben (die sofortige Beschwerde)
vorab als Fax verschickt werden sollte (Ziff. 2). Bei beiden Ziffern findet sich ein "ab"-
Vermerk. Mithin konnte – bei ordnungsgemäßer Ausführung der Verfügung – eine
Kenntnisnahme erst stattfinden, nachdem die vorstehenden Verfügungsziffern
ausgeführt worden und die sofortige Beschwerde bereits eingelegt worden war. Damit
ist die Behauptung des Beteiligten widerlegt, der Sachbearbeiter habe die
Beschwerdeschrift "vor Abgang" Stadtoberrechtsrat Dr. S. vorgelegt.
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Schwerlich nachzuvollziehen ist schließlich die Behauptung des Beteiligten,
Stadtoberrechtsrat Dr. S. habe "natürlich" vor Einlegung der Beschwerde die
Angelegenheit mit seinem Sachbearbeiter mündlich erörtert und ihn mündlich zur
Unterzeichnung der Beschwerdeschrift ermächtigt.
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Es mag sein, dass die Angelegenheit mündlich erörtert worden ist. Nicht plausibel ist
jedoch die angebliche mündliche Ermächtigung, mit der die fehlende
Unterbevollmächtigung dargetan werden soll. Anlass für eine solche mündliche
Ermächtigung / Unterbevollmächtigung hätte nur bestanden, wenn den beteiligten
Beamten seinerzeit das Fehlen einer Vollmacht des Sachbearbeiters und das
Erfordernis einer Unterbevollmächtigung bewusst gewesen wäre. Wenn man sich aber
dessen wirklich bewusst gewesen wäre, hätte nichts näher gelegen, als eine
Untervollmacht schriftlich zu erteilen, sie zumindest im Rahmen ordnungsgemäßer
Verwaltung aktenkundig zu machen oder Stadtoberrechtsrat Dr. S. als Bevollmächtigten
die sofortige Beschwerde unterzeichnen zu lassen.
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Immerhin ist nicht einmal die Beschwerdebegründung selbst nicht von dem angeblich
unterbevollmächtigten Sachbearbeiter unterzeichnet worden, obwohl sie kein sog.
bestimmender Schriftsatz war.
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All das spricht dafür, dass die sofortige Erstbeschwerde verfristet war und die sofortige
weitere Beschwerde des Antragsteller schon aus diesem Grunde Erfolg hat.
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Letztlich kann das jedoch dahin stehen.
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Denn jedenfalls hat die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers deshalb Erfolg,
weil die Voraussetzungen für eine Berichtigung auch bei Anlegen der gebotenen
strengen Anforderungen an den Nachweis der Unrichtigkeit der Eintragung (vgl. Senat
StAZ 1997, 177 = FamRZ 1997, 1479) entgegen den Ausführungen in der
angefochtenen Entscheidung vorliegen.
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Die Feststellung des Landgerichtes, der Antragsteller stamme von dem Geschlecht "V.
von W." ab, ist nicht zu beanstanden.
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Soweit das Landgericht jedoch nicht festzustellen vermocht hat, dass der Name "V. von
W." bis zum Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung über zwei Generationen
namensähnlich geführt worden sei, die Urkunde aus dem Jahre 1869 belege allenfalls,
dass der Ur-Großvater des Antragsstellers diesen Namen geführt habe, hat es
maßgebliche Umstände nicht berücksichtigt.
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Wenn der Ur-Großvater des Antragstellers ausweislich dieser Urkunde im Jahre 1869
den Namen "V. von W." geführt hat, dann liegt dies in einer Zeit, in der die willkürliche
Änderung der Namen bereits verboten war. Denn spätestens die Verordnung des
preußischen Königs Friedrich Wilhelm vom 30. Okt. 1816 (GS S. 216), nach der
niemand, bei Vermeidung einer Geldstrafe oder eines verhältnismäßigen Arrestes, sich
eines ihm nicht zukommenden Namens bedienen sollte, führte dazu, dass in Preußen
die Namen in der Form, wie sie damals geführt wurden, festgelegt wurden
("versteinerten", vgl. Loos, StAZ 1968, 108, 109).
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Berücksichtigt man diesen vom Landgericht nicht erörterten Umstand, dann führt das
zusammen mit der namentlichen Erwähnung des damals dreijährigen Großvaters des
Antragstellers in der Urkunde vom 29. Dez. 1869 mit dem Namen "J. X. V. von W."
sowie den von ihm in den Jahren 1894 und 1900 angefertigten Petschaften mit den
umlaufenden Gravuren "J... X.(...) V.(...) v. W(...)" bzw. "J... X.(... oder V.) v. W(...)" zu der
Feststellung, dass alles dafür spricht, dass auch der Großvater des Antragstellers den
Namen "V. von W." im Rechtsverkehr geführt hat.
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Mithin steht fest, dass noch der Großvater des Antragstellers die Adelsbezeichnung
tatsächlich im Verkehr wie einen Namen benutzt hat und sie daher in der Zeit bis zum
Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung nicht längere Zeit (zwei Generationen)
nicht als Name benutzt worden ist.
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Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im landgerichtlichen
Beschwerdeverfahren sowie die dem Antragsteller entstandenen außergerichtlichen
Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde trägt der Beteiligte, § 13 a Abs. 1 Satz 2
FGG und § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.
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Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren sofortigen
Beschwerde folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.
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