Urteil des OLG Dresden vom 05.01.2007

OLG Dresden: einzelrichter, einzelnes mitglied, vergütung, aufwand, minimum, sachverständigenkosten, geschäftsführer, sachverständiger, entschädigung, pos

Leitsatz
§ 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG, § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG, § 66 Abs. 6
Satz 1 GKG
1. Zur beschwerderechtlichen Behandlung einer Ausgangsent-
scheidung, die die Selbständigkeit der Verfahren gemäß
§ 4 Abs. 1 JVEG und § 66 Abs. 1 GKG verkennt.
2. Über die Beschwerde des Sachverständigen gegen die Vergü-
tungsfestsetzungsentscheidung des Vorsitzenden einer Kam-
mer für Handelssachen entscheidet nach § 4 Abs. 7 Satz 1
JVEG der Einzelrichter (entgegen OLG Düsseldorf, Be-
schluss vom 05.01.2007 - 3 Ws 57/06, juris für Festset-
zung durch Vorsitzenden der kleinen Strafkammer).
3. Übersteigt die zu Beginn abgegebene eigene Schätzung der
Begutachtungskosten den vom Gericht veranschlagten und
vorschussweise eingeholten Betrag um ein Vielfaches, darf
der Sachverständige nicht ohne weiteres von einer Auf-
tragsdurchführung ausgehen. Vielmehr muss er mit einer
vorzeitigen Beendigung rechnen, sei es wegen einer unter
dem Eindruck der außergewöhnlich hohen Gutachterkosten
zustande kommenden gütlichen Einigung der Parteien, sei
es, weil die beweisbelastete Partei den im Raum stehenden
Betrag nicht vorschussweise zahlen kann oder will. Da der
Sachverständige nach § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG nur die "er-
forderliche Zeit" vergütet erhält, kann er im Einzelfall
gehalten sein, die weitere Entscheidung des Gerichtes ab-
zuwarten und sich (weiterer) kostenauslösender Begutach-
tungstätigkeiten zunächst ganz zu enthalten oder doch auf
ein Minimum zu beschränken.
Oberlandesgericht Dresden, 3. Zivilsenat, Beschluss vom
08.10.2009, Az. 3 W 1016/09
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Oberlandesgericht
Dresden
3. Zivilsenat
Aktenzeichen: 3 W 1016/09
1 HKO 11/07 LG Zwickau
Beschluss vom 08.10.2009, In dem Rechtsstreit
S
S
vertr. durch den Geschäftsführer Dr. W B ,
W Straße 19,
R
Klägerin
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G ,
L 11,
W
gegen
J
W
vertr. durch den Geschäftsführer Dr. V W ,
E 16 a,
Z
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
H Rechtsanwälte Partnerschaft,
E Straße 61,
M
Weitere Beteiligte:
1. Dipl.-Ing. K , W ,
Sachverständiger,
M 58,
H /S.
Beschwerdeführer
2. Freistaat Sachsen, Justizfiskus
Bezirksrevisor bei dem Landgericht Zwickau,
Platz der Deutschen Einheit 1,
08056 Zwickau
Gz. A 272/2009
wegen Beschwerde gemäß § 4 Abs. 3 JVEG
3
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne
mündliche Verhandlung durch
Richter am Oberlandesgericht B
als Einzelrichter
beschlossen:
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der
1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Zwickau vom
14.07.2009 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I.
Mit der im Tenor bezeichneten Entscheidung, auf die Bezug
genommen wird, hat das Landgericht unter Ziffer I beschlos-
sen:
"Auf die Erinnerung der Klägerin vom 09.10.2008 wird
der Kostenansatz des Landgerichts vom 12.08.2008,
basierend auf der Rechnung des Sachverständigen vom
31.07.2008, dahingehend abgeändert, dass die Kosten
des Sachverständigen ... auf 1.698,73 EUR statt
4.025,18 EUR festgesetzt werden."
Dagegen richtet sich die vom Beteiligten zu 1, dem
Sachverständigen,
am
29.07.2009
eingelegte
und
mit
Schreiben
vom
28.09.2009
begründete
Beschwerde.
Das
Landgericht hat dem Rechtsmittel aus den Gründen der
angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Bei dem Rechtsmittel handelt es sich um eine gemäß § 4
Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde, über die der Einzel-
richter zu befinden hat.
4
a) Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelverfahren gegen Ge-
richtskostenansätze (§ 66 GKG) einerseits und Fest-
setzungsverfahren samt Rechtsmitteln gemäß § 4 JVEG
andererseits stehen selbständig nebeneinander und
sind im Grundsatz getrennt zu führen.
Das hat in der Praxis vielfältige missliche Konse-
quenzen, denen freilich nur der Gesetzgeber ein Ende
bereiten könnte. So sind die Parteien eines Zivilpro-
zesses nicht Beteiligte des Festsetzungsverfahrens
gemäß § 4 JVEG, müssen dementsprechend nicht angehört
werden und können nicht in zulässiger Weise Rechts-
mittel einlegen. Ihr fehlendes Beteiligungsrecht wird
dadurch kompensiert, dass in diesem Verfahren getrof-
fene Entscheidungen nicht zu Lasten des Kostenschuld-
ners wirken, § 4 Abs. 9 JVEG. Umgekehrt ist der vom
Gericht hinzugezogene Zeuge oder Sachverständige im
Verfahren nach § 66 GKG kein Beteiligter und auch
nicht beschwerdeberechtigt. Ihn hat entschädigungs-
bzw. vergütungsrechtlich allein sein eigenes, durch
das
JVEG
abschließend
geregelte
Verhältnis
zur
Staatskasse zu interessieren. Durch dieses Nebenein-
ander der beiden Verfahren kann es dazu kommen, dass
eine mit überhöhten Sachverständigenkosten begründete
Kostenansatzerinnerung oder -beschwerde einer Partei
in deren Verhältnis zur Staatskasse Erfolg hat, wäh-
rend der Sachverständige in einem parallel geführten
Verfahren gemäß § 4 JVEG die Vergütung zum Nachteil
der Staatskasse in vollem Umfang er- oder behält. Die
damit verbundenen Gefahren für den Fiskus vermag das
in beiden Verfahren der Staatskasse eröffnete Be-
schwerderecht zwar meist, aber wohl nicht ausnahmslos
zu verhindern. Der umgekehrte Fall, dass die Staats-
kasse grundlos und dauerhaft "Mehreinnahmen" behält,
ist hingegen nur theoretisch denkbar und wird in der
Praxis nicht vorkommen.
b) Dieses Trennungsprinzip hat das Landgericht nicht be-
rücksichtigt und ist scheinbar zu einer Erinnerungs-
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entscheidung oder zu einer Art "Mischentscheidung"
gelangt. Einerseits hat es "auf die Erinnerung der
Klägerin" einen "Kostenansatz des Landgerichts ...
abgeändert" und in den Gründen von einer gemäß § 66
GKG statthaften Erinnerung gesprochen. Andererseits
hat es im weiteren Teil seines Entscheidungsaus-
spruchs "die Kosten des Sachverständigen ... auf
1.698,73 EUR ... festgesetzt".
c) Trotz der fehlerhaften Einordnung ist der angegriffe-
ne Beschluss letztlich nicht (auch) als Erinnerungs-
entscheidung gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 GKG, sondern aus-
schließlich als Festsetzung i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 1
JVEG anzusehen.
Dafür spricht der offensichtliche, im letzten Teil
von Ziffer I des Tenors sowie in der Veranlassung
förmlicher Zustellung an den Sachverständigen und in
der gesamten Entscheidungsvorbereitung eindeutig zum
Ausdruck gekommene Wille des Landgerichts, die Vergü-
tung gerade mit Wirkung gegenüber dem Sachverständi-
gen bindend festzusetzen. Solches lässt sich im Rah-
men einer Entscheidung (allein) nach § 66 GKG nicht
erreichen, sondern nur im Verfahren gemäß § 4 JVEG.
Eine dort in Absatz 1 Satz 1 vorgesehene Festsetzung
durch gerichtlichen Beschluss gab es bis zum Erlass
der angefochtenen Entscheidung noch nicht. Zwar hat-
ten weder der Sachverständige als Berechtigter noch
die Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse
die gerichtliche Festsetzung beantragt. Erkennbar
hielt das Landgericht die Festsetzung jedoch, wenn
auch angestoßen durch eine "Erinnerung" der Klägerin,
für angemessen. In einem solchen Falle ist ein Antrag
entbehrlich und darf das Gericht gemäß § 4 Abs. 1
S. 1 JVEG von sich aus zur förmlichen Festsetzung
schreiten. Die gebotene vorherige Anhörung des Be-
rechtigten und der Staatskasse ist hier erfolgt.
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Gegen die Annahme, es handle sich zugleich um eine
Erinnerungsentscheidung gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 GKG,
spricht entscheidend, dass der im Tenor genannte Kos-
tenansatz des Landgerichts vom 12.08.2008 in Wahrheit
gar kein die Parteien beschwerender Gerichtskostenan-
satz war. Unter diesem Datum fertigte die zuständige
Beamtin der Anweisungsstelle beim Amtsgericht Zwickau
vielmehr das Schreiben an den Sachverständigen, mit
dem sie die beanspruchte Vergütung von 4.038,27 EUR
geringfügig auf 4.025,18 EUR kürzte; am selben Tag
unterzeichnete sie zudem die auf diesen Betrag lau-
tende Auszahlungsanordnung. Durch entsprechenden Kos-
tenansatz beschwert waren die Parteien des Rechts-
streits lediglich durch die ihnen gestellten Schluss-
kostenrechnungen des Landgerichts vom 26.08.2008, die
neben den Gerichtsgebühren als Auslagen nach Ziffer
9005 KV-GKG unter anderem auch den von der Staatskas-
se an den Sachverständigen gezahlten Betrag berück-
sichtigten. Die Beschwer ist in Bezug auf die Sach-
verständigenkosten nicht mehr im selben Umfang gege-
ben, weil die ursprünglichen Kostenansätze zwischen-
zeitlich abgeändert, neue Schlusskostenrechnungen ge-
legt und den Parteien mit Einverständnis der Bezirks-
revisorin die auf dieser Grundlage überzahlten Beträ-
ge erstattet worden sind.
d) Stellt die angefochtene Entscheidung eine erstmalige
Festsetzung i.S.v. § 4 Abs. 1 JVEG dar, kann der
Sachverständige sie gemäß § 4 Abs. 3 JVEG mittels Be-
schwerde angreifen, zumal sie ihn - wie erforder-
lich - mit mehr als 200,00 EUR beschwert.
e) Über die danach zulässige Beschwerde hat der Senat
gemäß § 4 Abs. 7 S. 1 Halbs. 2 JVEG durch den Einzel-
richter zu entscheiden.
Die Zuständigkeit des voll besetzten Senates ist
nicht deshalb gegeben, weil als Vorinstanz eine Kam-
mer für Handelssachen durch ihren Vorsitzenden ent-
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schieden hat. Während die originäre Einzelrichterzu-
ständigkeit des § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO für Beschwerden
gemäß §§ 567 ff. ZPO gegen Entscheidungen des Vorsit-
zenden der Kammer für Handelssachen nicht eingreift,
weil dieser nicht als "Einzelrichter" im Sinne dieser
Vorschrift anzusehen ist (BGHZ 156, 320), gilt für
Beschwerden nach § 4 Abs. 3 JVEG ebenso wie für sol-
che gemäß § 66 Abs. 3 S. 1 GKG etwas anderes. Denn
§ 4 Abs. 7 S. 1 Halbs. 1 JVEG, § 66 Abs. 6 S. 1
Halbs. 1 GKG weisen als spezielle Zuständigkeitsbe-
stimmungen, insoweit abweichend von § 568 Abs. 1 S. 1
ZPO, bereits die vorinstanzlich zu treffende (Aus-
gangs-)Entscheidung ausdrücklich dem Einzelrichter
zu. Das macht den Vorsitzenden der Kammer für Han-
delssachen, der durch allein gefassten Beschluss eine
Vergütung oder Entschädigung festsetzt (§ 4 Abs. 1
S.1 JVEG) oder über eine Kostenansatzerinnerung ent-
scheidet (§ 66 Abs. 1 S. 1 GKG), hinsichtlich dieser
Entscheidungen eo ipso zum Einzelrichter, selbst wenn
er sich in der Entscheidung nicht ausdrücklich als
Einzelrichter bezeichnet. Zugleich wird dadurch nach
dem jeweiligen Halbsatz 2 von § 4 Abs. 7 S. 1 JVEG,
§ 66 Abs. 6 S. 1 GKG auch beim Beschwerdegericht die
Zuständigkeit des Einzelrichters begründet. Diese ge-
setzliche Sonderzuweisung der Zuständigkeit für die
Ausgangsentscheidung an ein Mitglied des Gerichts als
Einzelrichter hat der 3. Strafsenat des Oberlandesge-
richts
Düsseldorf
in
seiner
Entscheidung
vom
05.01.2007 - 3 Ws 57/06 (juris) verkannt und sich
deshalb zu Unrecht in voller Besetzung für zuständig
gehalten, über die Beschwerde eines Dolmetschers ge-
mäß § 4 Abs. 3 JVEG gegen einen Vergütungsablehnungs-
beschluss des Vorsitzenden einer - (vom hier nicht
interessierenden Sonderfall des § 29 Abs. 2 S. 1 GVG
abgesehen) wie bei der Kammer für Handelssachen nur
mit einem hauptamtlichen Richter besetzten - kleinen
Strafkammer zu entscheiden.
8
Die vorstehende Sichtweise wird durch weitere Überle-
gungen gestützt. Zweck der Regelungen in § 4 Abs. 7
S. 1 JVEG, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG ist es, den perso-
nellen richterlichen Aufwand für die im Allgemeinen
weniger bedeutsamen Nebenverfahren gering zu halten,
und zwar sowohl beim Ausgangs- als auch beim Be-
schwerdegericht. Ist die Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1
S. 1 JVEG oder die Erinnerungsentscheidung gemäß § 66
Abs. 1 Satz 1 GKG von einer Zivil- oder (großen)
Strafkammer des Landgerichts oder auch einem Zivil-,
Familien- oder Strafsenat des Oberlandesgerichts zu
treffen, hat nach dem klaren Gesetzeswortlaut und -
zweck ein einzelnes Mitglied des entsprechenden
Spruchkörpers
als
Einzelrichter
zu
entscheiden.
Selbst das Bundesverwaltungsgericht entscheidet des-
halb über Erinnerungen gegen Kostenrechnungen des ei-
genen Gerichts in ständiger Praxis durch den Einzel-
richter (BVerwG, Beschlüsse vom 25.01.2006 - 10 KSt
5/05 und 10 KSt 6/05, juris). Beim Bundesgerichtshof
(Beschluss vom 23.05.2007, 1 StR 555/06, juris) und
beim
Bundesfinanzhof
(zuletzt
Beschluss
vom
12.12.2008 - IV E 1/08, juris) wird nur deshalb an-
ders verfahren, weil diese Gerichte die Einzelrich-
terzuweisung in § 66 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 GKG im
Wege einschränkender Auslegung für unanwendbar hal-
ten, wenn es um Kostenansätze des eigenen Bundesge-
richtes geht; den gerichtsverfassungs- und prozess-
rechtlichen Bestimmungen für diese Gerichte sei näm-
lich eine Einzelrichtertätigkeit durchweg fremd. Ob
dies überzeugt, mag dahinstehen. Jedenfalls lassen
sich die Erwägungen von Bundesgerichtshof und Bundes-
finanzhof nicht auf die Ausgangszuständigkeit in un-
teren Instanzen für Entscheidungen gemäß §§ 4 Abs. 1
JVEG, 66 Abs. 1 GKG übertragen. Denn bei den unterge-
ordneten Gerichten sind auch ansonsten Entscheidungs-
zuständigkeiten
des
einzelnen
Richters
entweder
selbstverständlich (Amtsgerichte) oder weitestgehend
etabliert, und zwar auch bei den Oberlandesgerichten
(vgl. § 122 Abs. 1 GVG, §§ 526, 568 ZPO, § 80a OWiG)
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und den Finanzgerichten (§ 6 FGO). Bei all diesen Ge-
richten kann es nach dem eindeutigen Wortlaut und
Zweck der §§ 4 Abs. 7 S. 1 JVEG, 66 Abs. 6 S. 1 GKG
auch nicht darauf ankommen, ob der einzelne Richter
eines größer besetzten Spruchkörpers bei seiner sons-
tigen Tätigkeit als gesetzlicher "Einzelrichter" oder
als Vorsitzender - sei es eines mit mehreren haupt-
amtlichen, sei es eines im Übrigen nur mit ehrenamt-
lichen Richtern besetzten Spruchkörpers - agiert. Für
Festsetzungen nach § 4 Abs. 1 JVEG und die Beschei-
dung von Gerichtskostenansatzerinnerungen greift aus-
nahmslos die Sonderzuweisung an den Einzelrichter
ein. Das hat zugleich die originäre Zuständigkeit des
Einzelrichters des Beschwerdegerichts zur Folge. An-
ders liegt es nur dann, wenn als Ausgangsgericht die
Kammer des Landgerichts entweder in Verkennung der
gesetzlichen Einzelrichterzuweisung oder aber deshalb
mit mehreren Richtern entschieden hat, weil ihr der
Einzelrichter die Sache übertragen hatte (§§ 4 Abs. 7
S. 2 JVEG, 66 Abs. 6 S. 2 GKG).
2. Das Rechtsmittel ist unbegründet. Die Festsetzung des
Landgerichts lässt auch unter voller Berücksichtigung
des Beschwerdevorbringens keinen Fehler zum Nachteil des
Sachverständigen erkennen. Die Kürzung der Rechnung vom
31.07.2008 (ausschließlich) in Pos. A von insgesamt
36,75 Stunden auf 14 Stunden ist nicht zu beanstanden.
a) Soweit es um das zeitabhängige Honorar für eigene
Leistungen geht (§§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 JVEG),
erhält ein Sachverständiger nur den tatsächlich er-
brachten und auch diesen Aufwand lediglich in dem Um-
fang vergütet, der zur ordnungsgemäßen Erfüllung des
Gutachtenauftrages notwendig war. Ersteres versteht
sich von selbst; letzteres folgt aus § 8 Abs. 2
S. 1 JVEG ("erforderliche Zeit").
b) Akzeptiert man die in der Rechnung für das Aktenstu-
dium (1 Band Gerichtsakten, 2 Bände Anlagen) ange-
10
setzten 4,25 Stunden, hat das Landgericht dem Sach-
verständigen für den weiteren Eigenaufwand statt ab-
gerechneter 32,5 Stunden knapp 10 Stunden zugebil-
ligt. Das ist nicht zu wenig.
aa) Es ist schon zweifelhaft, ob hinsichtlich des
pauschalen, inhaltlich wie zeitlich nicht näher
aufgegliederten Ansatzes von 32,5 Stunden für
Ausarbeitung und Diktat der beiden ersten so be-
zeichneten "Vorläufigen Gutachten" sowie für den
Entwurf des endgültigen Gutachtens "mit komplet-
ter Lösung des theoretischen Gutachtenteils" von
einem erbrachten Stundenaufwand in dieser Höhe
ausgegangen werden kann.
Zwar ist übertriebene Skepsis gegenüber Angaben
eines Gerichtssachverständigen nicht angebracht.
Ebensowenig kann von ihm erwartet werden, zu Ab-
rechnungszwecken minutiös Buch zu führen über
sämtliche Inhalte, Daten und Uhrzeiten seiner
Leistungen. Hier bestehen indes in mancherlei
Hinsicht Ungereimtheiten, Widersprüche und Zwei-
fel, ob der im Mai 2008 beauftragte Sachverstän-
dige, bevor er am 21.07.2008 von der gütlichen
Einigung der Parteien erfuhr und damit wusste,
dass sein Auftrag hinfällig geworden war, wirk-
lich insgesamt volle vier Arbeitstage auf die be-
schriebenen Leistungen verwandt hatte. Diese -
teilweise vom Landgericht ausgesprochenen - Zwei-
fel sollen hier nicht im Einzelnen ausgeführt
werden, weil es auf den tatsächlich betriebenen
Zeitaufwand letztlich nicht ankommt.
bb) Für das gewissenhafte Bearbeiten des Gutachte-
nauftrages waren nämlich über das Aktenstudium
hinaus unter den gegebenen Umständen nicht mehr
als die knapp 10 Stunden "erforderlich", die das
Landgericht dem Sachverständigen für erbrachte
Eigenleistungen zugebilligt hat.
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(1) Folgendes Rahmengeschehen ist bedeutsam:
Nach gerichtlicher Aktenversendung vom 30.04.2009
übersandte der Sachverständige - gleichzeitig mit
Auftrags- und Akteneingangsbestätigungen sowie
einem
Antrag
auf
besondere
Entschädigung
(§ 13 JVEG) - prompt ein aus welchen Gründen auch
immer so überschriebenes "Vorläufiges Gutachten
Nr. 2115/08-G" vom 08.05.2008. Dieses enthielt
den Hinweis, dass zunächst noch etliche im Ein-
zelnen aufgeführte Planunterlagen vorgelegt wer-
den müssten, "weil die in den Anlagenbänden ent-
haltenen Unterlagen/Fragmente für eine Gutachte-
nerstattung bei weitem nicht ausreichen"; ferner
die Ankündigung eines baldigen Augenscheinster-
mins nach Vorliegen dieser Planunterlagen, bei
dem er die nähere Vorgehensweise nach visueller
Besichtigung der Brückenbauwerke von unten (ohne
Bauteilöffnung) vortragen wolle; schließlich und
vor allem eine umfangreiche Kostenschätzung für
die Begutachtung mit vorgesehenen vier Ortstermi-
nen und beträchtlichen Fremdleistungen, die bei
insgesamt knapp 27.000 EUR endete. Abschließend
empfahl er deshalb, bei den Parteien über die
vorschussweise geleisteten 4.000 EUR hinaus wei-
tere 23.000 EUR anzufordern. Zugunsten des Sach-
verständigen kann angenommen werden, dass der be-
reits mit diesem ersten Schreiben vom 08.05.2009
verbunden gewesene notwendige Ein- und Bearbei-
tungsaufwand (zusätzlich zum Aktenstudium) mehre-
re, höchstens allerdings fünf bis sechs Stunden
betrug.
Da der Sachverständige die erbetenen Unterlagen
in der Folgezeit nicht erhielt, sondern die Par-
teien - wie er allerdings nicht wusste - offenbar
unter dem Eindruck der Kostenschätzung verstärkt
Vergleichsbemühungen entfalteten, bat er das Ge-
12
richt zwei Monate später mit kurzem Schreiben vom
18.07.2008, diesmal bezeichnet als "Vorläufiges
Gutachten Nr. 2115A/08-G", um Mitteilung über die
weitere Verfahrensweise. Drei Tage später, am
21.07.2008, erhielt er vom Gericht den telefoni-
schen Hinweis, dass sich die Parteien verglichen
hätten. Auf die schriftliche Bitte der Kammervor-
sitzenden um Abrechnung vom 28.07.2008 ging dann
am 01.08.2008 seine Kostenrechnung samt dem Ent-
wurf vom 31.07.2008 für ein "Endgültiges Gutach-
ten Nr. 2115B/08-G" ein.
(2) Bei dieser Sachlage sind in rechtlicher
Hinsicht für sämtliche nach gründlichem Aktenstu-
dium entfalteten Gutachtertätigkeiten nicht mehr
als 9,75 Stunden als "erforderlich" anzuerkennen.
Übersteigt die dem Gericht und von diesem den
Parteien gleich zu Beginn mitgeteilte eigene Gut-
achterkostenschätzung eines Sachverständigen, der
- wie hier - regelmäßig im Gerichtsauftrag tätig
wird, den vom Gericht ursprünglich für realis-
tisch gehaltenen und deshalb vorschussweise bei
den Parteien eingeholten Betrag um ein Vielfa-
ches, kann der Sachverständige im Einzelfall
gehalten sein, sich zunächst weiterer kostenaus-
lösender Begutachtungstätigkeiten ganz zu enthal-
ten oder doch auf ein Minimum zu beschränken. So
verhält es sich hier. Die Kostenschätzung des
Sachverständigen
belief
sich
mit
knapp
27.000,00 EUR auf das annähernd Siebenfache des
vom Landgericht angeforderten und eingezahlten
Vorschusses. Sowohl als absoluter Zahlbetrag als
auch in Relation zu der in der Hauptsache einge-
klagten Werklohnforderung (rund 115.000,00 EUR)
musste die Kostenschätzung das Gericht und vor
allem die Parteien außerordentlich beeindrucken.
Es war daher alles andere als gewiss, ob es unter
diesen Vorzeichen zu einer Auftragsdurchführung
13
kommen würde. Deshalb hätte sich ein durch-
schnittlicher gewissenhafter Gerichtssachverstän-
diger in der Lage des Beschwerdeführers, bevor er
weiteren beträchtlichen Aufwand in die Begutach-
tung investierte, zunächst Aufschluss darüber
verschafft und auch verschaffen müssen, ob der
Auftrag trotz der kostenmäßig vollständig verän-
derten Vorzeichen durchzuführen ist. Vor einer
solchen Vergewisserung war es nicht angezeigt,
bereits eine "komplette Lösung des theoretischen
Gutachtenteils" zu erarbeiten. Dabei kann dahin-
stehen, ob eine solche Lösung ohne die vom Sach-
verständigen ursprünglich als unverzichtbar ange-
forderten umfangreichen zusätzlichen Planunterla-
gen und außerdem sogar ohne eine aus unmittelbar
eigener Anschauung im Rahmen eines Vor-Ort-
Termins gewonnene verlässliche Tatsachengrundlage
überhaupt sinnvoll möglich war. Ebenso kommt es
nicht darauf an, ob praktisch der gesamte inso-
weit betriebene Aufwand tatsächlich schon vor dem
21.07.2008 (so die Darstellung des Sachverständi-
gen) oder nicht wenigstens zu einem großen Teil
doch erst anschließend in der Zeit bis zur Fer-
tigstellung des Entwurfs vom 31.07.2009 (so die
Vermutung des Landgerichts) angefallen ist. In
jedem Falle hatte sich der Sachverständige unter
den besagten Umständen nach Übermittlung seiner
Kostenschätzung zunächst auf ein Minimum an wei-
teren Leistungen zu beschränken. Als insgesamt
"erforderliche" Leistungen (ohne Aktenstudium)
mögen daher unter Einschluss des notwendigen Auf-
wandes für das erste "Vorläufige Gutachten" 9,75
Stunden noch anzuerkennen sein, mehr aber auch
nicht.
III.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten wer-
den nicht erstattet, § 4 Abs. 8 JVEG. Der erkennende Rich-
14
ter hat davon abgesehen, die Vertreterin der Staatskasse
zum unbegründeten Rechtsmittel anzuhören, weil die Staats-
kasse durch die Beschwerdeentscheidung keinen Nachteil er-
leidet. Die Parteien des Rechtsstreits sind ohnehin nicht
Beteiligte. Ihnen wird die vorliegende Entscheidung aber
zur Kenntnis gegeben.