Urteil des OLG Dresden vom 06.02.2008
OLG Dresden: vergütung, elterliche sorge, eltern, form, parteivertreter, zukunft, stadt, verzicht, jugendamt, vertretung
Leitsatz:
Einigungsgebühr bei außergerichtlicher Umgangsvereinbarung
nach Instanzende vor Rechtskraft der Entscheidung.
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Oberlandesgericht
Dresden
Aktenzeichen: 21 WF 1142/07
2 F 489/06 AG Hoyerswerda
Beschluss
des 21. Zivilsenats - Familiensenat -
vom 6. Februar 2008
In der Familiensache
K...... K....., geb. am ......2000,
Betroffener
Weitere Beteiligte:
1. I.... K........,
-Mutter-
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin
Beschwerdeführerin
3. T...... K.....,
-Vater-
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte
Beschwerdeführerin
3. Stadt ........... -Jugendamt-,
wegen elterlicher Sorge
hier: Kostenfestsetzung
3
hat
der
21.
Zivilsenat
-
Familiensenat
-
des
Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch
Richterin am Oberlandesgericht D.....
als Einzelrichterin
beschlossen:
1. Auf
die
sofortige
Beschwerde
der
Verfahrensbevollmächtigten der beteiligten Mutter wird
der
Beschluss
des
Amtsgerichts
- Familiengericht -
Hoyerswerda vom 20. November 2007, Az.: 4 F 489/06, wie
folgt abgeändert:
Auf die Erinnerung der Beschwerdeführerin wird zu ihren
Gunsten in Abänderung der Vergütungsfestsetzung vom
5. Juli 2007, Az.: 2 F 489/06, eine weitere Vergütung
von 224,91 EUR festgesetzt.
2. Auf
die
sofortige
Beschwerde
der
Verfahrensbevollmächtigten des beteiligten Vaters wird
der
Beschluss
des
Amtsgerichts
- Familiengericht -
Hoyerswerda vom 20. November 2007, Az.: 2 F 489/06, wie
folgt abgeändert:
Auf die Erinnerung der Beschwerdeführerin wir zu ihren
Gunsten in Abänderung der Vergütungsfestsetzung vom
5. Juli 2007, Az.: 4 F 489/06, eine weitere Vergütung
von 224,91 EUR festgesetzt.
3. Die
Erinnerungs-
und
Beschwerdeverfahren
sind
gerichtsgebührenfrei;
außergerichtliche
Kosten
werden
nicht erstattet.
G r ü n d e :
I.
In der von Amts wegen eingeleiteten Familiensache wegen
Regelung der elterlichen Sorge wurde der beteiligten Mutter
und dem beteiligten Vater jeweils Prozesskostenhilfe für
den ersten Rechtszug bewilligt und ihnen zur Wahrnehmung
ihrer
Rechte
jeweils
die - beschwerdeführende -
Rechtsanwältin beigeordnet.
In dem Verfahren hat das Amtsgericht - Familiengericht -
Hoyerswerda mit Beschluss vom 21. Dezember 2007, nachdem
die Eltern wechselseitig die Übertragung der elterlichen
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Sorge auf sich selbst beantragt hatten und der Umfang des
Umgangs mit dem betroffenen Kind streitig war, welches sich
zur Zeit der Entscheidung mit Zustimmung beider Eltern in
Heimerziehung befand, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf
den
Vater
übertragen.
Weiterhin
traf
es
eine
Umgangsregelung
zugunsten
der
Eltern
für
die
Weihnachtsfeiertage
und
den
Jahreswechsel.
Für
eine
weitergehende Umgangsregelung sah das Familiengericht nach
der Begründung der Entscheidung keinen Anlass, da sich die
Eltern in der Vergangenheit einigen konnten und dies unter
Vermittlung des Jugendamtes für die Zukunft zu erwarten
sei. Der Mutter wurde die Entscheidung am 21. Dezember
2007, dem Vater am 22. Dezember 2007 zugestellt.
Mit am 27. Dezember 2007 beim Amtsgericht eingegangenen
Schriftsatz beantragte die Verfahrensbevollmächtigte des
Vaters die Vergütung festzusetzen, nahm diesen Antrag mit
am 15. Januar 2007 eingegangenem Schriftsatz aber zurück,
weil
außerdem
eine
Einigung
in
Sachen
Umgangsrecht
außergerichtlich am 10. Januar 2007 getroffen worden sei.
Auf die Kostenberechnung mit Schriftsatz vom 11. Januar
2007 (Bl. 65 dA) wird Bezug genommen.
Mit am 4. Januar 2007 eingegangenem Schriftsatz stellte
auch die Bevollmächtigte der Mutter Kostenerstattungsantrag
für
Prozesskostenhilfe.
Auf
diese
(Bl.
66
dA)
wird
ebenfalls Bezug genommen.
Den Anträgen der Verfahrensbevollmächtigten wurde nicht
voll
entsprochen,
sondern
die
geltend
gemachte
Einigungsgebühr von 189,00 EUR (bei einem Gegenstandswert
von
3.000,00 EUR)
bzw.
225,00 EUR
(bei
einem
Gegenstandswert von 6.000,00 EUR) nicht vergütet sowie die
auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer nur mit 16 %
MWSt.
erstattet,
insgesamt
ein
Betrag
bei
der
Verfahrensbevollmächtigten der Mutter von 285,44 EUR und
bei
der
Verfahrensbevollmächtigten
des
Vaters
von
242,36 EUR nicht in Ansatz gebracht.
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Gegen
die
Auszahlungsanordnung
vom
5. Juli
2007,
die
gleichzeitig als Vergütungsfestsetzung erging und sich zur
Begründung
der
abgelehnten
Vergütungen
auf
die
Stellungnahmen der Bezirksrevisorin vom 27. Februar 2007
und
10. April
2007
bezog,
legte
die
Verfahrensbevollmächtigte der Mutter mit am 18. Juli 2007
eingegangenem Schriftsatz und die Verfahrensbevollmächtigte
des Vaters mit am 20. Juli 2007 eingegangenen Schriftsatz
jeweils Erinnerung ein. Die Bezirksrevisorin trat den
Kostenanträgen
der
Parteivertreter
bereits
mit
den
vorgenannten Stellungnahmen sowie der Erinnerung mit ihrer
Stellungnahme vom 24. Juli 2007 entgegen.
Der Rechtspfleger half den Erinnerungen mit Beschlüssen vom
12. November 2007 nicht ab.
Das Familiengericht wies die Erinnerungen mit Beschluss vom
20. November 2007 zurück. Auf die Gründe wird Bezug
genommen.
Gegen
die
23. November
2007
am
27. November
2007
zugestellten
Entscheidungen
legten
die
Verfahrensbevollmächtigten
jeweils
Beschwerde
am
27. November 2007 (Verfahrensbevollmächtigte der Mutter)
sowie
30. November
2007
(Verfahrensbevollmächtigte
des
Vaters) ein, die ohne Abhilfe dem Oberlandesgericht Dresden
zur Entscheidung vorgelegt wurden.
II.
1.
Die sofortigen Beschwerden der Beschwerdeführerinnen sind
statthaft
und
form-
und
fristgerecht
erhoben.
Der
Beschwerdewert übersteigt jeweils 200,00 EUR, so dass beide
Rechtsmittel zulässig sind (§§ 56 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1,
33 Abs. 3 S. 1 und 3, Abs. 7 RVG). Sie haben auch in der
Sache im tenorierten Umfang Erfolg.
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1.1.
Den
Verfahrensbevollmächtigten
steht
über
die
bisher
festgesetzte Vergütung eine weitere Vergütung im Umfang
eines
Gegenstandswertes
von
3 000,00 EUR
für
das
Umgangsverfahren
in
Form
einer
Einigungsgebühr
gemäß
Nr. 1003, 1000 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG
zu.
Eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1003 entsteht, wenn der
Streit
oder
die
Ungewissheit
der
Parteien
über
ein
Rechtsverhältnis durch Abschluss eines Vertrages unter
Mitwirkung des Rechtsanwalts beseitigt wird, es sei denn,
der
Vertrag
beschränkt
sich
ausschließlich
auf
ein
Anerkenntnis oder einen Verzicht. Dieser Vertrag kann auch
stillschweigend
geschlossen
werden
und
ist
nicht
formbedürftig,
sofern
dies
materiell-rechtlich
nicht
besonders vorgeschrieben ist (vgl. BGH JurBüro 2007, 411).
Maßgeblich ist allein die streitbeendende Einigung, solange
sie
nicht
ausschließlich
in
einem
Anerkenntnis
oder
Verzicht besteht.
Soweit
nach
der
Natur
des
Streitgegenstandes
eine
Streitbeendigung gar nicht herbeigeführt werden kann, ist
dies zwar auszuschließen (vgl. Hartmann, Kostengesetze,
37. Aufl., VV-Nr. 1000 Rn. 4).
Dies trifft für die vorliegend am 10. Januar 2007 im
Jugendamt
der
Stadt
...........
geschlossene
Umgangsvereinbarung der Eltern aber nicht zu.
Eine solche Einschränkung gilt auch nicht allgemein für
Sorgesachen (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2008,
21 WF 256/07).
Auch
ist
eine
derartige
Einigung
nicht
deshalb
auszuschließen, weil das vorliegende Verfahren offenbar
gem. § 1666 BGB von Amts wegen als Sorgerechtsverfahren
eingeleitet wurde. Vorliegend dürfte sich schon insoweit
der Sachverhalt von einer Konstellation wie der des OLG
Koblenz (FamRZ 2006, 720; vgl. auch OLGR Karlsruhe, 2007,
923) unterscheiden, denn im Verlaufe des Verfahrens hat
sich dieses im Wesentlichen zu einem Antragsverfahren
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entwickelt, in welchem die getrennt lebenden Eltern jeweils
Anträge auf Übertragung der Allein(Teil-) Sorge stellten.
Maßnahmen von Amts wegen wurden nicht getroffen, letztlich
ein
Teilbereich
der
elterlichen
Sorge,
das
Aufenthaltsbestimmungsrecht, allein auf einen Elternteil
übertragen.
Die
getroffene
Entscheidung
des
Familiengerichts Hoyerswerda stützt sich auch ausdrücklich
auf § 1671 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Ziff. 2 BGB.
Bereits diese Vorschrift weist darauf hin, dass den
Beteiligten eine begrenzte Dispositionsbefugnis zustehen
kann (vgl. auch Beschluss vom 25. Januar 2007, Az.: 20 WF
49/08).
Soweit
es
den
Streitgegenstand
Umgang
betrifft,
sind
ebenfalls
Dispositionsmöglichkeiten
der
Parteien
im
Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung des Umgangs mit dem
gemeinsamen Kind möglich. Das Gericht hat grundsätzlich auf
eine
solche
einvernehmliche
Elternregelung
hinzuwirken
(vgl. z.B. § 52 a FGG). Eine Einigung im Sinne der Nr.
1000, 1003 VV ist daher nicht ausgeschlossen. Dass im
vorliegenden Verfahren das Gericht lediglich für einen
begrenzten Zeitraum eine Entscheidung getroffen hat, zwingt
nicht
zu
der
Schlussfolgerung,
dass
über
den
(weitergehenden) Umgang eine Einigung darüber hinaus nicht
möglich oder auch nicht erforderlich gewesen wäre.
Das
Umgangsverfahren
war
auch
trotz
Abschlusses
des
Instanzenzuges durch die insoweit als Endentscheidung zu
bewertende Regelung zu einer von der Mutter ausdrücklich
begehrten Umgangsregelung noch "anhängig". Denn diese End-
Entscheidung noch nicht rechtskräftig (vgl. Hartmann, aaO.
VV 1003 Rn. 4). Die Anhängigkeit i.S.v. der Nr. 1003 VV
endet vorliegend erst mit Ablauf der Monatsfrist seit
Zustellung der Endentscheidung an die Parteivertreter.
Die Parteivertreter haben glaubhaft gemacht, dass zwischen
den Eltern eine weitergehende Einigung auch für die Zukunft
zum Umgang zwischen der Mutter und dem betroffenen Kind
getroffen werden konnte, über welche die Entscheidung des
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Familiengerichts keine Regelung enthielt. Eine derartige
Verständigung
ist
somit
i.S.
einer
Einigung
zustande
gekommen. Dass die äußere Form eines vollstreckungsfähigen
Titels nicht geschaffen worden ist, steht der Entstehung
der Einigungsgebühr nicht entgegen (vgl. BGH JurBüro 2007,
411;
Beschluss
des
Oberlandesgerichts
Dresden
vom
25. Januar 2008, Az.: 20 WF 49/08).
1.2.
Die Einigungsgebühr ist jedoch nur noch im Umfang des zu
regelndes Umgangsrechtes angefallen, für welchen von einem
Gegenstandswert lediglich von 3.000,00 EUR (§ 30 Abs. 2
Satz 1
KostO)
auszugehen
ist,
nachdem
über
einen
Teilbereich des Umgangs sowie die elterliche Sorge bereits
eine die Instanz beendende Entscheidung am 21. Dezember
2006 getroffen worden ist.
1.3.
In unterschiedlicher Höhe ist daher auch für die jeweiligen
Gebühren die auf die Vergütung zu entrichtete Umsatzsteuer
zu bemessen. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Leistung
nach den steuerrechtlichen Regelung (OLG Koblenz JurBüro
1999, 304; Schneider, ZFE 2007, 70, 71; Henke, AnwBl. 2006,
754),
so
dass
für
die
Verfahrensbevollmächtigten
der
Beteiligten
nach
Nr. 7008
VVRVG
die
abzuführende
Umsatzsteuer einerseits für die bereits abgeschlossene
Vertretung
im
Verfahren
und
andererseits
für
die
außergerichtliche
Vertretung
im
Umgangsverfahren
zu
bemessen ist.
2.
Dies führt für die Verfahrensbevollmächtigte der Mutter zu
folgender Vergütungsberechnung:
Gegenstandswert 6.000,00 EUR
Verfahrensgebühr § 49 Nr. 3100 VVRVG 1,3
292,50 EUR
Terminsgebühr § 49 Nr. 3104 VVRVG 1,2
270,00 EUR
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Zwischensumme
562,50 EUR Post- und
TeleKommunikationspauschale
Nr. 7002 VVRVG
20,00 EUR
Dokumentenpauschale Nr. 7000 Nr. 1 VVRVG
7,00 EUR
Zwischensumme netto
589,50 EUR
16 % USt Nr. 7008 VVRVG
94,32 EUR
----------
Summe
683,82 EUR
Gegenstandswert 3.000,00 EUR
Einigungsgebühr § 49 Nr. 1003,
1000 VVRVG 1,0
189,00 EUR
19 % USt Nr. 7008 VVRVG
35,91 EUR
Summe
224,91 EUR
Beide Gegenstandswerte:
Gesamtsumme
908,73 EUR
abzüglich des bereits festgesetzten
Betrages von
683,82 EUR
verbleibt ein Zahlbetrag von
224,91 EUR.
3.
Als Vergütung für die Verfahrensbevollmächtigte des Vaters
ergibt sich im Wesentlichen die gleiche Berechnung, jedoch
entfällt bei dieser Dokumentenpauschale und ergibt sich
somit
insgesamt
eine
Zwischensumme
netto
aus
dem
Gegenstands
wert von 6.000,00 EUR von
582,50 EUR
zzgl. 16 % USt.
92,02 EUR
Summe
675,70 EUR.
Die Einigungsgebühr zum Gegenstandswert von 3.000,00 EUR
führt auch bei ihr zu einem weiteren zu vergütenden Betrag
von 224,91 EUR und damit zu einer
Gesamtsumme von
900,61 EUR
Abzüglich des bereits festgesetzten Betrages von 675,70 EUR
verbleibt ein zu zahlender Betrag von 224,91 EUR
10
4.
Das
Erinnerungs-
und
das
Beschwerdeverfahren
sind
gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56
Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).
D.....