Urteil des OLG Dresden vom 25.01.2008
OLG Dresden: wiedereinsetzung in den vorigen stand, zustellung, verwaltungsverfahren, zwangsvollstreckung, disposition, report, aufzählung, ausdehnung, ratenzahlung, vergleich
Leitsatz:
1.
Ein Beschluss, mit dem die Bewilligung von Prozesskos-
tenhilfe aufgehoben wird, ist nicht mehr dem früheren
Prozessbevollmächtigten zuzustellen.
2.
Das Verfahren zur Überprüfung von Prozesskostenhilfe ist
kein Verfahren i.S.v. § 172 Abs. 1 S. 2 ZPO, sondern ein
selbständiges Verwaltungsverfahren.
Oberlandesgericht Dresden; 3. Zivilsenat; 3 W 1382/07
Beschluss vom 25.01.2008
2
Oberlandesgericht
Dresden
Aktenzeichen: 3 W 1382/07
13 O 4405/04 LG Dresden
Beschluss
des 3. Zivilsenats
vom 25.01.2008
In dem Rechtsstreit
N
A 16,
D
- Klägerin zu 1) -
T
A 16,
D
- Kläger zu 2) und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigter zu 1) 2): Rechtsanwalt F -L
A ,
H 26,
D
gegen
D
Am G 5 b,
D
- Beklagter -
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A W ,
K Straße 56,
D
wegen Prozesskostenhilfe
3
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne
mündliche Verhandlung durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. N ,
Richterin am Oberlandesgericht Dr. N und
Richter am Oberlandesgericht Dr. H
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers zu 2) gegen den Beschluss des
Landgerichts Dresden vom 05.03.2007 (13 O 4405/04) wird ver-
worfen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e :
I.
Mit Beschluss vom 16.12.2005 wurde dem Kläger zu 2)
Prozesskostenhilfe
ohne
Ratenzahlung
bewilligt;
mit
Beschluss
vom
16.01.2006
legte
das
Landgericht
den
Ratenbeginn auf den 01.08.2005 fest. Der Rechtsstreit wurde
am 16.12.2005 durch einen Vergleich beendet, in dem sich der
Beklagte u.a. verpflichtete, an die Kläger 16.000,- EUR in
Raten bis zum 31.12.2006 zu zahlen. In der Folge wurde der
Kläger zu 2) vermutlich dazu aufgefordert, sich dazu zu
erklären,
ob
eine
Änderung
der
persönlichen
oder
wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten sei; jedenfalls
wurde er mit einem Schreiben vom 29.01.2007, das ihm
zugestellt wurde, an die Erledigung eines Schreibens vom
18.12.2006 erinnert. Nachdem keine Antwort des Klägers zu 2)
einging, hob das Landgericht mit Beschluss vom 05.03.2007
die Prozesskostenhilfe gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. BGB
auf und ordnete die Zahlung eines Einmalbetrages von
1.746,73 EUR an. Dieser Beschluss wurde dem Kläger zu 2) am
09.03.2007 zugestellt. Am 31.07.2007 legte er Beschwerde
gegen
diesen
Beschluss
ein,
die
am
02.08.2007
beim
Landgericht einging. Der Beschluss sei wohl in seiner Post
verloren gegangen. Das Landgericht forderte ihn zunächst zur
Einreichung des Formulars ZP 1 auf, was der Kläger zu 2)
tat. Am 29.01.2007 beschloss das Landgericht, der Beschwerde
nicht abzuhelfen, und legte diese dem Oberlandesgericht
4
Dresden
zur
Entscheidung
vor.
Auf
das
Schreiben
der
Einzelrichterin,
mit
dem
er
Gelegenheit
erhielt
zu
erläutern, warum er die Frist versäumt habe, reagierte der
Kläger zu 2) nicht.
Die Einzelrichterin hat das Verfahren gem. § 568 S. 2 Nr. 2
ZPO auf den Senat übertragen.
II.
Die Beschwerde des Klägers zu 2) gegen den Beschluss des
Landgerichts Dresden vom 05.03.2007 ist nicht innerhalb der
Frist des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO bei Gericht eingegangen
und damit als unzulässig zu verwerfen. Diese Frist ist durch
die Zustellung an den Kläger zu 2) persönlich in Gang ge-
setzt worden. Der Senat ist nicht der Auffassung, dass gem.
§ 172 Abs. 1 ZPO eine förmliche Zustellung an den Prozessbe-
vollmächtigten hätte erfolgen müssen, der ihn im Rechts-
streit vertreten hat. Das Hauptsacheverfahren ist nicht mehr
anhängig. Bei dem Verfahren zur Überprüfung der Prozesskos-
tenhilfe handelt es sich auch nicht um ein Verfahren, das
einem der in § 172 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO geregelten Verfah-
ren vergleichbar wäre. Es handelt sich vielmehr um ein selb-
ständiges Verwaltungsverfahren (so auch OLG München FamRZ
1993, 580; OLG Brandenburg Rechtspfleger 2002, 34; OLG Kob-
lenz FamRZ 2005, 531; OLG Naumburg OLGR 2006, 732; Philippi
in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 120 Rn. 28). Der gegenteiligen
Auffassung
des
OLG
Hamm
(Beschluss
vom
30.01.2007,
2 WF 9/07,
Juris;
OLG
Brandenburg
vom
24.07.07,
10 WF 187/07, Juris; bereits BAG NZA 2006, 1128) schließt
sich der Senat nicht an. Eine Ausdehnung des § 172 Abs. 1
Satz 2 ZPO auf das Verfahren zur Überprüfung der Prozesskos-
tenhilfe ist auch im Wege der Analogie nicht möglich. Die
dortige Aufzählung von Fällen, in denen die Prozessvollmacht
über den Abschluss des Verfahrens hinausreicht, ist als ab-
schließend anzusehen; die dort geregelten Fälle sind dem
hier zu beurteilenden nicht vergleichbar. Denn es geht weder
darum, die Richtigkeit der vorangegangenen Endentscheidung
(nämlich der Bewilligung der Prozesskostenhilfe) zu überprü-
5
fen, noch um die Zwangsvollstreckung aus einer solchen Ent-
scheidung. Vielmehr ist zu prüfen, ob auf Grund neu einge-
tretener Umstände eine neue Entscheidung zu erlassen ist.
Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Landgericht
den Kläger zu 2) auf seine Beschwerde hin zunächst zur Ein-
reichung von Unterlagen aufgefordert hatte. Die Einhaltung
gesetzlicher Fristen steht nicht zur Disposition der Gerich-
te. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. OLG
Brandenburg OLG-NL 2005, 208) lag hierin jedenfalls nicht.
Diese kann auch nicht von Amts wegen erfolgen, da trotz Hin-
weises keine die Wiedereinsetzung begründenden Umstände er-
sichtlich sind.
Eine Sachentscheidung ist dem Senat daher nicht möglich.
III.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet,
§ 127 Abs. 4 ZPO.
IV.
Die Rechtsbeschwerde war gem. § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzu-
lassen. Wie dargestellt, ist die Rechtsprechung der Oberlan-
desgerichte zur Frage, an wen im Prozesskostenhilfeüberprü-
fungsverfahren zuzustellen ist, uneinheitlich. Daher erfor-
dert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Ob die Beschwerde -
ihre Zulässigkeit unterstellt - begründet wäre, ist uner-
heblich (BGH-Report 2004, 266).