Urteil des OLG Dresden vom 23.11.2009

OLG Dresden: zwangsvollstreckung, berufungskläger, vergleich, besitz, einzelrichter, bezahlung

Leitsatz:
Auch wenn der Erstschuldner PKH erhalten hatte, muss das
Gericht die Zwangsvollstreckung bei ihm versuchen, bevor es
den Zweitschuldner in Anspruch nimmt, dann nämlich, wenn der
Erstschuldner
nach
dem
gerichtlichen
Vergleich
soviel
Zahlungen erhalten soll, dass er die Gerichtskosten mühelos
begleichen könnte.
§ 31 II 1 GKG
OLG Dresden, 24. Zivilsenat – Familiensenat -
Beschluss vom 23.11.2009, Az.: 24 UF 0710/06
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Oberlandesgericht
Dresden
24. Zivilsenat - Familiensenat
Aktenzeichen: 24 UF 0710/06
302 F 580/05 AG Dresden
Beschluss
vom 23.11.2009
In der Familiensache
G……. S….,
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin
gegen
W…… S….,
- Beklagter und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigter:
wegen Ehegattenunterhalt
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hat
der
24.
Zivilsenat
-
Familiensenat
-
des
Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. S……
als Einzelrichter
beschlossen:
Auf die Erinnerung des Berufungsführers W…… S…. wird der
Kostenansatz des Oberlandesgerichts Dresden vom 05.05.2009
geändert:
Der
Beschwerdeführer
hat
nur
die
Hälfte
der
Gerichtskosten und Auslagen an die Justizkasse zu
zahlen, also 803,58 EUR.
G r ü n d e :
Die Parteien haben im Vergleich die Kosten gegeneinander
aufgehoben.
Die Kostenbeamtin hat gleichwohl den Berufungsführer zur
Bezahlung der gesamten Kosten herangezogen.
Beide, der Berufungskläger und die Berufungsbeklagte, sind
Erstschuldner nur für die Hälfte der gerichtlichen Kosten
und Auslagen, wie sie es im Vergleich vereinbart hatten.
Der Berufungskläger ist sogenannter Zweitschuldner, weil er
mit seinem Berufungsantrag die zweite Instanz angerufen und
damit das Verfahren zweiter Instanz verursacht hat. Als
Zweitschuldner haftet er für die gesamten Kosten und
Auslagen der zweiten Instanz.
Die Kostenbeamtin hat § 31 Abs. 2 GKG angewandt. Dort heißt
es
in
Satz
1:
"Soweit
ein
Kostenschuldner
(als
Erstschuldner) haftet, soll die Haftung eines anderen
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Kostenschuldners
(hier
also
des
Berufungsklägers
als
Zweitschuldner) nur geltend gemacht werden, wenn eine
Zwangsvollstreckung
in
das
bewegliche
Vermögen
des
Erstschuldners erfolglos geblieben ist oder aussichtslos
erscheint."
Hier hat die Kostenbeamtin, im Grundsatz völlig zu Recht,
die Regel angewandt: Wer Prozesskostenhilfe bekommen hat,
bei dem braucht man eine Zwangsvollstreckung nicht erst zu
versuchen, es steht schon von vornherein fest, dass sie
erfolglos sein wird. Im vorliegenden Fall ist das aber
anders.
Hier
hat
das
Oberlandesgericht
bereits
die
Überprüfung der Prozesskostenhilfe veranlasst, weil die
Berufungsbeklagte durch den Vergleich in den Besitz von
Geldern
gelangt
ist,
die
eine
Zwangsvollstreckung
ausnahmsweise erfolgreich erscheinen lassen. Jedenfalls ist
der Betrag, den die Berufungsbeklagte in zwei Raten noch in
diesem Jahr erhalten soll, so groß, dass es der Justizkasse
zuzumuten ist, erst von der Berufungsbeklagten als der
anderen Erstschuldnerin die Hälfte der Kosten geltend zu
machen und erst nach erfolgloser Zwangsvollstreckung sich an
den Berufungskläger als Zweitschuldner zu halten.
Dr. S……