Urteil des OLG Dresden vom 03.03.2003
OLG Dresden: wesentliche veränderung, schulausbildung, berufsschule, schulbesuch, berufsausbildung, unterhalt, selbstbehalt, begriff, leiter, abänderungsklage
L e i t s a t z
BGB § 1603 Abs. 2; BAföG § 2 Abs. 1 Nr. 1; BBiG § 29
Der Besuch einer Berufsfachschule gehört zur allgemeinen
Schulausbildung.
OLG Dresden, Beschluss vom 3. März 2003 - 10 WF 0122/03
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Oberlandesgericht
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Dresden
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Aktenzeichen: 10 WF 0122/03
8 F 0575/02 Amtsgericht Riesa
Beschluss
des 10. Zivilsenats - Familiensenat -
vom 3. März 2003
In der Familiensache
Bxxx Rxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx,
xxxxx xxxxxx
Kläger und Beschwerdeführer
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin Exxx Fxxx,
xxxxxxxxxxxxxxxxx,
xxxxx xxxxxx
gegen
Jxxx Rxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx,
xxxxx xxxxx
Beklagter
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin Gxxxxxxx Wxxxxxx,
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx,
xxxxx xxxxxx
wegen Kindesunterhalts
hier: Prozesskostenhilfe
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hat der 10. Zivilsenat - Familiensenat - des
Oberlandesgerichts Dresden am 3. März 2003 durch
Richter am Amtsgericht Sxxxxxxx
als Einzelrichter
beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Amtsgerichts - Familiengericht - Riesa vom 7. Februar 2003
wird zurückgewiesen.
Die nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässige, insbesondere fristgemäß
erhobene sofortige Beschwerde des Antragstellers bleibt in
der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat die Bewilligung
von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt.
Der Antragsteller begehrt vorliegend Prozesskostenhilfe für
eine Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO auf Wegfall des in dem
Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Riesa vom 8.
Juli 2002 (8 F 164/01) titulierten Kindesunterhalts in Höhe
von
288,00 EUR
abzüglich
Kindergeld.
Weder
mit
dem
Vorbringen in der Klageschrift noch in den nachgereichten
Schriftsätzen genügt er aber seiner Darlegungslast für eine
wesentliche Veränderung der maßgeblichen Umstände. Im
Abänderungsverfahren nach § 323 ZPO hat der Kläger die
Darlegungs- und Beweislast für eine wesentliche Veränderung
der
Umstände,
die
für
die
Unterhaltsfestsetzung
im
vorausgegangenen Verfahren maßgeblich waren. Dies gilt auch
für Tatsachen, die im früheren Prozess der Gegner zu
beweisen hatte, sofern es sich in dem Abänderungsverfahren
noch um denselben anspruchsbegründenden Sachverhalt handelt
(allg.
Auffassung,
vgl.
nur
Wendl/Haußleiter,
Das
Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5.
Aufl., § 6 Rdnr. 726 m.w.N.). Zum Vortrag des eine
Herabsetzung begehrenden Abänderungsklägers gehört es mithin
auch, die Umstände darzulegen, die im Zeitpunkt der
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Errichtung des Titels maßgeblich waren und anzugeben, welche
relevanten Veränderungen sich bezüglich dieser Umstände
ereignet haben. Hierzu enthält der Vortrag des Klägers
nichts. Er stützt sich ausschließlich darauf, dass der nach
Erlass des abzuändernden Urteils volljährig gewordene
Beklagte nicht mehr zu den i.S. des § 1603 Abs. 2 Satz 2
privilegierten Kindern gehöre. Diese Rechtsauffassung ist
indes unzutreffend. Nach der von dem Beklagten vorgelegten
Schulbescheinigung besucht dieser seit dem 1. August 2002
eine
Berufsfachschule
in
Vollzeitausbildung
ohne
Ausbildungsvertrag und ohne Ausbildungsvergütung. Der Besuch
einer
Berufsfachschule
gehört
jedoch
zur
allgemeinen
Schulausbildung i.S. des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB. Denn die
Berufsfachschulausbildung hat die Aufgabe, allgemeine und
fachliche Lerninhalte zu vermitteln und den Schüler zu
befähigen,
den
Abschluss
in
einem
anerkannten
Ausbildungsberuf oder einen Teil der Berufsausbildung zu
erlangen (Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. 1999, § 2 Rdnr. 5
m.w.N.).
Berufsfachschulen,
deren
Besuch
auf
die
Ausbildungszeit
in
anerkannten
Ausbildungsstätten
angerechnet wird, dauern mindestens ein Jahr; die Anrechnung
erfolgt auf der Grundlage von Rechtsverordnungen nach § 29
BBiG. Es handelt sich hierbei nicht um eine Berufsschule, so
dass gemäß § 2 BAföG der Schulbesuch mit BAföG-Mitteln
gefördert werden kann. Im Interesse einer einheitlichen
Rechtsanwendung
ist
der
Begriff
der
allgemeinen
Schulausbildung aber in § 1603 Abs. 2 BGB genau so wie in
§ 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG auszulegen (BGH NJW 2001, 2633;
Palandt-Diederichsen, BGB, 62. Aufl., § 1603 Rdnr. 56; vgl.
auch
SG
Dresden,
Urteil
vom
9.
Februar
2001,
S 17 AL 1039/99). Hieraus folgt, dass der Besuch einer
Berufsfachschule die gesteigerte Erwerbsobliegenheit des
Unterhaltspflichtigen nicht entfallen lässt und sich dieser
gegenüber dem Berechtigten nicht auf den angemessenen,
sondern nur auf den notwendigen Selbstbehalt berufen kann.
Eine Veränderung der maßgeblichen Umstände gegenüber dem
Urteil des Amtsgerichts Riesa vom 8. Juli 2002 ist nach
alledem nicht ersichtlich.
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Gleiches gilt für die vorgetragene Leistungsunfähigkeit des
Klägers. Zum einen ist nicht vorgetragen, aufgrund welcher
Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Umstände der
Kläger abweichend von den am 8. Juli 2002 maßgeblichen
Verhältnissen nicht in der Lage sein sollte, den dort
tenorierten Unterhalt zu erwirtschaften. Zum anderen genügen
die vorgelegten Unterlagen nicht den Anforderungen, die die
gesteigerte Erwerbsobliegenheit des § 1603 Abs. 2 BGB einem
Unterhaltspflichtigen
auferlegt
(vgl.
hierzu
Senat
-
Beschlüsse vom 30. April 2002, 10 UF 67/02 und vom 7. Mai
2002,
10 UF 197/02,
Kalthoener/Büttner/Niepmann,
Die
Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl., Rdnr.
686).
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Eine
Kostenentscheidung
ist
nicht
veranlasst.
Die
Verpflichtung des Antragstellers, die Kosten des erfolglosen
Beschwerdeverfahrens zu tragen, ergibt sich aus Anlage 1 zu
§ 11 Abs. 1 GKG, KV 1956. Außergerichtliche Kosten werden
nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO). Die Voraussetzungen für
die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO liegen
gleichfalls nicht vor.
Sxxxxxxx