Urteil des OLG Dresden vom 18.09.2008

OLG Dresden: provision, kaufpreis, eigentümer, zedent, gleichwertigkeit, eigentumswohnung, zustandekommen, vergütung, immobilie, vermieter

Az.: 8 U 1167/08
Leitsätze:
§ 652 Abs. 1 BGB
1. Ein Provisionsanspruch des Käufermaklers entsteht grund-
sätzlich nicht, wenn der tatsächlich zu zahlende Grund-
stückskaufpreis den zuvor von den Maklervertragsparteien
übereinstimmend vorgestellten Preis um 25 % übersteigt.
2. Tritt ein Makler unaufgefordert an den Mieter einer Ei-
gentumswohnung heran und teilt ihm neben der Verkaufsab-
sicht des Vermieters/Eigentümers mit, dass er sich für
den Mieter bei Interesse um den Ankauf bemühen könne, ist
ein im Anschluss gegebenes Provisionsversprechen des er-
werbsinteressierten Mieters allein als Vermittlungs- und
nicht auch als Nachweismaklerauftrag auszulegen.
OLG Dresden, Beschluss vom 18.09.2008 - 8 U 1167/08
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Oberlandesgericht
Dresden
Aktenzeichen: 8 U 1167/08
1 O 3195/07 LG Dresden
Beschluss
des 8. Zivilsenats
vom 18.09.2008
In dem Rechtsstreit
J
-H
,
-Kläger/Berufungskläger-
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
I. S. ,
,
gegen
R
F
,
-Beklagter/Berufungsbeklagter-
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
N. , ,
,
wegen Maklerhonorar
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hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne
mündliche Verhandlung durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H. ,
Richter am Oberlandesgericht B. und
Richterin am Amtsgericht Dr. K.
beschlossen:
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß
§ 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum
10.10.2008. Er möge ggf. erwägen, das Rechtsmittel zur
Vermeidung weiterer, nicht unerheblich höherer Verfah-
renskosten zurückzunehmen.
G r ü n d e :
I.
Der sich im Prozess als Rechtsanwalt selbst vertretende Klä-
ger begehrt aus abgetretenem Recht Zahlung einer Maklerpro-
vision. Eine solche Vergütung soll der Beklagte, der mit
seiner Ehefrau eine zuvor gemeinsam als Mieter bewohnte Ei-
gentumswohnung im Anwesen B. Str. in D. erwor-
ben hat, dem Zedenten vor Abschluss des notariellen Kaufver-
trages versprochen haben. Das Landgericht hat die Klage ab-
gewiesen. Dagegen richtet sich die zulässige Berufung.
II.
Das Rechtsmittel hat, ohne dass zulassungsrelevante Fragen
i.S.v. §§ 522 Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO entscheidungserheblich
werden, keine Aussicht auf Erfolg.
1. Allerdings sind einzelne Begründungslinien, auf die das
angefochtene Urteil maßgeblich gestützt ist, nicht ohne
weiteres tragfähig.
a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht eingangs der
Entscheidungsgründe das Zustandekommen eines "wirksa-
men Maklervertrages" verneint, verhalten sich gar
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nicht zum Vertragsschluss, sondern lediglich zu der
dann verneinten weiteren Frage, ob der Zedent eine
Nachweisleistung erbracht hat. Für eine solche wieder-
um ist es entgegen der offenbaren Annahme des Landge-
richts nicht erforderlich, dass der Zedent vom Eigen-
tümer selbst von dessen Verkaufsbereitschaft erfahren
hatte oder von ihm gar mit der Suche nach Kaufinteres-
senten beauftragt worden war. Selbst wenn ein Käufer-
makler das Bestehen aktueller Verkaufsbereitschaft des
Eigentümers/Verkäufers nur zutreffend vermutet und
nicht einmal unmittelbaren Kontakt zum Verkäufer hat,
kann er seinem Kunden eine Kaufvertragsgelegenheit im
Sinne von § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB "nachweisen". Jeden-
falls im Zusammenhang war das erstinstanzliche Vor-
bringen des Klägers auch ersichtlich dahin zu verste-
hen, dass der Zedent den Beklagten auf die Möglichkeit
des Erwerbs vom verkaufsbereiten Eigentümer hingewie-
sen hatte. Ob er dabei den Eigentümer auch namentlich
benannt hatte, war zwar nicht ausdrücklich behauptet.
Eine solche Namhaftmachung ist indessen nur grundsätz-
lich notwendiger Bestandteil einer Nachweisleistung.
Im Einzelfall kann sie entbehrlich sein. Das kommt
insbesondere dann in Betracht, wenn dem Maklerkunden
der Name des Verkäufers, wie hier dem Beklagten als
bisherigem Mieter der Wohnung, ohnehin bekannt ist.
b) Auf der Grundlage des erstinstanzlichen Sach- und
Streitstandes ist auch die Auffassung, der behauptete
Abschluss eines Maklervertrages am 03.04.2007 stelle
ein widerrufliches Haustürgeschäft i.S.v. § 312 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 BGB dar, zumindest bedenklich.
Die näheren Voraussetzungen für das Vorliegen eines
Haustürgeschäftes hat das Landgericht zwar - unter
nicht kenntlich gemachter und um die Belege aus der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gekürzter wört-
licher Wiedergabe einer längeren Passage aus dem Se-
natsbeschluss vom 23.02.2007 - 8 U 63/07 (WM 2007,
1065 unter II 2 b aa) - abstrakt zutreffend beschrie-
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ben. Der von ihm festgestellte Sachverhalt trägt die
Annahme, diese Voraussetzungen hätten auch im Streit-
fall vorgelegen, aber nicht ohne weiteres. Da bei dem
unangekündigten Besuch der mit dem Zedenten verbunde-
nen Frau N. am 02.04.2007 in der Wohnung des Be-
klagten dessen allein anwesende Ehefrau lediglich mit
dem möglichen Verkauf der Wohnung konfrontiert und
über eine Maklerprovision nicht einmal andeutungsweise
gesprochen wurde, ist bereits zweifelhaft, ob es in
Bezug auf den Maklervertrag, den der am Folgetag nach
Darstellung des Klägers aus eigenem Antrieb beim Ze-
denten in dessen Geschäftsräumen im selben Haus er-
schienene Beklagte geschlossen haben soll, überhaupt
relevante, durch werbende Erstansprache in der Wohnung
"vorverlagerte" mündliche Verhandlungen i.S.v. § 312
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB gegeben hat.
2. Auf das Vorstehende kommt es letztlich nicht an. Die in
mancherlei Hinsicht bemerkenswerte Sache bedarf auch im
Übrigen keiner weiteren Aufklärung. Die Klage auf Zahlung
einer Maklerprovision aus §§ 652, 398 BGB muss jedenfalls
deshalb erfolglos und abgewiesen bleiben, weil es auf der
Grundlage des eigenen Vorbringens des Klägers zum einen
an der erforderlichen wirtschaftlichen Identität zwischen
dem nach dem - behaupteten - Maklervertrag angestrebten
und dem tatsächlich abgeschlossenen Hauptvertrag, zum an-
deren aber auch bereits an einem Nachweismaklervertrag
bzw. an einer Vermittlungsleistung fehlt.
a) Eine Provision wegen erfolgreicher Nachweistätigkeit
hat der Zedent nicht verdient.
aa) Gehen Parteien bei Abschluss eines Nachweismakler-
vertrages, sei es aufgrund einer vom kaufinteres-
sierten Kunden zugleich geäußerten Kaufpreisvor-
stellung, sei es aufgrund einer Kaufpreisangabe
des Maklers, übereinstimmend von einem bestimmten
oder ungefähren Kaufpreis aus, zu dem die Immobi-
lie zu haben ist, mangelt es an der maklerrecht-
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lich erforderlichen Gleichwertigkeit zwischen an-
gestrebtem und zustande gekommenem Kaufvertrag,
wenn der Kunde das Grundstück tatsächlich nur zu
einem deutlich teureren Preis erwerben kann und
tatsächlich erwirbt. Bei wirtschaftlicher Betrach-
tung erreicht er dann nicht annähernd das Ziel,
das er, wie der Makler weiß, ins Auge gefasst und
für den Fall der Erreichung zu honorieren verspro-
chen hat.
So liegt es hier. Nach dem eigenen Vorbringen des
Klägers erklärte sich der Beklagte gegenüber dem
Zedenten zur Zahlung einer Provision auf der
Grundlage einer am 03.04.2007 auch schriftlich do-
kumentierten
Kaufpreisvorstellung
von
220.000,00 EUR bereit. Dass die Kaufpreishöhe nach
übereinstimmender Vorstellung gänzlich ungewiss
gewesen und darüber hinaus in den wechselseitigen
Äußerungen der Vertragsparteien zum Ausdruck ge-
kommen sei, dass der zu vereinbarende Kaufpreis
ggf. erheblich darüber liegen könne und auch in
diesem Falle eine Provision gezahlt werde, ist dem
Klägervortrag nicht zu entnehmen. Daran ändert
nichts die - im Übrigen nicht durchgängig unmiss-
verständliche - Darstellung des Klägers in beiden
Instanzen, man habe am 03.04.2007 einen höheren
Kaufpreis durchaus für möglich gehalten und gerade
deshalb eine etwas höhere Vergütung bei Zustande-
kommen
eines
Kaufes
zum
Preis
von
maximal
220.000,00 EUR sowie eine Provision von 5 % netto
bei einem darüberliegenden Kaufpreis vereinbart.
Selbst wenn es sich so verhalten haben sollte, ist
mit einer gegenüber der beiderseitigen Kaufpreis-
erwartung bzw. -hoffnung von 220.000,00 EUR un-
günstigen Abweichung des tatsächlichen Kaufpreises
nach oben um 25 % (absolut 55.000,00 EUR) die
Grenze, bis zu der namentlich unter Berücksichti-
gung üblicher verhandlungsbedingter Unsicherheiten
bei der späteren Kaufpreishöhe noch von einer
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wirtschaftlichen Gleichwertigkeit ausgegangen wer-
den kann, eindeutig überschritten. Die oberge-
richtliche Rechtsprechung sieht Preisdifferenzen
von bis zu 10 % regelmäßig als provisionsunschäd-
lich an (OLG Stuttgart OLGR 2002, 387 unter 4
m.w.N.), verneint aber umgekehrt die Gleichwertig-
keit in der Regel jedenfalls bei einer Differenz
von mindestens 20 %, und zwar überwiegend sogar
dann, wenn es sich um eine dem Maklerkunden güns-
tige Abweichung in dieser Größenordnung handelt
(OLG Hamburg OLGR 2004, 53 unter II 1 b m.w.N.).
Dem ist jedenfalls für eine dem Kunden des Käufer-
maklers nachteilige Verteuerung der Immobilie von
25 %, wie sie hier vorliegt, zu folgen (vgl. auch
OLG Brandenburg ZMR 2007, 973, wo bereits eine
kundenungünstige Abweichung um 7 % als provisions-
schädlich angesehen wurde). Das gilt auch bei
Wahrunterstellung des Vorbringens des Klägers, man
habe am 03.04.2007 beiderseits für möglich gehal-
ten, dass der Kaufpreis unter, genau bei oder auch
über 220.000,00 EUR liegen könne, und gerade des-
halb eine differenzierte Regelung zur Provisions-
höhe getroffen.
Eine nachträgliche, der Größenordnung des später
beurkundeten Kaufpreises von 275.000,00 EUR Rech-
nung tragende Änderung des Maklervertrages durch
einvernehmliche, ggf. auch konkludente Erklärungen
der Vertragsparteien hätte den geltend gemachten
Anspruch möglicherweise entstehen lassen, ist aber
weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
bb) Ein
Vergütungsanspruch
wegen
Nachweistätigkeit
scheitert darüber hinaus daran, dass der Kläger
bereits das Zustandekommen eines Nachweismakler-
vertrages nicht schlüssig vorgetragen hat.
Das Klagevorbringen ist bei sachgerechter zusam-
menfassender Würdigung dahin zu verstehen, dass
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der Beklagte den Zedenten lediglich als Vermitt-
lungsmakler beauftragt, also nur für den Fall er-
folgreicher Vermittlung eine Vergütung zu zahlen
versprochen hat. Hierauf deutet schon hin, dass
der Kläger im Rechtsstreit selbst mehrfach von
Vermittlung gesprochen hat. Weitere Umstände be-
kräftigen dieses Verständnis. So liegt es schon
nach allgemeiner Lebenserfahrung fern, dass der
Mieter einer Eigentumswohnung, an den ein ver-
triebsinteressierter Makler unaufgefordert heran-
tritt, allein für den schlichten Hinweis, dass der
- dem Mieter ohnehin bekannte und ihn im Regelfall
schon im eigenen Interesse früher oder später über
die Verkaufsabsicht informierende - Vermieter ver-
kaufen wolle, eine beträchtliche Provision ver-
spricht. Viel wahrscheinlicher ist es in einer
derartigen Konstellation, dass der Makler ein ver-
mittlungsbezogenes Honorarversprechen zu erhalten
sucht und tatsächlich erhält, indem er beim Kunden
den Eindruck erweckt, positiven Einfluss auf den
Vermieter/Verkäufer zu haben oder nehmen zu können
und bei diesem ein für den Kunden möglichst güns-
tiges Verhandlungsergebnis zu erzielen. Dafür,
dass genau dies Gegenstand des behaupteten Makler-
vertrages sein sollte, spricht außerdem sehr deut-
lich das Vorbringen des Klägers zur konkreten Aus-
gestaltung der Provisionshöhe. Die entsprechende
Vereinbarung sollte dem Zedenten ersichtlich einen
besonderen Anreiz geben, sich im Sinne des Beklag-
ten für einen Kauf zu einem Preis von möglichst
nicht mehr als 220.000,00 EUR - sonst bestmög-
lich - aktiv beim Eigentümer zu verwenden. Das
aber ist der klassische Vermittlungsauftrag. Nur
ein solcher und gerade kein Nachweismaklervertrag
kommt mit letzter Deutlichkeit im Vorbringen des
Klägers auf Seite 11 der Replik vom 11.02.2008 zum
Ausdruck. Dort heißt es, der Zedent habe dem Be-
klagten in dem Gespräch am 03.04.2007 erklärt, er
könne sich "nur bei Abschluss eines entsprechenden
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Maklervertrages ... darum bemühen, dass der Be-
klagte nicht mehr als den von ihm angegebenen
Kaufpreis" (220.000,00 EUR) zahlen müsse; hierauf
habe der Beklagte seine Bereitschaft erklärt, dem
Zedenten "seine Maklerprovision zu bezahlen". Der
Kläger behauptet damit selbst nicht, dass der Be-
klagte das Provisionsversprechen allein für den
Nachweis der Vertragsgelegenheit abgegeben hat.
b) Ein Provisionsanspruch wegen erfolgreicher Vermittlung
des Kaufvertrages scheidet ebenfalls aus.
aa) Bereits eine Vermittlungsleistung, d.h. ein er-
folgreiches Einwirken des Zedenten auf die konkre-
te Abschlussbereitschaft des Verkäufers, hat es
nicht gegeben. Der Kläger legt eine solche selbst
nicht dar. Die bloße Weiterleitung des schriftli-
chen Kaufgebotes des Beklagten vom 03.04.2007 an
die Bank und Grundpfandrechtsgläubigerin, die das
Büro N. & Partner zu Händen des Zedenten im
März 2007 gebeten hatte, bei der Suche nach Kauf-
interessenten behilflich zu sein, mag von dort an
den Eigentümer gelangt sein; als relevante Herbei-
führung der konkreten Abschlussbereitschaft des
Verkäufers genügt dies ersichtlich nicht. Ansons-
ten enthält der Klägervortrag nichts, was auf eine
aus der Sicht des Maklerkunden günstige Einfluss-
nahme des Zedenten auf die Bereitschaft des Ver-
käufers schließen lässt, an den Beklagten (und
dessen Ehefrau) zu verkaufen.
bb) Abgesehen davon stünde der Entstehung eines Provi-
sionsanspruchs des Zedenten als Vermittlungsmakler
unter den Umständen des Streitfalles in gleicher
Weise die mangelnde wirtschaftliche Gleichwertig-
keit entgegen. Auch insoweit fehlte für eine nach-
trägliche Anpassung des Vermittlungsauftrages und
des damit verbundenen Provisionsversprechens jeder
Vortrag oder Anhaltspunkt.
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3. Die Hilfsbegründung des Klägers, der Beklagte schulde
Schadensersatz aus § 826 BGB, war und ist abwegig. Des-
halb ist es dem Landgericht nicht zu verdenken, dass es
auf diesen Gesichtspunkt erst gar nicht eingegangen ist.
Im Hinblick auf die wiederholte Geltendmachung im Beru-
fungsverfahren wird lediglich Folgendes angemerkt: Zum
einen ist schon nicht vorgetragen, dass dem Kläger -
auch - ein derartiger Schadensersatzanspruch vom Zeden-
ten abgetreten worden ist; die erstinstanzlich vorgelegte
Abtretungsvereinbarung umfasst nur einen Erfüllungsan-
spruch auf Zahlung einer vertraglich geschuldeten Provi-
sion. Zum anderen und vor allem spricht nicht der leises-
te Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte einen um
55.000,00 EUR höheren Kaufpreis in verwerflicher Weise
gerade deshalb akzeptiert hat, weil er den Zedenten um
eine - wesentlich geringere - Provision bringen wollte.
H.
Dr. K.
B.