Urteil des OLG Dresden vom 09.12.2003

OLG Dresden: verdeckte gewinnausschüttung, gesellschafter, satzung, reisekosten, geschäftsführer, sicherheitsleistung, objektivität, gestaltung, miteigentumsanteil, eigenkapital

§ 3 Abs. 2 GmbHG
1. Zur Auslegung der Satzungsbestimmung einer GmbH, nach
welcher
Gesellschafter
verdeckte
Gewinnausschüttungen
auszugleichen haben.
2. Eine auf den Ausgleich verdeckter Gewinnausschüttungen
gerichtete statuarische Erstattungspflicht kann nicht
durch satzungsdurchbrechenden Beschluss konkludent abbe-
dungen werden.
OLG Dresden, Urteil vom 09.12.2003 - 2 U 1530/03 - (rechts-
kräftig)
2
Oberlandesgericht
Dresden
Aktenzeichen: 2 U 1530/03
1 HKO 5029/99 LG L.
Verkündet am 09.12.2003
Die Urkundsbeamtin:
Ruczynski
Justizobersekretärin
IM
URTEIL
In dem Rechtsstreit
Rechtsanwalt Dr. S.
Kläger und Berufungskläger
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. K.
gegen
M.
W
Beklagte und Berufungsbeklagte
Prozessbevollmächtigter zu 1) und 2): Rechtsanwalt
V.
wegen Eigenkapitalersatz
3
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden auf-
grund der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2003 durch
Vizepräsident des Oberlandesgerichts Hagenloch,
Richterin am Landgericht Krech und
Richterin am Landgericht Bokern
für Recht erkannt:
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der
1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts L.
vom 01.08.2003 - 1 HKO 5029/99 - im Kostenpunkt aufge-
hoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger
EUR 174.066,76 nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem
28.06.1995 zu bezahlen.
2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger
EUR 172.532,88 nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem
28.06.1995 zu bezahlen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden
dem Kläger 1/5 und den Beklagten je 2/5 auferlegt. Die
im Berufungsrechtszug angefallenen Gerichtskosten tra-
gen die Beklagten je zur Hälfte. Die übrigen Kosten der
Berufung fallen dem Kläger zu 1/10 und den Beklagten zu
je 9/20 zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jeder Partei wird nachgelassen, die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 120 % des zu
vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der
jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in
Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unbedingte
und unbefristete Bürgschaft eines in der Europäischen
Union zugelassenen Kreditversicherers oder Kreditinsti-
tuts erbracht werden.
- Streitwert der Berufung: EUR 346.599,64 -
4
Gründe:
A.
Der Kläger, Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über
das Vermögen der S. GmbH (künftig: Gemeinschuldnerin), macht
gegen die Beklagten Erstattungsansprüche wegen des Entzugs
von Eigenkapital geltend.
Die Beklagten sind mit jeweils gleichem Geschäftsanteil Ge-
sellschafter der Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen
durch Beschluss des Amtsgerichts L. vom 12.08.1998 das Ge-
samtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde. Weiterhin waren
die
Beklagten
zu
gemeinsam
vertretungsberechtigten
Ge-
schäftsführern der Gemeinschuldnerin bestellt.
Mit notarieller Vertragsurkunde vom 02.07.1991 veräußerte
die Gemeinschuldnerin ihren Miteigentumsanteil an dem Grund-
besitz der Gemarkung I. F. Str. 2 zum gesamtschuldnerisch zu
erbringenden Kaufpreis von brutto DM 638.352,00 an die Be-
klagten zu je hälftigem Miteigentumsanteil.
Mit
notariellem
Geschäftsanteilsabtretungsvertrag
vom
27.01.1992 erwarb die Gemeinschuldnerin, vertreten durch die
Beklagten, die von diesen sowie ihren Ehefrauen jeweils zu
gleichen Teilen an der S. V. GmbH sowie an der S. B. GmbH
gehaltenen
Geschäftsanteile
zum
Kaufpreis
von
jeweils
DM 312.500,00, insgesamt also für DM 2.500.000,00.
Im Sommer 1995 fand bei der Gemeinschuldnerin eine Betriebs-
prüfung durch das Finanzamt I. statt. Der hierüber gefertig-
te Bericht vom 10.07.1995 legte der Berechnung der Körper-
schaftssteuer für die Jahre 1991 bis 1993 im Zusammenhang
mit der Veräußerung des Grundbesitzes, den Geschäftsanteils-
übertragungen sowie Reisekosten des Beklagten zu 1) verdeck-
te Gewinnausschüttungen in Höhe von DM 500.000,00 für das
Jahr
1991
(Grundstücksveräußerung),
DM 274.890,00
(Ge-
schäftsanteilserwerbe)
für
das
Jahr
1992
sowie
je
5
DM 1.500,00 für die Jahre 1992 und 1993 (Reisekosten des Be-
klagten zu 1)) zu Grunde.
...
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hafte-
ten gesamtschuldnerisch für die im Bericht über die steuerli-
che Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüt-
tungen. Zusätzlich sei der Beklagte zu 1) zum Ausgleich für
im Betriebsprüfungsbericht als steuerlich nicht abzugsfähig
bezeichneten Reisekosten von DM 1.500,00 verpflichtet. Mit
den Feststellungen im Prüfbericht, insbesondere der in ihm
dokumentierten Einigkeit über die Feststellungen in der
Schlussbesprechung vom 27.06.1995, hätten die Beklagten kor-
respondierende Ansprüche der Gemeinschuldnerin anerkannt. Die
Beklagten seien nicht allein nach den Regeln der §§ 30, 31
GmbHG und § 43 GmbHG, sondern auch nach § 21 der Satzung der
Gemeinschuldnerin eintrittspflichtig, der wie folgt lautet:
§ 21 Steuerklausel
Die Organe der Gesellschaft haben die handelsrechtlichen und
steuerlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung einzu-
halten und im Geschäftsverkehr die Sorgfalt eines ordentlichen und
gewissenhaften Kaufmannes zu wahren. Den Organen der Gesell-
schaft ist es insbesondere untersagt, außerhalb satzungsmäßiger
Gewinnverteilungsbeschlüsse unangemessene Vorteile zu gewähren,
gegen das Nachzahlungs- oder Rückwirkungsverbot zu verstoßen
oder andere anerkannte steuerliche Grundsätze zu verletzen, deren
Missachtung eine verdeckte Gewinnausschüttung bewirkt. Im Falle
der Zuwiderhandlung ist der unangemessene Vorteil betragsmäßig
von dem Gesellschafter, dem der Vorteil steuerlich zugerechnet wird,
auszugleichen und vom Zeitpunkt der Vorteilsgewährung bis zur
Erbringung der Ausgleichsleistung banküblich zu verzinsen.
Durch die Grundstücksveräußerung sowie den Geschäftsanteils-
erwerb und die Erstattung von Reisekosten sei der Gemein-
schuldnerin notwendiges Eigenkapital entzogen und den Beklag-
ten unzulässigerweise Vermögen zugeflossen, was diesen auch
bewusst gewesen sei.
...
Das Landgericht L. hat die Klage mit Urteil vom 01.08.2003
abgewiesen. ...
6
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er
macht unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens
geltend, von verdeckten Gewinnausschüttungen sei nicht allein
auf Grund der Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht aus-
zugehen, sondern auf Grund eines während des erstinstanzli-
chen Verfahrens geschlossenen außergerichtlichen Vergleichs
...
Zudem sei dem Betriebsprüfungsbericht und den in ihm enthal-
tenen Feststellungen hinreichend zu entnehmen, dass sich die
Parteien auch untereinander auf das Bestehen der dort festge-
stellten verdeckten Gewinnausschüttungen verständigt hätten.
Nach einem rechtlichen Hinweis des Senats hat der Kläger sei-
ne Klageanträge den präzisen rechnerischen Ansätzen des Be-
triebsprüfungsberichts angepasst und - nach Rücknahme der auf
eine gesamtschuldnerische Zahlungspflicht gerichteten weiter-
gehenden Berufung - zuletzt beantragt,
1.
EUR 174.066,76 (DM 340.445,00) nebst 5 % Zinsen
hieraus seit dem 28.06.1995 zu zahlen sowie
2.
EUR 172.532,88 (DM 337.445,00) nebst 5 % Zinsen
hieraus seit dem 28.06.1995 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
B.
Die Berufung des Klägers ist mit den zuletzt gestellten An-
trägen in vollem Umfang begründet.
I.
Die Beklagten sind aus § 21 der Satzung der Gemeinschuldnerin
verpflichtet, an den Kläger Zahlungen in Höhe der zuletzt
streitgegenständlichen Beträge zu leisten.
7
1.
§ 21 der Satzung verpflichtet die Gesellschafter, an die
Gemeinschuldnerin Geldleistungen im Umfang jener Beträge
zu erbringen, die bei der körperschaftssteuerrechtlichen
Veranlagung als an sie erbrachte verdeckte Gewinnaus-
schüttungen behandelt werden.
a) Durch diese Steuerklausel wird unter den in ihr nä-
her bezeichneten Voraussetzungen sowohl nach dem
Wortlaut
als
auch
nach
dem
Regelungszweck
ein
Gleichlauf zwischen der steuerlichen und der gesell-
schaftsrechtlichen Ebene geschaffen, und zwar unab-
hängig davon, ob der eine verdeckte Gewinnausschüt-
tung ausweisende Körperschaftssteuerbescheid die ob-
jektive Rechtslage insoweit zutreffend wiedergibt
und ob die Auszahlung - soweit nicht auf einem Ge-
winnverwendungsbeschluss beruhend - vom Willen aller
Gesellschafter getragen war.
aa) Nach dem - für die Auslegung vorrangig heranzu-
ziehenden (vgl. BGHZ 146, 318 [322]; BGHZ 121,
13 [1]; BGH GRUR 2003, 545 f.) - Wortlaut der
Satzungsbestimmung
ist
die
Rückgewährpflicht
des Gesellschafters allein davon abhängig, dass
es bei der Gemeinschuldnerin ohne satzungsgemä-
ßen Gewinnverteilungsbeschluss durch Missach-
tung steuerlicher Vorschriften zu einer ver-
deckten Gewinnausschüttung kommt, die steuer-
lich dem Gesellschafter zugerechnet wird.
Dabei mag zwar sprachlich nicht zweifelsfrei
erkennbar sein, ob diese Erstattungspflicht an
die objektive steuerliche Lage anknüpft oder
auf eine Akzessorietät zwischen der steuerli-
chen Festsetzung und der gesellschaftsrechtli-
chen Rückgewährpflicht ausgerichtet ist. Jeden-
falls spricht aber mehr dafür, dass die - wie
eine Rechtsnorm auszulegende (vgl. BGHZ 134,
364 [368]; BGHZ 123, 347 [350 f.]; BGHZ 116,
8
359 [364 ff.]; BGH ZIP 2003, 116 [120]) - Sat-
zungsbestimmung auf die konkrete steuerliche
Festsetzung abstellt.
bb) Vor allem aber entspricht es dem Sinn und Zweck
der Steuerklausel (vgl. zur teleologischen Aus-
legung: BGHZ 131, 136 [139]; BGHZ 115, 1 [5];
BGH NJW 2002, 747 [748]; BGH NJW 2000, 2508
[2509 f.]; BGH NJW 1999, 2228 [2229]), dass
diese Grund und Höhe des Anspruchs ausschließ-
lich an den Festsetzungen der Steuerverwaltung
orientiert.
(1) Die Steuerklausel verfolgt sowohl gesell-
schafts- als auch steuerrechtliche Zielsetzun-
gen.
(1.1) In steuerlicher Hinsicht zielt die Sat-
zungsbestimmung darauf ab, angesichts der bei
Gründung der Gemeinschuldnerin noch nicht ab-
schließend geklärten ertragssteuerlichen Lage
durch die Vereinbarung einer statuarischen Er-
stattungspflicht
eine
Einlagenforderung
im
steuerlichen Sinne zu begründen, die das Ein-
kommen der Gesellschaft nicht erhöht und aus
diesem Grund der Annahme einer Vermögensminde-
rung auf Seiten der Gesellschafter nicht entge-
gensteht (vgl. nunmehr zur steuerlichen Recht-
sprechung: BFHE 188, 569 [572] m.w.N.; BFH, Be-
schluss vom 30.05.2001 - I B 176/00 -).
(1.2) Unter gesellschaftsrechtlichem Blickwin-
kel konkretisiert die Steuerklausel den Gleich-
behandlungsgrundsatz (vgl. BGHZ 116, 359 [373];
BGHZ 111, 224 [227]; BGH WM 1990, 182 [185];
Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 13
Rn. 35 ff. m.w.N.; Scholz/Winter, GmbHG, 9.
Aufl., § 14 Rn. 40 m.w.N.), indem sie die Ge-
sellschafter verpflichtet, aus dem Vermögen der
9
Gemeinschuldnerin - und damit mittelbar zu Las-
ten der anderen Gesellschafter - durch synal-
lagmatische Rechtsgeschäfte erlangte unangemes-
sene Vorteile wirtschaftlich auszugleichen.
(1.3) Weiterhin bezweckt § 21 der Satzung, eine
einmal
erlangte
Eigenkapitalausstattung
zu
Gunsten der Gemeinschuldnerin zu sichern, um
hierdurch deren Stellung im Rechtsverkehr zu
festigen. Insbesondere soll das Vertrauen in
die wirtschaftliche Solidität der Gemeinschuld-
nerin dadurch gestärkt werden, dass Vermögens-
verlagerungen auf die Gesellschafter nur in ei-
ner bilanziell transparenten Weise - und nicht
verdeckt
durch
wirtschaftlich
unangemessene
schuldrechtliche Geschäfte - erfolgen können.
Zur Verwirklichung dieser Zielsetzung bedient
sich die Satzung im Ansatz einer an die Recht-
sprechungsgrundsätze zu §§ 30, 31 GmbHG ange-
lehnten Gestaltung, erweitert diese aber dahin,
dass jedwede verdeckte Gewinnausschüttung -
nicht also allein eine solche nach Eintritt
einer Unterbilanzierung (vgl. hierzu: BGH WM
2003, 2238 ff.; BGH ZIP 2003, 1544 ff.; BGH ZIP
2003, 625 ff.) - zu einer Erstattungspflicht
des Gesellschafters führt. Damit wird nicht nur
die Transparenz erhöht, sondern - im Interesse
der
Gemeinschuldnerin -
mittelbar
auch
er-
reicht, dass eine einmal vorhandene Eigenkapi-
talquote nur unter objektiven Voraussetzungen
wieder verringert werden kann.
(2) Angesichts dieser Zielrichtung der Steuer-
klausel knüpft diese die gesellschaftsrechtli-
che
Erstattungspflicht
an
die
steuerlichen
Festsetzungen an.
10
(2.1) Allein hierdurch wird faktisch eine Par-
allelität zwischen der steuerlichen und gesell-
schaftsrechtlichen Ebene erreicht, die zumin-
dest nicht uneingeschränkt zu erlangen wäre,
wenn die steuerliche Festsetzung die Gesell-
schafter im Rechtsverhältnis zur Gemeinschuld-
nerin nicht bände und damit eine Diskrepanz
zwischen
der
steuerlichen
und
der
gesell-
schaftsrechtlichen Bewertung drohte.
Diese Gefahr, die zumindest dem steuerlichen
Zweck widerspräche, ist in Anbetracht der er-
fahrungsgemäß mit nicht unerheblichen Bewer-
tungsunsicherheiten behafteten Feststellung von
verdeckten Gewinnausschüttungen tendenziell er-
heblich. Zumindest unter steuerlichem Blickwin-
kel können die Gesellschafter auch schwerlich
gewollt haben, dass eine statuarische Erstat-
tungspflicht beim objektiven Bestehen einer
verdeckten Gewinnausschüttung selbst dann aus-
gelöst wird, wenn eine solche von der Finanz-
verwaltung im Rahmen der steuerlichen Verfah-
rens nicht erkannt wird.
Dies gilt umso mehr, als zum einen eine unter-
schiedliche steuerliche Behandlung zwischen der
Gemeinschuldnerin einerseits und dem Gesell-
schafter andererseits zu wirtschaftlichen Ver-
werfungen führt und zum anderen bei Gründung
der Gemeinschuldnerin die Erwartung, durch die
Steuerklausel eine Gleichstellung der steuerli-
chen Ansätze erreichen zu können, jedenfalls
nicht
gänzlich
unbegründet
war
(vgl.
oben
(1.1)).
(2.2) Aber auch unter gesellschaftsrechtlichen
Aspekten legt der dargelegte Regelungszweck ei-
ne akzessorische Gestaltung nahe.
11
(2.2.1) Die Objektivität des steuerlichen Fest-
setzungsverfahrens bietet in besonderer Weise
Gewähr dafür, dass die Angemessenheit der Leis-
tung zuverlässig ermittelt wird. Hierdurch ist
es sachgerecht - und die Abwicklung vereinfa-
chend -, wenn die Gesellschafter den Körper-
schaftssteuerbescheid und die darin enthaltenen
Feststellungen auch auf gesellschaftsrechtli-
cher Ebene gegen sich gelten lassen.
Durch ein solches Verständnis werden berechtig-
te Belange der Gesellschafter gewahrt, da diese
durch Weisungen an die Geschäftsführer für ein
ihren Vorstellungen entsprechendes Vorgehen im
steuerlichen Festsetzungsverfahren - bis hin zu
einer
finanzgerichtlichen
Kontrolle -
Sorge
tragen und damit ihr Interesse auch für einen
Gleichlauf von Steuer- und Gesellschaftsrecht
sichern können.
...
(2.2.2) Auch wird die Eigenkapitalausstattung
in besonderer Weise gesichert, wenn die eine
spezifische Objektivität beinhaltende steuerli-
che Bewertung die Gesellschafter bindet.
b)
Die Steuerklausel ist wirksam.
aa) Sie ist nicht auf einen Nachschuss i.S.v. § 26
Abs. 1 GmbHG gerichtet, sondern begründet Ne-
benleistungspflichten i.S.v. § 3 Abs. 2 GmbHG.
(1) Hierfür spricht vor allem, dass die Zah-
lungspflicht - anders als ein Nachschuss nach
§ 26 Abs. 1 GmbHG - nicht der Erhöhung der Ei-
genkapitalgrundlage
der
Gemeinschuldnerin
dient, sondern lediglich der Kompensation ei-
nes Vermögensentzuges, also der Wiederherstel-
lung der vor Vornahme der verdeckten Gewinn-
12
ausschüttung bestehenden Eigenkapitalausstat-
tung.
(2) Bekräftigt wird diese Sicht dadurch, dass
der Umfang der Zahlungspflicht nicht nach dem
Verhältnis der Geschäftsanteile zu erfolgen
hat, sondern nach den vom jeweiligen Gesell-
schafter gezogenen unangemessenen wirtschaft-
lichen Vorteilen.
Dies spricht gegen eine Nachschusspflicht, bei
welcher das gesellschaftsrechtliche Gleichbe-
handlungsgebot - wie in § 26 Abs. 2 GmbHG ko-
difiziert -
eine
dem
Beteiligungsverhältnis
korrespondierende Belastung des einzelnen Ge-
sellschafters erfordert. Bei verdeckten Ge-
winnausschüttungen wird hingegen der Gleichbe-
handlungsgrundsatz
gerade
dadurch
verwirk-
licht, dass jeder Gesellschafter im Umfang der
von ihm in unangemessener Weise aus schuld-
rechtlichen Beziehungen erlangten wirtschaft-
lichen Vorteile einen finanziellen Ausgleich
zu erbringen hat.
Ergänzend kommt hinzu, dass die Zahlungs-
pflicht
nicht
von
einem
Gesellschafterbe-
schluss
abhängig
ist
(vgl.
Baumbach/
Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 26 Nr. 7),
sondern mit Verwirklichung der tatbestandli-
chen Voraussetzungen fällig wird und damit vom
Geschäftsführer eingefordert werden kann.
bb) Den Anforderungen an eine statuarische Neben-
leistungspflicht wird § 21 der Satzung der Ge-
meinschuldnerin gerecht.
Die
tatbestandlichen
Voraussetzungen,
unter
denen der gesellschaftsrechtliche Anspruch auf
Rückgewähr der verdeckten Gewinnausschüttung
13
entsteht, sind in der Satzung hinreichend be-
stimmt genannt. Auch widerspricht die statua-
rische
Ausgleichspflicht
nicht
gesetzlichen
Bestimmungen oder den Grundstrukturen des Ka-
pitalgesellschaftsrechts.
2.
Hiervon ausgehend schulden die Beklagten die vom Kläger
im Schluss der mündlichen Verhandlung begehrten Zahlun-
gen.
a)
In den körperschaftsteuerlichen Festsetzungen des
Finanzamtes I. wurden die nachstehenden verdeckten
Gewinnausschüttungen angesetzt, die sich wie folgt
auf die Beklagten verteilen:
Beklagter zu 1)
Beklagter zu 2)
...
...
b)
Die erfolgten Zahlungen beruhen nicht auf einem -
die Erstattungspflicht hindernden - satzungsgemä-
ßen Gewinnverwendungsbeschluss.
Zwar ist ein solcher nicht nur bei einer förmlichen
Entschließung über die Festsetzung und Verteilung
des Jahresüberschusses denkbar, sondern auch im
Rahmen einer konkludenten Beschlussfassung über ei-
ne
Vorab-Ausschüttung
(vgl.
BGHZ
152,
37
[41
m.w.N.]; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl.,
§ 29 Rn. 60). Ein derartiger schlüssiger Beschluss
ist vorliegend aber nicht gegeben, da ein solcher
den gemeinsamen Willen der Gesellschafter voraus-
setzt, einen von ihnen aufgrund konkreter Umstände
erwarteten Gewinn bereits vor einer Bilanzfeststel-
lung zu verteilen (vgl. auch OLG Brandenburg OLG-NL
1997, 114 f.).
Vielmehr handelt es sich bei den streitgegen-
ständlichen schuldrechtlichen Geschäften unstreitig
um Vereinbarungen, die nicht auf die Ausschüttung
14
erzielter Gewinne gerichtet waren, sondern den von
den Beklagten schriftsätzlich näher dargelegten un-
ternehmerischen Strategien dienten.
c)
Ohne Belang bleibt weiterhin, dass beide beklagte
Gesellschafter
an
den
verfahrensgegenständlichen
Rechtsgeschäften mitgewirkt - und diese damit auch
gesellschaftsrechtlich gebilligt - haben.
aa) Diese gemeinsame Willensrichtung hindert zwar
Schadensersatzverpflichtungen aus § 43 Abs. 2
GmbHG i.V.m. § 21 Satz 1 und 2 der Satzung
(vgl. BGHZ 142, 92 [95]; BGHZ 122, 333 [336];
BGHZ 119, 257 [261]; BGH ZIP 2003, 945 [946];
BGH ZIP 1994, 891 [895]). ...
bb) Unberührt hiervon bleibt aber der originäre
Zahlungsanspruch, der die Beklagten aus § 21
Satz 3
der
Satzung
der
Gemeinschuldnerin
trifft.
(1) Der Senat verkennt dabei nicht, dass die
statuarische Steuerklausel - systematisch in-
konsequent - einerseits den "Organen" steuer-
liche Handlungspflichten auferlegt und ande-
rerseits bei vordergründiger Betrachtung ("im
Falle der Zuwiderhandlung") mit den Sanktionen
die Gesellschafter belegt.
Aus dieser Formulierung kann nicht entnommen
werden, dass die Erstattungspflicht der Ge-
sellschafter entfalle, wenn sie mit den Ge-
schäftsführern personenidentisch sind und die-
se deshalb bei gemeinschaftlichem Handeln eine
Schadensersatzpflicht nicht treffen kann. Wie
sich aus dem dargelegten Normzweck (vgl. oben
B.I.1.a)bb)) im Einzelnen ergibt, stellt näm-
lich § 21 Satz 3 der Satzung keine schadenser-
15
satzrechtliche Regelung dar, sondern dient der
Verwirklichung
des
Gleichbehandlungsgebotes
sowie - insoweit an §§ 30, 31 GmbHG angenä-
hert - der Sicherung der erlangten Eigenkapi-
talbasis gegenüber verdeckten Vermögensverla-
gerungen.
Begründet aber die Steuerklausel eine gesell-
schaftsrechtliche Forderung eigener Art, wir-
ken auf sie - trotz der etwas missverständlich
formulierten Verknüpfung mit den Handlungs-
pflichten
der
Geschäftsführer -
schadenser-
satzrechtliche Gesichtspunkte des § 43 Abs. 2
GmbHG nicht ein.
(2) Die Beklagten haben die sie treffende ori-
ginäre Erstattungspflicht auch nicht wirksam
durch
einen
satzungsdurchbrechenden
Gesell-
schafterbeschluss abbedungen.
(2.1) Zwar können Gesellschafter von statuari-
schen Regelungen punktuell abweichen, soweit
sich die Wirkung einer solchen Satzungsdurch-
brechung in der betreffenden Maßnahme er-
schöpft (vgl. BGHZ 123, 15 [19]; BGH ZIP 2003,
116 [118]; OLG Hamm DB 1992, 673).
(2.2) Vorliegend bleibt für die Annahme eines
Beschlusses mit satzungsdurchbrechender Wir-
kung jedoch kein Raum. ...
Hagenloch Bokern Krech