Urteil des OLG Dresden vom 01.07.2004

OLG Dresden: vergütung, bedingung, gebühr, behandlung

Leitsatz:
Maßgeblich ist für die anwaltliche Vergütung das RVG, wenn
der Rechtsanwalt zunächst nur beauftragt war, einen PKH-
Antrag zu stellen und erst nach dem 1. Juli 2004 PKH gewährt
wird, denn der Auftrag für das Verfahren steht regelmäßig
unter der Bedingung der positiven PKH-Entscheidung.
OLG Dresden, Beschluss vom 15. März 2005 - 21 WF O229/07
Oberlandesgericht
Dresden
21. Zivilsenat
Aktenzeichen: 21 WF 0229/07
1 F 0106/04 AG Döbeln
Beschluss
des 21. Zivilsenats - Familiensenats -
vom 15. März 2007
In dem Rechtsstreit
A
Kläger
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Uxxxxx Exxxxxxx,
- Beschwerdeführer -
gegen
J
Beklagte
wegen Kindesunterhalt
hier: PKH-Vergütung
hat der 21. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesge-
richts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch
Richterin am Oberlandesgericht xxxxxx
als Einzelrichterin
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Bevollmächtigten des Klägers wird der
Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Döbeln vom
29. Januar 2007 aufgehoben und über die bisher bewilligte
Vergütung von 720,36 EUR hinaus auf weitere 236,64 EUR fest-
gesetzt.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Das Rechtsmittel ist zulässig.
Unabhängig von der Frage, ob dazu die Vorschriften der BRAGO
oder des RVG Anwendung finden, ist dies der Fall, da in bei-
den Bereichen die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind.
Der Beschwerdewert von 50,00 EUR (§ 128 Abs. 4 Satz 1 BRAGO)
bzw. 200,00 EUR (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) wird erreicht. Die
Beschwerde ist auch innerhalb der strengeren zweiwöchigen
Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.
II.
Das Rechtsmittel ist auch begründet.
Die Vergütung des dem Kläger beigeordneten Rechtsanwalts
richtet sich vorliegend nach den Vorschriften des RVG.
Nach der Übergangsvorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG sind
die BRAGO und Verweisungen hierauf weiter anzuwenden, wenn
der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegen-
heit i.S.v. § 15 RVG vor dem 01. Juli 2004 erteilt oder der
Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder
beigeordnet worden ist.
Da die Beiordnung des Klägervertreters jedenfalls nach dem
01. Juli 2004, nämlich mit Beschluss vom 04. März 2005 er-
folgt ist, kommt es vorliegend auf die Entscheidung der Fra-
ge an, ob der unbedingte Auftrag für das Klageverfahren be-
reits vor dem 01. Juli 2004 erfolgt ist. Aus dem Prozesskos-
tenhilfebeschluss vom 04. März 2005 ergibt sich nicht, ob
die Beiordnung bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirken
sollte. Da § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG jedoch allein auf den
Zeitpunkt des Erlasses des Beiordnungsbeschlusses abstellt,
kann auch die exakte Bedeutung des Beschlusstenors dahinste-
hen. Es kommt dann auf die Frage, welcher Zeitpunkt gemeint
ist, wenn das Amtsgericht im Bewilligungsbeschluss für eine
beabsichtigte Klage in der Fassung eines Schriftsatzes vom
08. Februar 2005 Prozesskostenhilfe mit Wirkung "ab Antrag-
stellung", nicht an.
Der Einwand des Klägervertreters, vor dem 01. Juli 2004 nur
mit der Stellung des Prozesskostenhilfeantrages beauftragt
gewesen zu sein und den Verfahrensantrag unter der Bedingung
der positiven Prozesskostenhilfeentscheidung erteilt zu ha-
ben, ist für den vorliegenden Fall anzunehmen. Zwar wurde
mit Schriftsatz vom 18. März 2004 in einem Schriftsatz eine
Klage eingereicht und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt,
ohne ausdrücklich zu erklären, dass die Klage nur bei Bewil-
ligung von Prozesskostenhilfe eingereicht werden sollte. Je-
doch ist unter Berücksichtigung des regelmäßig auf eine
wirtschaftlich günstige Behandlung ausgerichteten Willen des
Mandanten grundsätzlich davon auszugehen, dass erst nach Be-
willigung der Prozesskostenhilfe der entsprechende Sachan-
trag als eingereicht gelten soll und der Prozessauftrag bis
dahin befristet ist (vgl. KG Berlin MDR 2006, 477; AG Tem-
pelhof-Kreuzberg, Jurbüro 2005, 365). Dies ist auch für den
vorliegenden Fall anzunehmen, denn auch bei einer Angelegen-
heit können mehrere selbstständige Aufträge vorliegen (vgl.
KG, a.a.O.; a.A. OLG Köln OLGR 2005, 586).
Auch im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem Prozess-
auftrag nicht lediglich um die bedingte Erweiterung eines
unbedingt erteilten Auftrags, sondern um einen selbstständi-
gen, durch die Beiordnung bedingten Auftrag, während der un-
bedingte Auftrag durch die Bewilligung der Prozesskostenhil-
fe seine Erledigung gefunden hat. Sowohl nach altem wie nach
neuem Recht werden für das Prozesskostenhilfe- und das
Hauptsacheverfahren
unterschiedliche
Gebühren
ausgelöst.
Dass die Gebühr für das Prozesskostenhilfeverfahren auf die
Verfahrensgebühr anzurechnen, steht dem nicht entgegen. Maß-
geblich ist, dass beide Gebühren ohne weiteres voneinander
abgegrenzt werden können.
Auch das Amtsgericht Döbeln hat die Klageschrift lediglich
als Prozesskostenhilfeantrag gewertet, denn aus den nachfol-
genden Verfügungen bei formloser Übersendung des Gesuchs und
auch in späteren Verfügungen wurde auf den Prozesskostenhil-
feantrag und das entsprechende Prozesskostenhilfeprüfungs-
verfahren hingewiesen. Auch die Gegenseite hat auf einen "
Prozesskostenhilfeantrag" mit Schriftsatz vom 18. März 2004
Stellung genommen.
Da weitere Einwendungen seitens des Beschwerdeführers nicht
geltend gemacht wurden und auch nicht ersichtlich sind, kann
der Klägervertreter an Gebühren und Auslagen nach dem RVG
insgesamt 957,00 EUR berechnen, sodass über die angefochtene
Festsetzung hinaus weitere Gebühren und Auslagen in Höhe von
236,64 EUR festzusetzen sind.
III.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten
werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).